Schottern und blockieren

Neben der Kampagne »Castor? Schottern!« rufen weitere Gruppen zu Aktionen des zivilen Ungehorsams auf, um den Atomtransport Anfang November nach Gorleben zu stoppen.

Die wendländische Initiative »WiderSetzen« kündigte am Freitag »eine große bunte Sitzblockade auf den Castorgleisen« an. Etliche Teilnehmer würden sich dabei auch aneinanderketten. »In diesem Jahr steht besonders viel auf dem Spiel. Deshalb haben sich viele Menschen entschlossen, mit ihrem Protest noch einen Schritt über die normale Blockade hinaus zu gehen«, sagte Jens Magerl, einer der Sprecher der Initiative. »Wer will, kann sich mittels spezieller Hilfsmittel mit seinen Nachbarn verketten und damit innige Verbundenheit und natürlich unbeugsame Entschlossenheit demonstrieren.« Davon werde keinerlei Gefährdung und Bedrohung ausgehen, sagte Magerl weiter. Sitzblockaden auf den Gleisen oder der Straße seien »ein legitimes Mittel verantwortungsbewußter Bürger«.

Auch die Initiative »X-tausendmal quer« plant in der Nähe des Gorlebener Zwischenlagers eine solche Aktion. Angekündigt sind zudem Laternenumzüge, Fahrraddemonstrationen und Konzerte. Am 7. November will auch die Kampagne »Castor? Schottern!« in das Geschehen eingreifen und aus dem Gleisbett der dann nur vom Atommüllzug befahrenen Bahnstrecke massenhaft Schottersteine wegräumen. Trotz Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Lüneburg wegen eines »Aufrufs zu Straftaten« wächst die Zahl der »Schotterer« und ihrer Sympathisanten laut Angaben der Gruppe im Internet stetig weiter.

Zudem haben mehr als 70 Künstlerinnen und Künstler einen Aufruf gegen den Atommülltransport unterzeichnet, der am Montag als Anzeige in regionalen Tageszeitungen erscheinen soll. »Wenn die Bundesregierung auf die Bevölkerung nicht hören will, müssen wir aktiv werden«, heißt es in dem Appell.

Unter den Unterzeichnern sind die Schriftsteller Günter Grass, Roger Willemsen, Rolf Becker, Kirsten Boie und Charlotte Roche, die Kabarettisten Urban Priol und Jürgen Becker, der Schauspieler Michael Fitz, die Musiker Udo Lindenberg und Jan Delay sowie »Lindenstraßen«-Produzent Hans W. Geißendörfer. Auch Bands wie Knorkator, Die Sterne und Die Toten Hosen stehen auf der Liste.

»Diese korrupte Mauschelei zwischen Frau Merkel und der Atomlobby macht mich so wütend wie lange nichts mehr«, sagte Charlotte Roche. »Dann verabreden sie auch noch für zukünftige Regierungen verbindliche Klauseln im Vertrag, damit wir den Mist noch nicht mal abwählen können. Auf ins Wendland! Ich bin dabei!« Die Künstler wollen am 6. November zusammen mit der Bäuerlichen Notgemeinschaft auf Traktoren zur großen Demonstration nach Dannenberg fahren. Bei der Kundgebung spielen unter anderem Irie Revoltés, Rainer von Vielen und LeFly.

Als Konfliktschlichter und Seelsorger werden 72 Pastoren und Diakone beim Castortransport unterwegs sein – 22 mehr als beim vergangenen vor zwei Jahren. In der Sache haben sich sowohl die evangelische als auch die katholische Kirche klar positioniert. Sie wenden sich gegen eine weitere Erkundung des Salzstocks Gorleben, solange nicht auch andere mögliche Endlagerstandorte untersucht werden. Die evangelische Kirchengemeinde Gartow, die Land über dem Salzstock und die dazu gehörenden Salzrechte besitzt, hat gegen die Wiederaufnahme der Arbeiten in Gorleben geklagt.

Von Reimar Paul

Quelle: http://www.jungewelt.de/2010/10-30/061.php

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