Offener Brief zum Auftritt von «Frei.Wild» am Heitere

Am Samstag, 11. August 2012, soll im Rahmen des 22. Heitere-Openairs in Zofingen die völkisch-nationalistische Band Frei.Wild aus Norditalien auftreten. Aufgrund verschiedener Aussagen und dem politischen Engagement dieser Band sowie der Nazi-Skin-Vergangenheit des Sängers verlangen wir, dass der Auftritt von Frei.Wild am Heitere-Openair abgesagt wird.

Nachdem sich die umstrittene Band «Böhse Onkelz» im Jahr 2005 auflösten, versuchten viele andere Projekte, die von den «Onkelz» hinterlassene Lücke zu füllen. Es lässt sich sagen, dass dies Frei.Wild wohl am besten gelungen ist. Beide Bands verbreiten eine «Wir-gegen-alle-anderen-Attitüde», geben sich rebellisch gegenüber «denen da oben» und die Sänger beider Bands haben eine Neonazi-Vergangenheit:
Philipp Burger von Frei.Wild sang früher bei der Rechtsrockband «Kaiserjäger» Phrasen wie «Eine Gruppe Glatzen kämpft dagegen an, gegen Weicheier wie Raver und Hippies und Punks.» oder «Heil dem Kaiser, Heil dem Lande, Österreich wird ewig stehen» um nur zwei nennen zu müssen. Interessant ist vielleicht, dass Burgers Liebe nicht mehr Österreich, sondern Deutschland gilt, obwohl er seinem Pass zufolge Italiener ist, welche er gelegentlich als «Dummes Volk» bezeichnet. Jedenfalls meinte er Deutschland, als er zur Männer-Fussball-WM 2010 «dieses Mal holen wir uns den Pokal» trällerte. Die Verwirrung wird jedoch dann erst richtig komplett, wenn die Band in ihrer Hymne «Südtirol», die übrigens in den letzten Tagen von «Kaiserjäger» entstanden ist, «Südtirol, wir tragen deine Fahne, denn du bist das schönste Land der Welt, Südtirol, sind stolze Söhne von dir, unser Heimatland, wir geben dich nie mehr her. Südtirol, deinen Brüdern entrissen, schreit es hinaus, lasst es alle wissen, Südtirol, du bist noch nicht verlor’n, in der Hölle sollen deine Feinde schmor’n. […] Edle Schlösser, stolze Burgen und die urigen Städte wurden durch die knochenharte Arbeit uns’rer Väter erbaut. Kurz gesagt, ich dulde keine Kritik an diesem heiligen Land, das uns’re Heimat ist.» singt. Diese Zeilen gefallen – wen erstaunt’s – der nationalistischen Bewegung des Südtirols, welche mit dem Rechtsaussen-Blatt «Der Tiroler» Frei.Wild in höchsten Tönen lobt.
2008 sollten Frei.Wild bei einem Konzert der «Freiheitlichen Jugend», der Nachwuchsorganisation der Südtiroler Partei «Die Freiheitlichen» auftreten. Ein Blick in den Forderungskatalog der «Freiheitlichen Jugend» lässt erschaudern: «Südtirol zuerst! Einwanderung stoppen! Heimat schützen! Sofortige Ausweisung von ausländischen Straftätern!» Nach langem Hin und Her sagte die Band den geplanten Auftritt ab und Philipp Burger – bis dann Mitglied – trat anschliessend aus der Partei aus. Er schrieb jedoch in einem Forum, er «habe auch das Amt niedergelegt, aber nicht etwa deswegen, weil ich Schuldgefühle habe oder mit dem Parteiprogramm nicht einverstanden wäre, soviel ist sicher…» Nein, Politik würde der Band nur schaden.
Obwohl die Band ständig beteuert, unpoltisch zu sein und weder mit Rechts noch Links etwas am Hut haben zu wollen, bezieht sie ganz klar auch in ihren Songtexten Stellung.
Im Song «Wahre Werte» heisst es: «Lichter und Schatten; undefinierbar, woher sie kommen; Formen und Spalten; die dein Ich-Gefühl zurückerstatten; Geräusche und Winde; die dich umgeben und unheimlich wirken; Höhen und Tiefen laden ein zum genießen; da, wo wir leben, da wo wir stehen; ist unser Erbe, liegt unser Segen; Heimat heißt Volk, Tradition und Sprache, für uns Minderheiten eine Herzenssache; das, was ich meine und jetzt werft ruhig Steine; wir sind von keinem Menschen die Feinde; doch wir sind verpflichtet, dies zu bewahren. […]; wo soll das hinführen, wie weit mit uns gehen; selbst ein Baum ohne Wurzeln kann nicht bestehen […]; Sprache, Brauchtum und Glaube sind Werte der Heimat […]; ohne sie gehen wir unter, stirbt unser kleines Volk; Dialekte und Umgangssprache; hielten so lange, so viele Jahre; Bräuche, Geschichten, Kunst und Sagen; sehe schon die Nachwelt klagen und fragen; warum habt ihr das verkommen lassen?» In diesen Zeilen steckt alles drin, was völkischen Nationalismus ausmacht: Bezüge auf ein «Erbe», welches «bewahrt» gehöre und nicht «verkommen» dürfe; mythische Bilder von Licht und Schatten, die Identität stiften würden; und die Annahme von Verwurzelung und organischer Zugehörigkeit, welche sie mit «Heimat heisst Volk, Tradition und Sprache» zusammenfassen. Die Ansicht, dass der Mensch «Heimat» und eine Volkszugehörigkeit brauche und nur finden könne, wenn er «Wurzeln», «Erbe», Tradition» und Sprache mit einer Region teile, basiert auf einem zutiefst reaktionären Begriff von «Volk». Um es auf den Punkt zu bringen: Das ist Blut-und-Boden-Ideologie. Dass Frei.Wild in der letzten Strophe noch ein Lippenbekenntnis gegen «Faschisten» und «Nationalsozialisten» eingefügt hat, macht das ganze nicht besser. Ist ihr Argument gegen Nationalsozialismus und Faschismus doch nur, dass «unsere Heimat darunter gelitten» habe.
Die politischen Aussagen der Band bleiben jedoch nicht nur beim mystisch Völkischen, sondern greifen auch aktuelle politische Debatten auf. Im Lied «Land der Vollidioten» jammert Philipp Burger: «Kreuze werden aus Schulen entfernt, aus Respekt vor den andersgläubigen Kindern.» Über solche Statements kann Vieles gesagt werden, jedoch nicht, dass sie «unpolitisch» seien, wie sich die Band nur all zu gerne immer wieder selbst bezeichnet.
Geht es um andere Themen, als um die «heilige Heimat», gibt sich Frei.Wild durchaus Mühe, «tolerant» zu sein. Im Song «Schwarz und Weiss» zählt die Band nicht nur zusammenhangslos auf, was sie alles in Ordnung findet, sondern geben auch ihr sexistisches Frauenbild zum besten: «Weich oder hart; dick oder dünn; reich oder arm; hetero oder warm; Pampa oder City. Wir sind hier und Du bist dort; weit weg von mir. Eckig oder rund; farblos und bunt; die eine will’s von Hinten; die andere nimmt ihn in den Mund; Nord- und Südpol, USA und der Rest der Welt.»
Apropos Toleranz: Philipp Burger erklärt in einem Interview, dass Naziskinheads, wie alle anderen Gäste bei Frei.Wild-Konzerten willkommen seinen, – «solange sich die Leute benehmen». Man dürfe niemanden ausgrenzen, «nur weil einer was anderes denkt». Weiter erzählt er, dass richtige Nazis mit «Frei.WIld»-Texten «eh nicht klarkommen würden». Im «Thiazi-Forum», dem grössten Nazi-Internet-Portal Europas, welches erst vor kurzem von den deutschen Behörden geschlossen wurde, wurden Frei.Wild jedoch ganz selbstverständlich mit Diskografie und vollständigen Liedtexten neben Nazirock wie «Störkraft» und «Landser» aufgelistet.
Felix Metzle, Autor der neurechten Zeitschrift «Sezession», zeigt wunderschön auf, weshalb die Musik von Frei.Wild gefährlich ist: «Ob sie es zugeben oder nicht und ob sie es bewusst machen oder nicht: Frei.Wild vermischt Alltäglichkeiten und heimatbewusste Politik. Damit markiert die Band einen deutlich rechteren Zeitgeist als den gegenwärtig herrschenden. […] Die patriotischen Akzente werden von breiten Schichten wahrgenommen.»

Wir können und wollen nicht akzeptieren, dass völkischer Nationalismus einfach so geduldet und einer Band mit diesen Aussagen eine Plattform geboten wird. Das Heitere-Openair stellt sich so mit allen Sponsoren, Supportern und auftretenden Künstler_innen als Sprach-Organ einer sehr gefährlichen Ideologie zur Verfügung. Deswegen fordern wir die sofortige Absage des Konzertes von Frei.Wild.
Bei Fragen oder Unklarheiten darf gerne mit uns Kontakt aufgenommen werden.

22. Juni, Antifa Aarau

Quelle : http://ch.indymedia.org/de/2012/06/86811.shtml

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One Response to Offener Brief zum Auftritt von «Frei.Wild» am Heitere

  1. FW-Fan says:

    Vielleicht aber solltet ihr euch mal folgendes Video ansehen:
    http://www.youtube.com/watch?v=Nmqw6yK1w6Q

    Hätte euch bei eurer sehr objektiven (achtung Ironie!!) Recherche vielleicht geholfen!!

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