Petition für den Verzicht auf Level IV-Ausschaffungen

Amnesty International ist der Ansicht, dass Level IV-Ausschaffungen unverhältnismässig, unmenschlich und gefährlich sind. Wie die Praxis in kleineren Kantonen und einigen Ausschaffungsgefängnissen gezeigt hat, lassen sich viele Auszuschaffende mittels Dialog zum Verlassen unseres Landes bewegen. Ein Verzicht auf harte, unmenschliche und gefährliche Zwangsmassnahmen wie die Fesselungspraxis bei Level IV-Ausschaffungen ist somit möglich und wünschenswert.

Forderungen

Sehr geehrte Justiz und Polizeidirektorinnen und -direktoren

Wir fordern Sie dringend auf, Ihre Bemühungen zu verstärken und

  • die unmenschlichen, gefährlichen und meist unverhältnismässigen Level IV-Ausschaffungen durch Level II-Ausschaffungen auf  Sonderflügen zu ersetzten;
  • falls keine Alternativen zur Haft möglich sind, Administrativgefangene in wohngemeinschaftsähnlichen Unterkünften unterzubringen;
  • überfallartige Abholaktionen zur Ausschaffung ohne vorherige Information zu vermeiden;
  • die Personen leicht gefesselt zum Flughafen zu transportieren;
  • Leibesvisitationen in Anwesenheit von höchstens zwei Personen und in zwei Stufen durchzuführen – eine Totalentblössung zu vermeiden;
  • familiären Bindungen in der Schweiz Rechnung zu tragen und auch für Familienväter mit Kindern in der Schweiz oder Personen mit einem langjährigen Aufenthalt in der Schweiz und guter Integration von den kantonalen Behörden eine grosszügige Härtefallregelung zu verlangen.

Daher fordert Amnesty International die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) auf, auf Level IV Ausschaffungen zu verzichten und den Empfehlungen des europäischen Komitees zur Verhütung von Folter (CPT) Folge zu leisten.

Die Pedition kann unter

http://www.amnesty.ch/de/laender/europa-zentralasien/schweiz/dok/2011/petition-level-iv-ausschaffungen/aktion    unterschrieben werden

Was bedeutet «Level IV»?

Es gibt verschiedene Vollzugsstufen bei der Zwangsrückführung:

– Eine Level II-Rückführung per Sonderflug findet statt bei Verweigerung des Reisens im Linienflug. Die Personen werden in der Regel an Händen und Füssen gefesselt; teilweise wird ihnen ein Kopfschutz aufgesetzt.

Level IV-Rückführungen finden auf einem Sonderflug mit Totalfesselung statt. Die betroffenen Personen werden an Händen, Füssen und Oberarmen gefesselt und an einen Rollstuhl gebunden, so dass keine Bewegungsfreiheit mehr besteht. Auf dem Flug werden sie gefesselt von zwei Polizisten begleitet.

1994 gab das Schweizer Volk der Regierung per Abstimmung die Möglichkeit, abgewiesene Asylsuchende und Personen ohne Aufenhaltsgenehmigung in Ausschaffungshaft zu nehmen. Dabei wird das Ziel verfolgt, sie zur «freiwilligen» Ausreise zu bewegen oder sie zwangsweise auszuschaffen. Seither sind drei Personen während der Ausschaffung gestorben. Amnesty International hat in diesen Fällen interveniert und setzt sich für eine menschenwürdige Ausgestaltung der Wegweisungen ein.

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Café Lagota am 18.12: Infoveranstaltung zu Mumia Abu-Jamal

Mumia Abu-Jamal ist ein Journalist und Aktivist der Black Panther Bewegung in den USA. Im Dezember 1981 wurde er unter falschen Anschuldigungen in Philadelphia inhaftiert. Mit gefälschten Beweisen wurde er als vermeintlicher Polizistenmörder zum Tode Verurteilt. Eine weltweite Unterstützer_innenbewegung verhinderte bis heute die Hinrichtung. Seit vielen Jahren versucht er mit Hilfe eines neuen Verfahrens frei zu kommen.
Mumia Abu-Jamal sitzt nicht im Todestrakt weil ihm irgendein Verbrechen bewiesen worden wäre, sondern weil er als Journalist kompromisslos gegen Rassismus, Polizeigewalt, Krieg, Ausbeutung und Unterdrückung gekämpft hat.

Zum 30. Jahrestag seiner Verhaftung gibt es eine Infotour mit Veranstaltungen und ausführlichen Informationen über Mumia sowie zur allgemeinen Politischen Repression in den USA.von

http://www.freiheit-fuer-mumia.de/
http://www.das-mumia-hoerbuch.de/

Sonntag 18.12.2011
Info-/plattenladen ROMP Steinenstrasse 17 Luzern
18:00Uhr Türöffnung 19:00Uhr Start
Eintritt: Gratis/Kollekte

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Liebeserklärung an eine Luzerner Legende

Von Cecile Moser, Germanistikstudentin an der UZH und Gastautorin auf die-plattform.ch

Seit über dreissig Jahren wird die Industriestrasse 9 als alternatives Wohn- und Kulturzentrum genutzt. Das geschichtsträchtige Haus soll im Sommer 2013 einem neuen Bauprojekt weichen, welches den Charakter des Quartiers komplett verändern wird. Um dieser Luzerner Legende nun ein Denkmal zu setzten, hat die Grafikerin Moira Jurt, die selbst im Haus lebt, zusammen mit der Fotografin Franca Pedrazzetti eine Fotoreportage gestaltet.

Wer selbst schon einmal in der Industriestrasse 9 war, merkt sofort, dass dieses Haus Leben ausstrahlt. Es wird diskutiert, ausgehandelt, zusammen gelebt, Konzerte werden veranstaltet und Vieles mehr. Die kreative Atmosphäre mit den vielen verschiedenen Bewohnern verkörpert alternative und unkonventionelle Lebensformen, die hier nicht nur postuliert, sondern wirklich auch gelebt werden. Dies macht die Industriestrasse 9 zu einem unvergleichlichen Statement von Alternativlebensraum.

Während der letzten Jahrzehnte prägten vielfältige Gewerbe- und Wohnzwischennutzungen das Strassenbild der Industriestrasse. In der Industriestrasse 9 wurde früher Käse gelagert und gehandelt. Seit über dreissig Jahre wird dieses Haus nun aber alternativ genutzt. Dabei entstand ein alternativer Lebensraum, welcher den Bewohnerinnen und Bewohnern viele Freiheiten zur Gestaltung liess. Die Räume wurde umgestaltet, Wände wurde verschoben, alles in allem entstand eine unkonventionelle und labyrinthartige Wohnsituation. Das Haus besteht aus Ausstellungsräumen, Ateliers, Wohngemeinschaften, Proberäumen, improvisierten Werkstätten und einem Konzertkeller. Dort finden immer wieder verschiedene Veranstaltungen statt, insbesondere Konzerte, selten auch mal Vernissagen, Diskussionsrunden und Kunstperformances.

Für viele Luzerner ist die Industriestrasse 9 zu einem beliebten Treffpunkt für alternative Kultur geworden. Deshalb werden es wohl nicht nur die Bewohner selbst bedauern, wenn das Haus dem neuen Bauprojekt weichen muss. Die Stadt Luzern schrieb einen Investorenwettbewerb für das Industrieareal aus, da ein Umbau stattfinden soll. Gewonnen hat dabei eine Investorengruppe aus Zürich, deren Projekt das Quartier radikal verändern wird.

Deshalb beschloss die Bewohnerin und Graphikerin Moira Jurt, ein Portrait dieses Hauses zu gestalten, um ihrem geliebten Haus, das sie seit über acht Jahren bewohnt, ein Denkmal zu setzten. Zusammen mit der Fotografin Franca Pedrazzetti entstand ein 64-seitiger Fotoband, der die aktuelle Wohnform und die Bewohnerinnen und Bewohner porträtieren soll. „Obschon die dreissig jährige Geschichte des Hauses viel Stoff für eine historische Abhandlung bieten würde, haben wir uns für eine Momentaufnahme entschieden. Sie soll als Lebenszeichen wahrgenommen werden. Wir wollten so ein Zeichen und eine Erinnerung schaffen“, erklärt Moira Jurt. Während eines Jahres begleitete die Fotografin das Haus und ihre Lebensgemeinschaft.

Die Buchvernissage findet am Freitag, 16. Dezember im Kellergeschoss der Industriestrasse 9 statt, Beginn um 19 Uhr. „Es wird eine klassische Vernissage im kleinen Stil geben, mit Apèro, Anrede, Buchverkauf und anschliessendem DJ. Willkommen sind alle die in ähnlichen Wohn- und Lebenskulturen stehen, Kulturinteressierte, Bauplaner, Stadtentwickler sowie Freunde der Industriestrasse 9.“, so Moira. Also lasst euch inspirieren von dem gelungenen Fotoband für vielleicht ähnliche Projekte, um wieder neuen alternativen Lebensraum zu schaffen. „Ich wünschte, es gäbe noch mehr Häuser wie dieses. Noch mehr Menschen, die einsehen, dass Zeit unser einzig wahrer Reichtum ist und dass es Oasen wie die Industriestrasse 9 braucht, um Menschenherzen zu nähren und sie nicht ständig dazu zu zwingen, mehr Geld zu verdienen. So hätten wir Raum, eigenen Projekte zu verfolgen, Kunst zu machen, Veranstaltungen zu organisieren und so weiter.“

Vernissage: Freitag, 16. Dezember ab 19:00 Uhr, Industriestrasse 9

Buchverkauf: www.moirajurt.ch oder an der Vernissage

Quelle: http://www.die-plattform.ch/2011/12/liebeserklarung-an-eine-luzerner-legende/

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Officine Bellinzona: Eine neue Phase der Mobilisierung

Der Streik der Arbeiter der SBB-Werkstätten (Officine) in Bellinzona im Frühjahr 2008 geht wohl in die Geschichte ein: Nach 33 Tagen Streik und Besetzung der Werkstatt, einer breiten Mobilisierung von Gesellschaft und Politik konnten die über 400 Beschäftigten die Restrukturierungspläne der SBB-Direktion erfolgreich bekämpfen und somit den Standort erhalten. Darüber hinaus konnten gar Forderungen durchgesetzt werden wie z.B. die Festanstellung von ca. 50 Temporärarbeitern.

Inzwischen hat sich gezeigt, dass die SBB-Spitze den Frontalangriff nur hinaus schob. Zwar wurden die Bedürfnisse der Werkstatt in Bellinzona regelmässig zwischen der Direktion des Unternehmens und dem Streikkomitee an einem sogenannten „Runden Tisch“ besprochen, die wichtigen Entscheide wurden aber anderswo gefällt.

Mitte 2011 verhandelte die SBB mit den Gewerkschaften SEV und transfair und über die Köpfe der über 27’000 SBB-Beschäftigten hinweg die Erneuerung des
Gesamtarbeitsvertrages (GAV). Wesentlicher Bestandteil des neuen Vertrages war der Übergang vom Lohnsystem ESP (29-Lohnklassen) zu ToCo (15-Lohnklassen), was eine massive Effektivlohnreduktion (bis zu 20’000 CHF jährlich in gewissen Fällen) und eine krasse Öffnung der Lohnschere innerhalb der SBB bedeutet. Immerhin weigerten sich über 6000 Beschäftigte schweizweit, den neuen Arbeitsvertrag zu unterzeichnen. Ob dieser „individuelle Protest“ in eine kollektive Mobilisierung mündet, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch unklar. Sicherlich könnten die Beschäftigten der Officina Bellinzona hier eine Vorreiterrolle spielen.

Nachdem in den letzten beiden Jahren wieder vermehrt Temporärarbeiter angestellt wurden, um die stark gestiegenen Aufträge von SBB Cargo bewältigen zu können, soll das Arbeitsvolumen beim Unterhalt der Güterwagen nun ganz kurzfristig und massiv reduziert werden. Dieser Entscheid von SBB Cargo im November 2011 ist ein eigentlicher Frontalangriff auf die Werkstatt in Bellinzona, der früher oder später zu einer Schliessung des Werkes führen würde – die gleichen Pläne also, welche die SBB-Direktion schon 2008 umsetzen wollte und die zum bekannten Widerstand führten, werden neu aufgegleist.

Die Belegschaftsversammlung der Offinica Bellinzona hat als erste Antwort auf diesen Angriff eine Resolution verabschiedet und die SBB-Direktion aufgefordert, den Entscheid zurückzunehmen. Wir haben diese Resolution auf Deutsch und Französisch übersetzt, damit die neueste Entwicklung über die kantonalen Grenzen hinaus bekannt gemacht wird und sich eine breite Solidarität mit der Belegschaft der Officina Bellinzona organisieren kann.
(Netzwerk Arbeitskämpfe)

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Demonstranten an die Kasse?

Sicherheitskosten auf Demonstranten abwälzen – Ohne uns!

Die Juso Stadt Luzern ist empört über die von der Luzerner Justiz- und Sicherheitsdirektion vorgesehenen Anpassung bezüglich Sicherheitskosten für Demonstrationen, politische Kundgebungen und alle anderen Veranstaltungen, die im öffentlichen Raum stattfinden, die künftig auf die Initianten des Anlasses überwälzt werden können. Ein weiterer antidemokratische Schritt, der nicht akzeptiert werden kann. Dies ist ganz klar ein Versuch, die politischen Freiheiten der Bürger einzuschränken. Man will politische Gruppen abschreckend davon abhalten ihre Meinung kund zu tun. Die bei einem Polizeieinsatz entstehenden Kosten können gerade von Jungparteien niemals getragen werden. So wird auch hier versucht die Möglichkeit auf Meinungsäusserung denen vorzubehalten die auf die grössten finanziellen Mittel zugreifen können. Denn eines ist klar: Häufig haben Ausschreitungen bei einer politischen Veranstaltung nicht viel mit den Initianten zu tun. Politische Organisationen und auch wir von der Juso propagieren bei solchen Veranstaltungen stets sich korrekt zu verhalten. Wenn sich allerdings einige nicht daran halten, ist es rechtlich gesehen, absolut problematisch den Folgeschaden den Initianten anzulasten, obwohl überhaupt keine Verbindung zwischen entstandenem Schaden und den Veranstaltern besteht. Im Falle eines solchen Vorgehens würden wir von der Juso umgehend rechtliche Schritte einleiten um den Entscheid anzufechten. Der Regierungsrat versucht mit diesem Vorgehen elementare Rechte einer Demokratie einzuschränken. Die Juso verurteilt dies aufs schärfste.

http://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/kantone/luzern/Problem-Demo…

Quelle: http://luzern.juso.ch/de/node/3192

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Athen: Der Häftling Panagiotis Avdikos auch im Durststreik

Wie geplant gab es am 3.Dezember vor dem Koridallos Gefängnis eine Kundgebung in Solidarität mit Panagiotis Avdikos. Der Platz glich einem Schlachtfeld mit Polizisten überall, einem Gefangenenbus, DIAS Motorradspezialeinheiten und Polizeiblockaden in jeder Gasse. In der Tat fühlten sich einige der Kundgebungsteilnehmer stark bedroht, als ein Bulle den Blick eines Kolleg@s als zu provokativ empfand…

Die Menschen versammelten sich gegenüber des Gefängniskrankenhauses um ihre Unterstützung mit Panagiotis zu zeigen. Die Reaktion der Inhaftierten innerhalb des Traktes für männliche Gefangene kam unmittelbar und dynamisch. Der sich im Hungerstreik befindende Panagiotis sprach per Telefon zu den sich mit ihm solidarisierenden Menschen und verkündete, dass er entschlossen sei seinen Kampf fortzuführen bis ihm Gerechtigkeit widerfahren wird. Danach richteten sich die Demonstranten an den Bereich für inhaftierte Frauen und drückten ihre Solidarität mit den weiblichen gefangenen aus – vor allem mit der Anarchistin Stella Antoniou.

Was Panagiotis Gesundheit angeht, er wird schon jetzt irreparable Schäden davon tragen. Als der Gefängnisleiter ihm drohte in mit Zwang intravenös zu ernähren, antwortete Panagiotis, dass er dann den nächsten Schritt ginge und in den Durststreik trete.

Einen Tag vor dem Protest hatte die Gefängnisaufsicht die Absicht geäußert Panagiotis aus dem Krankenhaus wieder in die Zelle zu stecken und die Nachricht verbreitet er hätte plötzlich freiwillig seinen Hungerstreik beendet. Nachdem Panagiotis seine Solidaritätsgruppe kontaktierte, machten diese der Krankenhausleiterin deutlich, dass sie die Verantwortung über sein Leben trage falls ihm etwas zustoße. Die Leiterin versuchte die Verantwortung auf den Arzt zu schieben. Allerdings wurde der Transfer erfolgreich verhindert. Panagiotis ist derzeit in Untersuchungshaft.

Seit dem 5. Dezember befindet sich Panagiotis auch im Durststreik. Nach seiner Stärke zu urteilen, glaubt er, dass er sehr bald ins Koma fallen wird. Er erachtet seine Inhaftierung als ungerecht und willkürlich. Trotz allem zeigt die griechische „Gerechtigkeit“ und das Gefängnissystem eine krasse Gleichgültigkeit für menschliches Leben.

Panagiotis wurde am 18. April 2011 außerhalb seiner Wohnung mit der Beschuldigung verhaftet, Drogen zu besitzen. Unmittelbar darauf entschied er sich einen Hungerstreik zu beginnen, um gegen die bewussten Falschanschuldigungen durch die Polizei (auch als „Frame Work“ bekannt)  zu protestiere, die zu seiner Einkerkerung in die Verliese der griechischen Demokratie geführt haben.

Seit Mai 2011 befindet er sich im Hungerstreik, der nur kurz im August unterbrochen wurde. Die Nachlässigkeit der Autoritäten, seine Entlassung zu verweigern und damit das Gefängnissystem der Unmenschlichkeit und Gräuel aufrechtzuerhalten, ist der Grund, warum Panagiotis jetzt in Gefahr ist, sein Leben zu verlieren.


Kontaktadresse:
Panagiotis Avdikos
Aghios Pavlos Krankenhaus für Gefangene
Koridallos Gefängnis
Terma Nikiforidi (Straße)
Postfach 18122, Athen-Attica, Griechenland

Freiheit für Panagiotis Avdikos!
Solidarität ist unsere Waffe!

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Café Lagota am 11. Dezember: Freie Berichterstattung

Liebe Freunde und Freundinnen des politischen Widerstandes!

Diesen Sonntag, 11. Dezember findet die nächste Infoveranstaltung im Rahmen des Café Lagota im Romp, Steinenstrasse 17, Luzern statt.

Zu Gast ist diesmal die Gruppierung “Le Réveil” aus der Westschweiz. Mehr Infos auch unter: www.lereveil.ch

Wir freuen uns auch dieses Mal auf viele BesucherInnen und angeregte Diskussionen.

Mit herzlichen Grüssen

Lagota

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Yemen: Die Bewegung kämpft weiter

Jemens Präsident Ali Abdullah Saleh hat seinen Rückzug erklärt, der Weg ist frei für Reformen. Doch Tawakkul Karman, die nun den Friedensnobelpreis erhält, fordert die Revolution. Die Jugend steht hinter ihr.

Wenn es nach Jemens politischer Elite geht, ist die Revolution abgesagt. Schliesslich hat der seit 33 Jahren regierende Präsident Ali Abdullah Saleh gerade mit Brief und Siegel seinen Rücktritt erklärt, knapp neun Monate nachdem eine Gruppe von StudentInnen und jungen AktivistInnen zum ersten Mal gegen ihn auf die Strasse ging. Für Ende Februar sind Neuwahlen angekündigt, bis dahin soll der Oppositionspolitiker Muhammad Basindwa, einst Salehs Aussenminister, eine Übergangsregierung bilden. Die grösste Stammeskonföderation soll bereits eingebunden sein. In den Palästen und ihren Hinterzimmern stehen die Zeichen auf Kompromiss, allenfalls Reformen; nicht auf Umsturz, nicht auf Neuanfang. Genau so will es Saudi-Arabien, der mächtige Nachbar im Norden, der Salehs Abzug ausgehandelt hat.

Doch Jemens Jugend gibt ihre Revolution nicht auf. Diejenigen, die seit Anfang Februar vor der Universität der Hauptstadt Sanaa für den Wandel in ihrem Heimatland kämpfen, wollen sich diesmal nicht mit einer der üblichen Rochaden der Mächtigen zufriedengeben – erst recht nicht jetzt, wo der Präsident endlich gefallen ist.

Die Saleh zugestandene Straffreiheit sei eine Schande, sagt die Galionsfigur der Proteste, die 32-jährige Tawakkul Karman. «Es ist empörend, jemandem Immunität zuzu­sichern, der für den Tod von Hunderten Revolutionären verantwortlich ist.» Trotz Salehs Rückzug werden Demonstrierende weiterhin erschossen. Auf den Strassen Jemens herrscht weiter Krieg.

Niemand weiss derzeit, wer siegen wird. Denkbar, dass Tawakkul Karman bei der Entge­gen­nahme des Friedensnobelpreises am 10. De­zember in Oslo bereits weitgehend das Scheitern ihres Engagements eingestehen muss – oder dass das Patt in Sanaa dann noch anhält. Mehrfach hat Karman seit der Bekanntgabe ihrer Ehrung an die internationale Gemeinschaft appelliert, die Anliegen der jemenitischen Demokratiebewegung ernst zu nehmen. In einem Kommentar für den britischen «Guardian» bezeichnete sie es als Grundfehler des Westens, im Fall Jemens nur von einer politischen Krise zu sprechen. «Wir Jemeniten bestehen darauf, dass es sich um eine Revolution handelt – nicht nur eine der Worte, sondern eine mit unserem Blut, das das Regime weiterhin vergiesst.» Ihr Volk sei genauso hungrig nach Freiheit und Menschenwürde, wie es die TunesierInnen beim Aufstand gegen Zine al-Abidine Ben Ali gewesen seien.

Über Nacht zur Revolutionärin

Seit Jahren schon legt sich die Menschenrechtlerin mit Salehs Regime an, fordert Pressefreiheit und grundlegende Menschenrechte. Dabei zeichnet sich die Mutter dreier Kinder durch eine beeindruckende Sturheit aus. Als die Regierung sich weigerte, den SMS-Infoservice ihrer Organisation «Journalistinnen ohne Ketten» zu genehmigen, stellte Karman kurzerhand einen Antrag auf Zulassung eines Radio- und Fernsehsenders. «Ein Blick ins jemenitische Fernsehen, und man sieht, wo die Wurzel allen Übels liegt», sagte Karman damals. «Die Verherrlichung des Präsidenten ist das Einzige, worauf es den Kontrolleuren des Ministeriums ankommt. Solange sich diese Mentalität nicht ändert, wird es keinen Fortschritt hin zu freien Medien im Jemen geben.» Auch ihre grossen Sprüche machten die charismatische Frau schnell berühmt.

Auf Transparenten kämpften Karman und ihre Mitstreiterinnen gegen die Zensur im Land. Sie prangerten an, wie korrumpiert das traditionelle Rechtssystem in den Dörfern sei, und forderten ein Ende von Zwangsverheiratungen und Jugendehen. Karman, die früh in die grösste Oppositionspartei al-Islah eintrat, war damals keine Revoluzzerin. Sie wollte Veränderungen innerhalb des Systems erreichen. Bis sie am 14. Januar im Autoradio von Ben Alis Rücktritt erfuhr. Mehr als 10 000  Demonstrant­Innen hatten über Stunden vor dem Regierungspalast in Tunis seinen Rücktritt gefordert. Auf einmal befand sich der Präsident im Flugzeug in der Luft, auf der Flucht vor seinem Volk.

Nun schien alles möglich. Am folgenden Abend stellte sich Karman mit ein paar Freundinnen auf den Platz vor der Universität. Ein paar Dutzend kamen. Sie riefen «Geh Saleh, geh», oder: «Das Volk will den Sturz des Regimes.» Am Abend darauf kamen schon ein paar mehr. Gemeinsam liefen die Demonstrantinnen zur tunesischen Botschaft und forderten dort Salehs Rücktritt. Karman war aufgekratzt, konnte es kaum fassen. Aus der Reformerin war über Nacht eine Revolutionärin geworden.

Im Gefängnis

Salehs Sicherheitsapparat sah nicht lange zu. Am 22. Januar, eine Woche nach dem ersten Protest, wurde Karmans Auto an den Strassenrand gedrängt. Eine Gruppe von Männern in Zivil zerrte Karman aus dem Auto und fuhr sie direkt ins Gefängnis. «Ich habe nach einem Haftbefehl gefragt, aber es gab keinen», sagte sie MitdemonstrantInnen Stunden später durch das vergitterte Zellenfenster. «Sie waren brutal, und sie haben mir nicht gesagt, wer sie sind oder was sie wollen.» Das Gespräch mit Karman zeichneten ihre FreundInnen mit einem Handy auf, das Video stellten sie ins Internet. Gleichzeitig verkündeten sie bei der Demonstration, zu der sich wieder Hunderte vor der Universität zusammenfanden, was passiert war.

An diesem Abend zogen so viele DemonstrantInnen durch Sanaas Strassen wie nie zuvor. Ständig schlossen sich neue Leute dem Zug an. Sie riefen: «Freiheit für Tawakkul Karman», und trugen Transparente mit deren Foto durch die Strassen. Es war aussergewöhnlich, dass sich so viele Männer für die Freilassung einer Frau einsetzten – das hatte es im patriarchalischen Jemen noch nie gegeben. Am nächsten Morgen wurde Karman freigelassen. Kurze Zeit später war sie wieder auf der Strasse und führte einen neuen Protestzug an. «Wir werden weiterkämpfen, bis Ali Abdullah Saleh und sein Regime fallen», kündigte sie eine Woche nach ihrer Verhaftung an.

Tawakkul Karman ist eine ungewöhnliche Revolutionärin. So gut wie möglich versucht sie, Familie und Aktivismus miteinander zu vereinbaren. Während die Kinder im Wohnzimmer zu Abend essen, verfolgt sie die Fernsehnachrichten. Ein Team von al-Dschasira ist dabei, als sie die kleine Tochter mit einer Spider-Man-Bettdecke zudeckt und ihr einen Gutenachtkuss gibt. Das Regime hat unterdessen alles versucht, um die immer prominentere Karman zum Rückzug zu bewegen. «Mir wurde mit Gefängnis und dem Tod gedroht», sagt sie. «Man hat mir auch Geld angeboten und ein Regierungsamt.» Doch sie beugt sich nicht. Ihrem Bruder Tarek liess Saleh persönlich mitteilen: «Bring deine Schwes­ter unter Kontrolle. Jeder, der mir nicht gehorcht, wird getötet werden.» Karmans ältere Tochter sagte in einem Fernsehinterview: «Ich bin stolz auf meine Mutter, aber ich mache mir auch Sorgen.» Ihrem Mann geht es ähnlich. «Ich musste ihr schon bei der Hochzeit versprechen, sie nie von ihrem politischen Engagement abzuhalten», sagt er. «Ich wünschte, ich wäre selbst in der Lage, das zu tun, was sie kann – aber weil dem nicht so ist, unterstütze ich sie bei allem, was sie tut.»

Eine Islamistin?

Was als politisches Machtspiel begann, ist schnell zu einem Kampf auf Leben und Tod geworden. Für Saleh ging es von Anfang an um alles. Die Jugendrevolte hatte ihm gerade noch gefehlt. Im Norden haben die Huthirebellen – eine Allianz schiitischer Stämme aus dem unwegsamen Grenzgebiet zu Saudi-Arabien, die die Errichtung eines Gottesstaats fordern – die Kontrolle über immer grössere Gebiete und auch die grösste Stadt der Region, Saada, übernommen. Im Süden Jemens, wo die wichtigen Ölreserven liegen, ist unterdessen die Unabhängigkeitsbewegung immer stärker geworden. Zudem ist der Staat beinahe pleite.

Umso aggressiver reagierte Saleh. Als sich am 18. März DemonstrantInnen zu einem Massenprotest vor der Universität zusammenfanden, liess er erstmals Scharfschützen auf den Dächern der umliegenden Häuser platzieren. Am Abend waren mindestens 53 DemonstrantInnen tot, mehr als hundert schwer verletzt. Ausländische Medien, die die Proteste im Jemen über den Entwicklungen in Ägypten, Libyen und Syrien fast vergessen hatten, sprachen von einem Blutbad.

Einstige Gefolgsleute Salehs spürten an diesem Tag dessen Schwäche und setzten sich ab. Formal haben sie ihre Unterstützung für die Demokratiebewegung erklärt, doch in Wirklichkeit verfolgen viele der bewaffneten Gruppen eigene Interessen. Karman kommt gelegentlich in Erklärungsnot, etwa als Abdul Madschid al-Sindani, der von den USA als Al-Kaida-Terrorist gebrandmarkte Führer des islamistischen Flügels der Islah, vor Demonstranten den Gottesstaat ausruft. «Wir hatten einen Streit darüber, ob wir al-Sindani sprechen lassen sollen», sagte Karman später. «Ich war dagegen. Wir sind eine Jugendbewegung, keine religiöse.»

Das neue Selbstbewusstsein

Immer wieder muss Karman sich vorwerfen lassen, den IslamistInnen nahezustehen. «Die Extremisten hassen mich», sagt sie dann. «Sie lassen in den Moscheen gegen mich hetzen und verdammen mich als unislamisch.» Zur Islah hat sie mit der Zeit ein gespaltenes Verhältnis entwickelt. Die Partei sei für sie als Frau die beste Möglichkeit gewesen, politisch Einfluss zu nehmen, sagt sie. «Ich spreche nicht für die Islah-Partei, und ich bin nicht an ihre Beschlüsse gebunden», sagt Karman, die anders als die meisten Jemenitinnen keinen Gesichtsschleier trägt. «Es sind alleine meine Überzeugungen, die meine Positionen prägen, und ich frage niemanden um Erlaubnis.»

Die Islamismus-Vorwürfe gegen Karman bedienen Ressentiments, die den Westen seit Beginn der Proteste von klaren Botschaften abgehalten haben. Der Jemen ist seit langem für die Terrorgefahr durch Al-Kaida-Zellen berüchtigt, die der jetzt abtretende Präsident Saleh immer wieder heraufbeschworen hat – nicht zuletzt, um Geld und Unterstützung aus den USA zu sichern. Eine Revolution mit ungewissem Ausgang scheint das Letzte, was der Westen riskieren will. Karmans eigener Vorschlag eines vom Volk bestimmten Übergangsrats klingt vielen in Washington und anderswo zu unberechenbar. Nicht wenige ihrer MitstreiterInnen befürchten deshalb, dass der Plan der alten Garde aus dem Ausland unterstützt werden wird.

Doch die junge Bevölkerungsmehrheit hat in den vergangenen Monaten ein ungekanntes Selbstbewusstsein entwickelt, das ihr niemand mehr nehmen kann. Die saudische Aktivistin Eman al-Nafdschan ist sich sicher, dass der Friedensnobelpreis für Tawakkul Karman die Rolle der Frauen in der arabischen Welt auf Dauer stärken wird. «Bisher hat man uns Frauen in der arabischen Welt nicht ernst genommen; aber das wird sich ändern, jetzt wo der Rest der Welt uns wahrnimmt.» Die Zukunft der Revolution im Jemen liegt auf den Schultern der Jugend – und vor allem der jungen Frauen.

Marc Engelhardts Biografien der Nobelpreisträgerinnen Tawakkul Karman, Ellen Johnson Sirleaf und Leymah Gbowee, «Starke Frauen für den Frieden», sind gerade im Herder-Verlag (Freiburg im Breisgau) erschienen.

Quelle: WOZ vom 01.12.2011

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Reclaim the Streets Aarau 3.12.11

03-12-2011 – 20.30 | Aarau – Schlosspark | Reclaim The Streets
Die Tage werden kürzer und kälter, die Nächte dafür um so länger und heisser. Daher laden dich und all deine Freunde ganz herzlich dazu ein, mit uns am Samstag, 3. Dezember durch Aarau zu tanzen und zu feiern.

Discokugeln statt Blaulicht

Wir machen unsere Party auf der Strasse, da es einfach keine Alternative dazu gibt. Kulturelle und politische Freiräume passen nicht ins schöne und saubere Stadtbild und so verschwinden nach und nach auch noch die letzten Räume. Und auch wir passen oft nicht in das Erscheinungsbild unserer Vorzeigestädte, was wir in Form von Kontrollen und Verdrängung immer wieder selber erfahren

D.I.Y. statt Staat & Polizei

Aber nun genug gejammert, denn wir haben es in der eigenen Hand! Es wäre schön, wenn auch du den Weg nach Aarau zu unserem nächtlichen Tanzvergnügen findest. Mit einem Live-Wagen (Hiphop & Punk) und einem DJ-Wagen (Progressiv & Psytrance) tanzen wir durch das beschauliche Städtchen. Natürlich sind wir auch um dein leibliches Wohl besorgt: An der fahrenden Bar gibt es kalte und warme Getränke und Kleinigkeiten zu Essen. Eine Anmeldung ist nicht nötig, weiter erzählen jedoch erwünscht. Bis dahin verbleiben wir mit grosser Vorfreude!

Quelle: www.aargrau.ch

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Die braune Gefahr muss endlich ernst genommen werden

In Deutschland ist in den letzten Tagen Ungeheuerliches aufgedeckt worden: Eine Mordserie an Immigranten mit deutlichen Spuren in die rechtsextreme Szene – mit unglaublichen Verstrickungen des Verfassungsschutzes.

Die drei späteren Terroristen Uwe Mudlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe schliessen sich in den Neunziger Jahren dem «Thüringer Heimatschutz» an, einer militanten Neonazi-Organisation. Schon bald aber belässt es das Trio nicht mehr bei Skinhead-Aktivitäten, wie Musik hören, saufen und über die «Neger» abschimpfen. Die ersten Bomben werden gebaut, zunächst Attrappen, dann eine ohne Zünder. Die Gruppierung ist in diesem Moment schon länger im Visier der Polizei. In einer gemieteten Garage werden bei einer Durchsuchung mehrere Rohrbomben und 1,4 Kilogramm des Sprengstoffs TNT gefunden. Ein Haftbefehl ergeht. Trotzdem kann die Terrorzelle untertauchen und beginnt systematisch zu morden. Neun Migranten und eine Polizistin fallen ihr innert sieben Jahren zum Opfer.

Die rechtsextremistische Szene feiert die Mörder des «NSU» (Nationalsozialistischer Untergrund) nicht nur in Internetforen. Gleich zwei Neonazi-Bands widmeten dem Trio eigene Songs. Im Fall von «Gigi und die braunen Stadtmusikanten» landete der Song «Döner-Killer» sogar auf dem Index.

Versagen des Verfassungsschutzes

Die grösste rechtsextremistische Terrorwelle in Deutschland seit 30 Jahren weitet sich immer mehr zu einem Skandal der Verfassungsschutzbehörde aus. Warum konnte das Neonazi-Trio über Jahre hinweg morden, ohne aufzufliegen?

Das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz hat über Jahre versagt. Ein mutmasslicher ehemaliger Gefährte von Beate Zschäpe, die er zugleich als Gründerin des «Nationalsozialistischen Untergrundes» entlarvt, weiss der Bild-Zeitung von guten Kontakten zwischen «NSU» und den Geheimdiensten in Thüringen zu berichten. Das Landesamt wurde systematisch mit falschen Informationen „gefüttert“. Der Verdacht einer von den dreien sei sogar als V-Mann angeworben und gedeckt worden, ist nicht ausgeräumt. Ein Mitarbeiter des hessischen Verfassungsschutzes, dem Sympathien für die rechtsextremistische Weltanschauung nachgesagt werden, soll sogar bei mindestens einem Mord in Kassel 2006 (dem letzten Mordanschlag) dabei gewesen sein. Mittlerweile gibt er dies sogar zu, aber erst, nachdem er es jahrelang geleugnet hatte. Konnte dies den Behörden tatsächlich entgehen? Oder waren sie ein weiteres mal auf dem rechten Auge blind?

Nichts aus den Achtziger und Neunziger Jahren gelernt?

Das ganze erinnert stark an die Achtziger und Neunziger Jahre, als in der BRD Ausländerwohnheime brannten. Viele Ermittler verbreiteten damals als Branursachen «Kurzschluss», «brennende Zigarette» oder «Die bringen sich ja gegenseitig um». Es ging lange, bis ein Mord auch dann als Mord galt, wenn Flüchtlinge und Einwanderer ermordet wurden. Erst 1994, erst nach dem Brandanschlag von Hünxe, nach dem dreifachen Feuermord in Mölln und dem fünffachen Mord von Solingen korrigierte der Bundesgerichtshof eine unerträglich nachlässige Rechtssprechung.

Waffen in rechtsextremistischen Kreisen

Neonazis dürften seit 2003, seit der Verschärfung des Waffengesetzes gar keine Waffen besitzen, beziehungsweise, ihnen ist der legale Zugang zu Waffen verwehrt. Um vom Waffenbesitz ausgeschlossen zu werden, bedarf es nicht einmal der Mitgliedschaft in einer verbotenen Organisation. Es reicht bereits aus, als einzelne Person Bestrebungen gegen die demokratische Grundordnung unternommen zu haben. Nach Recherchen des Tagesspiegels sind jedoch mehrere Hundert Rechtsextremisten in Deutschland im Besitz von «waffenrechtlichen Erlaubnissen», welche diese Personen jedoch nicht haben dürften.

Schwerbewaffnete Kriminelle

Auf Anfrage der Landtagsabgeordneten Kerstin Köditz (Linke), wurde aufgedeckt, dass alleine in Sachsen – in dem Bundesland, in dem die «NSU» zuletzt untergetaucht ist – 38 Rechtsextreme zusammen mehr als 150 (!) Schusswaffen besitzen (hier nicht berücksichtigt: alle anderen zum Töten geeigneten «Instrumenten» wie Klappmesser, Schlagringe, etcetera). Völlig legal erhielten sie 51 Pistolen und 105 Langwaffen. Das zuständige Ministerium entgegnete, dass es dagegen keine rechtliche Handhabung gebe, da eine blosse Mitgliedschaft in einer als eine verfassungsfeindlich eingestufte Vereinigung nicht ausreiche, die Erlaubnis für Waffenbesitz zu verweigern. Paragraf 5 des Deutschen Waffengesetzes stellt allerdings genau das Gegenteil fest: «Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen in der Regel Personen nicht (…), die … einzeln oder als Mitglied einer Vereinigung Bestrebungen verfolgen oder unterstützen (…), die gegen die verfassungsmässige Ordnung (…) gerichtet sind.»

Die NPD ist ein Nährboden brauner Gewalt und gehört verboten

Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) hat sich in den letzten Jahren zum gefährlichen Kern des gesamten Neofaschismus entwickelt. Die NPD-Führung hat ein funktionsfähiges Bündnis mit gewaltbereiten Gruppen geschlossen und eine eindeutige und zunehmende Dominanz im Spektrum neofaschistischer Wahlparteien errungen. In Leipzig enthüllten vor wenigen Wochen gehackte E-Mails, dass führende Kader der NPD über Waffenbesitzkarten verfügen und damit an Kurz- und Langwaffen gelangen. Die Rechtsextremisten verwiesen in diesen Mails ausdrücklich auf Hilfestellungen durch den Reservistenverband der Bundeswehr.

Faschistische Politik läuft auf politisch motivierte Gewaltverbrechen hinaus. Wer eine solche anstrebt, fordert oder fördert, plant mithin Schwerstkriminalität. Es gibt keinen Grund, dies zu tolerieren. Das Grundgesetz kennt deshalb auch keine Toleranz gegenüber Diskriminierung aus rassischen, religiösen und anderen Gründen, der Aufstachelung zum Rassenhass und der Vorbereitung und Führung von Angriffskriegen. Das Strafgesetzbuch kriminalisiert ebenfalls und zu Recht faschistische Ideologie.

NPD verbieten, Demokratie fördern

Die NPD ist kein schützenswerter Bestandteil der Demokratie Deutschlands, sondern eine latente und zunehmende Gefährdung derselben. Die Grund- und Bürgerrechte von Migranten, Linken und anderen von den Neofaschisten als Feinde auserkorene Gruppen werden massiv beeinträchtigt. Die Legalität der NPD führt außerdem fortlaufend zur Kriminalisierung antifaschistischer Gruppen und ihrer Aktionen. Ein Verbot der NPD bedeutet also ein Mehr an Freiheit.

Fördert die SVP rechtsextremistisches Gedankengut?

Wie in anderen europäischen Ländern, ist in der Schweiz eine «Normalisierung» des rechtsextremen Diskurses zu erkennen. Allerdings wird der Diskurs nicht nur von extremistischen Gruppierungen aufgegriffen, sondern ebenfalls von etablierten Parteien. Trotz deutlicher Distanzierung der SVP vom Rechtsextremismus werden einzelnen Parteimitgliedern immer wieder die Förderung rechtsextremen Gedankenguts und Verbindungen zu rechtsextremen Organisationen vorgeworfen. Dazu gehören Ulrich Schlüer und Hans Fehr aus dem Kanton Zürich, Emil Rahm aus Schaffhausen, Pascal Junod in Genf sowie Dominique Baettig und Jean-Jacques Kottelat im Jura. Der SVP wird zudem, trotz breiter Unterstützung in der Bevölkerung, ein im europäischen Vergleich besonders ausgeprägter Populismus vorgeworfen. Seit den 1990-er Jahren verzeichnete die SVP einen Zuzug von Mitgliedern aus der Autopartei und den Schweizer Demokraten, welche die politische Ausrichtung der Partei zugunsten des Zürcher Flügels um Christoph Blocher verschoben.
Aggressive Werbekampagnen

Dieser trat für eine Veränderung des politischen Stils der Partei ein. Dieser rechtspopulistische Kurs zeichnet sich durch aggressive Werbekampagnen aus. So wurden wiederholt Kampagnen zu Ausländerthemen gestartet, die in und ausserhalb der Schweiz als fremden- und minderheitenfeindlich sowie als nationalistisch kritisiert wurden. Vor allem die Ausschaffungs-Initiative und die dazugehörigen Schäfchenplakat-Aktion von 2007, mit der die SVP in Übereinstimmung mit rechtsextremen Parteien die Ausweisung ausländischer Straftäter mitsamt ihren Familien forderte, wurden als rassistisch kritisiert und riefen internationale Empörung hervor. Kampagnen der SVP trugen immer wieder dazu bei, dass die Intensität an ausländerpolitischer Hysterie ein seit der ersten Schwarzenbach-Initiative von 1970 nicht mehr erreichtes Mass erreichte.

Am 29. November 2009 wurde eine Volksinitiative, die ein Verbot des Baus von Minaretten in der Verfassung festschreibt, mit 57 % und dem Ständemehr angenommen. Vorausgegangen war eine jahrelange Kontroverse um den Bau von Minaretten, welche die SVP und die Eidgenössische-Demokratische Union (EDU) für die Initiierung der Volksinitiative nutzten. Während das Verbot bei rechtsextremen Parteien in Europa auf Zuspruch stiess, stiess die Annahme dieser Initiative im Ausland mehrheitlich auf Ablehnung. Auf besonderes Unverständnis stiess die Entscheidung in der islamischen Welt, wobei die türkische und die iranische Regierung besonders heftige Kritik übten. Kritisiert wurde unter anderem, dass damit die Gleichbehandlung der Religionen verletzt sei.

Yannick Gauch, Luzern

Quelle: http://www.lu-wahlen.ch/gastbeitraege/yannick-gauch/news/2011/11/22/948-die-braune-gefahr-muss-endlich-ernst-genommen-werden/

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