Griechenland: Ausnahmezustand, Knast und Polizeigewalt

Kurz vor dem zweiten Jahrestag des Mordes an Alexis und einem weiteren geplanten Generalstreik für den 15.Dezember spitzt sich die Situation in Griechenland wieder zu. Nachdem vor einigen Wochen eine anarchistische Aktivistin auf der Straße von der Polizei halb totgeschlagen wurde und sich die Situation vieler politischer Gefangener in Griechenland weiter verschlechtert, wurden gestern mehrere Personen in einem Studi-Wohnheim in Thessaloniki von Anti-Terror-Einheiten verhaftet. Zusätzlich gab es Razzien in Athen in mindestens drei Häusern sowie in Agrinio. Die Polizei behauptet in den Häusern Waffen und Sprengstoff gefunden zu haben, allerdings rundern sie bereits zurück, indem nach einer Prüfung die 13 gefundenen Schusswaffen in Athen als “nicht im Zusammenhang mit terroristischen Angriffen verwendet” befunden wurden. Gemeint sind hiermit die Stadtguerillia-Aktionen der letzten Monate, die vor allem in Athen stattfanden. Mindestens 7 der gestern in Athen verhafteten Personen erwartet ein Gerichtsverfahren.

Zu den Razzien siehe auch: http://de.indymedia.org/2010/12/295750.shtml und http://de.indymedia.org/2010/12/295770.shtml

Heute, am 6.Dezember 2010 jährt sich der Mord an Alexis zum zweiten mal: “Alexis is gone for two years: he’s gone to a university occupation in London, standing behind a barricade in Rome, protesting in the streets of Dublin…” (from the greek streets)

“Seit Monaten kennt der griechische Staat auf die soziale Frage, die überall im Lande mit Streiks, Besetzungen und Demonstrationen gestellt wird, nur eine Antwort: mehr Polizei, Verhaftungen, Abschiebungen, noch mehr Polizei. Verhandelt wird nur mit den anderen europäischen Regierungen und diversen Geldgebern, ein Selbstgespräch der Eliten. Die Bevölkerung taucht dabei lediglich als Summe der Steuereinnahmen minus der (weiter zu senkenden) Ausgaben für die Verwaltung auf – oder als Störfaktor.” (aus dem indymedia-Artikel zur Polizeigewalt bei der Anti-IWF Demo)

Die schwerverletzte Aktivistin braucht auch weiterhin finanzielle Hilfe für die Kosten im Krankenhaus und für das anstehende Gerichtsverfahren. Außerdem brauchen die Menschen in Griechenland mehr solidarische Öffentlichkeit und sichtbare Solidarität. Hierzu heißt es im gleichen Artikel zur Anti-IWF Demo:

“Die Betroffene wünscht sich ausdrücklich, dass nicht ihre Person ins Zentrum gerückt wird. Sie sieht sich nicht als Opfer, sondern als aktiven Teil der sozialen Kämpfe gegen ein Regime, das in seiner Logik alltäglich über Leichen geht, um die herrschende Ordnung aufrecht zu erhalten. Die eskalierende Polizeigewalt in Athen, insbesondere der Delta-Einheit, ist Teil einer Strategie der Aufstandsbekämpfung, die Unerschrockene willkürlich brutal attackiert, um all jene nachhaltig einzuschüchtern, die bisher vielleicht noch nicht demonstrieren, aber die Ziele der Kämpfenden teilen und darüber nachdenken, sich ihnen anzuschließen.”

Weitere Informationen zur Polizeigewalt auf der Anti-IWF Demo in Athen Mitte November:
http://www.indybay.org/newsitems/2010/11/26/18665048.php
http://www.occupiedlondon.org/blog/2010/11/16/416-american-activist-seriously-injured-in-the-head-by-delta-motorcycle-police/

Für den 11.Dezember ist eine Demonstration unter dem Titel “WIE LANGE NOCH KÖNNEN WIR DEN GLOBALEN TOTALITARISMUS TOLERIEREN?” in Athen geplant.

Alfredo Bonanno ist am 23.November aus der griechischen Haft entlassen worden, nachdem er über ein Jahr wegen eines Bankraub-Vorwurfes gesessen hatte:

Am heutigen Monta fand der Prozess gegen Alfredo und Christos statt. Er endete damit, dass Alfredo zu vier Jahren Haft verurteilt wurde, aber da er schon über ein Jahr im Knast sass und über 70 Jahre alt ist, wird er morghen entlassen werden. Christos wurde zu acht Jahren und neun Monaten verurteilt und wird vorraussichtlich Ende 2011 entlassen werden.” (so Anarchist Black Cross Berlin)

Schlechter geht es dagegen Savvas Xiros, der trotz Verstoß der griechischen Justiz gegen Gesetzesgrundlagen und ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte weder Haftverschonung noch ärztliche Behandlung erfährt:

“Der EuGHMR kritisiert, daß sich die Richter die Zuständigkeit für eine Entscheidung über medizinische Fragen angemaßt haben, ohne Spezialisten zu Rate zu ziehen. Im Urteil wird weiter die Entscheidung des Gerichtes kritisiert, Savvas Xiros die zur Behandlung beantragte Haftverschonung nicht gewährt zu haben.” ( Netzwerk für die Freiheit aller politischen Gefangenen aus einem Artikel in der Jungen Welt vom 26.11.)

Im Fall des schwerverletzten Gefangenen gibt es eine Unterschriftenaktion seiner Verteidigung:

“Die Verteidigung von Savvas Xiros hat eine Initiative zur Sammlung von Unterschriften gestartet, um das Selbstverständliche zu fordern: Die Entlassung von Savvas Xiros aus dem Gefängnis. Die gesammelten Unterschriften werden zur Unterstützung eines entsprechenden Antrages verwendet werden.”

Aktuell gibt es einen Aufruf für Giannis Dimitrakis, der seit 2006 wegen Bankraubes sitzt und dessen Verfahren heute in eine weitere Runde gehen wird.

Zusätzlich wird der Prozess gegen einige Gefangene der “conspiracy of the cells of fire” am 17.Januar stattfinden, 3 der 5 Beschuldigten haben sich zu der militanten Gruppe bekannt. In einer Liste von “antiautoritären und anarchistischen Gefangenen” stehen noch immer 22 Personen, die in griechischen Knästen sitzen.

Ein interessanter, allerdings älterer Artikel zur Situation in griechischen Knästen findet sich unter: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/25/25767/1.html

Regelmäßige gewerkschaftsnahe Informationen zur Situation in Griechenland gibt es unter: http://labournet.de/internationales/gr/index.html

Regelmäßige Nachrichten von den Straßen gibt es auf dem Blog vom Kollektiv “voices of occupied london”: http://www.occupiedlondon.org/blog/ sowie auf dem Blog “act for freedom”: http://actforfreedomnow.blogspot.com/

Quelle: http://a3yo.noblogs.org/post/2010/12/06/griechenland-ausnahmezustand-knast-und-polizeigewalt/

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