Communiqué zur Besetzung der Florastrasse 15 in Aarau

Am Abend des 26. Dezember 2013 haben wir die leerstehende Liegenschaft an der Florastrasse 15 in Aarau besetzt und ihr so neues Leben eingehaucht. Das Haus soll möglichst bald als autonomes Zentrum seine Türen öffnen können. Wir beabsichtigen, diesen bisher ungenutzten Platz als sozialen Treffpunkt zu nutzen und ihn so auch anderen interessierten und freiheitsliebenden Menschen zur Verfügung zu stellen.

Unser Leben durch kapitalistische Zwänge und gesellschaftliche Normen bestimmen zu lassen sowie uns Autoritäten zu fügen, kotzt uns an. Was wir wollen ist ein Leben in Freiheit und Selbstbestimmung. Da eine gesellschaftliche Umwälzung jedoch ein langwieriger Prozess ist und sich momentan hierzulande keine revolutionäre Perspektive offenbart, haben wir uns dazu entschlossen, unser Fristen im Kapitalismus etwas angenehmer zu gestalten und uns zu nehmen, was wir benötigen um im Status Quo nicht total durchzudrehen.

Ja, wir haben ein Haus besetzt. Nein, wir haben niemanden um Erlaubnis gebeten. Ja, wir sind gekommen, um zu bleiben. Denn weshalb sollten leerstehende Häuser nicht genutzt werden? Weshalb sollen solch prächtige Liegenschaften wie die Florastrasse 15 vor sich hin vegetieren, bis sie im Zuge der Gentrifizierung abgerissen werden?

In Aarau wird schon seit Jahrzehnten auf unterschiedlichste Art und Weise für autonome Freiräume gekämpft. Doch mit welchem Erfolg? Der Kanton Aargau plädiert offen für einen Abriss auf Vorrat. Die Stadt Aarau streitet das Bedürfnis nach einem autonomen Zentrum ab, wirft Menschen mit fadenscheinigen Begründungen aus besetzen städtischen Liegenschaften und übt über ihre Handlanger*innen, die Polizei, Druck auf private Hausbesitzer*innen und Immobilienfirmen aus. Uns bleibt also nichts anderes übrig, als uns weiterhin aktiv um ein autonomes Zentrum zu bemühen und uns den Raum zu schaffen, den wir brauchen, um in den herrschenden Verhältnissen einmal durchatmen zu können.

Wir wollen erschaffen, lernen, durchbrechen, organisieren, scheitern, entdecken, ausprobieren, … und so auch Menschen die Möglichkeit geben, ein anderes Leben ohne Hierarchien, Zwänge und diskriminierende Strukturen und Prozesse kennen zu lernen. Wir wollen Kultur schaffen, an welcher sich niemand bereichert und einen Ort etablieren, wo sich alle Menschen unabhängig von sexueller Orientierung, Aussehen, sozialem sowie biologischem Geschlecht, Herkunft oder Fähigkeiten wohl fühlen können.

Wir laden solidarische und interessierte Menschen für die kommenden Tage ein, bei uns vorbeizuschauen und sich einzubringen. Tagsüber freuen wir uns über Hilfe beim aufräumen, putzen, einrichten und umbauen. Jeden Abend gibt es veganes Essen sowie Getränke gegen Spende. Am Freitagabend gibt es zusätzlich zum normalen Barbetrieb eine Soli-Cocktail-Bar zugunsten philippinischer Anarchist*innen. Jederzeit ist mensch natürlich zu Kaffee und Diskussionen willkommen. Es gilt zu beachten, dass das Haus leider nicht barrierefrei ist.

Solidarität mit allen räumungsbedrohten Häusern und Projekten!
Selbstverwaltete Freiräume schaffen und verteidigen!

KAZ [Kampagne für ein autonomes Zentrum]

Quelle: http://ch.indymedia.org/de/2013/12/91098.shtml

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Eskalation in der Schanze

Mehrere Tausend Menschen haben sich am Sonnabend im Hamburger Schanzenviertel versammelt, um für den Erhalt der Roten Flora und der “Esso”-Häuser auf der Reeperbahn zu protestieren. Doch die Polizei ließ den Demonstrationszug nur wenige Meter gehen. Die Begründung und der Einsatz an sich geben Grund zur Annahme, dass es sich um ein geplantes Ende handelte.

Über der Hamburger Innenstadt kreisten bereits am frühen Nachmittag Hubschrauber, Spezialeinheiten der Polizei gingen in den Nebenstraßen schon in Stellung. Rund 2000 Beamte hat die Hamburger Polizei aus mehreren Bundesländern zusammengezogen, um die – wie in mehreren Medien ausführlichst dargestellt – befürchteten Ausschreitungen zu verhindern.

In St. Pauli und der Schanze waren bereits am Vormittag zahlreiche Linke und Autonome unterwegs, offenkundig aus ganz Deutschland und auch aus dem Ausland angereist. Vor der Roten Flora selbst stand bereits ein alter Wasserwerfer, den sich Leute aus der FC St. Pauli-Fanszene als eine Art Maskottchen zugelegt haben.

Rund 6000 bis 7000 Menschen versammelten sich ab 14.00 Uhr am Schulterblatt, um für den Erhalt der Flora sowie der “Esso”-Häuser zu demonstrieren. Zahlreiche schwarz gekleidete Autonome waren dabei. Um 15.10 Uhr setzte sich der Demonstrationszug  schließlich in Richtung Eimsbüttel in Bewegung. Die Demonstrationsspitze passierte nach wenigen Metern eine Bahn-Unterführung, als Polizisten auf die Protestler zuliefen und diese stoppten. Grund sei, dass “Beamte schon gleich zu Beginn mit Steinen von einer Brücke beworfen worden seien, sagte ein Polizeisprecher der taz. Mittlerweile heißt es auch, die Demonstration sei “zu früh” losgelaufen.

In einer Pressemitteilung aus der Nacht bleibt die Polizei bei der Darstellung, sie sei um 14:09 Uhr (die Demonstration setzte sich erst nach 15:00 Uhr in Bewegung) bereits aus der Demo-Spitze angegriffen worden:

“Gegen 14:09 Uhr liefen zahlreiche Personen an der Spitze des Aufzuges unvermittelt und ohne Absprache los in Richtung Sternbrücke. Aus der Personengruppe wurden Steine und Flaschen sowie entzündete Pyrotechnik gezielt auf Polizeibeamte geworfen. Daraufhin wurde der Aufzug aufgestoppt. Die eingesetzten Polizeibeamten wurden weiter massiv mit Steinen beworfen, sodass Wasserwerfer eingesetzt wurden. Vermummte Personen bewarfen Polizeibeamte von der Sternbrücke herab mit Steinen, sodass der Schienenverkehr eingestellt werden musste.”

Keine Angriffe zu sehen

Die Begründungen erscheinen wenig verhältnismäßig bzw. fragwürdig. Nach meiner Wahrnehmung war möglicherweise eine Person auf der Brücke, allerdings an der Seite zur Flora, wo die Demonstration begann. Weiterhin passierten immer wieder Züge die Brücke, wobei ein ICE hupte, was dafür spricht, dass tatsächlich eine oder mehrere Personen auf oder an der Brücke waren.

Ein Foto von Publikative.org zeigt, dass an der Brücke ein Transparent hing und auf der Seite zur Flora einige Personen am Aufgang zur Brücke stehen, die aber offenkundig die Demonstration beobachteten bzw. fotografierten.

Es erscheint aber ausgeschlossen, dass sich Personen auf der Brücke aufgehalten haben, da – wie erwähnt – ein reger Zugverkehr über die Brücke läuft – S-Bahn, Güterzüge, ICEs und weitere Fernbahnen.

Weiterhin sind auf zwei Videos schlicht und ergreifend keine Angriffe auf Polizisten zu erkennen. Ein Video zeigt den Beginn der Demonstration und das abrupte Ende an der Unterführung. Das zweite Video zeigt die Brücke von der nördlichen Richtung, also aus der Sicht der Polizei. Es sind weder Personen auf der Brücke, geschweige denn Angriffe zu erkennen.

Nach dem Stopp der Demonstration ging die Polizei mit zwei Wasserwerfern gegen die Demonstranten vor, die wiederum mit Steinen, Böllern und Flaschen warfen. Bei den Auseinandersetzungen dürfte es zahlreiche Verletzte gegeben haben. In Medien ist von 22 verletzten Polizisten die Rede.

Ganzes Viertel abgeriegelt

Derweil riegelten Polizeieinheiten sämtliche Seitenstraßen zum Schulterblatt ab, so dass mehrere Tausend Menschen fest saßen. Auch vollkommen Unbeteiligte konnten das Viertel nicht mehr verlassen oder betreten; einige Anwohner durften die Polizeiketten immerhin passieren, als sie ihre Ausweise vorlegten. In der Juliusstraße, direkt neben der Roten Flora, waren mehrere Hundert Personen in einem kleinen Kessel gefangen, in dem beachtliches Gedrängel herrschte. Einige Demonstranten versuchten, über ein Baugerüst auf Häuserdächer zu gelangen, um aus dem Kessel zu entkommen. Andere versuchten, eine Polizeikette zu durchbrechen, woraufhin Wasserwerfer und Räumpanzer aufgefahren wurden.

Polizeieinsatz im Schanzenviertel, Foto: Publikative.orgPolizeieinsatz im Schanzenviertel, Foto: Publikative.org

Die Demonstration wurde von der Polizei aufgelöst, nach rund zwei Stunden durften die eingekesselten Demonstranten dann das Schanzenviertel verlassen; viele zogen in Richtung Reeperbahn zu den “Esso”-Häusern und lieferten sich dort weitere Auseinandersetzungen mit der Polizei. Am Freitagabend hatten bereits Dutzende Personen die Davidwache auf der Reeperbahn attackiert und mehrere Polizeiwagen demoliert.

Eskalation

Die Situation in Hamburg ist seit Wochen angespannt: Der Konflikt um die Lampedusa-Flüchtlinge hat der regierenden SPD sehr viel Ablehnung bis Hass eingebracht. Die Zwangsräumung der “Esso”-Häuser auf der Reeperbahn hat die Lage weiter verschärft – und die heutige Demonstration dürfte die Stimmung weiter anheizen. Denn bereits gestern waren Gerüchte im Umlauf, dass die Demonstration nach nur wenigen Metern gestoppt werden solle. Genauso ist es gekommen – und die Begründung der Polizei ist alles andere als überzeugend. Dafür spricht auch der Ablauf des Einsatzes eher für eine geplante Beendigung der Demonstration.

Eine Entwicklung, die zum Einen die Fronten verhärtet, zum Anderen zur Radikalisierung beiträgt, wie heute gesehen. Eigentlich soll ein Polizeieinsatz dafür sorgen, dass beispielsweise bei Demonstrationen möglichst wenig passiert, möglichst wenige Personen verletzt werden, möglichst wenig kaputt geht. Von einem erfolgreichen Einsatz kann also keine Rede sein.

Dass zudem eine genehmigte Demonstration von mehreren Tausend Menschen kurzerhand und mit fragwürdiger Begründung gestoppt und aufgelöst wird, während beispielsweise 2012 und 2008 alles in Bewegung gesetzt wurde, um Neonazis marschieren zu lassen, weil sonst die Demonstrationsfreiheit in Gefahr sei, ist wirklich ein besorgniserregender Umgang mit Grundrechten. Man muss die Forderungen der Demonstranten nicht teilen, man muss das martialische Auftreten von Schwarzen Blöcken und Bengalos kein bisschen mögen – aber ein Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit gibt es dennoch.

Die Zeit der Hardliner

Die Eskalationsstrategie der vergangenen Woche hat dafür gesorgt, dass Flora, “Esso”-Häuser und Lampedusa-Flüchtlinge zu wichtigen Symbolen der linksradikalen Szene geworden sind. Ein Dialog erscheint mittlerweile unrealistisch, auf beiden Seiten setzen sich die Hardliner zunehmend durch. Eine Entwicklung, die zu weiteren Demonstrationen und auch Gewalt führen dürfte.

Der Hamburger SPD-Senat hat in den vergangenen sechs Monaten viel Porzellan zerschlagen, Vertrauen zerstört, Gräben aufgerissen. Eine Stadt wie Hamburg braucht aber eine Politik, die Menschen, Gruppen und Milieus verbindet, keine, die die Stadt weiter spaltet.

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Andrea Stauffacher: Verlegung nach Zürich über die Festtage

Andrea “Andi” Stauffacher (Mitglied des Revolutionären Aufbau Schweiz und der Kommission für eine Rote Hilfe Internationale) soll über Weihnachten und Neujahr in das Bezirksgefängnis Zürich verlegt werden. Konkret würde sie am 24. Dezember aus Winterthur (wo sie seit dem 13. Mai 2013 ihre Haft absitzt) nach Zürich verlegt werden, um dann am 3. Januar wieder den umgekehrten Weg zu gehen. Begründet wird dies vom zuständigen kantonalen Amt für Justizvollzug (Sonderdienst 3 – SMV3) damit, dass das Gefängnis Winterthur in dieser Zeit schliesse.

Das stimmt nachweislich nicht. Das Gefängnis Winterthur ist über Weihnachten und Neujahr jeweils für zwei Tage geschlossen. Das heisst, vom 24. Dezember bis zum 26. Dezember und vom 31. Dezember bis zum 2. Januar bekommen die Insassen einen Sonderurlaub. Von den elf Tagen, die Andi im Bezirksgefängnis Zürich verbringen soll, ist das Gefängnis Winterthur an nur vier Tagen tatsächlich geschlossen! Es ist daher als pure Schikanezu betrachten, dass Andi in dieser Zeit nach Zürich verlegt wird. Das Gefängnis Zürich ist als Untersuchungsgefängnis eingerichtet, während dasjenige in Winterthur dem Strafvollzug dient. Die Haftsituation in einem Untersuchungsgefängnis ist deutlich verschärfter. Täglich steht nur eine Stunde Hofgang zur Verfügung, der Kontakt unter den Gefangenen ist eingeschränkt, die Kommunikation nach aussen schier unmöglich.

Das Verhalten des SMV3 gegen politische Gefangene reiht sich in die Serie von politischen Provokationen, welches vom Amt für Justizvollzug ausgehen. Bereits beim Hungerstreik in Solidarität mit Georges Ibrahim Abdallah, den sie gemeinsam mit Marco Camenisch absolvierte, drohte das Amt mit einer dauerhaften Verlegung unter verschärften Begingungen, falls sie sich nicht schriftlich vom Streik distanziere1. Einen bewilligten Urlaub, der ihr am Tag, aber nicht zur gleichen Uhrzeit, des StandortFUCKtors in Winterthur zustand, sagte das Amt weniger als 24 Stunden vor Beginn kurzfristig ab2.

Das selbe Verhalten zeigt sich auch beim anarchistischen Gefangenen Marco Camenisch. Von 1991 bis 2002 sass er in Italien im Knast, er wurde danach an die Schweiz ausgeliefert. Seither sitzt er in verschiedenen schweizer Gefängnissen seine Haft ab. Nach 21 Jahren in Haft wäre es ab 2012 möglich, dass ihm das letzte Drittel der Haft auf Bewährung erlassen wird – so, wie es in 99% der Fälle geschieht. Der SMV3 sabotiert jeden möglichen Schritt in Richtung Hafterleichterung, also die Bedingung für eine bedingte Entlassung und begründet dies mit seiner ungebrochenen politischen Identität.

Wir rufen dazu auf, sich mit Andi und Marco zu solidarisieren. Schreibt ihr zwischen dem 24. Dezember 2013 und dem 3. Januar 2014 unter: Andrea Stauffacher, Gefängnis Zürich, Postfach 1266, 8026 Zürich. Auch mit anderen Mitteln kann die Mauer zwischen drinnen und draussen überwunden werden.

Schreibt auch Marco klassenkämpfersche, revolutionäre Wünsche für’s neue Jahr! Marco Camenisch, PF 75, 5600 Lenzburg.

Spiess umdrehen – dem Kapitalismus den Prozess machen
Freiheit für alle politischen Gefangenen

Rote Hilfe Schweiz
20.12.2013

Quelle: http://ch.indymedia.org/de/2013/12/91040.shtml

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Erfolgreiche Demo für Zirkus ohne Tiere

Am Samstagnachmittag gegen 15 Uhr versammelten sich, trotz beissender Kälte, ca. 70 Demonstrant_Innen beim Bahnhof Emmenbrücke um gegen Tierhaltung im Zirkus zu demonstrieren.

Der Demonstrationszug führte vom Bahnhof zum Mooshüsliparkplatz, wo zurzeit der Circus Royal gastiert, und wieder zurück. Immer wieder wurde lautstark der Slogan „Zirkus mit Tieren – Boykottieren“ skandiert.

Zur Demo aufgerufen hat Lagota. Die OrganisatorInnen kritisieren dass keine artgerechte Haltung im Zirkus möglich sei. Unter anderem würden die Tiere zu oft transportiert und die Tiernummern seien oft gelenkschädigend. Lagota geht es darum, der systematischen Ausbeutung der Tiere insgesamt ein Ende zu setzen – sei es in Schlachthöfen, der Versuchstierindustrie oder in Tierzirkussen. Dieser Kampf für die Befreiung der Tiere ist notwendig verknüpft mit den menschlichen Befreiungskämpfen. Denn Grundlage der gegenwärtigen Ausbeutung von Menschen und Tieren sei die kapitalistische Produktionsweise, die alles Leben dem Prinzip der Profitmaximierung unterstellt. Die Demo verlief friedlich, es kam vereinzelt zu kleineren Verkehrsbehinderungen.

Lagota

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Demonstration für Zirkus ohne Tiere

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Get Swiss or Die Trying

Quelle: http://www.vice.com/alps/read/get-swiss-or-die-trying-v7-n8?Contentpage=-1

Stell dir vor, du lebst in einem Raum ohne Fenster. Dein Schlafzimmer—eine Militärkajüte—teilst du mit fünf Typen, die du kaum zwei Wochen kennst. In dem Luftschutzkeller, den man hier Wohnzimmer nennt, gibt es für 50 Insassen gerade mal einen Fernseher. Und die meisten von ihnen sprechen eine Sprache, die du nicht im Geringsten verstehst. Draussen erwartet dich nichts als die Steppenfratze einer unbesiedelten Schweizer Alpenpampa. Es gibt weder Bäume noch Strassenbeleuchtung. Nur endlos viele Steine und einen schwarzglänzenden Stausee, der so kalt ist, dass dir die Haut brennt, wenn du die Füsse reinstreckst. Alles ist still. Bis auf das unablässige Surren der Starkstrommasten, die knapp 60 Meter vor deiner Tür vorbeilaufen. Du lebst hier, ohne zu wissen, wie lange du bleibst oder wohin du später gebracht wirst. Dein Tagesablauf ist klar geregelt. Drei Mahlzeiten am Tag, Nachtruhe um 22 Uhr, Ausgang am Wochenende. Eigentlich gibt es rein gar nichts zu tun. Du hast nichts verbrochen, du bist nicht kriminell. Du bist hier, weil du einen Antrag auf Asyl gestellt hast. Seit dem Juli 2013 befi ndet sich in einem ungenutzten Militärbunker auf dem Lukmanierpass das abgelegenste Asylzentrum der Schweiz. Bis zum Oktober sind hier zwischen 40 und 80 Asylbeantragende untergebracht. Sie bleiben, bis sie in eine andere Unterkunft „verlegt“ werden, ihrem Antrag stattgegeben wird oder sie in irgendein Land geschafft werden, von dem man mutmasst, dass es ihr jeweiliges Heimatland ist. Wir sind dorthin gefahren und haben versucht, mit den vorübergehenden Bewohnern dieses modernen Verlieses in Kontakt zu kommen. Da die Sicherheitsleute wie Trolle ihre Höhle bewachten und der Bund unser schriftliches Gesuch auf Einlass in die Räumlichkeiten abgelehnt hatte, blieb uns nichts anderes übrig, als zu warten, bis irgendwann jemand herauskam.


Nasri war der einzige unserer Gesprächspartner, dem es nicht so kalt war. Ab und zu wagt er sogar einen Sprung ins Wasser.

Der Erste, der sich mit uns unterhalten wollte, war Nasri. Er ist achtzehn und ursprünglich aus Afghanistan. Nasri war total locker und wirkte wie ein gewöhnlicher Student. Er ist sehr humorvoll, spricht fliessend englisch und überraschte uns mit seiner ansteckenden, positiven Ausstrahlung. Er liebt Autos und hasst Produkte aus China. Er ist gläubiger Muslim und so westlich wie Dosenbier. Sein Lieblingsauto ist der Fort Mustang GTI. Er meinte, dass sich die Wanderwege der Umgebung wohl perfekt für eine Rallye eignen würden. Sein Facebook-Profil ist voll mit Fotos von ihm im schwarzen Blazer am Strand und mit seinem geliebten Lexus. Ob er wirklich erst achtzehn ist? Sei er, aber das sei eigentlich egal, wenn man keine Papiere hat. Da viele behaupten, minderjährig zu sein, sind die Typen vom Amt ziemlich misstrauisch. Um hierher verlegt werden zu können, muss man aber volljährig sein. Da wird bei Unklarheiten schon einmal etwas nachgeholfen. Den grössten Teil seiner Kindheit hat er, wie viele Afghanen, im Iran verbracht. Weil seine Familie für sich dort keine Zukunft mehr sah, reisten sie nach Istanbul. Am Tor zum Westen haben sie, wie es ihnen empfohlen wurde, ihre Pässe ins Meer geworfen. Dann trennten sich seine und ihre Wege. Jetzt sitzt er hier oben auf dem Pass und raucht Zigaretten. 8.50 Franken kostet die Packung im Passhospiz. Zwar hat er sich Europa viel gastfreundlicher vorgestellt, aber über seine Lage beschwert hat er sich kaum. Nur die gähnende Langeweile und das ungesalzene Essen im Heim stören ihn. Nasri organisierte uns im Handumdrehen ein paar weitere Gesprächspartner.


Das ist der Typ, den sie Bierwolf nennen. Er steht neben der „Schulungsbaracke”, in der organisatorische Dinge geklärt werden.

Zum Beispiel diesen Typen mit dem Spitznamen Bierwolf—ein Äthiopier, dessen Namen wir einfach nicht aussprechen konnten. Der Bierwolf war um Welten weniger positiv eingestellt als Nasri. Er ist Nichtraucher und mag die Berge nicht. Er hasst sie. Und er hasst das Wandern. Dafür mag er Tupac und 50 Cent. Am liebsten wäre er bei seiner Frau und seinen zwei kleinen Töchtern, die in Buchs, St. Gallen, leben. Falls das mit dem Visum nicht klappen sollte, will er es in Griechenland versuchen. Dort sei es angeblich ziemlich leicht, eine Aufenthaltsbewilligung zu kriegen.

Und dann gab es noch Joseph, einen französischsprechenden Blumenhändler aus Eritrea mit dem Spitznamen Mafioso. Joseph ist ein bunter Hund. Wenn sie im Asylbunker einen Preis für den besten Look vergeben würden, er hätte ihn garantiert schon zehnmal gewonnen. Als ich ihm erzählt habe, dass ich viel zeichne, hat er mich überredet, ihn zu porträtieren. Dabei hat er posiert wie ein Prinz aus dem 18. Jahrhundert. Seine Freude zeigte er mir mit einem Blick, der nahelegte, dass ich verdammt froh darüber sein konnte, ihm diese Ehre erweisen zu dürfen. Überhaupt war er entgegen seiner Coolness die ganze Zeit über relativ nervös. Schon bei unserer ersten Begegnung hatte er ziemlich aufgebracht telefoniert. Es stellte sich heraus, dass er sich „schwierig verhalten“ hatte und daher noch am selben Tag verlegt werden sollte. Wohin, wusste er nicht. Später erfuhren wir, dass er nach Italien überstellt werden sollte. Aber schlecht gelaunt sei er ohnehin, weil es hier oben keine warmen Kleider für die Insassen gäbe, abgesehen von den Arbeitskleidern. Die dürfen sie aber nur tragen, während sie einen der vielen Sozialjobs in der Gemeinde verrichten, wie Schutt von Wanderwegen wegräumen oder Strassen sanieren.


Joseph beweist, dass man Stil nicht kaufen kann.

Vielleicht haben wir bisher den Eindruck erweckt, so ein Bunker im Niemandsland sei etwas Besonderes. Das ist Schwachsinn. Die Situation ist ziemlich symptomatisch dafür, wie der gegenwärtige Kurs der Schweizer Einwanderungspolitik aussieht. Die folgenden drei Geschichten zeigen, dass der Stil, mit dem das Bundesamt für Migration (BFM) die humanitäre Tradition der Schweiz auslebt, durchaus drakonische Züge entwickeln kann. August 2013 im Solothurner Dorf Kestenholz: Zehn Asylsuchende demonstrieren gegen ihre Unterbringung in einem Luftschutzkeller ohne Tageslicht und Frischluftzufuhr. Eigentlich hätte für sie eine Containeranlage gebaut werden sollen, aber die gut 1.700 Stimmbürger lehnten die Finanzierung ab. Die Demonstration war ein Desaster. Der Bahnhofsplatz verwandelte sich in einen modernen Pranger. Die Querulanten wurden beschimpft und von einem Typen mit Bier und Milch beschüttet. Die Behörden verzichteten darauf, ihnen das zustehende Tagesgeld oder Nahrungsmittel zukommen zu lassen. Nach vier Tagen wurde das Spektakel von der Polizei aufgelöst. Die Demonstranten wurden einzeln an Standorte „verlegt“, die nach Angaben der Behörden auf keinen Fall einen „höheren Standard“ wie bisher aufwiesen. Kaum 60 Kilometer entfernt, in der aargauischen Kleinstadt Bremgarten, eröffnete der Bund im August 2013 ein Asylzentrum für bis zu 150 Personen. Das von der Stadtregierung als „nicht ideal“ eingeschätzte Gebäude ist eine ehemalige Truppenunterkunft der Armee. Bereits im April schloss das BFM zusammen mit der Gemeinde eine sechsseitige Vereinbarung ab, die regelt, wie sich die Migranten in der Stadt bewegen dürfen. Das heisst, die Behörden verhängten de facto ein Rayonverbot für 32 „sensible Zonen“ auf öffentlichem Grund. Darunter der Sportplatz, das Schwimmbad, Schulhäuser und Kirchen. Kein Zutritt ohne ausdrückliche Erlaubnis der Heimleitung und Begleitung eines Sozialarbeiters. Kein Unterricht für Migrantenkinder. Ausgangszeiten von 9 bis 17 Uhr.


Viel machen, ausser herumlungern und in die Gegend starren, kann man hier oben eigentlich nicht.

Aber die ungeschlagene Gummizelle unter den Bundesasylzentren ist das „Minimalzentrum Waldau“, eine Containersiedlung in der Bündner Gemeinde Landquart. Es ist der Ort, an den Asylbewerber geraten, die in anderen Bündner Unterkünften „verhaltensauffällig“ geworden sind. Das Etikett „Minimal“ ist reine Schönfärberei. Im Aufenthaltsraum—einer 2,5 mal 6 Meter grossen Baracke—gibt es gerade einmal einen alten Herd, kahle Wände, einen Plastikboden. Es gibt keine Betreuer vor Ort, dafür aber 7,30 Franken Tagesgeld. Seit 2006 leben hier aufsässige Teenager gleichermassen wie traumatisierte oder gewalttätige Kerle. Bereits drei Monate nach Inbetriebnahme brannte die gesamte Anlage nieder. Im Juni 2012 fackelten erneut zwei Container ab. Ein algerischer Insasse berichtete der Schweizer Wochenzeitung WOZ, dass er aus Angst vor einem Zimmergenossen selbst im Winter nächtelang im Freien übernachtete. Aber die bisher grösste Katastrophe ereignete sich wohl im Januar 2013, als die Leiche des 32-jährigen Feras Motaleeb auf dem Gelände gefunden wurde. Der palästinastämmige Libanese gelangte wegen einer Schlägerei im Asylheim Davos nach Waldau—und weil er sich im Transitzentrum Cazis geweigert hatte, eine Zigarette auszulöschen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen eines Tötungsdeliktes. Die Behörden weigern sich, das Lager zu schliessen. Henri Dunant würde sich im Grab umdrehen.

Es sieht so aus, als seien diese Fälle erst der Anfang einer neuen, dunklen Epoche europäischer Grenzpolitik. Als der durch die Schengener Durchführungseinkommen (Schengen II) geschaffene „Schengener Besitzstand“ Ende der neunziger Jahre in EU-Recht überführt wurde, orientierte sich die EU mit ihrem asylpolitischen Konzept—ein „Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“—massgebend an der deutschen Linie der „sicheren Dritt- und Herkunftsstaaten“. Damit können Personen, die ein Schengenland von einem solchen Land aus „unrechtmässig“ betreten haben, im Handumdrehen dorthin zurückverfrachtet werden. Die Konsequenz: Leute, die nicht aus einem solchen Land stammen, werfen reihenweise ihre Pässe weg. Das Ergebnis: Ein bürokratischer Alptraum, der tausende Migranten dauerhaft in Bewegung hält. Eine politische Maschinerie der Isolation, bewaffnet mit einer Architektur des Provisoriums. Mit der Annahme der Asylgesetzrevision im Juni 2013 wurde in der Schweiz die gesetzliche Grundlage geschaffen, um diese Art von Einwanderungspolitik systematisch etablieren zu können. Also eigentlich trat ein Grossteil der Beschlüsse des neuen Asylgesetzes bereits im Herbst 2012 ein, da sie vom Parlament als „dringlich“ eingestuft worden waren. Bundeseinrichtungen wie etwa Militärbunker dürfen nun ohne Bewilligung der Kantone für drei Jahre als Asylzentren genutzt werden.

Aufsässige Asylbewerber können problemlos in speziellen Zentren untergebracht werden. Und innerhalb einer zweijährigen Testphase verfügt der Bund über eine Blankovollmacht, die es ihm erlaubt, sämtliche Verfahrensbestimmungen ohne Referendumsanspruch zu ändern. Ein Trial-and-Error-Dekret. Nasri war zuversichtlich, dass er wenigstens nicht aus der Schweiz abgeschoben wird, da sie das einzige europäische Land ist, in dem seine Fingerabdrücke festgehalten sind. Er hofft darauf, sich im Alpenland bald eine eigene Existenz aufbauen zu können und nicht andauernd von Heim zu Heim gereicht zu werden. Es klingt absurd, dass jährlich Unsummen dafür ausgegeben werden, Menschen vom sozialen Geschehen abzuschotten, während das Bevölkerungswachstum zurückgeht, die Arbeitslosenquote bei gerade einmal 3 Prozent liegt und mehrere Berufssparten notorisch unterbesetzt sind. Aber noch absurder ist das Bild, wie täglich drei Dutzend Wanderer mit ihren Lunchpaketen, ihrer Sonnencreme und ihren Wanderschuhen an den geröllhackenden Migranten vorbeimarschieren, ohne im Geringsten zu ahnen, wer diese schuftenden Kerle sind. Als wir am Abend aufbrechen, habe ich ein mulmiges Gefühl im Bauch. Ich weiss, Nasri, das könnte genau so gut ich sein.

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Hensler tritt mit goldenem Fallschirm zurück

In der Affäre um brutale Polizeivorfälle intern und extern bei der Luzerner Polizei hat der Luzerner Regierungsrat nun die Reissleine gezogen, um sein eigenes Mitglied, die Sozialdemokratin Yvonne Schärli zu retten: Kommandant Hensler tritt nach gefühlten Jahrzehnten von ungesühnter Polizeigewalt und billigen Vertuschungsmanövern per sofort zurück.

Gemessen an der permanenten Gewalttätigkeit der Luzerner Polizei geht man dort inzwischen von Personalien auf Stufe Neanderthaler aus (aus der Zeit, bevor das Rad erfunden wurde). Teils schlugen Luzerner Polizisten die eigene Freundin spitalreif, ein andermal traten sie einen schon gefesselten Dealer mit ihren Stiefeln in den Kopf. In Luzern wurden solche Taten stets mit Beförderung die Polizeikarriere hinauf belohnt. Ein andermal wurde deutschen und österreichischen Kollegen vorgeführt, wie man nach dem Zufallsprinzip ausgesuchte Jugendliche morgens um 3 Uhr an einer dunklen Ecke in Arth/Goldau überfällt und sie bei surrender Polizeikamera zu Krüppeln schlägt.

Diesem und ähnlich verrohtem Treiben war Kommandant Beat Hensler aus Kriens stets sehr wohlgesinnt. Hensler wurde 2008 für die Überwachung der Fussball-WM sogar zum Präsidenten der kantonalen Polizeikommandanten, bzw. zum Vorsitzenden der Schweizer Polizeikommandanten-Konferenz (KKPKS) geschlagen. Hensler hatte damals, zwecks eigener Profilierung, auf Bombendrohungen und Terroranschläge gehofft, für ihn leider vergeblich http://www.nzz.ch/aktuell/startseite/unsere-16-000-polizisten-werden-nicht-in-jedem-fall-ausreichen-1.554864

Dies trug der KKPKS den zeitweiligen Verdacht ein, es herrsche bei ihr eine Kultur von geistigem Eunuchentum. Inzwischen hat sich dieser Eindruck aber längst als Irrtum erwiesen. Zur Zeit wirkt dort der Kommandant der Zürcher Kantonspolizei, Thomas Würgler, als Präsident.

Beat Hensler leitete die Luzerner Prügelpolizei ein Jahrzehnt lang souverän. Langzeit-Regierungsrätin Schärli lud ihn jeweils zum Rapport. Das Duo Hensler/Schärli reagierte bei öffentlich gewordenen Polizeiübergriffen immer gleich: Es wurde alt-Richter Jürg Sollberger aus dem befreundeten Kanton Bern zur Klärung der Vorwürfe gerufen, und regelmässig war nichts dran. Ein Vorwand für personelle Änderungen bestand für Sollberger bis zum heutigen (gelobten) Tag nie. Diesmal machte Sollberger an seiner eigenen Glaubwürdigkeit herum. Dadurch sind all seine vorherigen Falsch-Beurteilungen in Sachen Hensler/Schärli natürlich definitiv geheilt.

Polizeikommandant Hensler, zeitweise höchster Bulle der Schweiz, wird nun entlassen, ihm wird sein Honorar für seine unvergesslichen Dienste für 2014 aufwärts mit Ruhmesblatt und Dankesgesten nachgereicht. Frau Regierungsrätin Schärli bleibt derweil unangetastet. Sie hatte (bis heute) Polizeikommandant Hensler aber immer gedeckt. Dabei übte sie sich gerne auch in ihrem Spezialfach, der sozialdemokratischen Verlogenheit. Die Luzerner Polizei sei jedoch gut aufgestellt, um die heutige Krise zu meistern, sagte Hensler abschliessend an seiner heutigen, vermutlich letzten Pressekonferenz. Hensler gilt als Kandidat für den Luzerner Regierungsrat.

Quelle: http://ch.indymedia.org/de/2013/12/90923.shtml

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Kontrolliert, ausgegrenzt, verhaftet

Quelle: http://www.zentralplus.ch/de/news/gesellschaft/361402/Kontrolliert-ausgegrenzt-verhaftet.htm?st-body=0

Sie leben von Coop-Gutscheinen, wohnen in Notunterkünften und trauen sich kaum mehr auf die Strassen – aus Angst vor der Polizei. Der Nothilfestatus und die Repression gegen abgewiesene Asylbewerber und Sans-Papiers macht das Leben für die Betroffenen zum Dauerstress. 47 abgewiesene Asylsuchende leben in der Stadt Luzern derzeit von Nothilfe, weitere 22 befinden sich im Gefängnis.

Wie geht es den Frauen und Männern, den Kindern, die in Luzern um Asyl nachsuchen? Und wie geht es den Abgewiesenen, die eine Wiedererwägung beantragen, die von der Nothilfe leben oder untergetaucht sind?

Vorerst: Es ist schwierig, verlässliche Zahlen zu präsentieren, weil sie von den informierten Amtsstellen und von der Caritas nicht bekannt gegeben werden. Eine Zahl immerhin gibt es. Am 30. September 2013 lebten in der Stadt 173 Asylsuchende mit der Aufenthaltsbewilligung N. Sie sind betreut von der Caritas, die den Auftrag des Kantons erfüllt. Erwerbsarbeit ist ihnen erlaubt, doch die Mehrheit lebt von der wirtschaftlichen Sozialhilfe. Sie leben in individuellen Unterkünften oder sind kollektiv untergebracht.

Wir fragten nach der Herkunft der Menschen, nach der Anzahl Frauen, Männer, Kinder, nach der Höhe der Sozialhilfe, die ausbezahlt werden muss. Das kantonale Gesundheits- und Sozialdepartement, das diese Zahlen besitzen würde, respektive Silvia Bolliger, die persönliche Mitarbeiterin von Regierungsrat Guido Graf, verweigert jedoch die Auskunft. Man veröffentliche keine detaillierten «Wohnstatistiken», schrieb sie in der Mail. Danach hatten wir gar nicht gefragt. Und wenn schon: Es sollte kein Geheimnis sein, in welchen Gemeinden wie viele Asylsuchende leben.

47 Personen in der Nothilfe

In der Stadt Luzern leben 47 Personen, darunter sieben Kinder, in der Nothilfe. Das heisst, sie bekommen pro Tag einen Coop-Gutschein im Wert von zehn Franken, erhalten Unterkunft sowie bezahlte Krankenversicherung. Ihr Asylgesuch ist abgelehnt worden. Sie haben keinen legalen Aufenthaltsstatus und zählen zu den Sans-Papiers. Frei bewegen in Stadt und Agglomeration können sie sich nicht mehr, weil sie jederzeit damit rechnen müssen, von der Polizei aufgegriffen und in Haft gesetzt oder gleich ausgeschafft zu werden. Ihr Vergehen ist ihr rechtloser Aufenthalt in unserem Land.

Die Nothilfe für die Asylsuchenden mit Negativentscheid wird von den Sozialen Diensten der Stadt Luzern ausbezahlt. Reto Camenzind betreut die Dossiers, hält zweimal wöchentlich eine Sprechstunde für die Abgewiesenen, wo sie ihre Anliegen vorbringen können. Die Leute im Nothilferegime leben zum grossen Teil in Notunterkünften, zum Beispiel in der Notschlafstelle der Stadt, im Ibach sowie in Notwohnungen.

27 von den 47 Sans-Papiers sind Administrativ-Fälle, – so die Bezeichnung – die nicht mehr zu den Sozialen Diensten kommen. Sie sind entweder im Strafvollzug, in der Ausschaffungs- oder Durchsetzungshaft (22 Personen) oder in einer andern Institution, zum Beispiel in der Psychiatrie oder im Spital (fünf Personen).

Kritik an Ein- und Ausgrenzungen

Das Luzerner Asylnetz, das mit sehr beschränkten finanziellen und personellen Mitteln versucht, vor allem den Abgewiesenen etwas Rückhalt zu geben, kritisierte in einem Mitgliederbrief im vergangenen September die Ein- und Ausgrenzung von Menschen in der Nothilfe durch die Fremdenpolizei, die in eigener Kompetenz Rayonverbote aussprechen könne. Grundlage dieser Verbote ist das verschärfte Ausländergesetz, das die Massnahme jenen androht, welche die öffentliche Sicherheit und Ordnung störten oder gefährdeten (Art.74). Wer diese oftmals willkürlichen Auflagen nicht einhalte, schreibt das Asylnetz, riskiere eine Anzeige und hohe Busse oder einige Tage Haft.

Vier Personen sind im Strafvollzug, 18 in Ausschaffungshaft – eine beachtliche Zahl. Befragt nach den Haftgründen sagt Alexander Lieb, Leiter Amt für Migration, 80 bis 90 Prozent seien Dublin-Rückführungen. Das sind Asylbewerber, die früher in einem andern Land ein Asylgesuch gestellt haben. Dazu kämen meist mangelnde Kooperation bei der Beschaffung von Papieren und die Gefahr des Untertauchens.

Bei den Aus- und Eingrenzungsentscheiden für Asylsuchende und Abgewiesene durch Mitarbeiter des Amtes für Migration sieht Alexander Lieb keine Probleme: «Solche Verfügungen werden immer von Einzelpersonen vorgenommen. Bei unklaren Fällen wird mit dem Abteilungsleiter Rücksprache genommen. Die Entscheide können auf dem Rechtsweg angefochten werden, was allerdings sehr selten geschieht.»

Was leicht nachvollziehbar ist: Wie soll ein abgewiesener Asylbewerber, der Coop-Gutscheine als Nothilfe bekommt und wegen der Polizei Angst hat, sich in der Stadt frei zu bewegen, einen Anwalt organisieren? Die Ein- und Ausgrenzungen würden mehrheitlich aufgrund einer Handlung gegen das Betäubungsmittelgesetz oder wegen Diebstahls verfügt, sagt Alexander Lieb.

«Das Leben ist sehr, sehr schwierig»

Was empfinden und denken die Menschen, die im Nothilfestatus stecken? Gyatso* ist Tibeter und lebt zusammen mit einem Landsmann seit ein paar Monaten in einem Dorf in der Luzerner Landschaft in einer Zweizimmerwohnung. Ausser seinem Mitbewohner kennt er niemanden dort. Sein Wohnort ist Zufall. Die Caritas hatte gerade eine Wohnung frei. Mindestens einmal pro Woche kommt er nach Luzern, holt die Coop-Gutscheine, geht in den Deutschkurs. Eher selten besucht er den Mondoj-Treffpunkt im Neubad. Auf die Frage, was er sonst so mache, sagt er zwei-, dreimal das Wort «schwierig». Mehr erzählen möchte er nicht.

Vor drei Wochen hatte Rosa* wieder etwas Hoffnung gefasst, zum ersten Mal seit sie vor sechs Jahren in die Schweiz flüchtete. Ihr klagloser Aufenthalt und ihre Anstrengungen zur Integration in Luzern wurden als aussergewöhnlich anerkannt. Darum wurde ein Härtefallgesuch nach Bern eingereicht. Und zum zweiten Mal wurde es abgelehnt. Rosa muss also weiter von der Nothilfe leben.

«Es ist sehr, sehr schwierig. Ich wohne zusammen mit anderen Frauen im Ibach, fühle mich aber allein. Ich möchte selbständig sein. Ich bin ausgebildete Buchhalterin mit Universitätsdiplom. Im Brändi habe ich mehrere Monate freiwillig gearbeitet, Behinderte begleitet. Im Asylzentrum Sonnenhof der Caritas habe ich viel gearbeitet.» Rosa hat einen Deutschkurs abgeschlossen, mit Erfolg. Sie möchte weiter lernen. Im Moment sei das aber nicht möglich. «Jetzt bin ich den ganzen Tag zu Hause. Ich fühle mich ohne Zukunft. So ist das Leben schwierig, so schwierig.» Sie sagt es dreimal.

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Von der Revolte zur Katastrophe

In Beiruts Innenstadt steigen die Wohnungspreise, in Bulgarien wird eine lange Grenzmauer gebaut und die Türkei meldet sich mehrende Typhuserkrankungen, auch die Masern tauchen wieder auf. Was das alles miteinander zu tun hat? Es ist der Krieg in Syrien, der diese Vorgänge verbindet. Im ersten Fall ist der Grund die steigende Zahl der Mitarbeiter internationaler Hilfsorganisationen, in letzteren sind es die syrischen Flüchtlinge selbst. Der Konflikt in Syrien hat sich im nun anstehenden dritten Kriegswinter erneut verschärft. Was als vermeintliche Revolution im Zuge des »arabischen Frühlings« begonnen hat, ist zur größten humanitären Katas­trophe geworden, die der Nahe Osten bisher erlebt hat.

Als vor zweieinhalb Jahren, im Frühling 2011, Syrerinnen und Syrer begannen, in Massen friedlich eine Veränderung des politischen Systems einzufordern, reagierte die Diktatur auf ihre Art konsequent: Sie versuchte einzuschüchtern und schoss auf die Demonstrierenden, bis der Konflikt sich schließlich militarisierte. Die friedlichen Ak­tivistinnen und Aktivisten wichen den bewaffneten Kämpfern, die Bürgerkomitees den Milizen, aus der »Revolution« wurde ein Bürgerkrieg – gemacht, denn unausweichlich war diese Entwicklung nicht.

Verdeutlicht wird sie in drei Dokumentarfilmen, die auf Festivals und im Fernsehen gerade ein gewisses Publikum finden: Da ist Iara Lees Dokumentation »The Suffering Grasses«, gedreht Anfang 2012, die bereits rückblickend den Beginn des syrischen Aufstands beschreibt. Aktivisten sprechen über ihre Hoffnungen, noch hat der bewaffnete Kampf die Erinnerung an die erste Phase des Aufstands, an die Aktivistenkomitees und Demonstrationen, nicht verdrängt.

So wie Lees Film keine neutrale Dokumentation ist, sondern Sympathie mit den Aufständischen bezeugt, so will Matthew VanDykes nun auch bei Youtube eingestellter kurzer Film »Not Anymore: A Story of Revolution« ausdrücklich um Unterstützung für den Kampf in Syrien werben. Aber hier ist die Szenerie bereits eine ganz andere. Die zwei Protagonisten des Films, ein Kommandeur der Free Syrian Army und eine junge Syrerin, die Fotografin auf Seiten der Aufständischen ist, bewegen sich durch die umkämpften Straßen Aleppos. Der Tod ist allgegenwärtig, die Stimmung der Protagonisten wechselt zwischen Zynismus, Trauer und dem Ringen um Hoffnung.

Man kann nun noch die BBC-Dokumentation »Syriens Kinder« von Ian Pannell und Darren Conway heranziehen, die Mitte November 2013 im deutschen Fernsehen lief. Der Film begleitet zwei Ärztinnen auf ihrem Weg durch Flüchtlingslager und Behelfskrankenhäuser. Es ist eine Tour des Schreckens, das Gesundheitssystem ist zusammengebrochen, für die Versorgung von Kranken und Verwundeten mangelt es am grundlegenden Material, zu der ständigen Angst vor Luftangriffen, die gezielt die Lazarette treffen sollen, kommt die Unsicherheit hinter den Frontlinien, seit sich Rebellengruppen auch untereinander bekämpfen. Der furchtbare Höhepunkt des Films ist erreicht, als ein Pausenhof voller Kinder und Jugendlicher von einer Brandbombe getroffen wird und die Ärzte im notdürftig ausgestatteten Hospital nur unzureichende Erste Hilfe leisten können. Aus dem Krieg in Syrien ist längst eine humanitäre Katastrophe geworden.

Als die arabischen Revolten Syrien erreichten, war klar, dass eine entscheidende Weichenstellung bevorstand. In Damaskus herrschte nach dem Sturz Saddam Husseins die letzte verbliebene Ba’ath-Diktatur, hier traten die Konflikte in der Region besonders deutlich zutage. Hier traf der neue auf den alten Nahen Osten, mit direkten Auswirkungen auf die Nachbarstaaten.

Aus dem Konflikt in Syrien ist daher schnell ein komplexer Stellvertreterkrieg geworden. Dabei hat die Zurückhaltung des Westens und vor allem der US-amerikanischen Regierung eine nicht weniger unheilvolle Rolle gespielt als die militärische und politische Unterstützung des syrischen Regimes durch Russland, Iran und ihre Verbündeten. Weitere regionale Akteure wie die Golfstaaten und die Türkei haben indirekt interveniert und Jihadisten konnten die entstandenen Freiräume nutzen; sie sind nun ein Machtfaktor in Syrien geworden – sie waren es zu Beginn des Konflikts nicht.

Der August 2013 mit dem Giftgasangriff bei Damaskus, dem vermutlich über 1 000 Menschen zum Opfer fielen und auf den Europa und die USA nicht reagierten, war ein Wendepunkt. Für kurze Zeit, als ein Militärschlag der USA wahrscheinlich schien, verfiel das syrische Regime in Panik, bis klar wurde, dass die westlichen Staaten dem weiteren Geschehen tatenlos zusehen würden. Die Armee Bashar al-Assads konnte nun nicht zuletzt durch die direkte Intervention der Hizbollah und mit iranischer Waffenhilfe die Situation für sich nutzen und ihre Positionen festigen. Das heißt aber nicht, dass ein militärischer Sieg Assads, wie er schnell bei Erfolgsmeldungen des Regimes in der westlichen Presse herbeianalysiert wird, auch nur annähernd möglich wäre. Es geht allein da­rum, den Krieg in die Länge zu ziehen und zu brutalisieren, langfristige politische, militärische oder ökonomische Erfolgsaussichten hat Assad nicht.

Paradoxerweise hat das Regime allerdings durch seinen Giftgaseinsatz internationales Renommee gewonnen, es gilt wieder als Partner, nun bei der Giftgasvernichtung. Assad hat auf diese Weise etwas Singuläres vollbracht: Er hat es, rund 100 Jahre nach dem Einsatz von Giftgas im Ersten Weltkrieg, als erster geschafft, diese Massenvernichtungswaffe politisch nutzbringend einzusetzen.

Da man sich im Westen entschieden hat, den Konflikt in Syrien als scheinbar unabwendbares Schicksal zu betrachten, bleibt der Blick auf eine Katastrophe: Die Dynamik des Kriegs lässt sich an den Flüchtlingszahlen ablesen; innerhalb des Jahres 2012 stiegen diese von ein paar tausend auf fast eine halbe Million an, im April 2013 überschritt die Anzahl der von der Uno registrierten syrischen Flüchtlinge bereits die Millionengrenze, ein halbes Jahr später waren es schon zwei Mil­lionen. Die Zahl steigt weiter, bis Mitte November sind wieder 200 000 dazugekommen; und das sind nur die im Ausland registrierten Flüchtlinge, nach Schätzungen der Uno kommen dazu über vier Millionen Syrerinnen und Syrer, die der Krieg aus ihren Wohnungen vertrieben hat, die aber im Land geblieben sind.

Die Lage der syrischen Flüchtlinge, die in der internationalen Berichterstattung bemerkenswert wenig Aufmerksamkeit erfährt, droht auch die politische Situation in den Aufnahmeländern weiter zu verschlechtern. Die Türkei und Jordanien haben jeweils über eine halbe Million Syrer aufgenommen, im Libanon mit seinen rund 4,5 Millionen Einwohnern halten sich nach offiziellen Angaben mehr als 800 000 Syrer auf. Die fünftgrößte jordanische Stadt ist mittlerweile das in der Wüste gelegene Flüchtlingslager Zaatari, das zeitweise bereits über 200 000 Flüchtlinge zählte.

Das Auftreten von Krankheiten wie Kinderlähmung, Masern und Typhus überrascht in dieser Situation genauso wenig wie die einzig bemerkenswerten europäischen Reaktionen auf den Krieg in Syrien: der Bau von Grenzanlagen und die noch bessere Überwachung des Mittelmeers. Die überlebenden Opfer des Giftgasangriffs vom August haben weiterhin keinen Zugang zu me­dizinischer Hilfe; sie leben in den Gebieten rund um Damaskus, die einer Hungerblockade und ständigen Boden- und Luftangriffen der Armee Assads unterliegen. Insgesamt, so die Schätzung, befinden sich, je nachdem, von welcher Bevölkerungszahl man ausgeht, mindestens ein Viertel, vielleicht aber auch ein Drittel aller Syrerinnen und Syrer auf der Flucht. Welche anderen politischen oder militärischen Handlungen hätten ein verheerenderes Ergebnis bringen können?

Quelle: http://jungle-world.com/artikel/2013/48/48903.html

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Zu blond für die Rassisten

Die Reaktionen auf die angebliche Entführung eines Kindes durch Roma in Griechenland zeigen, wie weit verbreitet rassistische Klischees in Europa sind.

»Sinti und Roma sind mittlerweile gezwungen, ihre Zugehörigkeit zur Minderheit zu verbergen.« Dieses bittere Resümee zog Romani Rose, der Vorsitzende des Zentralrats deutscher Sinti und Roma, Anfang November auf einer Pressekonferenz in Berlin. Er kommentierte die jüngste rassistische Kampagne gegen diese Minderheit in mehreren europäischen Ländern. Als Vorwand für diese diente eine Razzia in einem griechischen Roma-Lager Ende Oktober, bei der der Polizei ein blondes Mädchen auffiel, das nicht zu ihrem Bild eines Roma-Kindes passte. Es wurde von den Beamten einem Heim übergeben und als »Maria« der Öffentlichkeit vorgestellt. Nachdem ein DNA-Test nachwies, dass es nicht bei seinen leiblichen Eltern gelebt hatte, machten Spekulationen über eine Kindesentführung die Runde.

Dass die verdächtige Frau falsche Papiere vorgelegt hatte, mache sie jedoch nicht zu einer Kidnapperin. »Das Paar hat das Mädchen geliebt, als sei es sein eigenes Kind«, betonte die Juristin Ma­rietta Palavra-Zatirion, die Anwältin der Roma-Familie. Auch als durch medizinische Untersuchungen festgestellt werden konnte, dass das Kind bei bester Gesundheit war, beruhigten sich die Gemüter nicht.

Wenige Tage später zeigte sich, dass die Mär über ein von Roma entführtes Kind eine rassistische Projektion war: Bei den Eltern des Mädchens handelt es sich um ein Roma-Ehepaar aus der zentralbulgarischen Stadt Gurkowo. Die Mutter hat in einer polizeilichen Befragung erklärt, sie habe in einer wirtschaftlicher Notlage und mangels gültiger Papiere vor einigen Jahren ihre sieben Monate alte Tochter bei ihren damaligen Arbeitgebern in Griechenland zurückgelassen und wolle sie eines Tages zurückholen. Das Kind war nicht gerettet, sondern vielmehr ihren Pflegeeltern entrissen und mit einem christlichen Vornamen versehen an die Öffentlichkeit gezerrt worden.

Dass nun aber ausgerechnet die Pflegeeltern, die das Kind wohl ohne staatliche Unterstützung aufgenommen haben, als Kindesentführer an den Pranger gestellt wurden, ist nur durch rassistische Vorurteile zu erklären. So reicht die Mär von den »Zigeunern«, die christliche Kinder entführen, bis ins 15. Jahrhundert zurück und war immer wieder Anlass für Verfolgung. 1873 führte die Falschmeldung, »Zigeuner« hätten in Stettin ein Kind entführt, zu Polizeimaßnahmen gegen die Minderheit in ganz Preußen.

Die Ereignisse und die Berichterstattung zeigten, dass traditionelle rassistische Klischees auch in der gesellschaftlichen Mitte sehr weit verbreitet sind. Eine Adoption wurde zunächst gar nicht erst in Erwägung gezogen, der polizeiliche Zugriff ohne konkreten Tatverdacht stieß nicht auf Kritik. Vielmehr teilt die griechische Polizei mit großen Teilen der Bevölkerung in vielen europäischen Ländern die Annahme, dass Roma keine blonden Kinder haben können. Die Grund­lage dieser Behauptung ist ein Rassismus, der aus dem Aussehen auf die Herkunft der Menschen schließen will.

Die Falschbehauptung vom blonden entführten Mädchen führte zu staatlichen Maßnahmen und rassistischen Angriffen auf Roma in verschiedenen europäischen Ländern. Im serbischen Novi Sad versuchten Rechte, einem Rom sein Kind auf offener Straße wegzunehmen, weil es nach ihrem rassistischen Weltbild zu blond war. In Irland ließ die Polizei nach einer anonymen Denunziation zwei Kinder aus Roma-Familien vorübergehend in Heime einweisen, weil sie den Beamten als zu blond erschienen, um Roma sein zu können. Erst nachdem zweifelsfrei nachgewiesen worden war, dass die Geburtsurkunden authentisch waren, konnten die Kinder wieder zu ihren Eltern zurückkehren.

Dass sich in allen Fällen der Entführungsverdacht als haltlos erwies, dürfte die Ressentiments nicht mindern. Die angegriffene Minderheit bekam kaum Unterstützung aus der vielzitierten Mitte der Gesellschaft. »Kein Politiker hat uns beigestanden«, resümierte Romani Rose in Berlin ernüchtert.

Quelle: http://jungle-world.com/artikel/2013/46/48824.html

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