Wir wollen das Kellerhaus kaufen. Wir sind schon mal drin.

Wir, das Kollektiv Kellerhaus, eine Gruppe an Intressent*innen aus Luzern und Umgebung, die auf das seit 4 Jahren leerstehende Haus an der Kellerstrasse 28a aufmerksam geworden sind, möchten dies gerne kaufen. Wir sind schon mal drin.

Das Kollektiv Kellerhaus kämpft dafür, dass Raum im Allgemeinen und spezifisch im Zentrum, nicht leersteht. Wir sehen Gentrifizierung als Auswuchs einer kapitalistischen, klassistischen, neoliberalen, sexistischen und rassistischen Gesellschaft und Leerstand im Zentrum einer Stadt als Gipfel dieses Trauerspiels. Wir empfinden es als untragbar, dass Einige aufgrund der Profitgier Anderer, der Diskriminierung ihres Geschlechts halber oder infolge neokolonialer Strukturen über ein niedrigeres Einkommen verfügen und sich somit keine teure Wohnung im Zentrum der Stadt leisten können. Wir begreifen diese folgliche Isolierung und Abschottung als strukturelle Benachteiligung, welcher wir uns als Kollektiv entschlossen entgegenstellen. Zentrales Wohnen darf kein Privileg sein!

Um das Eigentumsrecht des Hauses an der Kellerstrasse 28a wird seit dem Tod des ehemaligen Eigentümers gestritten – mittlerweile bereits vor dem schweizerischen Bundesgericht. Seit den andauernden Verfahren steht das Haus an der Kellerstrasse 28a nun bereits über 4 Jahre leer. Wiederholt schalteten sich Genossenschaften ein, die das Haus zu übernehmen versuchten, um den Leerstand an dieser Adresse zu beenden. Konkrete Gespräche bezüglich einem Kauf wurden stets durch die vertretende juristische Person abgewürgt und der Streit vor den Gerichten nahm seinen Lauf, das Haus stand unterdessen weiterhin leer.
Wir haben uns über diesen Fall informiert. Ein Streit, der vermutlich viel Energie wie auch Geld abverlangt. Klar ist jedoch, dass die Kellerstrasse 28a ein weiteres, seit Jahren leerstehendes Haus in Luzern ist. Ein leerstehendes Haus, in welchem Menschen leben können. Ein Haus, welches genutzt, belebt und geliebt werden kann.

Dieses Haus ist nun besetzt, damit es unmittelbar JETZT genutzt werden kann. Und nicht erst nach zwei, drei oder zehn weiteren Jahren Leerstand, wenn dann endlich mal ein Gerichtsurteil gefällt worden ist, das Haus noch erst saniert werden soll, die Genehmigung noch her muss, und dann noch Einsprachen dazu kommen. Es muss JETZT etwas passieren. Es wird JETZT genutzt.

In einem demokratischen System bleiben die Bedürfnisse und Ideen von Minderheiten demzufolge Minderheiten, wie auch die Wege sich gegen Dinge, die über einem entschieden wurden, zu wehren, begrenzt. In einer neoliberal kapitalistisch geprägten Demokratie mit einer rechten Mehrheit in politischen Positionen ist Mitentscheidung und Meinungsfreiheit immer mehr ein Schein statt Realität. Individuelle Selbstverwirklichung und Chancengleichheit wird grossgeschrieben, doch wer schlussendlich tatsächlich wirtschaftlichen Erfolg erziehlt und wer durch alle Maschen fällt, bleibt unsichtbar. Wieviele Menschen arbeiten jeden Tag an einem Arbeitsplatz, der sie kaputtmacht? Wieviele Menschen können sich Ende Monat neben dem Bezahlen von Mieten und Grundbedürfnissen nicht mehr als Träume leisten? Wieviele dieser Menschen haben neben Job und Care Arbeit noch Kapazität, sich politisch für ihre Rechte zu engagieren? Wievielen von diesen Menschen wird das Recht auf Mitbestimmung von Grund auf verwehrt, weil sie keinen Schweizer Pass besitzen? Es sind viele, viel zu viele Menschen, die unter dem kapitalitischen System, welches auf Macht und Ausbeutung beruht, leiden. In der heutigen globalisierten Welt scheinen Probleme oft weit weg von der reichen Schweiz, doch diese Machtstrukturen müssen überall, genauso in ökonomisch einflussreichen Ländern, bekämpft werden.

Direkte Aktionen, welche sich gegen jegliche Art der Unterdrückung dieser Machtstrukturen zu wehren versuchen, werden mehr und mehr kriminalisiert. So wurde in Vergangenenheit das Besetzten eine immer kurzfristigere, bloss informierende Aktion und Besetzungen ein unsicheres Terrain für genau die Menschen, die diesen Wohnraum am meisten brauchen. Doch wir wollen, dass JETZT Menschen im Zentrum wohnen können, denen der Zugang zu zentralem Wohnen verwehrt bleibt und die es sich nicht leisten können zu besetzten, geschweige denn zu streiten. Wir möchten nicht nur über die Missstände informieren, wir möchten auch wirkliche Alternativen bieten. Wir wollen das Kellerhaus JETZT kaufen.

Wäre der Häuserkauf für uns ein Leichtes, hätten wir wohl andere Mittel, um nach unseren Bedürfnissen in dieser Welt leben zu können. Doch da sich in der Regel mehr Menschen gegen eine Sache wehren, die sie selbst betrifft, gehören auch wir zu den weniger zahlkräftigeren Klassen, die sich keine Häuser leisten können.

Freilich sind wir aber nicht allein. Wir können uns vielleicht einzeln keine Häuser leisten, doch zusammen können wir es. Die erzielte Vereinzelung staatlicherseit trägt zwar stark dazu bei, dass wir nicht gemeinsam kämpfen. Dennoch ist es möglich, Kämpfe zu verbinden, es erfordert just imensen Aufwand wie auch wieder dieses Geld. Genau deshalb bleibt es relevant, zu informieren, aufmerksam zu machen und sich zu vernetzen. Deshalb bleibt es relevant, Häuser zu besetzen.

Überdies sehen wir eine langfristige Lösung im kollektiven Häuserkauf. Wir wollen das Haus an der Kellerstrasse 28a durch kollektives Eigentum und Selbstverwaltung nachhaltig der Spekulation und dem kapitalistischen Immobilienmarkt entziehen. Wir wollen preisgünstigen Wohnraum im Zentrum schaffen wie auch erhalten. Wir wollen selbstverwaltete Hausgemeinschaften. Wir wollen sie JETZT.
Das Miethäuser-Syndikat Schweiz bietet als Exempel progressive Ansätze in diesem Metier. Eine Genossenschaft, die Gebäude aus dem Immobilienmarkt herauskauft. Durch ihren Kauf werden die Häuser endgültig vom Markt genommen und sind dadurch frei von Spekulation und Profit. Mit Soli-Geldern und den bezahlten Mieten wird sowohl das Haus unterhalten als auch neue Projekte finanziert. mehr dazu findet mensch unter https://www.mietshaeusersyndikat.ch/

Widerständige Grüsse
Kellerhaus Kollektiv

#alleswirdbesetzt

Quelle: https://barrikade.info/article/5410

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