Vorplatz Reitschule Bern: 5000 gegen die Wüste der Ordnung

Bern, 12. Mai 2012, 00.30 Uhr

Medienmitteilung

Umzug der Vorplatz-Weggewiesenen

Sehr geehrte Medienschaffende

In diesen Minuten werden, wie von Regierungsstatthalter Lerch angeordnet, die auf dem Vorplatz der Reitschule Anwesenden weggewiesen. Um die Folgen dieser kulturpolitisch und sozial harten Massnahme zu lindern, werden die Weggewiesenen mit der Spezial-Aktion “Rattenfänger von Hameln” auf der Suche nach einem neuen Verweil- und Begegnungsort musikalisch begleitet, von einem Nachtleben-Care-Team betreut und mit Gratis-Getränken versorgt.

Wie lange diese Suche dauern wird, ist leider unbekannt – sind doch viele öffentliche Plätze und Parks in der Stadt Bern durch Verreglementierung, Überuniformierung und temporäre kommerzielle Nutzung nicht nur für Vorplatz-Weggewiesene quasi unzugänglich geworden.

Die Reitschule Bern hofft, mit dieser Massnahme einen Lösungsansatz für die Bewältigung der Folgen der repressiven Nachtleben-Politik aufzuzeigen.

Die Reitschule Bern wird in den nächsten Tagen in ihren Strukturen über die weiteren juristischen und politischen Schritte beraten.

Unten finden Sie den Text des am Anlass verteilten Flugblatts.

Mit freundlichen Grüssen

Mediengruppe
Reitschule Bern

FLUGBLATT

Nehmt ihr uns den Vorplatz, nehmen wir uns die Stadt

Ab dem 11. Mai 2012 gelten für die Reitschule verschärfte Betriebsauflagen (Zitat aus der Verfügung von Regierungsstatthalter Lerch: “Gäste, die Getränke nach 00.30 Uhr im Freien (inkl. Innenhof) konsumieren, sind wegzuweisen.”). Damit wird schon wieder versucht, aus der Reitschule einen angepassten und pflegeleichten – normalen – Kultur- und Gastrobetrieb zu machen. Etwas, das die Reitschule nie war und niemals sein will!

Was bei der Reitschule immer wieder versucht wird, ist in der restlichen Stadt schon lange gang und gäbe. Es geht um Aufwertungspolitik, und die betrifft uns alle. Wenn wir uns im öffentlichen Raum aufhalten, werden wir von der Polizei oder von Securitys kontrolliert, schikaniert oder weggeschickt. Im öffentlichen Raum sollen mehr und mehr nur noch profitorientierte Veranstaltungen stattfinden. Damit wird er faktisch privatisiert – wie etwa auf der Grossen Schanze für die City Beach und das Orange Cinema.

Kultur und Freizeitangebote finden fast nur noch in Clubs statt, und auch das nur, solange sich niemand beschwert. Wer nicht genügend Geld für den Eintritt und die Drinks hat, muss draussen bleiben.
Gleichzeitig finden wir auch immer weniger Wohnungen, denn von Neubauwohnungen und Altbausanierungen profitieren meist nur Gutverdienende.

In der neoliberalen Gesellschaft befinden sich Städte in einem ständigen Konkurrenzkampf, um Unternehmen und damit Arbeitsplätze und Steuerzahler_innen anzuziehen. Dabei werden die Interessen der Bewohner_innen untergeordnet und unangepasste oder nicht so einfach zu vermarktende (Frei-)Räume zu Hindernissen, die verschwinden oder angepasst werden müssen.

Kurz, die Stadt soll für reiche Steuerzahler_innen attraktiv, schick und sauber sein. Mittels Überwachung, Polizei und privaten Sicherheitskräften werden dafür all jene vertrieben, die nicht in dieses Stadtbild passen.

Unser Lebensraum soll jedoch nicht von Politik, Behörden und Polizei verplant, reglementiert und überwacht werden, um im Standortwettbewerb gut abzuschneiden. Im Gegenteil: Wie unsere Stadt gestaltet ist, bestimmen wir selber!

Unsere Stadt – unser Raum – unsere Reitschule

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Keine Rehabilitierung von Faschisten

Am 11. Mai 2012 wird in Belgrad vor dem Obersten Gericht Serbiens die Rehabilitierung des Četnik-Anführers Dragoljub Mahailoić verhandelt. Eventuell wird an diesem Tag ebenfalls abschließend darüber entschieden. Damit soll auf juristischem Wege die Geschichte des Zweiten Weltkrieges im ehemaligen Jugoslawien revidiert werden. Antifaschistische Gruppen und Initiativen in Belgrad und Berlin werden dies nicht unkommentiert lassen und sich dem nationalistischen Geschichtsrevisionismus entgegen stellen.

Dragoljub Mihailović war während des Zweiten Weltkrieges der Anführer der nationalistischen, königstreuen Četniks. Um ihre nationalistischen und chauvinistischen Ziele umzusetzen zu können, stellten sie sich auf die Seite der faschistischen Besatzer und kollaborierten offen mit ihnen. Sie waren verantwortlich für Massaker an Muslim_innen, Kroat_innen und Partisan_innen während des Zweiten Weltkrieges denen tausende Menschen zum Opfer fielen.
Mit der Rehabilitierung von Mahailović soll dem serbischen Nationalismus, der für die Verbrechen der Kriege der 1990er Jahre als Legitimation diente, offiziell dem antifaschistischen und jugoslawischen Widerstand der Partisan_innen entgegengestellt werden. Damit wird sowohl der linke und antikapitalistischen, als auch der gesamt jugoslawische Charakter der Partisan_innenbewegung delegitimiert und somit als gesellschaftliche Alternative zum nationalistisch neoliberalen Kapitalismus aus der Öffentlichkeit verbannt. Dabei werden auch die deutschen Verbrechen und Verantwortungen am Zweiten Weltkrieg marginalisiert und gleichsam gerechtfertig. Serbien ist hierbei nur ein Beispiel eines europaweiten Geschichtsrevisionismus bezüglich des Zweiten Weltkrieges, der Täter zu Opfer und den antifaschistischen Widerstand zu Verbrechern umzuschreiben versucht. Einen Entwicklung, die wir als internationalistische und geschichtsbewusste Antifaschist_innen nicht hinnehmen werden, weder in der BRD, noch in Serbien oder sonstwo auf der Welt.
Gegen die Rehabilitierung von Kollaborateuren und Faschisten – weltweit!
Für die Ehrung des antifaschistischen jugoslawischen Partisan_innenwiderstand für die Befreiung vom Faschismus!

Solidarität mit den Antifas in Belgrad und ex-Jugoslawien!
Kein Vergeben – kein Vergessen! Nie wieder Krieg – nie wieder Faschismus!

Smrt fašizmu – sloboda narodu!

Quelle: http://www.antifa.de/cms/content/view/1883/1/

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Regierungsstatthalter will Reitschule-Vorplatz schliessen!

Bern, 4. Mai 2012

Medienmitteilung
Regierungsstatthalter will Reitschule-Vorplatz schliessen!
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Das Kultur- und Begegnungszentrum Reitschule Bern hat von der durch Regierungsstatthalter Lerch verfügten Änderung ihrer Betriebsbewilligung und von den Verwaltungszwangsmassnahmen mit Bestürzung und Verärgerung Kenntnis genommen. Die Reitschule wird die Verfügung nun im Detail prüfen und in ihren Strukturen und in ihrem Umfeld die weiteren Schritte diskutieren.

Die Reitschule ist bekanntermassen viel mehr als ein Restaurant oder ein Veranstaltungsort, die Reitschule übernimmt in der Stadt Bern seit vielen Jahren eine wichtige soziale Funktion. Deshalb stossen insbesondere die Auflagen bezüglich Vorplatz – ein Quasi-Veranstaltungsverbot und die politisch höchstbrisante Auflage nach 00.30 Uhr sämtliche im Freien konsumierenden Gäste vom Vorplatz und aus dem Innenhof wegzuweisen – bei der Reitschule und ihrem Umfeld auf grosses Unverständnis (siehe offener Brief, der zusammen mit dieser Medienmitteilung verschickt wird).

Der Regierungsstatthalter verkennt und ignoriert mit seinem Vorgehen gesamtgesellschaftliche Realitäten, greift ein weiteres Mal auf unverantwortliche Weise ins Nachtleben der Stadt Bern ein, torpediert die Vertragsverhandlungen zwischen Stadt und Reitschule und provoziert auf politischer Ebene eine Eskalation in der Nachtleben-, Jugend- und Kulturpolitik. Zum einen werden diese Auflagen verständlicherweise bei den meisten Reitschule-Gästen auf keine Gegenliebe stossen. Zum anderen werden Hardliner_innen in Politik und Polizei vermutlich die Gelegenheit nutzen, um noch mehr Öl ins Feuer giessen, damit sie politisch davon profitieren können.

Urbane Kultur- und Begegnungszone

Auf dem Vorplatz der Reitschule treffen sich seit mehreren Jahren Wochenende für Wochenende 500-1000 Menschen jeglichen Alters und jeglicher Herkunft.

2008 hatte die Reitschule angesichts der von den Behörden mitverursachten und ignorierten offenen Drogen- und Dealerszene vor ihrer Haustüre mittels Konzerten, Barbetrieb und Spielangeboten ihren Vorplatz erfolgreich zurückerobert. Dieser entwickelte sich daraufhin – unter anderem auch als Nebeneffekt des Rauchverbotes und der letzten Reitschule-Abstimmung (2010) – zu einer Art Piazza, wo sich Hunderte Ausgänger_innen ohne Konsumzwang treffen und begegnen, Pingpong und Kubb spielen oder sich auch einfach nur unterhalten.

Diese Entwicklung hält wegen teuren Eintrittspreisen und Altersbeschränkungen in vielen Clubs, dem (u.a. durch Regierungsstatthalter Lerch verursachten) “Clubsterben” und den benutzungsfeindlichen Zugangsbeschränkungen bei öffentlichen Plätzen und Pärken weiter an.

Der Vorplatz ist für viele Jugendliche – die in ihren Quartieren oder Agglomerationsgemeinden keine oder kaum Angebote haben und oft von den dortigen öffentlichen Plätzen vertrieben werden – die mittlerweile fast einzige Möglichkeit sich zu treffen und ohne Konsumzwang zu begegnen.

Die Reitschule Bern muss damit einmal mehr – wie früher in der Drogenpolitik – die Folgen einer repressiven Entwicklung in der städtischen und kantonalen Nachleben-, Jugend- und Kulturpolitik tragen und ausbaden. Die Reitschule ist jedoch nicht dazu bereit ist. Nichts desto trotz soll sie dafür abgestraft und soll gezwungen werden, einer verfehlten Politik Hand zu bieten.

Offene Fragen

Die Frage, wohin denn die 500 – 1000 Gäste – es sind nicht nur Jugendliche -, die sich an Wochenende-Abenden jeweils draussen auf dem Vorplatz der Reitschule aufhalten, geschickt werden sollen, blieb in der Verfügung von Regierungsstatthalter Lerch leider unbeantwortet. Vielleicht hat es ja vor dem Regierungsstatthalteramt in Ostermundigen noch ein wenig Platz…

Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an medien@reitschule.ch

Mit freundlichen Grüssen
Reitschule Bern

Link: Offener Brief an den Regierungsstatthalter
http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/Medienmitteilungen/12-05-04-OffenerBriefanLerch.html

Unterstützungs-Botschaften und -Communiqués
http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/Medienmitteilungen/12-05-04-OffenerBriefanLerch.html#Soli

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Demo: empören war gestern – Widerstand ist heute!

Auf zum antikapitalistischen Tanz!

Die rücksichtslose Ausbeutung der Ressourcen und die gezielte Unterdrückung von unzähligen Menschen weltweit. sind nicht Krankheit, sie sind das Lebenselixier des Kapitalismus. Sie stellen den Nährboden dar, der es überhaupt erst ermöglicht, maßlose Wachstumsraten und unermessliche Profitausschöpfung zu erreichen. Die Weltwirtschaftskrisen sind in dieser Logik folgerichtig und nichts weiter als ein regulierender Mechanismus. Die Wirtschaft und die Regierungen sind Teil dieses Systems und kämpfen vehement für dessen Fortbestand, ungeachtet der verheerenden Konsequenzen. Der nächste Kollaps ist vorprogrammiert. Empören ist da längst nicht mehr genug!

Empören war gestern, Widerstand ist heute
Eine Regierung ist Dienerin des Volkes und nicht umgekehrt. Als solche hat sie in erster Linie die Interessen der Gesamtbevölkerung zu vertreten. Vielleicht sollte in diesem Zusammenhang mal erwähnt werden, dass schlecht bezahlte Jobs und miese Arbeitsbedingungen trotz Rekordgewinnen, fehlender zahlbarer Wohnraum trotz Bauboom, Steuervergünstigungen für die selbsternannte Elite und der daraus resultierende Sozial- und Bildungsabbau nicht in unserem Interesse sind.

Tagtäglich wird uns vor Augen geführt, wessen Interessen wirklich vertreten werden und welche Abhängigkeiten durch die Neoliberalisierung der letzten Jahrzehnte entstanden sind. Zum Beispiel die Auslagerung der Produktion in Länder ohne arbeitsrechtliche Regelungen und Umweltschutzbestimmungen. Solche Drohgebärden der Konzerne gehören schon längst zum Standardrepertoire. Oder die gigantischen Summen öffentlicher Gelder, die in global agierende Finanzinstitute flossen. Als Folge davon erreicht der Krieg gegen den Sozialstaat eine neue Dimension und die Grundrechte aller werden zum Abschuss freigegeben. Während die Verursacher_innen von Leid und Armut weiterhin daran verdienen.

Die vorangetriebene Deregulierung des Marktes geht dabei einher mit der repressiven Überregulierung des öffentlichen Lebens. Ein Überwachungs- und Sicherheitsstaat wird installiert, welcher orwellsche Fantasien sprengt. Gleichzeitig findet eine Diskriminierung sozial benachteiligter Menschen statt. Flüchtlinge werden pauschal kriminalisiert. Menschen mit Migrationshintergrund werden diffamiert. Diese perfiden Hetzkampagnen produzieren bewusst Ängste, um uns gegeneinander aufzubringen. Wer sich gegen diese Entwicklung wehrt und die Missstände anprangert, wird ebenfalls diffamiert und kriminalisiert. Fakt ist, die politische Stabilität ist in Gefahr, je länger die Würde der Menschen mit Füssen getreten wird!

Individualisierung war gestern, Kollektivität ist heute
Es ist erschreckend, mit welcher Gleichgültigkeit die öffentliche Wahrnehmung dieser vernichtenden Entwicklung begegnet. Die Individualisierung im kapitalistischen Sinne hat zur absoluten Entsolidarisierung geführt und ist mitverantwortlich, dass weltweit Millionenvon Menschen vertrieben werden, dass Existenznot immense Flüchtlingsströme produziert, und dass die Prekarisierung derart widerstandslos immer mehr Menschen in den Abgrund zieht.

Was wir brauchen ist eine kollektive Wahrnehmung. Eine Wahrnehmung, dass wir als Teil der globalen Zusammenhänge eine Mitverantwortung tragen. Eine Wahrnehmung, dass ein konsumorientiertes Leben und eine stillschweigende Zustimmung die systematische Zerstörung der Lebensräume weltweit schürt. Eine Wahrnehmung, welche ein kollektives Bewusstsein fördert. Ein Bewusstsein, dass wir der Zersetzung der gesellschaftlichen Strukturen nur Einhalt gebieten können, wenn wir uns einmischen und uns kollektiv entgegenstellen. Ein Bewusstsein, aus dem ein selbstverständliches kollektives Handeln wächst. Ein Handeln, das eine Illegalisierung von Menschen nicht zulässt und eine uneingeschränkte Solidarität spürbar macht. Ein Handeln, das der Ausbeutung und Unterdrückung den Kampf erklärt.

Ohne diesem Selbstverständnis einer Kollektivität und einem solidarischen Handeln untereinander, wird es keine Veränderung geben. Hierfür braucht es auch die Bereitschaft, die konstruierten Unterschiede zu hinterfragen und die eigene Rolle im System selbstkritisch zu betrachten.
Kollektivität hat viele Gesichter. Vernetzen wir uns, finden wir Gemeinsamkeiten in der Unterschiedlichkeit, solidarisieren wir uns, organisieren wir uns selbst, unterstützen wir uns gegenseitig. Fordern wir die nachhaltige soziale Gerechtigkeit weltweit!
Für diese Forderung gehen wir am 5. Mai in Luzern auf die Strasse. Stehen wir auf und schreien wir es raus: Kein Morgen dem Kapitalismus! – Auf zum Antikapitalistischen Tanz!

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Tutti insieme al ballo anticapitalista!

Lo sfruttamento senza riguardo delle risorse naturali e l’oppressione mirata di popolazioni in tutto il mondo non sono il risultato di un capitalismo malato, bensì la sua ragion d’essere. Rappresentano il terreno fertile su cui ottenere smisurate quote di crescita e profitto. Le crisi economiche mondiali sono sotto quest’ottica logiche e nient’ altro che un meccanismo di regolazione. L’economia e i governi, facendo parte di questo sistema, lottano con veemenza per la sua sopravvivenza, incuranti delle devastanti conseguenze. Il prossimo collasso del sistema capitalista è prevedibile. Il solo indignarsi ormai non basta più!

Indignarsi ieri – resistenza oggi
Un governo deve essere al servizio del popolo e non viceversa. E come governo ha da rappresentare gli interessi di tutto il popolo. Non è assolutamente di nostro interesse che esistano posti di lavoro mal retribuiti e miserabili condizioni di lavoro nonostante guadagni da primato, che ci sia penuria di alloggi pagabili nonostante il boom delle costruzioni, che facilitazioni tributarie per le cosiddette elite portino allo smantellamento nell’assistenza sociale e nell’educazione.

Giorno per giorno possiamo notare quali sono gli interessi che sono effettivamente salvaguardati, e quali rapporti di dipendenza sono nati a causa della neoliberalizzazione degli ultimi decenni. Prendiamo come esempio lo spostamento della produzione verso paesi non aventi leggi protettive del lavoro e leggi per la tutela dell’ ambiente. Minacce di spostamento della produzione da parte di grandi consorzi fanno già da molto tempo parte del loro repertorio di argomentazione. O le enormi somme di denaro pubblico stanziate a favore di istituti finanziari internazionali. Come conseguenza la guerra condotta contro lo stato sociale ha raggiunto nuove dimensioni, mentre i diritti costituzionali sono messi allo sbaraglio. I responsabili di tutto ciò invece continuano ad approfittare delle sofferenze e della povertà altrui.

La deregolarizzazione dei mercati si combina con una regolarizzazione eccessiva della vita pubblica. Si va installando un ordinamento politico di sorveglianza e di sicurezza che va oltre le più spaventose fantasie di un George Orwell. Nello stesso momento ha luogo una discriminazione di persone socialmente svantaggiate. Profughi sono criminalizzati in blocco. Gruppi di migranti sono diffamati. Campagne diffamatorie di questo genere producono volutamente paure per mettere gli uni contro gli altri. Chi oppone resistenza e bolla gli abusi è a sua volta diffamato e criminalizzato. Più la dignità umana è calpestata, più la stabilità politica è in pericolo!

Individualismo ieri – collettivismo oggi
E inquietante vedere con quale indifferenza l’opinione pubblica tratti questi sviluppi distruttivi. L’individualismo in senso capitalista ha portato alla scomparsa di ogni senso di solidarietà ed è corresponsabile dell’esodo di milioni di persone in tutto il mondo, della povertà che produce fiumane di profughi e della continua precarizzazione che porta alla rovina di sempre più gente.

Quello di cui abbiamo bisogno è una percezione collettiva. Una percezione che, facendo parte del mondo intero, abbiamo delle responsabilità. Una percezione che un modo di vita basato sul consumo e su una tacita complicità porta alla rovina sistematica degli ambienti naturali in tutto il mondo. Una percezione che porti a una consapevolezza collettiva. Una percezione che possiamo metter fine alla distruzione delle strutture sociali solo intromettendoci collettivamente. Una percezione da cui possa nascere un’ovvia azione collettiva. Un’azione che non permette di spingere persone nell’illegalità e che fa sentire tutta la sua solidarietà incondizionata. Un’azione infine che lotta contro lo sfruttamento e l’oppressione.

Senza questo senso di collettività e senza un’azione solidale di tutti noi non ci sarà cambiamento. Per ciò dobbiamo essere pronti a mettere in discussione le cosiddette “differenze” e a fare autocritica in quanto al nostro ruolo nel sistema. La collettività è composta di molti aspetti. Uniamoci, cerchiamo cause comuni, siamo solidali, organizziamoci, sosteniamoci a vicenda! Esigiamo una giustizia sociale durevole in tutto il mondo!

Per queste rivendicazioni andiamo sulle strade e sulle piazze il 5 maggio a Lucerna. Alziamoci e gridiamo: Non c’è futuro per il capitalismo! Tutti insieme al ballo anticapitalista!

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Die Arbeit nieder!

Im Jahr 1891 schrieb Oscar Wilde in seinem Essay »Der Sozialismus und die Seele des Menschen«: »Heutzutage wird sehr viel Unsinn über die Würde der körperlichen Arbeit geschrieben. An der körperlichen Arbeit ist ganz und gar nichts notwendig Würdevolles (…). Es ist geistig und moralisch genommen schimpflich für den Menschen, irgendetwas zu tun, was ihm keine Freude macht, und viele Formen der Arbeit sind ganz freud­lose Beschäftigungen.« Hätte sich die Linke in den vergangenen 100 Jahren stärker an Oscar Wildes Schrift orientiert, anstatt den Arbeitsfetischismus ihrer zumeist moralinsauren Vordenker zu reproduzieren, hätte sie gewusst, dass Arbeit den Menschen in aller Regel nicht erfüllt, sondern fertigmacht. Sie würde nicht beklagen, dass der Gesellschaft die Arbeit ausgeht, sondern skandalisieren, dass in der bestehenden Gesellschaft solch eine ausgesprochen begrüßenswerte Entwicklung zu keiner Befreiung führt.

Was ist das für eine Welt, in welcher der technische Fortschritt systematisch neues Elend verursacht? Und was sind das für Menschen, die angesichts der Einrichtung dieser Welt nicht mit aller Leidenschaft für jenes ganz Andere streiten, das es den Individuen ermöglichen könnte, sich in Ausschweifung und Genuss, geistiger und körperlicher Hingabe, Kunst und intellektueller Selbstreflexion als Gattungswesen überhaupt erst zu konstituieren? Es ginge darum, sich die Welt im wie auch immer widersprüch­lichen Einklang mit den Mitmenschen und mit der größtmöglichen Bequemlichkeit anzueignen. Das hieße unter anderem: Transformation des Privateigentums an Produktionsmitteln hin zu gesellschaftlicher Verfügung zum Zwecke der Verwirklichung von Freiheit. Nicht aus Hass auf die Reichen oder gar den Reichtum, sondern wegen der Beschränkungen der menschlichen Entfaltung, die solche Formen von Eigentum zwangsläufig mit sich bringen und selbst noch den Besitzenden auferlegen. Es ginge um eine von Ausbeutung und Herrschaft befreite Gesellschaft, nicht zum Zwecke der Konstitution repressiver Kollektive oder gar der Rückkehr zu irgendeiner vermeintlich »natürlichen«, vorzivilisatorischen Lebensweise, sondern zur Befreiung der Individuen aus jenen gesellschaftlichen Zwängen, die angesichts des gesellschaft­lichen Reichtums vollkommen anachronistisch sind.

Doch statt für die Bedingungen der Möglichkeit individueller Freiheit und gesellschaftlicher Autonomie zu streiten, für einen produktiven Müßiggang, der das Gegenteil von auf die Dauer nur Langeweile verströmendem Nichtstun wäre, sucht man in der Schinderei der Arbeit Erfüllung – und findet sie womöglich auch noch. Der Papst verkündet, die Arbeit trage dazu bei, »Gott und den anderen näher zu sein«. Bei der NPD firmiert »Arbeit« noch vor »Familie« und »Vaterland«, die Freiheitliche Partei in Österreich forderte »Hackeln statt packeln« und linke Gruppen drohen ihren Gegnern in ihren reichlich abgehalfterten Demoparolen an, sie »in die Produktion« zu schicken. Wo sich Gewerkschaften zumindest innerhalb des schlechten Bestehenden als partiell vernünftig erweisen und wie die Schweizer Arbeitervertretung einen Volksentscheid zur Arbeitsminimierung initiieren, schlägt ihnen die geballte Arbeitswut der Mehrheitsbevölkerung entgegen: 66,5 Prozent der Eidgenossen stimmten vor wenigen Wochen in einem Referendum gegen die Verlängerung des gesetzlichen Mindesturlaubs von vier auf sechs Wochen.

Arbeitswahn und Antisemitismus

Die fanatischsten Lobpreiser der Arbeit waren schon immer zugleich die schlimmsten Antisemiten: Von Marin Luther, dem Vordenker des »protestantischen Arbeitsethos« und Autor des Pamphlets »Von den Juden und ihren Lügen«, über den Industriellen Henry Ford, den Autor des Machwerks »Der internationale Jude«, für den es »nichts Abscheulicheres« gab »als ein müßiges Leben«, bis zum Führer der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft. Hitler proklamierte in »Mein Kampf« den »Sieg des Gedankens der schaffenden Arbeit, die selbst ewig antisemitisch war und antisemitisch sein wird«. Wie ernst er das gemeint hatte, konnte man später über den Toren der Vernichtungslager nachlesen: »Arbeit macht frei«. Die Linke hingegen polemisierte gegen die schmarotzenden Müßiggänger und wünschte sich »Arbeiter- und Bauernstaaten«, anstatt die Menschen vom elenden Dasein als Arbeiter zu befreien. Der Arbeitsfanatismus links wie rechts sieht die ehrliche Arbeit um ihren gerechten Lohn betrogen, sei es durch die »Zinsknechtschaft« oder die keineswegs nur von der Antiglobalisierungsbewegung so inbrünstig gehassten »Spekulanten«. Die Agitation geht gegen »die da oben«, gegen die »Bonzen und Parasiten«, die lieber konspirieren als durch anständige Arbeit etwas zum Volkswohlstand beizutragen.

Der Hass auf das unterstellte oder tatsächliche arbeitslose Einkommen ist nicht nur eine falsche, sondern angesichts seiner Ressentimenthaftigkeit und seiner Verherrlichung des Staats eine äußerst gefährliche Antwort auf gesellschaftliche Krisenerscheinungen und ungleiche Reichtumsverteilung. Der in jedem arbeitsfetischistischen 1.Mai-Aufruf artikulierte Sozialneid ist das Gegenteil von dringend notwendiger Sozialkritik.

Ob linke Globalisierungsgegner, christliche Sozialtheoretiker oder faschistische Produktivitätsfanatiker: Helfershelfer bei der Rettung der Arbeit soll für sie alle der Staat sein, der den zügellosen, nicht dingfest zu machenden Marktkräften den Betrug an der ehrlichen Arbeit unmöglich machen soll. Kein Arbeitsfetischismus ohne Staatsfetischismus. Doch wird der Staat gegen den Markt in Anschlag gebracht, werden Folgen kritisiert und zugleich deren Ursache legitimiert. Es wird nicht das Kapitalverhältnis und der Staat als dessen kollektiver Organisator für die systematische Schädigung des Interesses der abhängig Beschäftigten verantwortlich gemacht, sondern der Kapitalismus wird lediglich mit immer neuen sprachlichen Zusätzen versehen: vom »Turbokapitalismus« über den »Kasino- und Mafiakapitalismus« bis zum »Raubtierkapitalismus«. Dagegen wird dann die »Würde der Arbeit« ins Feld geführt und der Verlust der »Gestaltungsmöglichkeiten der Politik« beklagt.

Der Skandal der heutigen Gesellschaftsform besteht aber nicht darin, dass die Politik in einigen Bereichen weniger Einfluss hat als früher (während sie in anderen Bereichen wie zum Beispiel der Migrationsverwaltung, der an den europäischen Außengrenzen zahlreiche Menschen zum Opfer fallen, deutlich aktiver agiert als noch vor 20 Jahren). Das Niederschmetternde einer auf Gedeih und Verderb an die Verwertung von Kapital geketteten Gesellschaft besteht darin, dass in ihr das millionenfache Verhungern von Menschen, die zwar Lebensmittel »nachfragen«, aber eben über keine zahlungskräftige Nachfrage verfügen, achsel­zuckend in Kauf genommen wird. Das Obszöne dieser Gesellschaft besteht darin, dass Luxus und Genuss den meisten Menschen auch in den materiell vergleichsweise abgesicherten Weltgegenden vorenthalten werden, obwohl das angesichts der entwickelten menschlichen und gesellschaftlichen Fähigkeiten nicht notwendig wäre. Nicht etwa, weil das irgendwelche finsteren Mächte so beschlossen hätten, sondern weil es schlicht der Logik des Systems der Kapitalakkumulation entspricht, gegen das es heute keine wahrnehmbaren Einwände mehr gibt – es sei denn von Leuten, welche die bestehende Gesellschaft durch eine noch schlimmere ersetzen wollen.

In den obligatorischen 1. Mai-Ansprachen, deren Inhalt in der Forderung »Arbeit, Arbeit, Arbeit« hinlänglich zusammengefasst ist, äußert sich moralische Empörung, aber keine Kritik, die sich zunächst einmal einen Begriff vom zu Kritisierenden machen müsste. Und so sehen dann auch die Rezepte aus. Beispielsweise jene des reformistischen Flügels der Antiglobalisierungsbewegung, die sich in Gruppierungen wie Attac als eine Art ideeller Gesamtsozialarbeiter konstituiert hat: Erst wird durchaus zutreffend das Elend in der Welt beschrieben – von den drastischen Verelendungstendenzen in den Metropolen bis zum Massensterben in den Hungerregionen. Doch dann fordert man angesichts dieses Leidens – eine neue Steuer. Mit Tobin-Tax und ähnlichem will man den »Auswüchsen« des »wurzellosen Finanzkapitalismus« zu Leibe rücken. Und so muss es einen auch gar nicht wundern, dass manche Verlautbarung der Globalisierungskritiker klingt, als wollten sie der nationalsozialistischen Unterscheidung in gutes »schaffendes« und böses »raffendes« Kapital das Wort reden. Doch auch in diesem Fall stehen Kapitalismuskritiker von links keinesfalls alleine da. In Österreich griff unlängst der Haus- und Hofdichter der Kronenzeitung diese Unterscheidung auf und reimte in der auflagenstärksten Tageszeitung des Landes: »Das Spekulantenpack ist schädlich, doch nicht das Kapital, das redlich.«

Diese Trennung ist keineswegs eine Erfindung der nationalsozialistischen Ideologie, sondern im Arbeitsfetischismus jeglicher Couleur angelegt: auf der einen Seite die Arbeitsplätze schaffenden, verantwortungsbewussten Industriekapitäne; auf der anderen das unproduktive Kapital der Zirkulationssphäre, das in gemeinschaftsfeindlicher Absicht rastlos seine Krakenarme um den Globus spanne und die »Würde der Völker« angreife, zu deren Verteidigung nicht nur die lateinamerikanischen Linkspopulisten und Ahmadinejad-Freunde Hugo Chávez, Evo Morales und Daniel Ortega angetreten sind. Ein Paradebeispiel aus der Populärkultur für die Unterscheidung von bösem »raffenden« und gutem »schaffenden« Kapital bietet der Spielfilm »Pretty Woman«, worin der wurzellose Zirkulationskapitalist, in dem schon das Gute schlummert, das aber durch den schlechten Einfluss des geld- und machthungrigen Anwalts nicht zur Geltung kommen kann, von der schönen Prostituierten zum bodenständigen Produktionskapitalisten bekehrt und aus den Fängen des in jeder Hinsicht als unmoralisch gezeichneten Winkeladvokaten befreit wird.

In Europa werden sich auch zum diesjährigen 1. Mai Politiker aus fast allen Parteien zu leidenschaftlichen Anklagen gegen die »Spekulanten« und »Finanzhaie« aufschwingen. Gesellschaftskritik wurde schon längst durch die Benennung von vermeintlich Schuldigen ersetzt. Anstatt die gesellschaftlichen Gründe für das menschliche Elend ins Visier zu nehmen, werden Personifikationen der gesellschaftlichen Verhältnisse dem Volkszorn ausgeliefert. Anstatt für die Vollendung des Individualismus und für seine gesellschaftlichen Voraussetzungen zu streiten, klammert man sich auf den diversen 1. Mai-Aufmärschen an die Sklavenparole »Die Arbeit hoch!«. In der Huldigung des Prinzips der Arbeit finden Rechts und Links, sozialdemokratischer Etatismus und liberaler Verwertungswahn zueinander. Jemand wie Oscar Wilde hätte für dieses Theater nur Verachtung übrig gehabt. In »Der Sozialismus und die Seele des Menschen« heißt es ebenso knapp wie treffend: »Muße, nicht Arbeit, ist das Ziel des Menschen.«

Glück statt Arbeit

Das zynische Achselzucken des Liberalismus, der angesichts der schlechten Einrichtung der Welt erklärt, die Menschen seien nun einmal so, und der von seinen eigenen Konstitutionsbedingungen nichts wissen will, ist nicht viel besser als die linke Suche nach Schuldigen. Doch was sollte die Alternative zum traditionslinken wie liberalen Arbeitsfetischismus sein? Entspricht das Arbeitsregiment nicht der »menschlichen Natur«? Schon der Dandy und Gentleman Oscar Wilde hatte die passende Antwort auf derartige geschichtsvergessene Abwehrreaktionen parat: »Das einzige, was man von der Natur des Menschen wirklich weiß, ist, dass sie sich ändert.« Gegen liberale Konkurrenzverherrlichung und linken Staatsfetischismus ginge es um eine Kritik der Arbeit, die weder mit dem traditionellen Marxismus noch mit alternativen Verzichtsideologien etwas zu tun hat. Ihr geht es nicht um eine gleichmäßige Verteilung des Elends, sondern um seine globale Abschaffung. Sie will nicht Konsumverzicht, sondern Luxus für alle. Solch eine Kritik skandalisiert, dass Luxus und Genuss den meisten Menschen vorenthalten werden, obwohl das angesichts der entwickelten menschlichen und gesellschaftlichen Fähigkeiten nicht notwendig wäre. Für diese Vorenthaltung bedarf es nicht des bösen Willens von »Heuschrecken«, wie die Charaktermasken des Finanzkapitals, welche die vermeintliche Würde der Arbeit beschmutzen würden, in zahlreichen Reden am 1. Mai in eindeutiger Tradition wieder tituliert werden dürften, sondern allein der Logik eines Systems, das sich nicht an den Bedürfnissen der Menschen, sondern der Verwertbarkeit des Kapitals orientiert.

Eine Kritik der Arbeit richtet sich nicht gegen das Glücksversprechen der bürgerlichen Revolution, sondern versucht, seinen ideologischen Gehalt aufzuzeigen und zu verdeutlichen, dass dieses Versprechen in der bürgerlichen Gesellschaft kaum eingelöst werden kann. Solcher Gesellschaftskritik will keinen falschen Kollektivismus oder gar Gemeinschaftssinn, sondern die verwirklichte Freiheit des Individuums, das sich seiner gesellschaftlichen Konstitution bewusst ist. Dementsprechend verachtet solch eine Kritik die Parole »Die Arbeit hoch!« und setzt dagegen die Vorstellung Theodor W. Adornos von einem befreiten gesellschaftlichen Zustand: »auf dem Wasser liegen und friedlich in den Himmel schauen«, was übrigens auch eine schöne Alternative zu den drögen Gewerkschaftsaufmärschen oder der Klassenkampf­simulation linker Splittergruppen am 1. Mai ist.

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„Mit Hightech gegen Flüchtlinge“

Drohnen und Satelliten sollen dafür sorgen, dass Flüchtlinge erfasst werden, noch bevor sie die nordafrikanische Küste verlassen. Das Projekt verschlingt Millionen.

Ruth Reichstein in der taz

Die Europäische Union rüstet auf gegen Flüchtlinge. Nach einem Vorschlag der Europäischen Kommission will die Gemeinschaft ihre Außengrenzen direkt bis an die Küsten des afrikanischen Kontinents verschieben. Mithilfe ausgefeilter Überwachungstechnik, Datenaustausch mit den Ländern in Nordafrika und dem Einsatz von Drohnen über dem Mittelmeer wollen die EU-Länder Flüchtlinge abgreifen, bevor sie die afrikanische Küste überhaupt verlassen können. Der Vorschlag wird zurzeit in Brüssel diskutiert.

„Die EU-Grenzschutzagentur Frontex soll damit zu einer Art Bundesnachrichtendienst ausgebaut werden“, sagt die grüne EU-Abgeordnete Ska Keller. Sie befürchtet, dass Flüchtlinge somit kaum noch eine Möglichkeit haben werden, Asyl in der Europäischen Union zu beantragen. „Wenn die Schiffe schon im Hafen von Tunesien oder Libyen aufgehalten werden, verstößt das gegen das von der UN verbriefte Recht, sein eigenes Land zu verlassen.“ Auch Torsten Moritz von der Flüchtlingskommission der Kirchen in Europa kritisiert Eurosur: „Die Mitgliedsstaaten versuchen, politische Probleme technisch zu lösen. Sie werden so Helfershelfer für zweifelhafte Praktiken an den EU-Außengrenzen.“

Die EU-Kommission wehrt sich gegen solche Vorwürfe. Offiziell soll die neue Vernetzung vor allem für eine bessere Seenotrettung der Flüchtlinge im Mittelmeer sorgen. „Kleine Holzboote können von den bisherigen Satelliten nicht gefunden werden. Deshalb brauchen wir ein besseres System, um den Tod von Tausenden von Flüchtlingen zu verhindern“, sagt Michele Cercone, Sprecher der zuständigen EU-Kommissarin Cecilia Malmström.

Dass sich die Mitgliedsstaaten bisher immer wieder darum drücken, Flüchtlinge aus dem Mittelmeer zu retten, ist Tatsache. Im März 2011 ertranken 60 Flüchtlinge, weil weder die Nato-Schiffe noch der Grenzschutz von Italien oder Libyen auf Hilfegesuche reagiert hatten.

Drohnen über dem Mittelmeer
Ska Keller bezweifelt, dass Eurosur plötzlich dazu führen wird, dass die Regierungen ihre Verantwortung für die Flüchtlinge wahrnehmen: „In dem Gesetzestext steht nur an einer einzigen Stelle etwas von Rettung. Es werden aber keine konkreten Maßnahmen vorgeschlagen. Für mich ist das ein reines Alibi.“

Die EU-Kommission will, dass sich die EU-Mitgliedsländer untereinander sowie mit Drittstaaten besser vernetzen. Dafür soll auch die Infrastruktur für Überwachungssysteme in den nordafrikanischen Ländern mit EU-Geld ausgebaut werden. Außerdem sollen über dem Mittelmeer verstärkt Drohnen und Satelliten eingesetzt werden, die Flüchtlingsboote schneller erkennen sollen.

Sechs Mitgliedsstaaten testen das Eurosur-System bereits seit 2008. Und Frontex soll weiter expandieren. Die Gelder dafür kommen aus dem EU-Forschungshaushalt. Seit 2008 sind 3,9 Millionen Euro für Drohnen und 19,9 Millionen Euro für die Entwicklung von Landrobotern vorgesehen. Insgesamt sind nach Informationen der europäischen Grünen über das EU-Sicherheitsforschungsprogramm bereits über 100 Millionen Euro in Eurosur geflossen.

Die EU-Kommission bemüht sich unterdessen, die Bedeutung von Eurosur möglichst herunterzuspielen. Als sie die Vorschläge in Brüssel vorstellte, sprach Cecilia Malmström nur von „technischen Änderungen“. Von den Mitgliedsstaaten werden ihre Vorschläge weitgehend unterstützt – auch von Deutschland: „Durch Eurosur wird die koordinierende Rolle der Europäischen Grenzschutzagentur Frontex weiter gestärkt und die Möglichkeiten der Mitgliedstaaten zur Überwachung der EU-Außengrenzen durch einen intensivierten Informationsaustausch weiter verbessert“, sagte ein Berliner Ministeriumssprecher der taz.

Die EU-Kommission geht davon aus, dass das System bereits 2013 auf insgesamt 18 Länder ausgeweitet werden könnte. Dazu gehören vor allem die Mittelmeeranrainerstaaten. Nord- und Ostseeanrainerstaaten könnten 2014 folgen.

Quelle: http://uprising.blogsport.de/

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Krieg gegen Schwarze

Trayvon Martin ist nur eines von unzähligen Opfern rassistischer Gewalt in den USA

Von Mumia Abu-Jamal

Die Nachricht vom Fall des in Florida erschossenen afroamerikanischen Jugendlichen Trayvon Martin hat sich mit Cybergeschwindigkeit über den Globus ausgebreitet, größtenteils dank der sozialen Netzwerke. Die Geschehnisse seit Ende Februar 2012 tragen alle Merkmale einer nationalen Tragödie, die weiter fortschreitet, auch wenn nun endlich Anklage gegen den Todesschützen George Zimmerman erhoben wurde. Unbeachtet bleiben dabei aber ähnliche Ereignisse der Vergangenheit, denn was Trayvon widerfahren ist, ist kein Einzelfall, hat vielmehr eine lange und scheußliche Vorgeschichte. Die Täter sind jedoch zumeist Polizisten und nicht Zivilpersonen wie der Wachschützer einer geschlossenen Wohnanlage, der Trayvon in Notwehr erschossen haben will.

Im Mai 1980 flammten in Miamis Schwarzenghetto Liberty City Empörung und Zorn auf. Vorausgegangen war den Unruhen der Tod des 33jährigen Versicherungsvertreters Arthur McDuffie, den Polizisten am 21. Dezember 1979 bei einer Verkehrskontrolle verprügelt hatten. Der Motorradfahrer war aber nicht nur niedergeschlagen, sondern er war totgeprügelt worden. Im Prozeß gegen die vier verantwortlichen Polizisten aus dem Bezirk Dade County, Miami, verglich der medizinische Sachverständige Ronald Wright die Verletzungen, die McDuffie durch Polizeiknüppel und Faustschläge zugefügt worden waren, mit denen eines Sturzes aus dem vierten Stock. McDuffie habe die schlimmsten Schädelverletzungen erlitten, die ihm, Wright, bei mehr als 3600 Autopsien untergekommen seien. Trotzdem sprach eine nur aus weißen Männern bestehende Jury die Polizisten im Mai 1980 in allen Anklagepunkten frei, woraufhin Tausende Menschen aufgebracht durch die Straßen von Liberty City zogen.

Den Namen Arthur McDuffies könnte ich durch eine Reihe weiterer Namen ersetzen, die ebenfalls längst in Vergessenheit geraten sein mögen, ausgenommen bei ihren Angehörigen und Freunden. Sie sind Opfer eines langen und schmutzigen Krieges gegen Schwarze, den weiße Rassisten, vom Staat oder privat mit Waffen ausgerüstet, führen. Opfer wie der 21jährige Randy Heath, der 1979 in Miami von einem weißen Polizisten, der dienstfrei hatte, von hinten ins Genick geschossen wurde. Freispruch für den Täter. Und Dwaine Thomas – erinnert sich noch irgend jemand an diesen Namen? Er war 19 Jahre alt und wohnte in einem Stadtteil namens Over-the-Rhine in Cincinnati, Ohio. Auch er wurde umgebracht. Sein Mörder? Ein weißer Polizist, der, obwohl unter Anklage gestellt, das Gericht als freier Mann verlassen konnte.

Nicht zu vergessen der sogenannte Move-Bombenanschlag, bei dem am 13. Mai 1985 Kinder, Frauen und Männer umkamen, als die Polizei das von ihr umstellte Haus der Move-Organisation in Philadelphia durch eine von einem Hubschrauber abgeworfene Bombe in Brand setzte. Elf Menschen starben in den Flammen oder durch Polizeikugeln. In diesem Fall konnte es keine Freisprüche geben – weil niemand dafür angeklagt wurde. Ein Massaker an Zivilisten, aber die Justiz erhebt keine Anklage!

Die einzelnen Fälle weichen voneinander ab, aber im wesentlichen Punkt gibt es keinen Unterschied. Sie zeigen, wie wenig das Leben eines schwarzen Menschen wert ist. Und sie sagen viel aus über den »American Way of Acquittals«, der Freisprüche über Freisprüche für weiße Killercops. Im Fall von Trayvon Martin ging es nun um einen Täter aus der Kategorie »bewaffneter Zivilbulle«, und sein Opfer ist ein unbewaffneter schwarzer Junge von 17 Jahren. Auch das paßt ins Schema.

Übersetzung: Jürgen Heiser

http://www.jungewelt.de/2012/04-21/036.php

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Die Wahrheit hinter der Schlagzeile

Ein Junge, der eine Pistole auf uns richtet: So hat die «Weltwoche» ein Foto für eine Anti-Roma-Kampagne instrumentalisiert. Die WOZ hat den Jungen, Mentor M., und seine Familie vor Ort im Kosovo besucht und zeigt, wer und was hinter dem Bild steckt. Eine Reportage über die wahre Situation der Roma und die schamlose Manipulation der «Weltwoche».

Vor einer Woche ist er mir das erste Mal begegnet: ein kleiner Junge, dunkle Haut, dunkle Augen, dunkle Haare – in der Linken hielt er eine Spielzeugpistole und zielte auf mich, auf uns, auf jeden, der in der Schweiz an einem Kiosk vorbeiging. Sein Blick: War er ernst? Traurig? Bedrohlich? Der Junge zielte nicht auf uns. Die Zeitschrift, die das Foto veröffentlichte, zielte auf ihn – und auf seine Gemeinschaft. Unter dem Bild titelte sie: «Die Roma kommen: Raubzüge in die Schweiz».

Jetzt schaut Mentor M. etwas ratlos in die Runde: der Haarwirbel über dem rechten Auge, die fallenden Augenwinkel, der leichte Silberblick – er ist ohne Zweifel der Junge vom «Weltwoche»-Titelbild.

Es ist Freitagnachmittag, der 13. April, kurz nach vier Uhr, als wir das kleine Haus von Mentors Familie betreten. Vater Rexhep und Mutter Teuta begrüssen uns herzlich, Mentor und seine Schwestern Sinita und Shkurte setzen sich schüchtern neben ihre Eltern. Wir hocken in einem knapp zwölf Quadratmeter grossen Raum im Roma-Ghetto vor Gjakova im Westen Kosovos. Die Wände sind rosafarben gestrichen, ein Herd steht in der Ecke, im Hintergrund läuft ein kleiner Fernseher, ein alter Computerbildschirm flimmert. Als wir dem Vater die Zeitschrift geben, schlägt er die Hände vors Gesicht, im Bewusstsein, dass eine Kamera auf ihn gerichtet ist, und sagt dann: «Ich bin schockiert. Mein Sohn auf dieser Zeitschrift – jeder kann ihn so sehen, mit einer Pistole in der Hand. Die Leute werden denken, wir seien Kriminelle, Diebe.» Rexhep zeigt Mentor das Heft: Er sieht uns fragend an, unsicher, verschämt vielleicht und schüttelt dann den Kopf. Am nächsten Tag wird mir seine Tante Shyhrete erzählen, dass Mentor deswegen in der Nacht geweint habe. «Wir sind keine Verbrecher», sagt Rexhep. Mentors jüngere Schwester Sinita lutscht an einem Plastikstängel, den sie zuvor in ein Tütchen mit Zucker gesteckt hat. Rexhep zeigt mit der Hand in den mit Teppichen ausgelegten Raum, der der fünfköpfigen Familie als Wohn- und Schlafzimmer dient: «Wir sind ehrliche, einfache Leute. Sie sehen ja, wie wir hier leben: Wir haben kaum zu essen, keine Arbeit, nichts …»

Am Ende der Siedlung

Der Italiener Livio Mancini hatte 2008 als eingebetteter Fotograf der KFOR-Truppen die Roma-Siedlung vor Gjakova besucht. Er fotografierte Mentor mit einer Spielzeugpistole. Ein Sujet, das nach Kriegen in allen Ländern leicht zu finden ist. Auch wir begegnen während unserem zweitägigen Aufenthalt in der Siedlung einem Jungen, der ein Spielzeuggewehr auf uns richtet. Die «Weltwoche» verwendete Mancinis Bild als Illustration für einen Artikel über kriminelle Roma in der Schweiz. Nur: Weder der abgelichtete Mentor (der laut Autor Philipp Gut als Symbol dafür stehe, «dass Roma-Banden ihre Kinder für kriminelle Zwecke missbrauchen») noch dessen Familie haben den Kosovo je verlassen. Als Mancini das Foto schoss, war Mentor gerademal vier Jahre alt. Am 9. März dieses Jahres feierte er seinen achten Geburtstag. An den Tag, an dem er mit der Spielzeugpistole in der Hand fotografiert wurde, erinnert er sich nicht mehr. Er war zu jung damals.

Anfang letzter Woche fand die WOZ heraus, dass der Slum vor Gjakova teilweise noch immer existiert, aber die Roma unter anderem vom Schweizer Hilfswerk Caritas, der Gemeinde Gjakova, der Regierung des Kosovo und anderen Hilfswerken unterstützt werden: Die rund 800 Roma in der «Kolonie», wie die BewohnerInnen die illegale Siedlung nennen, sollen in neue Häuser umziehen, auf eine Landparzelle in unmittelbarer Nähe, die die Stadt zur Verfügung gestellt hat. Insgesamt 120 Häuser sollen in drei Phasen gebaut werden: Die ersten 29 Häuser stehen schon, die nächste Bauetappe soll demnächst beginnen und bis im Herbst abgeschlossen sein.

Der Fotograf Fabian Biasio und ich entschieden, in den Kosovo zu fahren, um den Jungen zu suchen, und baten Caritas um Hilfe. Am Tag vor unserer Abreise in den Kosovo teilte mir die lokale Caritas-Mitarbeiterin am Telefon mit, ein Kollege habe die Familie gefunden. Sie sei bereit, uns zu empfangen.

Erste Tropfen fallen, als wir kurz vor Gjakova sind. Am Strassenrand steht ein altes Postauto mit eingeschlagenen Scheiben. Eine Abzweigung führt uns nach «Ali Ibra», so nennt die Caritas die neue Siedlung, die derzeit gebaut wird. Die geteerte Strasse ist hier zu Ende. Petflaschen, Plastiksäcke, Papierschnipsel säumen den schmalen Streifen Schlamm, der uns in die Kolonie bringt.

Der achtjährige Mentor lebt mit seiner Familie am Ende der Siedlung, dahinter liegt eine grosse Wiese, ein ehemaliges Tabakfeld, und alle paar Meter: nasse Kartons, zerrissene Säcke, rostende Büchsen. Gleich neben dem Haus befindet sich das Mülldepot K-Ambienti, wo Papier, Petflaschen und Plastik sortiert, gepresst und gebündelt werden. Mentor arbeitet nicht dort. Hat er nie. Früher hätten die Kinder jeweils bei der alten Deponie am anderen Ende der Siedlung gespielt, sagt Rexhep, der dreissigjährige Vater von Mentor. Aber seit einem Jahr besucht Mentor eine öffentliche Schule in Gjakova, keine zwanzig Minuten von der Kolonie entfernt. Zuvor hat er den Kindergarten der Caritas in Ali Ibra besucht.

Mentors 9-jährige Schwester Shkurte schneidet Scherenschnitte und gibt ihrem Bruder die restlichen Schnipsel, die er bemalt. Mentor geht gern zur Schule, sagt er. Sein Lieblingsfach sei Zeichnen. Aber wenn es nach dem Vater geht, soll Mentor diese Woche zu Hause bleiben. Rexhep sagt, er befürchte, dass Mentor gehänselt und als Krimineller beschimpft werde. «Über das Internet kann jeder das Bild sehen und den Titel übersetzen.» In der Siedlung haben einige das Bild gesehen. Sie wundern sich auch darüber, was die ausländischen Journalisten bei der Familie tun. Die ganze Geschichte macht Rexhep wütend. Er sagt, er wolle Klage gegen die Verantwortlichen einreichen, die das Bild missbraucht hätten. Dafür benötigt er die Hilfe der Caritas, alleine wird er das kaum machen können. Allein schon des Geldes wegen.

Auf Arbeitssuche

Rexhep erhält monatlich 75 Euro Sozialhilfe vom Staat, allerdings nur noch zwei Monate lang. Danach ist Schluss. Seine jüngste Tochter ist eben sechs geworden, und der Staat zahlt nur für Kinder bis fünf Jahre. Jeden Tag fährt Rexhep frühmorgens in die Stadt und sucht Arbeit. Er hat einen Kredit aufgenommen für ein kleines, offenes Gefährt, auf das hinten eine Kreissäge montiert ist. Damit fährt er ins Zentrum und wartet, bis er einen Auftrag erhält. Oder er hilft einem Kollegen, wenn gerade Arbeit anfällt. So läppert sich immer wieder ein wenig Geld zusammen. Mal verdiene er drei Euro am Tag, mal fünf, sagt Rexhep. Ein Arbeitskollege von Rexhep, den ich später in der Stadt treffe, erzählt mir, dass es manchmal auch mehr sei: Zehn, fünfzehn Euro könnten es an einem guten Tag sein – ein durchschnittlicher Monatslohn in Kosovo beträgt 200 Euro. Allerdings, sagt der Kollege, hätten sie meistens nur etwa zwei Tage die Woche Arbeit.

Und trotzdem: Als ich Mentor frage, was er später arbeiten möchte, zögert er erst, zeigt dann auf Rexhep und sagt: «Ich will mit Holz arbeiten, wie mein Vater.» Am nächsten Tag, als wir durch die Roma-Siedlung spazieren und seine Verwandten besuchen, scheint Mentor Gefallen an meinem Notizblock gefunden zu haben. Seine Pläne haben sich geändert. Er sagt, er wolle «Gazetar» werden – Journalist.

Die ganze Reportage lesen Sie am Donnerstag, 19. April, in der WOZ.

Quelle: http://www.woz.ch/node/10678

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Den Hammer vor dem Abriss retten

Der Hammer soll vor dem Abriss gerettet werden.

Die energie wasser luzern (ewl) will das als Wohnhaus genutzte ehemalige
Restaurant Hammer in Littau abreissen. Die Bewohner wehren sich zusammen
mit einer Unterstützerinnengruppe gegen die Zerstörung von günstigem
Wohnraum und starten eine Petition. Brisant an der Sache ist, dass die
Eigentümerin kein Ersatzprojekt plant, sondern die entstehende Fläche
renaturieren will.  Das ehemalige Restaurant Hammer in Littau, wird seit
1996 von einer Wohngemeinschaft bewohnt. Es bietet Raum für sechs
Personen, eine gut ausgerüstete Werkstatt, ein grosser Garten mit Gemüse
und viel Platz im und ums Haus für eigene Projekte. Nun soll das Haus im
Sommer 2012 abgerissen und das Gelände renaturiert werden. Für Markus
Wagener, Mitglied der Unterstützergruppe, sind die Gründe für dieses
Vorhaben nicht ersichtlich: „Zum Beispiel wurde behauptet, dass das
Gebäude wegen Änderungen an einer Grundwasserschutzzone abgerissen werden
soll. Die Nachfrage bei der kantonalen Dienststelle Umwelt + Energie hat
aber ergeben, dass keine solche Überarbeitung der Grundwasserschutzzone
ansteht.“ Das Haus befindet sich in der gleichen Zone wie die Chemie- und
Stahlindustrie in Emmenbrücke und grosse Teile der Stadt und Agglomeration
Luzern.   Das Haus wurde vor 15 Jahren von der ewl in unbewohnbarem
Zustand zur Miete übernommen. Die Heizung, elektrischen Anlagen, fliessend
Wasser und weitere Installationen wurden von den Bewohnern in
Eigenleistung eingebaut und finanziert. „Dies hat erheblich zum Erhalt und
der Aufwertung des Gebäudes beigetragen“,
so Wagner weiter. Und: „Die Zerstörung der Infrastruktur wäre nicht nur
für die aktuellen Bewohner sondern auch für die lokale Kulturszene, mit
der sich in den vergangenen 15 Jahren ein reger Austausch entwickelt hat,
ein grosser Verlust.“   In der Stadt Luzern ist günstiger Wohnraum zur
Zeit sehr gesucht. Im Juni 2011 stellte die Statistikstelle LUSTAT im
Kanton Luzern eine Leerwohnungsziffer von 0,83 Prozent fest.  In der
angespannten Situation auf dem Wohnungsmarkt sorgt der Abriss von intakten
Gebäuden immer wieder für Diskussionen. Zum Beispiel im Fall der
Industriestrasse oder dem Tribschenquartier mit dem ehemaligen
Werkhofgelände und dem Frigorexareal. Um dieser Entwicklung auch auf
politischer Ebene zu begegnen, haben UnterstützerInnen des Hammers eine
Petition gestartet und planen einen Vorstoss im Stadtparlament.

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Tunesien: Soziales Erdbeben

Der tunesische Aufstand dauert an – diesmal ohne westliches Medieninteresse

15 Monate nach dem Sturz des Kopfs des alten Regimes, 6 Monate nach der ersten Wahl nach der „Revolution” oder 3 Monate nach der Bildung der ersten gewählten Regierung in der Geschichte Tunesiens stellen wir abermals fest, dass der Aufstand, der eigentlich bereits vor Dezember 2010 begann, noch immer andauert.

Im Winter 2008 nahm der Aufstand seinen Ausgang in den ärmsten Teilen Tunesiens, vor allem in Rdeyef in der Region Gafsa. In seinem Kern befanden soziale Forderungen als auch das Ziel der Freiheit. Nun ist die Bewegung wieder aufgeflammt und wieder in der Region Gafsa (El Gtar dieses Mal) aber auch in anderen Gegenden, wo die Menschen mehr als eine demokratische Wahl verlangen, mehr als nur moralische und religiöse Predigten und vor allem mehr als leere oder unrealistische Versprechungen.

Wieder protestieren die gleichen sozial schwachen Schichten, die Arbeitslosen und Armen, die auch letzten Wochen vor dem Sturz des Diktators Ben Ali an der Front waren. Heute sind sie wieder auf der Straße und fordern: „Arbeit ist ein Recht, ihr Diebsbande”, „Arbeit”, „Freiheit”. So verlangen die Einhaltung der Versprechungen, endlich konkrete Maßnahmen.

Aber nicht nur sie gegen auf die Straße. Auch viele andere versuchen die Situation zu nutzen, um mit dem Wahlsieger abzurechnen: die Heuchler des alten Systems, ein Teil der alten Elite, die jetzt auf einmal die Liebe zur Freiheit entdecken. Oder weil ein anderen Teil sich mit der neuen Regierung arrangiert hat oder sogar bereit ist in der „Ennahda” aufzugehen, solange das keinen sozialen oder wirtschaftlichen Abstieg für sie bedeutet.

Zwischen den Fronten befindet sich eine zerrissene Linke, die den Anschluss an die Menschen und einen Ausgleich zur Wahlniederlage sucht.

Die Härte, mit der die Regierung gegen diese letzte Welle des Aufstands insbesondere in Tunis vorgegangen ist, zeigt wie angespannt die Lage auch für sie selbst ist. Sie legitimiert sich durch eine Wahl zu einer Verfassungsgebenden Versammlung. Dabei gab es zahllose unrealistische Versprechungen wie 400.000 Arbeitsplätze in einem Jahr zu schaffen. Wichtige Themen wurden noch nicht richtig angegangen wie das öffentliche Verhältnis zu den Märtyrer und den Verletzten der Revolution. Es handelt sich um eine Regierung, die im Grunde genommen nur die Krise moderiert, eine Krise, die sie nicht verursacht hat, für die sie aber keine Lösungen parat hat – zumindest nicht in absehbarer Zeit (und das nicht nur in Tunesien).

Bis dorthin bleibt nur der Widerstand und der Aufstand gegen das System, das solche Krise verursacht, die einzige logische (Re)Aktion der Menschen in Tunesien und anderswo – so wie wir das fast täglich auf der ganzen Welt erleben.

http://www.antiimperialista.org/de/node/7315

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