Wie die Luzerner Polizei eigene Videos fälscht

Weil die Luzerner Sondereinheit LUCHS auf Schwyzer Gebiet ihrer Pflicht nachging und im Juni 2005 zwei unschuldige Autoinsassen „versehentlich“ verprügelte, musste die Schwyzer Staatsanwaltschaft den Vorfall notgedrungen untersuchen. Die Untersuchung steckt bis heute in den Anfängen. Erst im März 2010 wurde der verantwortliche Chef der ausführenden Antiterror-Einheit LUCHS, Beat Hensler, dazu befragt und konnte sich natürlich nur noch „schwach erinnern“.

Jetzt wurde der leitende Schwyzer Staatsanwaltschaft Georg Boller nach offizieller Lesart seiner Funktionen „enthoben“, da er sich mit dem Präsidenten des Kantonsgerichts zu sehr angelegt hatte. Dieser liess nämlich die Einstellung der Untersuchungen zur „verwechselten“ und sonst noch missratenen Verhaftungsaktion vom Juni 2005 nicht zu und forderte weitere Untersuchungen, ein „normales“ Anklageverfahren und einen ordentlichen Gerichtsprozess. Dabei geht es weniger um die Ehrenrettung des Rechtsstaates, als vielmehr um interne Hahnenkämpfe.

Die angebliche Rückbeförderung von Boller durch den Schwyzer Regierungsrat ist allerdings nur als Regieanweisung fürs Publikum gedacht. Effektiv kam es deswegen weder bei der Boller’schen Staatsanwaltschaft in Bennau / Biberbrugg, noch bei der Führung des Überfall-lustigen LUCHS-Trupps zu personellen Rochaden. Dass unbeteiligte Leute durch angebliche Antiterror-Einheiten überfallen werden können, natürlich versehentlich, ist sowohl in Schwyz wie auch in Luzern weiterhin gegeben. Denn bei „Verwechslungen“ oder Missgriffen sind die Täter kaum ins Recht zu fassen. Betroffene von verunglückten Polizeiaktionen gelten bei der vorherrschenden Rechts- und Gerichtspraxis als vogelfrei. Die Opfer hätten sich ja nicht gerade zum kritischen Zeitpunkt gerade dort aufhalten müssen…

Was bei einer internen „Visionierung“ eines Polizeivideos alles „passieren“ kann, wird im beiliegenden PDF auf Seite 3 (hensler) plastisch beschrieben: Plötzlich fällt das Gerät vom Tisch, und beim Versuch, es aufzufangen, ist schon bald „der falsche Knopf gedrückt“. Und schwupps sind die kritischen Sequenzen ausgeblendet und z.B. mit dem Abbild des Linsendeckels überspielt. Beim Akteur handelte es sich allerdings um den ausgewiesenen Video-Profi und gleichzeitigen LU-Polizeisprecher Simon Kopp.

Weil zur fraglichen LUCHS-Aktion vom Juni 2005 auch wiederholt „10vor10“ berichtete, konnte weder die Luzerner Kapo noch die Schwyzer Justiz die Angelegenheit in Ruhe archivieren. Zudem wurden die „verwechselten“ Polizeiopfer derart traktiert (und anschliessend eine Stunde lang mit verbundenen Augen an eine Wand gestellt), dass sie kriegsähnliche Traumatas erlitten. Da die Sozialkassen bei Polizeiopfern (die es offiziell nicht gibt) keine Heilungs-, sondern lieber Psychiatrie-Kosten übernehmen, wurden sie ärztlich auch nicht adäquat zu den zugefügten Verletzungen behandelt. Dadurch fanden beide Opfer, zum Gaudi der LUCHS-Mannschaft und der Schwyzer Justiz, nicht mehr in geordnete Verhältnisse zurück. Beide Opfer blieben traumatisiert.

Am Wohnort der Polizeiopfer gibt man sich bestenfalls betreten. Da es sich bei beiden um „Jugos“ handelt, geben die Goldauer mehrheitlich doch lieber der Polizeiseite „Recht“. Denn nach ihnen darf man Angehörige bestimmter Ethnien auch grundlos verhauen. Im Kanton Schwyz ist man darin besonders traditionsverbunden. Es fällt daher nicht sonderlich schwer, den Druck von oben auf Unschuldige abzuleiten. Aber nicht jedes Polizeiopfer kommt posthum zu Ehren wie etwa eine Anna Göldi http://de.wikipedia.org/wiki/Anna_G%C3%B6ldi und das ist auch schon wieder eine Weile her.

Quelle: http://ch.indymedia.org/de/2011/06/82304.shtml

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Populistisch, feige und mutlos. Zur Räumung des AKW-ADE-Camp in Bern

Seit 5. April besetzten einige Dutzend AktivistInnen einen kleinen Park vor dem Energiekonzern BKW auf dem Viktoriaplatz in Bern und verlangten die sofortige Abschaltung des Schrottreaktors Mühleberg. Das auf städtischem Boden gelegene AKW-ADE-Camp verhandelte mit der Stadtregierung über die Legalisierung, vor allem über die Frage, ob die ca. 30 Schlafzelte bleiben dürfen oder nicht, da der Obrigkeit eine brave “Mahnwache” am liebsten gewesen wäre. Nach der letzten Verhandlungsrunde verwies der zuständige Verhandlungsleiter, der SP-Stadtpräsident Alexander “Cüpli-Sozi” Tschäppät, auf die morgige Gesamtgemeinderats-Sitzung, die über das weitere Vorgehen entscheiden sollte. Doch heute morgen um 03.30 startete derselbige mit einem Polizeigrossaufgebot einen Blitzangriff und räumte das Camp. In Bern sind jetzt viele Leute stinkhässig.

Bern, 21.6.11

AKW-ADE verurteilt die polizeiliche Räumung der AKW-ADE-Mahnwache auf dem Viktoriaplatz. Die Räumung kam buchstäblich aus dem Hinterhalt, ist ein Affront gegenüber dem Verhandlungspartner AKW-ADE und ist als Angriff auf die Anti-AKW-Bewegung zu interpretieren.

Gemeinderat populistisch, feige und mutlos

Der Gemeinderat hätte jederzeit die Möglichkeit gehabt, die AKW-ADE-Mahnwache auch mit den integral dazugehörenden Schlafzelten zu bewilligen. Dies hat AKW-ADE schon in den ersten Verhandlungsrunden beantragt. Mit dem durch den Gemeinderat in den Medien schon früh verkündeten und unverständlichen Dogma “keine Schlafzelte”, hat sich der Gemeinderat fahrlässig und politisch unklug in eine Sachzwang-Einbahnstrasse begeben. Doch anstatt die eigene Sturheit hinterfragend zu überwinden und zu einer progressiven Lösung zu kommen, wählte der Gemeinderat lieber den populistischen Befreiungsschlag und grinste frühmorgens bei der Räumung der AKW-ADE-Mahnwache in die Foto- und Filmkameras der Medien.

Der Gemeinderat der Stadt Bern hat somit einmal mehr gezeigt, dass die Stadtberner Regierung in Krisen- und Konfliktsituationen populistisch, feige und mutlos agiert, anstatt sich für kreative Protestformen und die (nukleare) Sicherheit der Bevölkerung einzusetzen. Der Gemeinderat beugt sich damit dem Druck der Atomlobby, der “gnädigen Herren” der BKW und gewisser Medien-Negativkampagnen.

Der Kampf geht weiter – AKW-ADE-Protest aktueller denn je

Die Inhalte und Ziele des Protestes von AKW-ADE sind aktueller denn je. Der auf Bundesebene beschlossene Atomausstieg ist momentan mehr Schein als Sein und wird auf dem Weg durch die Institutionen noch tüchtig verwässert werden. Die Atomlobby versucht, unter anderem hinsichtlich der Ständerats-Debatte im Herbst, mit einer millionenschweren Kampagne das Steuer zu ihren Gunsten herumzureissen. Und die Atommüll-Frage(n) sind nach wie vor ungelöst.
Und vor allem – und das war und ist das Hauptthema des AKW-ADE-Protestes: Das marode AKW Mühleberg stellt nach wie vor eine akute Bedrohung für die Bevölkerungen der Regionen Bern, Biel und Fribourg sowie deren Wirtschafts- und Tourismusstandorte dar und muss sofort und endgültig ausser Betrieb genommen werden.

AKW-ADE macht weiter mit Zivilem Ungehorsam. Heute Dienstag findet auf dem Viktoriaplatz um 12.15 Uhr das 14. Protest-Picknick gegen das Atomrisiko statt, dies mit musikalischem Support von Trummer (im Duo mit Nadja Stoller). Um 19.00 Uhr wird es eine Protest-Demo gegen die Räumung der AKW-ADE-Mahnwache (Treffpunkt Schützenmatte) geben. Und am Donnerstag findet ab 18.00 Uhr die traditionelle Anti-AKW-Donnerstagsdemo statt. Aktuelle Infos finden Sie jeweils auf http://www.akw-ade.ch.

Park für die Bevölkerung statt Prunk- und Protzgarten

Zum Schluss möchten wir uns bei der Bevölkerung des Breitenrain-Quartiers für die grosse Solidarität und Unterstützung der AKW-ADE-Mahnwache bedanken – und dies mit einem besonderen Vorschlag unterstreichen: Die Wochen im Breitenrain-Quartier haben gezeigt, dass in der Bevölkerung ein Bedürfnis nach offenen Treffpunkten besteht. Die AKW-ADE-Mahnwache wurde für viele QuartierbewohnerInnen aus allen sozialen und Altersschichten ein wichtiger Begegnungs- und Verweilort. Deshalb ist es nun Zeit, dass aus dem Viktoriaplatz-Park nicht wieder ein unzugänglicher Prunk- und Protzgarten, sondern (nach dem Modell des Lorrainepärkli) endlich ein Park für die Bevölkerung mit Verweil-, Begegnungs- und Spielmöglichkeiten wird. Angesichts der Nähe zur BKW und der jüngsten Geschichte des Parks ist es wohl angebracht, den Park den Opfern von Fukushima und anderen Opfern der Atomenergie zu widmen.

Mit freundlichen Grüssen

AKW-ADE

Quelle: http://ch.indymedia.org/de/2011/06/82222.shtml

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NPD vor der Haustür

Quelle: http://www.jungewelt.de/2011/06-20/073.php

Während in Dresden am Freitag abend rund 250 Neonazis unter dem Motto »Damals wie heute: Nationale Souveränität statt Fremdbestimmung« demonstrierten, hat zeitgleich unter Polizeischutz eine Kundgebung der NPD direkt vor den Räumen der jungen Welt in Berlin stattgefunden. Ab 18 Uhr versammelten sich die Rechtsextremen in der Linienstraße, nur wenige Meter vom Hintereingang der jW entfernt. Nach Aussage der Polizei gegenüber jW war es »eine politische Entscheidung«, die NPD-Versammlung dort stattfinden zu lassen. Weder die Öffentlichkeit noch unsere Geschäftsleitung und Redaktion waren zuvor informiert worden. Der Einsatzleiter der Polizei war auch während der Neonazikundgebung für sie nicht zu sprechen.

Mitarbeiter von Redaktion und Verlag blieben zunächst im Gebäude und führten auf der Terrasse im sechsten Stock eine lautstarke Protestaktion durch. Kochgeschirr aus der Teeküche und eine Lautsprecheranlage wurden eingesetzt, antifaschistische Parolen gerufen. Aus dem Haus flogen auch mit Wasser gefüllte Luftballons. Noch bei Redaktionsschluß hieß es, die NPD-Versammlung unter dem Motto »Arbeiter, wehrt euch« zur Erinnerung an den gescheiterten Aufstand in der DDR am 17.Juni 1953 sei vor der Zentrale der Partei Die Linke, dem Karl-Liebknecht-Haus am Rosa-Luxemburg-Platz, angemeldet. Dort hatten sich Hunderte Gegendemonstranten versammelt. Polizeisperren trennten sie vom tatsächlichen Kundgebungsort der NPD, die zwar nur wenige, dafür aber bundesweit bekannte Teilnehmer wie Parteichef Udo Voigt aufzubieten hatte.

Erbost über die von der jW-Etage ausgehenden Störungen, versuchte eine Gruppe von Neonazis, in die Verlagsräume im Erdgeschoß vorzudringen, wurde aber dann doch von der Polizei aufgehalten. Nach dem Abzug der Neonazis hielten Polizeibeamte das Haus umstellt und kontrollierten jW-Mitarbeiter, die sich auf den Heimweg machen wollten. Mit der Begründung, vom Dach der Redaktion seien Wasserbeutel auf die Neonazikundgebung geworfen worden, nahm die Polizei Besucher der jungen Welt sowie Geschäftsführer Dietmar Koschmieder vorübergehend in Gewahrsam, fotografierten sie und stellten Personalien fest. Die »freiheitsbeschränkenden Maßnahmen« dauerten fast zwei Stunden.

Neben diesen Maßnahmen zeigte die »Informationspolitik« von Polizei und Versammlungsbehörde, daß die Verantwortlichen nicht aus der Kritik gelernt haben, die mehrere Berliner Politiker nach dem Aufmarschversuch gewaltbereiter Neonazis am 14. Mai in Berlin-Kreuzberg äußerten. Der Versammlungsort der Neonazis war auch seinerzeit von Polizei und Organisatoren nicht bekanntgegeben worden. Der innenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Benedikt Lux, warf Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) eine »naive Geheimhaltungstaktik« vor. Angemeldet wurde sowohl die Neonazidemonstration auf dem Mehringdamm, von der Gewalt gegen friedliche Protestierer ausging, als auch die Kundgebung am Freitag vor unserer Haustür von NPD-Kader Sebastian Schmidtke.

Körting hatte nach dem 14. Mai im Abgeordnetenhaus versichert, die Polizei werde in Zukunft einen Tag vorher den Ort von rechtsextremistischen Aufzügen mitteilten.

Von Claudia Wangerin

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Grüsse ans A4-Camp

Quelle: http://anarchistische-aktion-zentralschweiz.over-blog.de/

Liebe GenossInnen und FreundInnen!

Eure Initiative finde ich toll, und wir gehören zusammen!

Diese Initiative setzt als eine der wenigen in unseren Gegenden endlich ein korrektes und nüchternes Zeichen in diese Zeit der hilflosen bis opportunistischen Anti-AKW-Hysteriewelle. Die Diktatur der imperialistischen Atom- und Bonzenmafias und Multis setzt die geballte Übermacht ihres politischen, wirtschaftlichen und militärischen Staats- und Medienterrors ein um diese Welle aggressiv und sorgfältig im reformistischen sprich „friedlichen“ Rahmen zu halten. An vorderster Front stehen dazu natürlich ihre eifrigsten Helfershelfer, die roten und grünen Parteien, die Umweltschutzlobbies. Und erst die gesamte Palette an ExpertInnen ihrer wissenschaftlichen Eliten! Die sind zentral um diese Wette nicht bloss einzudämmen sondern um sie, strategisch und perfide, zum Erhalt und zur Erneuerung ihres global totalitären Systems zu nutzen, mit dem Endziel der Vervollständigung des Systems, das heisst der totalen Kontrolle und Abhängigkeit der Beherrschten und Ausgebeuteten überall. Es ist der Katastrophen Kapitalismus, die Flucht nach vorne, in den Abgrund hinein eines Systems, das in seiner für die Menschheit und den ganzen Rest der Natur und des Planeten historisch akutesten global-katastrophalen Krise steckt.

Tolle Initiative zur korrekten und nüchternen Aufklärung und Mobilisierung mit dem tragischerweise schon fast zwingenden Ausgangspunkt Anti-Atom. Aber der bedeutende Punkt und Wert dieser Initiative ist genau ihre Fokussierung weg von der noch so enorm wichtigen nuklearen Frage, als Teilfrage, hin zum gesamten System, dem technologisch-wissenschaftlichen Industriesystem als die Katastrophe an sich, zu diesem Herrschaftssystem als die Ursache auch der nuklearen Katastrophen und des nuklearen Ausdruckes des anthropozentrischen und patriarchalen Technikwahnsinns und Totalitarismuswahnes. Aber damit ist es auch die radikale, korrekte und nüchterne Fokussierung auf das gesamte System, als zwingendes eigentliches Ziel des revolutionären Umsturzes!

Sie ist ein Zeichen der Aufklärung und Mobilisierung zum Aufbruch auf dieses strategische Ziel hin, das genau auch die Überwindung der Logik von Schwung und Stillstand der Bewegungsmässigkeit und der damit verbundenen taktischen Fremdbestimmung durch spezifische Ereignisse und Impulse beinhaltet. Wir müssen lernen, diese Wellen von Widerstand, von Mobilisierung, die von spezifischen Ereignissen, Phasen, Vorgängen, Fragen und ideologisch günstigen Momenten ausgelöst und getragen werden sowohl zu überwinden als auch deren Schwünge mitzunehmen. Mitzunehmen in einer konvergente (der Teilkämpfe, der Themen, der effektiv revolutionäre Tendenzen) Kontinuität und solide Entwicklung unserer revolutionären Analyse, Bewusstheit und Aktion. Was auch heisst: kontinuierliche Infragestellung, auch der eigenen Voraussetzungen und vor allem (ideologischen) Überzeugungen, um das Schärfen und Anwenden des taktischen und strategischen Verstandes nicht zu behindern, den wir für unsere Wege auf das gemeinsame Ziel hin des Umsturzes des Systems für die Neuherstellung einer freien und Gerechten Welt unbedingt brauchen, als Bestandteil des Bewusstseins der unbedingten Notwendigkeit und des unbedingten Willens dazu. Ziel, Bewusstsein und Wille, den wir alle, wir wahren RevolutionärInnen in Wort und Tat, gemeinsam haben.

Was wir auf unseren verschiedenen Wegen und auch verschiedenen bis unvereinbar erscheinenden taktischen und untergeordnet strategischen Zielsetzungen auf dem Wege zum gemeinsamen Hauptziel ebenfalls gemeinsam haben, ist das Problem und Interesse, das Kampf gegen die Repression heisst. Solidarität ist eine Frage des Herzens, und die Grundlage für eine gerechte und freie Welt. Und für alle Wege dazu, für den Weg dazu, ist revolutionäre Solidarität jenseits der Tendenzen eine entscheidende Waffe zum erfolgreichen Widerstand gegen die Repression und schlussendlich zur offensiven Ausschaltung der Repression, d.h. des politisch-militärischen Staats- und Medienterrorismus der Herrschenden. Es ist eine grundsätzlich ethische revolutionäre Frage. Und eine grundsätzlich strategische revolutionäre Frage. Wenn sie einzelne von uns, GenossInnen, Gruppen, Zusammenhänge angreifen, schwächen und zerschlagen, dann wissen wir nicht nur, dass sie uns alle meinen, sondern auch, dass sie alle schwächen. Und wenn wir Einzelne meinen, es geht uns nix an wenn andere angegriffen und zerschlagen werden, so ist das ein schwerer Fehler. Denn morgen greifen sie uns mit doppelten oder mehrfachen Kräften an, mit den „uns zugeteilten“ plus den Kräften, die von den „anderen“ Zerschlagenen nicht mehr gebunden sind. Und wir werden umso schwächer und leichte Beute sein, weil unseres unsolidarische Verhalten „anderen“ doch nur vermitteln kann, dass wir ihre Solidarität nicht wollen. Denn Solidarität ist nur möglich, wenn man sie will. Eine zentrale Frage der gemeinsamen revolutionären Kohärenz, Ethik und Strategie, jenseits der Tendenzen und ihren Gegensätzen.

Darum: internationalistische revolutionäre Solidarität ist eine unserer stärksten Waffen gegen die Repression!

In Bellinzona findet vom 18.-22. Juli 2011 der Prozess gegen Billy, Silvia und Costa und vom 19.-23. September 2011 der Prozess gegen Andi statt. Solidarische Mobilisierung und Aktion für sie und alle von der Repression betroffenen GenossInnen weltweit!

Ehre und Liebe dem vom italienischen Knast ermordeten Genossen der BR Luigi Fallico und alle anderen gefallenen GenossInnen, Zoe, Mauri, Diana und….!

Liebe und Kraft dem anarchistischen Genossen Luciano („Tortuga“) der Anfangs Juni in Santiago, Chile, in Aktion gefallen und nun schwerstens verletzt in den Klauen der Repression ist!

Solidarität mit dem Genossen der Verschwörung der Zellen des Feuers Damiano, der Mitte Mai in einem Gefecht mit den Bullen verletzt und verhaftet wurde, Solidarität mit allen anderen Gefangenen dieser jungen und mutigen anarchistischen Guerilla Griechenlands!

Liebe und Solidarität für alle, die für Gerechtigkeit und die totale Befreiung aller und der Erde gefallen sind, gefangen sind, UND KÄMPFEN!

Liebe und Solidarität euch allen vom A4-Camp!

marco, Lenzburg, Juni 2011

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Die Wütenden Vom Syntagma

Quelle: http://de.indymedia.org/2011/06/309735.shtml

Ab morgen früh punkt 7 Uhr wird sich zeigen, inwieweit die Wütenden vom Syntagma-Platz sich in die seit über einen Jahr Griechenland überrollende Streikbewegung einpassen werden und ob es zu einer gemeinsamen Offensive kommen wird. Geplant ist nämlich nicht nur, das Land 24 Stunden lahmzulegen, sondern auch das Parlament soll blockiert werden um die Abstimmung über den Ausverkauf Griechenlands zu verhindern.

Dabei könnte sich ein Schachzug Papandreous als günstig für die Protestbewegung erweisen. Aufgrund der Blockade wird zuerst nur beraten und die Abstimmung soll später im Juni oder sogar Juli erfolgen. Vielleicht wird genau das zum Brecheisen, denn dadurch könnte sich zwangsläufig die Möglichkeit ergeben, die Proteste zu einem echten, heisst unbefristeten Generalstreik auszuweiten.
Inzwischen erwiesen sich die Gerüchte über ein Referendum als weitere Ablenkung: Es sollte garnicht über die “Sparmaßnahmen” abgestimmt werden, sondern darüber, ob man dem Volk in Zukunft mehr (direkte) Demokratie durch Volksabstimmungen erlauben will; natürlich, wenn überhaupt erst im Herbst.

Am Mittelmeer weht ein neuer Wind. In Tunis und Kairo hat er Diktatoren gestürzt – in Madrid und Athen rüttelt er an der parlamentarischen Demokratie in ihrer jetzigen Form. Die griechischen Aganaktisméni demonstrieren dagegen, dass ihr Staat nur die Interessen der Vermögenden bedient und die Spaltung zwischen Arm und Reich forciert. Das ist der Ausgangspunkt für den Zorn der “Wütenden”.

Seit über zwei Wochen kommen jeden Abend vor dem griechischen Parlament und an anderen zentralen Orten Griechenlands riesige Menschenmassen friedlich zusammen. Auf dem Platz der Verfassung (“Syntagma”) in Athen finden Volksversammlungen statt, auf denen das Rederecht ausgelost wird und die live im Internet übertragen werden. Bemerkenswert wenig wird davon in Deutschland berichtet.
Wenn in Deutschland darüber diskutiert wird, ob “die” Griechen denn schon genug eingespart hätten, um sich die nächste Tranche von Hilfskrediten zu verdienen, wird die Gerechtigkeitsfrage ausgeklammert. Die aber stellen die Menschen auf dem Syntagma-Platz. Geht in einer Demokratie nicht alle Macht vom Volk aus? Nun, der Souverän meldet sich gerade zurück. Seine Botschaft: “Wir wollen nicht, dass unsere Zukunft über unsere Köpfe hinweg entschieden wird.”

Regelmäßig reisen die Vertreter der Troika von EU, EZB und IWF nach Athen und sagen dem Premier Giorgos Papandreou, was er zu tun hat. Ergebnis: Der Staat hat im Innern längst den Zahlungsausfall erklärt. Es geht nur noch darum, die Schuldzinsen zu begleichen. Die Demokratie zur Bedienung von Zinsen auszuhebeln ist jedoch verfassungswidrig, sagen griechische Sozialverbände, die gegen die Kreditvereinbarungen vor dem Obersten Verwaltungsgericht geklagt haben. Nach über einem halben Jahr steht eine Entscheidung noch aus.

Teufelskreis der “Hell Debits”

Ist das Vorgehen der Regierung Papandreou und der internationalen Institutionen überhaupt legitim? Wir wissen spätestens seit Ausbruch der Weltfinanzkrise 2008, dass wir eine globale Finanzblase haben. Deren Ursachen liegen in der virtuellen Vermehrung von Geld, das realwirtschaftlich nicht existiert. Und in der Anhäufung von Vermögen bei einem kleinen Teil der Weltbevölkerung. Es gibt Kapital, das weder verbraucht noch investiert werden kann und das dennoch profitable Anlagemöglichkeiten sucht. Es ist egal, ob dies zahlungsunfähige US-Hausbesitzer, irische Banken oder der griechische Staat sind.

Die Bevölkerung in Griechenland wird also gezwungen, den Gürtel immer enger zu schnallen, damit Zahlen im Computer von einem Konto aufs andere wandern können – für Geldwerte, die niemals bei realen Menschen zur Befriedigung realer Bedürfnisse ankommen. Hohe Schulden hatte der griechische Staat schon in den 90er Jahren. Explodiert sind sie aber erst nach der Einführung des Euro durch den Teufelskreis der “Hell Debits”: Die staatlich kontrollierten griechischen Banken wurden zu willigen Abnehmern von immer mehr toxischen Staatsanleihen; Finanzakteure aus aller Welt reihten sich gern ein.

“Die verkaufen unser Land”

Die Weltfinanzkrise hat den griechischen Staat noch einmal 28 Milliarden Euro gekostet. Die “empörten Bürger” in Griechenland haben das Gefühl, dass sie zum Erhalt eines undurchschaubaren Finanz- und Schuldensystems immense Wohlstandsverluste hinnehmen müssen. “Die verkaufen unser Land”, lautet der gängige Slogan.

Das Establishment in Hellas distanziert sich geradeheraus von den “Wütenden”: Das seien doch alles Leute, die zuvor von der Vetternwirtschaft versorgt wurden und jetzt, wo es nichts mehr zu verteilen gebe, sauer würden. Nun, das stimmt sogar zum Teil. Vor allem aber sind die Empörten viele junge Leute, die sich darauf geeinigt haben, politische Parteien von den Versammlungen auszuschließen. Damit lehnen sie die politischen Parteien als Grundpfeiler der griechischen Vetternwirtschaft und der Selbstbedienung beim Staat ab.

Diese Leute schreien nicht nur “Diebe, Diebe!” in Richtung der Parlamentarier. Sie skandieren nicht bloß, dass sie die Schulden nicht bezahlen wollen, weil sie diese nicht gemacht hätten. Sie kündigen im Grunde auch den in Griechenland herrschenden Klassenkompromiss auf.

Der öffentliche Dienst ist der einzig nennenswerte Sozialstaat, den sich Griechenland geleistet hat und der zugleich die Gesellschaft spaltet. Wer in Hellas arbeitslos wird, bekommt nach einem Jahr gar nichts. Für den deutschen Hartz-IV-Satz gehen viele dort Vollzeit arbeiten. Die Sparpakete der Troika sind nun den öffentlich Bediensteten – den “Versorgten”, wie es in Griechenland heißt – ans Leder gegangen, ohne den anderen eine Hoffnung anzubieten und die Reichen nennenswert zur Kasse zu bitten: Gemeint sind damit Banken, Versicherungen, vermögende Anleger und die griechischen Millionäre, die ihr Geld in der Schweiz oder auf den Kaimaninseln bunkern.

Papandreous Panikreaktion

Aus Angst vor einer Aussperrung durch die “Empörten” hat die griechische Regierung den Termin verschoben, zu dem das neue Sparpaket beschlossen werden soll. Weil Papandreou mit der parlamentarischen Opposition keine Einigung zustande bringt, brachte er sogar zwischenzeitlich eine Volksabstimmung ins Spiel.

Die Bewegung auf dem Syntagma-Platz geht unterdessen weiter. Auf den allabendlichen Versammlungen der besonders Engagierten wird mit viel Verve “direkte Demokratie” gefordert. Längst kursieren Vorschläge für eine neue Verfassung Griechenlands, die auf dem Platz zur Abstimmung anstehen: mit Direktwahl der Abgeordneten, der Abschaffung des Parteizwangs, einem Verbot für Parlamentarier, Beziehungen zu Unternehmen zu unterhalten, der Lockerung der Amnestie für Politiker bis hin zur Abstimmung von Gesetzen durch das Volk via Internet und SMS.

Vor einem Jahr hätten zum Tag des Generalstreiks wütende Massen beinahe das griechische Parlament gestürmt. Am Rande der Demonstration gab es drei Tote. Konzepte waren damals nicht zu erkennen. Diesen Vorwurf kann man den “Empörten” von heute nicht mehr machen – wir sollten sie ernst nehmen.

http://de.contrainfo.espiv.net/

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They have a dream

Quelle: http://jungle-world.com/artikel/2011/23/43348.html

Freiheit und Frieden wünschen sich die Menschen in der von Gaddafis Herrschaft befreiten Stadt Bengasi. Wie ihre Gesellschaft nach dem möglichen Ende des Regimes aussehen soll, wissen die meisten noch nicht. Doch trotz aller Widersprüche haben die Revolutionäre zunächst ein ­gemeinsames Ziel: den Diktator endgültig zu stürzen.

von Thomas V. D. Osten-Sacken und Bernd Beier

»Welcome!« Der junge Mann mit umgehängter Kalaschnikow macht das Victory-Zeichen, wie eigentlich jeder, der in der von Muammar al-Gaddafis Herrschaft befreiten Cyrenaika im Osten Libyens einen Ausländer sieht. Er bewacht mit ­einer Handvoll weiterer Bewaffneter einen improvisierten Checkpoint in der Nähe des Hafens von Bengasi, der mit 650 000 Einwohnern zweitgrößten Stadt des Landes. Hinter der Straßensperre, in 150 Meter Entfernung, am Rand des Meeres und in unmittelbarer Nähe zum Hafen, liegt das politische Zentrum Bengasis – der Tahrir Square, der dieser Tage seinem Namen, »Platz der Befreiung«, alle Ehre macht. Dort sind Dutzende von Zelten aufgebaut, auf zwei kaputten Panzern von Gaddafis Truppen turnen kleine Kinder herum, rund um den Platz befinden sich das Medienzenatrum, ein ausgebranntes Gebäude des gefürchteten Geheimdienstes sowie Räume der »Revolutionären Jugendorganisation« und diverser Komitees, die das öffentliche Leben reorga­nisieren.

Wer morgens etwas von offizieller Seite in Bengasi will, steht bis 11 Uhr vor verschlossenen Türen. Im Pressebüro des Transitional National Council (TNC), der Übergangsregierung Libyens, die inzwischen von verschiedenen westlichen Staaten und Katar diplomatisch anerkannt worden ist, beginnt die Arbeit spät. Auch der Tahrir Square liegt um diese Uhrzeit weitgehend verlassen da. Erst nachmittags füllt er sich, um dann abends von Tausenden bevölkert zu sein.

Dann sind die Zelte gefüllt, man sitzt und diskutiert, auch für das Wohl der Kinder und Jugendlichen ist gesorgt: Die einen vergnügen sich auf einer aufblasbaren Spielburg, andere mit Tischfußball, Fahrrädern oder kleinen, motorisierten Quads. Nur Frauen sucht man auf dem Platz nach Einbruch der Dunkelheit vergebens. Vor der Bühne, über der neben der Fahne des »freien Li­byen« die Flaggen Großbritanniens, Frankreichs, Italiens, der USA und Katars flattern, liegen wie in einer Moschee Teppiche ausgebreitet. Gerade berichtet ein Kämpfer von den Entwicklungen an der Front. Schließlich wird nur 150 Kilometer südlich von hier heftig gekämpft. Täglich bringen Krankenwagen die Toten und Verletzten zurück nach Bengasi.

Der nächste Redner kommt aus Ägypten, ist Mitglied der liberalen Wafd-Partei und verliest eine Solidaritätsadresse. Wenige Meter entfernt verkaufen zwei Jugendliche libyschen Revolutions-Rap. Seit Gaddafis Truppen vor etwas mehr als 100 Tagen aus Bengasi vertrieben wurden, hat sich in kürzester Zeit eine lebendige Rap-Szene entwickelt. Die Texte sind eingängig, der Sound schallt auch aus den Pickups der Kämpfer, auf deren Ladefläche Maschinengewehre und Raketenwerfer festgeschweißt sind. Ibrahim Tashani, Oberarzt der Herzstation des städtischen Krankenhauses, der über 20 Jahre in Deutschland gelebt hat, zeigt sich von der Jugend begeistert: »Sie haben geschafft, wovon wir nicht einmal zu träumen wagten. Es ist ihre Revolution, ihre Musik, ihr Leben.« Und deshalb komme er, trotz langer anstrengender Arbeitstage, Abend für Abend auf den Platz der Befreiung. »Sie sollen sehen und wissen, dass wir abends nicht einfach schlafen gehen, sondern unser Herz bei ihnen ist.«

Das hört man immer wieder: Die Jugend habe zu den Waffen gegriffen, den Aufstand begonnen und weitergeführt. Wie in allen arabischen Ländern machen die unter 30jährigen über 70 Prozent der Bevölkerung aus. Und hier weiß man ihre Leistungen zu schätzen: Ungehindert können Graffitikünstler die Gebäude der Übergangsregierung besprühen, ob mit Karikaturen von Gaddafi, Bildnissen des Rappers 50 Cent oder dem Konterfei Bob Marleys. Das Pressebüro der Übergangsregierung erinnert eher an ein autonomes Jugendzentrum als an eine Behörde. Überhaupt verstrahlt der ganze Tahrir Square etwas von der Atmosphäre besetzter Häuser. Wären da nicht die amerikanischen Flaggen, der Imam, der gerade mit schriller Stimme ins Mikrophon brüllt, und die Abwesenheit von Frauen, man könnte angesichts der gesamten Stimmung auch für einen Moment glauben, sich im Barcelona des Jahres 1936 zu befinden.

Dass es so etwas wie eine Öffentlichkeit gibt, einen Ort, an dem sich Menschen aus allen Schichten und Altersgruppen der Bevölkerung treffen und politische Diskussionen führen, das ist neu in der arabischen Welt. Und was in anderen arabischen Staaten nur für wenige Tage Realität war, die Aneignung dieser Räume, haben die Menschen in Bengasi in einen Dauerzustand verwandelt. Die Rechtsanwaltsvereinigung hat ihr Zelt ebenso auf dem Tahrir Square aufgeschlagen wie Vertreter kleiner Ortschaften aus dem Umland, die Kriegsversehrten des Tschad-Kriegs sitzen in Rollstühlen neben Vertretern religiöser Einrichtungen. Bis drei Uhr morgens geht es so, Nacht für Nacht, seit der Aufstand am 17. Februar ausgebrochen ist. Jeder ist irgendwo aktiv: sei es bei den freiwilligen Putztrupps, in einem der unzähligen Komitees, die die Stadt verwalten, bei den Truppen an der Front oder mit der Herausgabe einer neuen Zeitung. Freie Medien habe es nicht gegeben unter der Diktatur, heute existierten allein in Bengasi 39 unabhängige Zeitungen und Magazine, drei Radiostationen und eine fürs Fernsehen, sagt ein Journalist aus dem Medienzentrum. Auch die Organisation des Alltags scheint immerhin rudimentär zu funktionieren: Abgesehen von mehreren Ausfällen am Tag, ist die Stadt mit Strom versorgt, es gibt Benzin an den Tankstellen, Geschäfte und Restaurants haben geöffnet.

Verklärend sprechen viele Menschen in Ostlibyen von der Zeit vor Gaddafi. Jugendliche zeigen einem das Porträt von König Idris, das sie auf ihrem Mobiltelefon gespeichert haben. Man spricht respektvoll vom ehemaligen König und von Omar Mukhtar, jenem berühmten Anführer der libyschen Guerilla, der gegen die Italiener kämpfte und 1931 in Bengasi hingerichtet wurde. Sein Großenkel Mari sitzt Abend für Abend in einem Wasserpfeifencafé und erzählt stolz von seinem Urgroßvater. Er hat in England studiert und spricht, anders als die meisten Libyer, fließend Englisch. Unter Gaddafi habe er keine Fremdsprachen in der Schule lernen können, Englisch habe er sich selber beigebracht, sagt sein Freund, der Student Osama.

Nicht weit vom Stadtzentrum entfernt, in einem Hof, liegen gestapelt Dutzende von Katju­sha-Ra­keten. »Unsere Unterstützung für die Revolutionäre in Misrata«, erklärt der junge Gastgeber. Die heftig umkämpfte westlibysche Stadt, in der über 1 000 Menschen als »verschwunden« regis­triert sind, ist noch immer von Gaddafis Truppen eingeschlossen und nur über den Seeweg erreichbar. Jeden Tag verlassen Schiffe mit Nahrungsmitteln, Munition, Waffen und neuen Kämpfern den Hafen, um am nächsten Tag mit Verwundeten zurückzukehren. Die befreiten Städte in Südwestlibyen werden hingegen aus der Luft versorgt. Auch mit Hilfe europäischer Militärausbilder scheinen sich die Truppen des »freien Libyen« – sie alle lehnen es strikt ab, Rebellen genannt zu werden – besser zu organisieren. Die zwei ersten Brigaden der neuen Armee wurden am vorvergangenen Sonntag vereidigt. Das Ereignis zog Tausende aus Bengasi an, die ihre neue Armee begeistert feierten – Frauen und Männer säuberlich getrennt.

Und die Islamisten, die Gaddafis Propaganda zufolge Bengasi unter Kontrolle haben? Beim Aufmarsch der neuen Soldaten sieht man hin und wieder die für sie so typischen Bärte, aber keineswegs mehr als in Ägypten oder anderen arabischen Staaten. Zu deren Einfluss befragt, meint Mari, die Libyer seien keine Radikalen; im Übrigen gehöre Gott in den Himmel, Politik aber müsse auf Erden gemacht werden. Ostlibyen galt allerdings früher als Hochburg der Islamisten, und nachweislich kämpfen einige Jihadisten mit den Milizen an der Front. Darauf angesprochen, winkt Ibrahim nur ab: Das alles sei Propaganda von Gaddafi, nicht weiter ernst zu nehmen. Anders als im benachbarten Ägypten oder in Tunesien, wo inzwischen die Konflikte zwischen Muslimbrüdern und Jugendbewegung offen zutage treten, pflegt man in Libyen das »Wir-Gefühl«: Alle, die gegen Gaddafi kämpfen, gehören dazu, der Rapper ebenso wie der Bärtige.

Gläubig geben sie sich irgendwie alle, Bengasi wirkt trotz Graffiti und Revolutionsromantik wie eine konservative, völlig von Männern dominierte Stadt. Immerhin, eine organisierte islamistische Partei existiert hier so wenig wie andere Parteien auch. All das war unter der Herrschaft Gaddafis strikt verboten. Ob das völlige Fehlen politischer Strukturen sich für das künftige Libyen als Fluch oder Segen erweisen wird, wird sich zeigen. Zumindest muss man sich nicht wie in den Nachbarstaaten mit der Erbschaft des 20. Jahrhunderts herumschlagen, also mit pseudosozialistischen, panarabischen oder anderen organisierten Kräften, sondern ist genötigt, sozusagen bei Null zu beginnen. Man hat aber auch keine großen ökonomischen Probleme zu befürchten: Libyen ist reich an Öl, es dürfte ein Leichtes sein, den paar Millionen Menschen im Land eine einigermaßen gesicherte Existenz zu garantieren. Sichtbare Armut scheint nicht das Problem in Libyen zu sein. So fehlen in den Straßen Bengasis die für Ägypten so typischen Straßenhändler und Schuhputzer, auch arbeitende oder bettelnde Kinder sind nirgends zu sehen. Aber man will den Reichtum für sich. »Gaddafi hat all unser Geld in seine afrikanischen Projekte gesteckt«, beschwert sich ein Taxifahrer.

Die »Afrikaner«, also jene Arbeitsmigranten aus den südlichen Nachbarstaaten Libyens, sind nicht wohl gelitten. Man wirft ihnen vor, es mit Gaddafi gehalten, gar als Söldner für ihn gekämpft zu haben. Das Resultat: Zehntausende von Flüchtlingen aus dem Tschad, Mali, Niger und anderen schwarzafrikanischen Ländern fristen zurzeit in Tunesien und Ägypten ihr Dasein in Flüchtlings­lagern. Viele sind vor dem Krieg in die Nachbarländer geflohen, viele aber auch aus Angst vor rassistischen Übergriffen in Ostlibyen. Handelt es sich bei den Schwarzen hingegen um Landsleute aus dem Süden des Landes, scheint es keine größeren Probleme zu geben. Ahmed etwa, ein hochgewachsener Schwarzer mit kleinen grauen Einsprengseln in seinem Kinnbärtchen, der elf Jahre als Soldat in der libyschen Armee gedient hat und nun als Berater der Anti-Gaddafi-Truppen an der Front tätig ist, stellt bei einer Runde über den Tahrir Square seinen ausgedehnten Freundeskreis vor: Soldaten wie Zivilisten, Schwarze, Weiße. Ressentiments? Fehlanzeige.

Die Dankbarkeit gegenüber Frankreich, Großbritannien und den USA ist allgegenwärtig. Franzö­sische Flaggen fährt man stolz auf seinem Moped herum. Wie Rod Nordland in der New York Times verwundert feststellte, dürfte es sich bei »Free Libya« wohl um die erste populäre arabische Bewegung handeln, die auch unter der Trikolore und den Stars and Stripes gegen die autoritäre Herrschaft kämpft und dies keineswegs als Widerspruch empfindet. Zu gut erinnert man sich hier an den 19. März, als Gaddafis Panzer in die Vororte Bengasis einrollten und die libysche Revolution vor dem Scheitern stand. Was ohne den Einsatz der französischen Luftwaffe geschehen wäre? »Schlimmer als das, was Assad in Syrien gerade macht. Ein Massaker«, ist Ibrahim Tabashi sich ­sicher. »Wir zeigen unsere Dankbarkeit, auch wenn wir wissen, dass alle westlichen Länder mit Gaddafi kooperiert haben«, fügt er hinzu.

In den Zelten und an den Wänden der Gebäude auf dem Platz hängen Hunderte von verblichenen Fotos, von den Opfern des Gefängnismassakers von 1996 ebenso wie von »Verschwundenen«. Unbekannt ist bislang, wie viele Menschen dem Regime Gaddafis in den vergangenen 42 Jahren zum Opfer gefallen sind. Allein seit dem Beginn der Aufstände sollen über 10 000 Menschen getötet worden sein. Und deshalb haben fast alle, die man trifft, Geschichten zu erzählen über Verhaftungen, Folter und den alltäglichen Geheimdienstterror. Frei wolle man nun sein, das hört man immer wieder, in einer Demokratie leben. Wie diese aussehen soll? Die Antworten bleiben vage. Erst müsse Gaddafi gestürzt werden, dann könne man sich weitere Gedanken machen. Der TNC erklärt immerhin in seinem Gründungsmanifest, man strebe eine säkulare und demokratische Republik an.

Und angeblich hat er sogar eine Note an Benjamin Netanjahu senden lassen: Man wolle im Falle eines Sieges Israel diplomatisch anerkennen. Nicht selten sieht man aber auch die Grafitti »Gaddafi: Zionist« oder Konterfeis des Diktators mit dem Davidstern auf der Stirn. Eine Frau, die die Müllabfuhr der Stadt reorganisieren möchte, schwärmt derweil von einer islamischen Demokratie und äußert als ihren sehnlichsten Wunsch, bald in Jerusalem beten zu können. Die drei Jugendlichen, die ihr Auto anhalten, um ein herzliches »Welcome« loszuwerden, haben andere Prioritäten: »Wir wollen Freiheit, Frieden, Bildung.«

Aber wie in allen anderen arabischen Ländern auch wird die große Frage sein, ob dieser Wunsch in Erfüllung geht. Denn die Jugendlichen sind weitestgehend unorganisiert, das politische Establishment der Opposition besteht zum größten Teil aus ehemaligen Mitgliedern der Gaddafi-Regierung oder Libyern, die nach Ausbruch des Aufstandes aus dem Exil zurückgekehrt sind. Noch aber ahnt man diese Widersprüche mehr, als dass sie ausgesprochen werden, noch eint ein Wunsch die Menschen auf dem Tahrir Square: dass Gaddafi möglichst bald gestürzt werden möge. »We have a dream«, steht groß auf einem Plakat geschrieben, das früher wohl ein Konterfei des Oberst geschmückt hat, »that is to be free«.

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A4-Camp in Benken // 10. bis 13. Juni 2011

Bereits vor dem Erdbeben in Japan und den Ereignissen im AKW Fukushima war Widerstand gegen die Atomkraft in der Schweiz ein Thema.
Atommüll strahlt und bedroht das Leben in der Umgebung während zehntausenden von Jahren. Verschiedene Standorte in der Schweiz stehen als Atommüllendlagerstätten zur Debatte. Drei Atomkraftwerke werden altershalber bald vom Netz gehen und die Atomlobby wollte zumindest bis vor dem 11. März (Erdbeben in Japan) zwei neue bauen lassen. Sie sprach daher von einem ansonsten drohenden Versorgungsengpass und bezeichnete Atomstrom als umweltfreundlich. Aufgrund der veränderten Situation soll nun ein Umdenken stattgefunden haben. Zumindest behaupten sie dies. Gorleben und Fukushima zeigen aber mehr als deutlich, dass die Zauberlehrlinge noch lange nicht die radioaktiven Kräfte zu bändigen vermögen, die sie einst entfesselt und mit deren negativen Folgen bereits jetzt Tausende von Menschen zu leben haben (oder eben: hatten).

Im Zuge der nun real gewordenen Katastrophe rufen die Umweltverbände, sonstigen „grünen“ Kräfte und jene, die sich aufgrund der aktuellen Situation einen grünen Anstrich verpassen wollen, zum stets freundlichen und konformistischen Protest gegen die Atomkraft auf. Sie versuchen uns davon zu überzeugen, dass wir uns gerade jetzt dafür einsetzen sollten, dass überall Solarpanels, Windräder und Wasserkraftwerke hingebaut werden müssen. Ihr Credo richtet sich dabei an einen Markt, der die Atomkraft verbannen soll und den stets anwachsenden Energieverbrauch durch alternative Energiequellen decken kann. Da dieses Glaubensbekenntnis es aber nicht vermag, die Gräueltaten an der Natur und den Menschen – durch die kapitalistische Ausbeutung und Produktionsweise – zu einem Ende zu bringen, kann es nur als eine verkürzte Kritik am nuklearen Disaster abgetan werden. Reformistischer Umweltschutz, solcher also, der gleichzeitig auch die Wirtschaft schützen will und somit nicht an den Grundpfeilern der industriellen Gesellschaft zu rütteln wagt, ist bloss ein Produkt zur Beruhigung des schlechten Gewissens. Die heutigen Produktionsweisen und die dahinter stehende Idee, dass unbedingt Gewinn erwirtschaftet werden muss, sind der Rahmen, innerhalb dessen all die Verwüstungen stattfinden. Der Kapitalismus ist nicht vereinbar mit einer intakten Umwelt und sich frei und gemeinsam entfaltenden Menschen.

Aus kapitalistischer Sicht ist es selbstverständlich, dass neue Technologien eingeführt werden, sobald sie Gewinn versprechen. Allfällige Zweifel werden von einem Heer gut bezahlter Wissenschaftler unter hypnotischen Phrasen der Beschwichtigung begraben. Sei es nun bei Genmanipulationen, Nanotechnologien oder eben, der Atomkraft. Und selbst da reden die Experten bereits davon, diese Technologie weiter voranzutreiben. Nur müssen sie nun etwas warten, bis wir wieder dem Vergessen und der Apathie anheim gefallen sind.

Dass reformistischer Widerstand (Briefe schreiben, Petitionen, Initiativen, Cüpli trinken gegen …) oftmals nicht einmal Reformen des Status Quo erreichen kann, liegt hauptsächlich daran, dass er völlig zahnlos ist und nichts und niemandem tatsächlich wider-, also entgegen-, steht. Er lässt uns bloss an die Herrschenden appellieren, anstatt dass wir uns selbst ermächtigen würden etwas zu tun. Und darum ist er auch akzeptiert – er wird niemandem gefährlich.
Wir wollen aber diesen Status Quo nicht, in der nur die Waren und das Geld, nur Totes, wichtig sind und nicht wir und alles Lebendige. Wir brauchen und wollen die grellbunten Waren nicht. Wonach wir uns sehnen und wofür wir kämpfen ist eine Welt, in der Wir im Zentrum stehen und uns gegenseitig helfen. Eine Welt die es versteht, versöhnt mit Natur und Tieren zu leben, fernab von ihrer Ausbeutung und Unterdrückung. Doch von solch einer Welt sind wir meilenweit entfernt. Um sie verwirklichen zu können, müssen wir uns mit vehementer Beständigkeit der herrschenden Ideologie entgegenstellen. Wir wollen nicht mit den Politikern verhandeln, die bestenfalls versuchen, das Jetzt etwas erträglicher zu gestalten. Darum wollen wir sie auch nicht bitten die AKWs auszuschalten. Wir müssen Druck aufsetzen, aber nicht mittels Unterschriften, die keinen Pfifferling wert sind. Wir müssen unser Leben endlich in die eigenen Hände nehmen und die Entscheidungen treffen, die uns betreffen.

Darum geht es am A4-Camp. Um den Widerstand gegen den Kapitalismus im Allgemeinen und gegen AKWs im Speziellen. Um den Versuch des Kapitalismus, auch aus der ökologischen Katastrophe noch Profit zu schlagen: den grünen Kapitalismus. Und darum, was Widerstand denn eigentlich heisst und warum er notwendig ist.

Alle, die sich davon angesprochen fühlen, sind herzlich eingeladen an Pfingsten am A4-Camp teilzunehmen.

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Communique zur Anti-Rep Demo vom 4.6.2011 in Bern

Quelle: http://ch.indymedia.org/de/2011/06/82026.shtml

Am 4. Juni um 16:00 Uhr trafen sich ungefähr 300 Leute bei der Heiliggeistkirche, um gegen staatliche Repression und Polizeigewalt zu demonstrieren.
Für weitere Infos, aus welchen Gründen die Demonstration durchgeführt wurde, siehe Anhang (Diverse Flyer zur Antirep-Demo).

Der Ausgang der Demonstration bestärkt unsere Anschuldigungen und verstärkt unsere Wut auf den staatlichen Repressionsapparat. Beim Rathaus wurden aus der Kundgebung heraus zwei Kastenwagen der Polizei verbeult und versprüht, aber nicht einmal fahruntauglich gemacht (es wurden später Menschen darin abgeführt). Für die Polizei genügend Grund, um in der Junkerngasse, abseits der Einkaufsmeile und der Strassencafes, mit der Demo abzurechnen. Die Polizei formierte sich zu einer Reihe, als sich die Demonstration näherte, eine weitere Polizeieinheit drängte die DemonstrantInnen nach vorne und sperrte den Rückweg ab. Ohne Grund setzte die Polizei massiv Gummischrot (bis zu einer Nähe von 2 Metern auf Kopfhöhe), Pfefferspray, und Tränengas ein. Darauf flogen vereinzelt Flaschen aus Reihen der DemontrantInnen. Obwohl es von unserer Seite nicht zu weiterer bemerkenswerter Gewaltausübung kam, schlug die Polizei beim Zusammenprall mit Schlagstöcken auf uns ein und hetzte sogar Hunde auf die vorderen Reihen.
Nach weiterer Bedrängung und massivem Einsatz von Schlagstöcken und Pfefferspray wurden durch ein Polizeimegafon unverständliche Weisungen an die Demonstrationsteilnehmenden gerichtet – wahrscheinlich die Anweisung, die Demonstration aufzulösen, was zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich war, da alle Auswege durch die Polizei versperrt war und sie niemanden mehr vorbei liessen.

Die Polizei hielt die ganze Demonstration eingekesselt, doch bis die ersten DemonstrantInnen weggeführt wurden, dauerte es mindestens eine Stunde. Alle Personen aus dem Polizeikessel (um die 200) wurden auf den Posten beim Neufeld gebracht. Dort mussten wir noch einmal bis zu 4 Stunden gefesselt in Kastenwagen warten. Einige Leute hatten Kopfverletzungen, jemand hatte einen offenen Armbruch, einige hatten sich zuvor ergeben aufgrund des Pfeffersprayeinsatz. Allen wurde während dieser Zeit verwehrt, auf die Toilette zu gehen und Wasser zu trinken. Einigen Personen wurde die Einnahme von Medikamenten verwehrt. Unter 18 Jährige konnten keinen Kontakt zu ihren Eltern aufnehmen und wurden bis zu 6 Stunden festgehalten.
Hinter den Schikanen sehen wir keinen anderen Sinn, als dass sich die Staatsgewalt erhofft, uns durch verstärkte Repression davon abzuhalten, uns gegen Repression zu wehren. Doch wir lassen uns nicht unterkriegen, die Solidarität unter uns und die Solidarität zu allen, die den revolutionären Kampf vorantragen, macht uns stark.

Wir sehen uns durch diesen Vorfall nur ein weiteres Mal darin bestätig, unseren Kampf weiterzuführen und uns zu wehren!
Diese Gewalt vonseiten der Polizei wird von unserer Seite nicht vergessen und nicht vergeben. Auch Bullen haben Namen und Adressen.

Repression betrifft uns immer.
Für die soziale Revolution.

http://ch.indymedia.org/de/2011/06/81992.shtml
http://www.aufbau.org/images/stories/flugis/Flugi_AntiRep_110604.pdf
http://ch.indymedia.org/de/2011/05/81958.shtml

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Massenbesetzungen und Jugendbewegung in Spanien

Wofür kämpft die “spanische Revolution”?

Seit fast zwei Wochen dauern die Besetzungen des Puerta del Sol-Platzes in Madrid, der Plaça de Catalunya in Barcelona und anderer Plätze in Städten quer durch Spanien. Nach dem ersten Versuch, die Menschen in der ersten Nacht ihrer Proteste zu vertreiben, und der offiziellen Verordnung der Wahlkommission, die den Protestierenden befahl, die besetzten Orte vor den lokalen und regionalen Wahlen am 22. Mai zu räumen, fehlte den polizeilichen Behörden trotzdem das Selbstbewusstsein, diese Verordnung mit Gewalt durchzusetzen.

Die Besetzung in Madrid, an der 3.000 bis 28.000 Protestierende teilnahmen, hat nicht nur die Aufmerksamkeit Spaniens, sondern auch Europas und anderer Teile der Welt ergriffen. Zehntausende Jugendliche, Arbeitslose sowie Unterstützende aus den Gewerkschaften und Rentnergruppen haben das Thema Jugendarbeitslosigkeit und die Wirkung der Sparmaßnahmen der Regierung sichtbar gemacht.

Soziale Misere

Mit einer allgemeinen Arbeitslosenquote von 21,3 Prozent, in absoluten Zahlen: 4,9 Millionen, steht Spanien an der Spitze der EU-Länder. Aber diese Quote schießt auf über 43 Prozent für junge Leute. Diejenigen, die Arbeit haben, schlagen sich mit prekärer Niedriglohn- und Teilzeitarbeit durch. Sogar der Internationale Währungsfonds, dessen Politik Arbeitslosigkeit und Niedriglöhne verursacht und fördert, hat diese Jugendlichen als “die verlorene Generation“ bezeichnet. Nachdem sie sowohl von ihrer Regierung, den oppositionellen Parteien, wie auch großenteils und schamlos von den Gewerkschaften so lange ignoriert worden waren, haben diese jungen Leute endlich eine Stimme gefunden.

Selbstbewusst nach dem Vorbild der Massenbesetzung des Tahrir Platzes in Kairo organisiert, haben die Protestierenden ihre weit verbreitete Desillusion über die beiden großen politischen Parteien gezeigt. Das ist kein Wunder, da beide regierten, als die Arbeitslosigkeit und unsichere Arbeitsplätze rücksichtslos um sich griffen, während dessen die Regierung Banken rettete und gleichzeitig von den Massen verlangte, den Gürtel enger zu schnallen.

Die Regierung der Sozialistischen Arbeiterpartei (PSOE) und ihr Premierminister José Luis Rodriguez Zapatero planen, der spanischen Bevölkerung 15 Milliarden Euro an Sparmaßnahmen und einen Stellenabbau im staatlichen Dienst bis zu 15 Prozent aufzuzwingen. Sie wollen das Renteneintrittsalter von 65 auf 67 Jahre anheben und den Arbeitsmarkt liberalisieren, indem Kündigungsschutz und andere Arbeitsrechte aufgelockert werden. Große Einschnitte bei Bildung und Gesundheit werden von den regionalen Regierungen durchgepeitscht; in Katalonien bedeutet das eine Haushaltskürzung von 10 Prozent. Die oppositionelle Volkspartei (Partido Popular -PP), geführt von Mariano Rajoy, unterstützt all diese Kürzungen voll und ganz und ist eine noch stärkerer Befürworterin der Privatisierung und der Zerstörung von Arbeitsrechten. Außerdem ist die PP in einen Korruptionsskandal in Valencia verwickelt, als der Verkauf von Regierungsaufträgen an Privatfirmen im Austausch für Parteispenden an die Öffentlichkeit gelangte. Solche Beispiele zeigen deutlich die Klassenorientierung und Interessen der PP und wem sie dienen würde, wenn sie an die Macht käme.

Die Jugend muss sich erheben!

Die Besetzungen haben großen Rückhalt in der Bevölkerung gewonnen, besonders am 18. Mai, als 130.000 Menschen in ganz Spanien demonstriert haben. Eine geschätzte Zahl von 50000 demonstrierte in Madrid, 15000 in Barcelona, und 10000 in Sevilla. Kleinere Demonstrationen fanden in weiteren 57 Städten quer durch das Land statt.

Die Proteste, verschiedentlich bezeichnet als “15-M“ Bewegung, oder die “spanische Revolution“ (genannt nach dem Twitter hashtag) haben die Forderung “Echte Demokratie jetzt! (Democracia real YA)“ als ihre Hauptlosung. Sie wurden von einer Reihe von anti-neo-liberalen Gruppen und Nichtregierungsorganisationen wie Attac, Intermon Oxfam, Umweltschützer in Aktion oder Jugend ohne Zukunft (Juventud Sin Futuro) initiiert. Durch die Benutzung von Twitter und Facebook schickten sie einen Aufruf an die “Arbeitslosen, schlecht Bezahlten, Leiharbeiter, jene, die unsichere Stellen haben und die jungen Leute“, am 15. Mai die öffentlichen Hauptplätze ihrer jeweiligen Städte und Orte zu besetzen. Junge Leute folgten dem Aufruf in Massen – sie nannten sich Los Indignados, die Empörten.

Wie die revolutionäre Jugend in Tunesien und Ägypten benutzten die Demonstranten die sozialen Medien, um ihre Botschaft herauszuschicken zu einer Zeit, als Medien und Verwaltungen sie zuerst ignorierten, dann verspotteten, und schließlich mit gerichtlichen Maßnahmen, der Polizei und reiner Repression bedrohten. Durch die Nutzung dieser sozialen Netzwerke konnten aber Tausende von individuellen TeilnehmerInnen die Lügen der rechts-orientierten JournalistInnen und PolitikerInnen sofort kontern.

Verbündete oder Feinde?

Die Feindseligkeit der jungen DemonstrantInnen gegenüber den großen Parteien ist vollkommen verständlich, da beide eingeschworene Verfechter von sozialen Kürzungen sind, die die bereits jetzt elendigen Arbeits- und Lebensumstände der Arbeiterschaft und der Jugend noch unerträglicher machen werden. Versuche von PSOE-PolitikerInnen, die DemonstrantInnen auf den besetzten Plätzen zu besuchen, um über ihre Probleme zu diskutieren, wurden abgelehnt. Aber die BesetzerInnen haben auch klar gemacht, dass Gewerkschaften ebenfalls nicht willkommen sind. Obwohl dies deutlich eine falsche Entscheidung war, ist es mehr als begreifbar. Die großen Gewerkschaften – die Sindicato Unión General de Trabajadores (UGT) und die Confederación Sindical de las Comisiones Obreras (CCOO) haben den Jugendlichen, für deren Sache sie nicht aktiv gekämpft haben, kaum eine attraktive Alternative zur Lösung ihrer ernsthaften Probleme präsentiert.

Obwohl die CCOO und die UGT einen Generalstreik gegen die Sparpläne der Regierung am 29. September 2010 durchgeführt haben, war dieser leider nicht der Auftakt zu einer längeren Massenkampagne, sondern eine eintägige Inszenierung von Protest, bevor ein Zustand der völligen Passivität entstand. Im neuen Jahr drohten die Gewerkschaften erneut, einen eintägigen Generalstreik auszurufen, aber statt Kampfmaßnahmen traten sie in Verhandlungen mit der Regierung und Unternehmerverbänden ein. Herausgekommen ist am 4. Februar ein Abkommen über Reformen im Renten- und Lohntarifsystem und so genannten “Reformen“ für den Arbeitsmarkt. Junge Leute -zukünftige ArbeiterInnen – werden von den Gewerkschaften verkauft.

Aber diese Feindseligkeit der jungen Protestierenden gegenüber den Gewerkschaften ist nicht allgegenwärtig. Andere Lager in den radikaleren, linken Städten wie Barcelona haben sich mit lokalen Gewerkschaften organisiert, die in den Arbeiterbezirken und am Arbeitsplatz schon stark engagiert gewesen sind.

Es ist ein gutes Zeichen, dass die Demonstrationen im Spanien am 1. Mai groß waren, und dass die Sparmaßnahmen der Regierung lautstark verurteilt wurden. Aber bis jetzt haben die Gewerkschaften wenig über die momentane Radikalisierung der Jugend gesagt und praktisch nichts unternommen, um die jungen DemonstrantInnen mit den ArbeiterInnen zu gemeinsamen Aktionen zusammenzubringen. Diese Kluft zwischen den ArbeiterInnen, wovon 2.7 Millionen gewerkschaftlich organisiert sind (15-16 Prozent aller Arbeitskräfte) und der in der 15.Mai-Bewegung tätigen Jugend schadet den Interessen beider enorm.

Das Programm der Bewegung

Obwohl das Verhalten der Demonstranten in der 15.Mai-Bewegung inspirierend ist, ist die politische Botschaft, die die VertreterInnen in Puerta del Sol herausgebracht haben, schwach, in manchen Fällen falsch, und muss kritisiert werden.

Zum Beispiel beinhaltet das Manifest von Puerto del Sol eine scharfe Verurteilung des bestehenden Systems. Die Puerto del Sol-Versammlung verabschiedete eine Liste von 16 Forderungen, einschließlich der Demokratisierung des Wahlverfahrens und der Abschaffung von diskriminierenden Gesetzen wie der europäische Raum für höhere Bildung (die Bologna Erklärung) und gegen das Einwanderungsgesetz. Gefordert wurden auch die Proklamation von Grundrechten auf Unterkunft, Gesundheitsfürsorge und Bildung, stärkere staatliche Kontrolle über Banken und private Unternehmen, reduzierte Ausgaben für Rüstung sowie die Wiederverstaatlichung von kürzlich privatisierten öffentlichen Unternehmen. Aber diese Forderungen sind vage über die Art von Demokratie, die sie verlangen, und sie sind vollkommen unzureichend. Nirgendwo taucht die Forderung für die totale Abschaffung des Kürzungsprogramms auf oder werden Maßnahmen vorgeschlagen, die Reichen zur Kasse zu bitten, die Banken zu übernehmen, oder Arbeit für das Millionenheer der Arbeitslosen zu schaffen. Stattdessen bekommen wir nur leere Rhetorik:

„Die Gier nach Macht und ihre Anhäufung in den Händen Weniger schaffen Ungleichheit, Spannung, Ungerechtigkeit, die zur Gewalt führt, was wir ablehnen. Das veraltete und unnatürliche ökonomische Schema treibt die soziale Maschinerie in eine sich immer weiter drehende Spirale, die sich selbst demontiert, in dem sie die Wenigen bereichert und den Rest in die Armut schickt. Bis zum Zusammenbruch.“

Das Manifest wagt es weder zu benennen, welches System die soziale Misere verursacht und “echte Demokratie“ verwehrt, noch die Alternative zu diesem System aufzuzeigen: den Sozialismus. Noch weniger sagt das Manifest darüber, welche Gesellschaftsklassen diese Alternative hervorbringen können. Stattdessen versinkt es in “demokratische“ und populistische Phrasendrescherei:

„Manche von uns betrachten sich als progressiv, andere konservativ. Manche von uns sind Gläubige, manche nicht. Manche haben klar definierten ideologische Positionen, andere sind apolitisch, aber wir sind alle besorgt und wütend über die politischen, wirtschaftlichen, und sozialen Perspektiven, die wir um uns herum sehen: Korruption bei Politikern, Unternehmern, Bankern, die uns hilflos und ohne eine Stimme lassen.“

„Diese Situation ist zu einem Alltag von Leid und Hoffnungslosigkeit geworden. Aber wenn wir unsere Kräfte vereinigen, können wir dies ändern. Es ist Zeit, die Dinge zu ändern, es ist Zeit, zusammen eine bessere Gesellschaft aufzubauen.“

Das Manifest kommt zu dem Schluss:

„Wir brauchen eine ethische Revolution. Statt Geld über alle Menschen zu stellen, werden wir es wieder in unseren Dienst stellen. Wir sind Menschen, nicht Produkte. Ich bin nicht das Produkt dessen, was Ich kaufe, warum ich kaufe, und von wem ich kaufe. Wegen dieser oben genannten Zustände bin ich empört. Ich denke, ich kann all dies ändern. Ich denke, ich kann helfen. Ich weiß, dass wir das zusammen schaffen können.“

Wenn also die NGOs und libertären OrganisatorInnen von Puerta del Sol kein Programm bzw. keine Strategie haben, die über den Horizont von Protestkundgebungen und der Bildung von sofortigen und vorübergehenden Utopien hinausweist, was hat die spanische Linke in dem Zusammenhang anzubieten?

Die Linke

Die Vereinigte Linke (Izquierda Unida IU) hat die Demonstration unterstützt, gesteht aber ein, wenig Verbindung zu den versammelten Jugendlichen zu haben. Sie hat nach eigenen Angaben 50000 Mitglieder und an die 2700 Ortsvertreter. Die IU entstand Mitte der 80er Jahre aus kleineren linken Gruppen um den Kern der alten KP Spaniens (PCE) nach deren Wahldebakel 1982, als ihr Wählerstimmenanteil von 10% auf 3% herunterpurzelte. Die PCE und die mit ihr verbundene Gewerkschaft CCOO hatte nach Francos Tod die revolutionäre Situation verraten, indem sie den berüchtigten Moncloa-Pakt mit dem König und den ‚reformierten’ Falangisten, deren direkte Nachfolgerin die heutige PP ist, unterzeichneten. Die Wahlergebnisse der IU erreichten ihren Höhepunkt 1996 mit 11% (2,6 Millionen Stimmen). 2000 stürzten sie bereits wieder auf 5% ab, weil sie ein Abkommen mit der PSOE schlossen. Obgleich die letzten Resultate wieder einen leichten Anstieg verzeichnen, ist die IU trotz ihrer Gegnerschaft zum Kürzungsprogramm eine durch und durch reformistische Partei und keine Kampforganisation.

Wie kann die Bewegung gewinnen?

Die DemonstrantInnen hielten am 29.5. eine Versammlung ab und beschlossen ihre Proteste fortzusetzen. Am 28.5. kam es in Madrid, aber auch in anderen Städten zu Vorversammlungen auf Stadtteilebene, v. a auch in Elendsvierteln (Barrios), wo der Anteil von Einwanderern und prekarisierten ArbeiterInnen besonders hoch ist. Hier wurden demokratisch die SprecherInnen für die Vollversammlungen des Sonntags gewählt, die sehr gut besucht waren (bis zu 20000). Damit deutet sich also eine Verbindung zu Teilen der Arbeiterschaft an, die der Kampfbasis der Bewegung nur von Nutzen sein kann.

Offenkundig kann aber die Taktik, so lange auszuharren bis die Regierung zurücktritt, im ‚demokratischen Spanien’ weniger verfangen als in Ägypten unter Mubarak. Auf kommunaler und regionaler Ebene hat die regierende PSOE eine verheerende Wahlniederlage am 22.5. kassiert. Dies zeigt wiederum, dass bei vorgezogenen Neuwahlen die Partei von Premier Jose Luis Zapatero durch eine konservative Regierung unter Jose Maria Aznar abgelöst werden würde. Unter deren Herrschaft würde der Kürzungskurs natürlich fortgesetzt werden, wahrscheinlich sogar mit größerem Nachdruck. Die PP forderte lautstark von der Regierung den Polizeieinsatz, um vor den Kommunal- und Regionalwahlen die besetzten Plätze von DemonstrantInnen zu räumen.

Der geringe Wahlerfolg der Vereinigten Linken IU, die trotz ihrer Unterstützung für die Proteste bei 6,3% landeten, zeigt an, dass es eine gangbare parlamentarische Alternative für die Parteien der Kürzungsoffensive gibt. Die Wahlen offenbaren die Zwickmühle, in der die jungen DemonstrantInnen stecken: wie soll der Wandel herbei geschafft werden, wie die ,echte’ Demokratie, die sie auf ihren Plakaten einfordern? Der Ruf nach wirklicher Demokratie in einem Lande mit funktionierendem liberal-demokratischen Regime hat wenig Zugkraft, es sei denn, er verbindet sich mit einer systematischen Kritik an der Diktatur des Kapitals, die Politik hinter der Fassade des Parlaments betreibt. Eine solche Kritik muss Methoden und Aufgaben für den Sturz des Systems hervorstreichen, sonst versandet sie in Reformvorschlägen – Reformen, die zwar unterstützenswert und fortschrittlich sind, aber das Problem nicht an der Wurzel packen.

Es ist klar, dass die Jugend in Spanien die fortgeschrittenste Kraft des Widerstands gegen die Auswirkungen des Kapitalismus ist, auch wenn sie in ihren Ideen verwirrt sein mögen. Es ist eine verdammende Anklage gegen die Gewerkschafsführungen, die es nicht vermögen (oder wollen), auf solche jungen Leute zuzugehen und sie in die Arbeiterbewegung hinein zu bringen. Die Jugend wiederum darf die Gewerkschaften nicht pauschal ablehnen, denn eine offen feindselige Haltung den Gewerkschaften in der Protestbewegung gegenüber muss reaktionäre Folgen haben, nicht nur in der Spaltung des Widerstands, sondern in der Entfremdung der Jugend von der Arbeiterklasse, der alleinigen Kraft in der Gesellschaft, die den so verzweifelt ersehnten Wandel herbeizuführen vermag.

Mit der korrekten Strategie kann der Kapitalismus in Spanien gestürzt werden, genauso wie überall auf der Welt. Ein entschlossener Kampf der Arbeiterklasse gegen die Regierung kann das Kürzungsprogramm der PSOE zermalmen. Dazu bedarf es eines Generalstreiks, nicht einer einmaligen 24-stündigen Arbeitsniederlegung, sondern eines allumfassenden Ausstands bis zum völligen Sieg. Zur Organisierung des Streiks müssen Koodinationen geschaffen werden, Streikausschüsse, Vollversammlungen, Arbeiterschutzeinheiten zur Verteidigung der Streikpostenketten. Das würde einen unmittelbaren revolutionären Angriff auf Regierung und Kapitalistenklasse bedeuten und der Welt zeigen, dass den Kürzungen Einhalt geboten werden kann und der Kapitalismus angegriffen werden kann. Darum ist ein Kampf für den Sozialismus so zentral für die Widerstandsbewegung – wir müssen den Reichen und ihren Marionetten im Parlament die Macht entreißen.

http://www.arbeitermacht.de/ni/ni160/spanien.htm

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Bericht zur Räumung der Kulturbesetzung Waldheim in Luzern

Quelle: http://ch.indymedia.org/de/2011/06/81970.shtml

Lediglich eine Woche nach der Besetzung wurde das Haus an der Kaspar-Kopp-Strasse 95 in Ebikon, Luzern geräumt. Die drei Festgenommenen wurden nach 18 Stunden wieder auf freien Fuss gesetzt. Hier der Bericht über die Ereignisse des Tages.

Mit dem Räumungsantrag bewies die Pallottinergemeinschaft als Besitzerin, dass sie für die Argumente einer kulturellen Nutzung des Hauses kein Gehör hat. Zwei Stunden nach Ablauf der Frist bagann die Polizei die Räumung. Zu Beginn wurden Sympathisant_innen vor dem Haus kontrolliert, festgehalten und nach einer mündlichen Wegweisung wieder frei gelassen.

Das eher kleine Polizeiaufgebot musste verstärkt werden, als die Versuche über das verbarrikadierte Treppenhaus durchzukommen scheiterten. Die Behauptung der Besitzerin, dass das Haus zerstört wurde, ist falsch und dient lediglich der Diffamierung der Besetzer_innengruppe, um von den legitimen Gründen für die Besetzung abzulenken. Nachdem die Feuerwehr mit zwei Kranwagen anrückte, begannen die Beamt_innen die Fenster in den oberen Stockwerken einzuschlagen, um sich Eintritt zu verschaffen. Dadurch ist es ihnen nach zwei Stunden gelungen 3 Personen im Innern des Hauses festzunehmen.

In der Zwischenzeit versammelten sich Unterstützer_innen vor dem Haus. Unter lautem Protest führte die Polizei die Festgenommenen ab. Der Abtransport konnte durch eine Strassenblockade kurzzeitig verzögert werden. Insgesamt zeigte die starke Unterstützung von Sympathisant_innen, wie auch von Passant_innen und Schüler_innen, dass die Anliegen, kulturellen Freiraum zu erkämpfen, eine breite Unterstützung findet. Des Weiteren wurde immer wieder bekundet, dass auch die geplante Überbauung bei den Nachbar_innen sehr umstritten ist.

Schließlich machte sich die Polizei mit den Gefangenen auf zum Polizeiposten Ebikon – gefolgt von einer Gruppe Sympathisant_innen. Vor dem Polizeiposten konnte diese Kontakt mit den Gefangenen aufnehmen und sich lautstark mit ihnen solidarisieren. Dabei kam es zu weiteren Personenkontrollen und zu kurzen Rangeleien, als die Polizei versuchte gewaltsam eine Person aus der Gruppe zu ziehen. Kurz darauf sprachen sie allen Beteiligten eine Wegweisung aus.

Nach Durchsuchung und der Aufnahme der Personalien wurden die Festgenommenen auf den Posten in Luzern gebracht, wo der erste Versuch der ED-Massnahmen (Fingerabdrücke, Fotos, Wangenschleimhautabstrich für DNA) scheiterte. Wegen der Verweigerung dieses Versuchs, wurde den Betroffenen angedroht, dass dadurch alles nur länger dauert und der Staatsanwalt womöglich eine Untersuchungshaft beantrage. Nach einer Nacht im Knast, probierten die Beamt_innen nochmals ihr Glück. Auf die erneute Verweigerung aller 3 Festgenommenen reagierten sie gereizt. Denn auf die Anordnung der Staatsanwaltschaft zu Zwangsmassnahmen zur ED-Massnahme warteten sie vergeblich. Sie hatten somit ein weiteres Mal nur geblufft und versucht ihre Datenbank weiter auszubauen. Bald danach ging es wieder nach Ebikon, wo alle nach einer durch Aussageverweigerung verkürzten Befragung nach 18 Stunden frei gelassen wurden.
Die lautstarken Solidaritätsbekundungen von Außen, sowohl während der Festnahme als auch während der Zeit auf dem Polizeiposten, waren eine große Stütze und sehr aufbauend für die Festgenommenen. 1000 Dank an alle!

Des Weiteren reiht sich die Wegweisung einer gesamten Gruppe während einer politischen Aktion in eine Entwicklung ein. Seit einiger Zeit kann auf dem Bahnhofsplatz ein härteres Vorgehen gegen “unliebsame” Menschen beobachtet werden. Zwei Jahre nach Annahme des Wegweisungsartikels zeigt sich, dass genau der Fall eingetreten ist, welcher die politisch Verantwortlichen stets abzustreiten versuchten: Die Wegweisung wird gegen Menschen angewendet, welche entweder das saubere Image Luzerns stören, oder sich an politischen Aktionen beteiligen. Einmal mehr zeigt sich, dass kulturelle Freiräume in der Stadt keinen Platz mehr haben und Andersdenkende aus dem öffentlichen Raum vertrieben werden

Solidarität mit allen Kämpfen um autonome Freiräume!

Solidarität mit den sozialen Aufständen weltweit!

Freiheit für Silvia, Costa, Billy und Marco und alle politischen Gefangenen weltweit!

Der Kampf geht weiter! Wir kommen wieder! Jetzt erst Recht!

Gentrifickt euch selber!

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