Viele Menschen haben aufgehört in den Kategorien des Systems zu denken

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Krise ist seit 2008 ein geflügeltes Wort. Aus der Finanzkrise wurde nach den massiven Umschuldungsmaßnahmen, in dessen Kontext Milliarden von Steuergeldern in private Banken gepumpt wurden, staatliche Schuldenkrisen.

Diverse Länder der EU gerieten in finanzielle „Schieflage” darunter auch Griechenland. Das von der EU und dem IWF verabreichte Heilmittel hiess Schuldenreduktion, Privatisierung und Sparmaßnahmen. Im Mai 2010 akzeptierte das griechische Parlament ein internationales Hilfspaket über 110 Milliarden Euro, verpflichtet sich aber im Gegenzug zu drastischen Sparmaßnahmen. Massenproteste waren die Antwort, in dessen Zuge es am 25. Mai 2011 zur Besetzung des Syntagma-Platzes, dem zentralen Platz vor dem griechischen Parlament kam. Der Platz blieb bis zur polizeilichen Räumung am 30. Juli besetzt.

Fast drei Jahre zuvor, im Dezember 2008, gingen Bilder eines brennenden Weihnachtbaumes auf dem Syntagma-Platz um die Welt. Jugendliche hatten ihn im Rahmen von massiven, den ganzen Dezember anhaltenden, Protesten in Brand gesteckt. Unmittelbarer Auslöser für die Proteste war die Erschießung des 15-jährigen Alexis Grigoropoulos durch einen Polizisten in Athen. Die Krawalle des Dezembers haben aber in aller Deutlichkeit die soziale, politische und ökonomische Krise zum Vorschein gebracht, welche längst nicht nur Griechenland erfasst hatte.

Dimitra, Vasilis, Paschalis und Evangelia* sprechen über die seit 2008 gewachsene politische Bewegung und die Zusammenhänge des Dezembers 2008 mit der aktuellen Bewegung, die Veränderungen innerhalb der griechischen Gesellschaft, die sich gerade durch ein wachsendes Bewusstsein manifestieren, und den Mangel einer geeigneten Sprache der Linken, um die Gesellschaft als Ganzes anzusprechen.

* Interviewt wurden Dimitra und Vasilis, beides AktivistInnen und WissenschaftlerInnen, sowie Paschalis und Evangelia, die in wissenschaftlichen Zusammenhängen arbeiten. Alle vier sind in Athen wohnhaft und haben die Bewegungen vor Ort miterlebt. Das Interview wurde geführt von RaGeo.

Am 6. Dezember 2008 wurde der 15-Jährige Alexis Grigoropoulos von einem Polizisten in Athen erschossen, daraufhin kam es während des ganzen Dezembers zu massiven Krawallen in Athen, aber auch in anderen Städten Griechenlands. Es war nicht der erste Vorfall dieser Art und allgemein schien, dass die Gründe für den Aufstand tiefer lagen und der Mord an Alexis nur der Tropfen war, der das Fass zum Überlaufen brachte, oder wie würdet ihr die Situation damals einschätzen?

Pascalis – Um die Ereignisse in Athen nach dem Mord an Alexis verstehen zu können, müssen wir etwas zurückblenden. Die Explosion des Dezembers war sicherlich ein unmittelbarer Aufschrei, der sich direkt gegen die Erschießung des Jungen richtete. Aber nicht nur. Die Ereignisse waren auch Ausdruck einer allgemeinen Militarisierung des Öffentlichen Raums – ein Prozess, der in dem linken Stadtteil Exarchia, wo Alexis erschossen wurde, deutlich zu beobachten war. Im Wesentlichen war es aber auch eine Reaktion auf die vielschichtigen Restrukturierungsprozesse innerhalb der Arbeitswelt und allen anderen Feldern des sozialen Lebens in Griechenland, die seit den 1990ern zu einer starken Marginalisierung diverser sozialer Gruppen geführt haben und sich in einem erdrückenden Mangel an Perspektiven manifestieren. Die Form, die der Dezember angenommen hat, ist somit aufs engste mit dem Rückzug des Staates aus dem Sozialen verknüpft. So gab es die Besetzungen des Gewerkschaftsverbandes – The General Confederation of Greek Workers (GSEE) – in Athen, welche die Frustration gegenüber den traditionellen Gewerkschaften zum Ausdruck brachte, es wurden öffentliche Theatereinrichtungen besetz, um über die Rolle von Kultur zu debattieren und in besetzten Stadtteilzentren wurde über die allgemeine Rolle von Politik in der Gesellschaft diskutiert. Es war eine Bewegung, die jeden Aspekt des alltäglichen Lebens einnahm, sie sprach zur Kultur, zu den Medien, zu allem.

Wenn diese Bewegung sich in einem so breiten Rahmen äußerte, dann liegt die Frage nahe, wer denn die Menschen waren, die sich an den Protesten beteiligten.

Evangelia – Wer genau alles beteiligt war, ist schwer zu fassen. Am Anfang war es sicherlich eher eine Bewegung der Mittelklasse. Dann aber, nach einigen Tagen begannen sich diverse marginalisierte Gruppen, MigrantInnen, ArbeiterInnen etc. zu beteiligen.

Pascalis – Ich würde sagen, dass es primär eine Bewegung junger Menschen, StudentInnen und prekarisierter ArbeiterInnen war. Es war aber auch eine Bewegung von und mit MigrantInnen – vor allem der zweiten Generation –  aber auch Papierloser. Es war das erste Mal, dass sich MigrantInnen an den politischen Prozessen der Linken beteiligten und dass Menschen, die in vielerlei politischen Initiativen arbeiteten, zusammenkamen und sich gemeinsam organisierten.

Ihr habt auf die Rolle der Besetzungen hingewiesen. Organisation jenseits des unmittelbaren Zusammenkommens an Demonstrationen scheint ein wichtiges Thema gewesen zu sein.

Dimitra – Auf jeden Fall. Die Proteste kreierten neue Initiativen, die sich dezentral organisierten und sich an öffentlichen Orten trafen. Diese Initiativen überdauerten den unmittelbaren Aufstand und einige Zusammenschlüsse entstanden erst nach dem Dezember. So denke ich, dass die Erfahrung des Dezembers sehr wichtig war. Im Kontext der Bewegung wurden viele radikalisiert und sie begannen sich in einer Art und Weise in der öffentlichen Sphäre zu bewegen, wie sie dies vorher nicht getan hatten.

Pascalis – Die Bewegung war nicht innerhalb der traditionellen Linken organisiert, sondern es waren die Direktbetroffenen, die sich zusammenschlossen. Es gab im Dezember in Athen mindestens drei zentrale Orte für diese Treffen: Das Polytechnikum, die Fakultät der Rechtswissenschaften und jene der Wirtschaftswissenschaften. Neben diesen Treffpunkten waren die eigenen Medien auch enorm wichtig, zumal für eine gewisse Zeit die Massenmedien – gerade bei jungen Menschen – durch eigene Medien ersetzt wurden. Alles in Allem wurde im Kontext des Aufstandes sehr breit über gesamtgesellschaftliche Alternativen diskutiert, was ich als einen deutlichen Beleg dafür sehe, dass die Ereignisse nicht nur eine Reaktion auf die Polizeigewalt waren, sondern einen tiefer liegenden Grund hatten.

Wie sind denn die Ereignisse des Dezembers 2008 rückblickend einzuschätzen und was für eine Bedeutung haben sie?

Dimitra – Wichtig war, dass die Bewegung enorm breit war und sich nicht nur jene beteiligten, die schon vor dem Aufstand in verschiedenen linken Bewegungen aktiv waren. Spannend zu sehen war aber, dass es gerade die Positionen der radikalen Linken waren, die innerhalb der Bewegung ideell dominierten. Dennoch muss festgehalten werden, dass die extreme Rechte und die Nationalisten ebenfalls einen verstärkten Zulauf verzeichneten. Dies war paradox, denn im ersten Moment waren diese Parteien komplett marginalisiert, im Rückblick aber vermochten sie aus den Ereignissen für sich Kapital zu schlagen und ihre Basis auszubauen.

Evangelia – Die Ereignisse waren schwer zu verorten. Diese massive Gewalt, war auf jeden Fall auch für Griechenland etwas Neues, das uns selbst erschreckte. Gesamthaft wird es wohl noch einige Jahre dauern, um zu verstehen, was die genaue Bedeutung dieser massiven Gewalt war. Aber es ist wichtig zu sehen, dass im Vorfeld der Ereignisse die ökonomische, soziale, politische und kulturelle Krise immer spürbarer wurde und deutlich zum Vorschein kam, dass die Vorstellung junger Menschen, was ihre Zukunft betrifft, nicht mehr dieselben sein könnten, wie jene ihrer Eltern. Der Dezember brachte dieses Bewusstsein in aller Deutlichkeit hervor.

Ihr legt großen Wert darauf, dass die Bewegung mehr war als ein unmittelbarer Gewaltausbruch. Ihr sprecht die Organisationsformen und ein gewachsenes Bewusstsein über gesamtgesellschaftliche Abläufe an. Hat sich nach 2008 dann auch etwas verändert?

Evangelia – Die große Veränderung liegt gerade darin, dass viele Menschen in den letzten vier Jahren angefangen haben sich Fragen zu stellen, die sie sich in der Vergangenheit nicht gestellt haben. Lange Zeit war es nur die radikale Linke, die sich kritisch mit den gesellschaftlichen Prozessen auseinandersetzte und die herrschende Ordnung grundsätzlich in Frage stellte. Jetzt aber beginnen dein Vater und deine Mutter dich zu fragen, was jetzt mit ihrem Geld zu tun sei, was denn jetzt passiere. Sie versuchen zu verstehen, wie das System funktioniert. Die Menschen haben angefangen, sich darum zu kümmern, weil es für ihr Leben wichtig geworden ist. Das Spektrum jener, welche sich mit sehr grundsätzlichen Fragen auseinandersetzen, hat sich somit geöffnet und die Debatten sind mitten in der Gesellschaft angekommen, sie sind so offen wie nie zuvor – das ist ein zentraler Wandel.

Wenn wir nun einen Zeitsprung machen und die Protestbewegung rund um die Schuldenkrise Griechenlands und die geplanten Sparmaßnahmen anschauen, dann nehmen diese doch ähnliche Formen an. Und ihr habt die Kontinuität der Strukturen von 2008 betont, gibt es da direkte Verbindungen zu heute? Oder anders gefragt, wäre diese massive Bewegung heute überhaupt möglich ohne die Ereignisse von 2008?

Vasilis – Im Hinblick auf die aktuelle Protestbewegung war der Dezember 2008 sehr wichtig. Die damals 16- bis 20- jährigen Menschen, die versuchten, ihre Solidarität mit Alexis zu zeigen in dem sie auf die Straße gingen, wurden in diesem Moment auch politisiert. Heute sind diese Menschen zwischen 19 und 23 Jahre alt und sie sind sich sicherer darin geworden, wie mit der Krise umzugehen ist und was diese Krise für ihr eigenes Leben bedeuten wird.

Dimitra – Ein wichtiger Unterschied zu 2008 ist, dass der Protest damals als eine Jugendrevolte verstanden wurde. Die aktuellen Proteste gegen die Sparmaßnahmen und die Krise interpretiert niemand mehr als einen Jugendprotest, denn sie haben die ganze Gesellschaft erfasst. Dies zeigt nicht zuletzt auch die Besetzung des Syntagma-Platzes, die in sehr breiten Gesellschaftsschichten Rückhalt genoss. Letztlich ist die Frage, ob ohne den Dezember die Syntagma-Platzbesetzung nicht geschehen wäre, nicht beantwortbar, aber auf jeden Fall hatte der Dezember eine wichtige Rolle in der Wegbereitung, diese Prozesse sind aber innerhalb der Gesellschaft abgelaufen und die nachzuvollziehen ist enorm schwierig.

Am 25. Mai 2011 wurde der Syntagma-Platz nach einer langen Periode von Demonstrationen und Streiks gegen die griechische und europäische Sparpolitik besetzt. Von außen beobachtend hatte man jedoch das Gefühl, dass der Protest im Vorfeld der Besetzung etwas abgeflaut war und in den Zeitungen wurde Berichtet, dass die GriechInnen ihr Schicksal nun angenommen hätten und bereit wären sich auf die neuerlichen Restrukturierungsmaßnahmen einzulassen. Was waren also die Bedingungen, die letztlich zu der Besetzung führten?

Vasilis – Es war in den 1990ern, als der Staat den Menschen sagte: „Nehmt Kredite auf, die griechische Ökonomie floriert, es ist nicht gefährlich!” Am Anfang der angekündigten Restrukturierung war die Meinung noch dominant, dass wir nun für diesen Fehler der 1990er bezahlen müssen und dass wir selbst Schuld an dieser Misere seien. Die Menschen glaubten, dass der öffentliche Sektor nicht funktioniere, die Wirtschaft nicht besonders produktiv sei und wir somit individuell weniger Löhne in Kauf nehmen müssten. Aber dann siehst du die Zahlen von Eurostat und du siehst, dass die Produktivität in Griechenland in etwa dieselbe ist wie jene in Frankreich, Spanien oder Deutschland.

Die Menschen hörten auf zu glauben, dass die Krise von ihnen verursacht worden sei und sie über individuelle Sparmaßnahmen behoben werden könne. Als dann im Verlaufe des letzten Jahres die negativen Nachrichten nicht abrissen und immer mehr Menschen ihre Arbeit verloren, entstand eine Situation, in der viele offensichtlich nicht zu Hause bleiben wollten. Sie wollten ihre Wut mit anderen teilen. All diese Menschen die ihre Arbeit verloren haben, die wurden spürbar politischer und zeigten mehr Bereitschaft, sich zu engagieren. Der Syntagma-Platz war ein guter Ort für diese Menschen, da konnten sie hin und sie kamen.

Evangelia – Ja ich denke auch, dass viele mit dem Fortlauf der Krise immer besser verstanden, was da genau abläuft. Projekte wie „Debtocracy”[1] unterstützten den Lernprozess ungemein und die Menschen begannen die Bedeutung von Schuld zu verstehen. Sie haben verstanden, dass es in der Schuld keine Perspektive gibt und dass man noch so viel sparen kann, noch so viel Lohnkürzungen hinnehmen kann, die Schuld aber dennoch nicht abnehmen wird. Also warum sollten wir das alles auf uns nehmen?

Vasilis – Ja, wir konnten gar nirgends anders hin als auf den Syntagma-Platz, das ist der Hauptplatz, direkt vor dem Parlament, der Feind ist dort, vor dir.

Die Besetzung dauerte schließlich bis am 30. Juli und hatte somit auch Bestand, als Ende Juni über die Sparmaßnahmen, welche von der EU vorgegeben wurden, im Parlament abgestimmt wurde. Tage also, in denen die Behörden die Innenstadt sperren wollten und es immer wieder zu massiven Zusammenstößen mit der Polizei kam, wie konnte der Platz dennoch gehalten werden?

Vasilis – Als die Besetzung anfing, da wollte die Polizei die Situation nicht weiter anheizen und hoffte, dass die Bewegung auszusitzen sei und abflachen würde. Am Anfang hatte das Ganze auch nicht einen so politischen Charakter. Dann wuchs die Bewegung an und es wurde noch kritischer, den Platz zu räumen. Die Hoffnung der Behörden war, dass mit dem Sommer nur noch wenige bleiben würden und es einfacher aufzulösen sein werde – letztlich geschah dann auch genau das. Hilfreich war aber sicher, dass der Platz und dessen Zugänge polizeilich schwer zu kontrollieren sind. So war lange Zeit das Hauptziel der Polizei, das Parlament zu bewachen und sicherzustellen, dass niemand rein geht.

Pascalis – Der Staat spielt mit dem Gleichgewicht und versucht, den Schein einer Demokratie zu wahren. Denn wenn die Behörden versucht hätten, von allem Anfang der Besetzung mit Repression zu begegnen, dann wäre die Situation wohl eskaliert. Andererseits versucht der Staat ein gewisses Mass an Barrieren zu setzen. So wurde etwa am 29. Juni 2011, an dem Tag als über das Sparprogramm abgestimmt wurde, von den Behörden dazu aufgerufen, nicht in die Innenstadt zu kommen. Der Platz war zu diesem Zeitpunkt noch besetzt und dem Aufruf der Behörden wurde nicht Folge geleistet. So mussten die Abgeordneten, um abstimmen zu können, unter Polizeischutz in das Parlamentsgebäude. Das hatte eine massive Symbolkraft.

Dimitra – Am Abend nach der Abstimmung wurden die Abgeordneten gar durch den Hinterausgang hinausgeleitet und es gab Bilder im Fernsehen von mit Taschenlampen geführten Politikern die durch den Garten hinter dem Parlament geleitet wurden.

Besetzungen von öffentlichen Gebäuden, Demonstrationen in den Strassen und die Inbesitznahme des Syntagma-Platzes – Öffentliche Räume spielen in beiden Bewegungen, jener von 2008 und auch in der aktuellen, symbolisch wie praktische eine zentrale Rolle?

Vasilis – Der Öffentliche Raum ist zentral. Öffentlicher Raum ist der Ort, wo was verändert werden kann, es ist der Ort wo du dich ausdrücken kannst, zeigen kannst, wer du bist. Dies gilt vor allem auch für ausgeschlossene und marginalisierte Gruppen.

Pascalis – Im Zentrum zu sein ist aber nicht nur symbolisch wichtig, sondern auch ganz real politisch wie ökonomisch. Denn die Zentren vieler griechischer Städte sind wichtige Orte für die Tourismusindustrie. Die Inbesitznahme des Zentrums hat somit auch die Form eines Streikes der Stadt. Man interveniert sehr aktiv in die sozialen Abläufe einer Stadt, manchmal unterbricht man sie gar vollkommen, die Stadt als produktiven Ort wird lahm gelegt. Ich glaube, dass das sehr wichtig ist. Dies bringt die Gegenseite auch zum Ausdruck, wenn die Stadtbehörden betonen, dass der Protest aufhören müsse, weil die Wirtschaft und der Tourismus Schaden nehmen würden.

Ein weiterer Aspekt, den wir beobachten konnten, ist, dass die Bedeutung von Gewalt und Ausschreitungen im Öffentlichen Raum nicht nur rein physisch Gehalt haben, sondern – gerade weil das im Öffentlicher Raum stattfindet – in einer sehr dynamischen Art und Weise das reflektiert und materialisiert was in der Gesellschaft als sozialer Konflikt abläuft. So denke ich dass die Präsenz und Ereignisse im Öffentlichen Raum in den letzten vier Jahren stark zu dem gewachsenen politischen Bewusstsein beigetragen haben, das wir heute beobachten können.

Evangelia – Gerade bei der Syntagma-Platzbesetzung hatten wir das Gefühl, dass sich die Stadt als Ganzes beteiligt und somit war das Zentrum mehr als nur eine Kulisse für den Protest. Wichtig ist zu sehen, dass der Syntagma-Platz nicht nur räumlich zentral liegt, sondern auch von einer sehr heterogenen Bevölkerungsschicht umgeben ist. So kann man einerseits zu Fuss in die teuersten Einkaufsstraßen von Athen gehen, gleichzeitig sind aber auch sehr arme Stadtteile in unmittelbarer Nähe. Und die Menschen, die auf den Platz kamen, um die Besetzung zu unterstützen, die kamen aus all diesen Schichten, es gab da keine scharfe Trennung.

Ihr habt im Zusammenhang mit der Besetzung des Syntagma-Platzes gesagt, dass die Bewegung eher unpolitisch anfing, dass sich dies aber verändert habe im Verlauf der Besetzung. Gleichzeitig habt ihr betont, dass 2008 von Anfang an die radikale Linke auf der ideellen Ebene sehr präsent war. Welche Rolle spielt denn die Linke heute?

Pascalis – In den letzten paar Monaten verstärkt – aber auch schon in den Jahren zuvor – war zu beobachten, dass es teilweise eine feindselige Einstellung gegenüber linken Gruppierungen gab und das ist etwas, das wir analysieren müssen, vor allem die Ursachen dieser Stimmung. Ich glaube aber, dass eine bewusste Diskreditierung linker Ideen auch ein Teil des neoliberalen Programms war, das wir in den letzten Jahrzehnten gesehen haben. Es war eine Politik, die sich gegen Gewerkschaften, gegen Streiks und ganz allgemein gegen eine Kultur des Widerstandes richtete. Dann kommen die internen Probleme der Linken in Griechenland hinzu.

Vasilis – Ja, wir haben tatsächlich ein grosses Problem mit den linken Parteien in Griechenland. Es gibt drei große linke Parteien, unter anderem die Kommunistische Partei, die sehr konservativ ist und sich nicht zu anderen Teilen der Linken öffnen will, das ist also ein Problem. Dies nicht zuletzt deshalb, weil ich glaube, dass sich einiges bewegen lassen würde, wenn die Linke in Griechenland heute geeint wäre.

Die Bewegung von 2008 hat offensichtlich einige Spuren in der griechischen Gesellschaft hinterlassen, gerade auch im Hinblick auf die aktuellen Proteste. Was denkt ihr, wird von der Besetzung des Syntagma-Platzes bleiben?

Pascalis – Zum Beispiel sind alternative Ökonomien, die bis anhin komplett abnorm waren, ins öffentliche Interesse gerückt. Bis vor einigen Jahren hatten wir quer durch die Gesellschaft einen neoliberalen Konsens. Heute müssen sogar Massenmedien eingestehen, dass es Alternativen gibt.

Ich weiß nicht, ob der Syntagma-Platz revolutionär war, aber viele Menschen haben während der Besetzung aufgehört, in den Kategorien des Systems zu denken. Und erst so wurde es überhaupt möglich, sich im Klaren zu werden, welches Verhältnis diese Schuld ausdrückt und die einzige Antwort darauf sein kann, dass wir sie nicht bezahlen. Für viele Menschen war die Erfahrung des Syntagma-Platz eine praktische Radikalisierung. Dies ist auch durch partizipatorische Prozesse auf dem Platz gefördert worden, und auch wenn ich nicht weiss, was der Ausgang sein wird, so bin ich mir doch sicher, dass alle, die dort waren, informierter und bewusster gegenüber der gegenwärtigen Situation sind.

Evangelia – Die Menschen diskutieren heute auf der Strasse, ob aus dem Euro ausgetreten werden soll, wie es mit Europa weitergehen soll. Es werden also Diskussionen geführt, die noch vor einigen Jahren nur von einer ganz kleinen Minderheit linker Menschen geführt wurden. Aber jetzt handeln sie! Insofern kann gesagt werden, dass das was im Dezember 2008 war, eine erste Reaktion war, dass das, was wir aber in den letzten Jahren gesehen haben, das ist ein wachsendes Bewusstsein.

Vasilis – Wir haben mit den Protesten der letzten Jahre erreicht, dass heute alle über die aktuellen Abläufe Bescheid wissen. Heute weiß jeder, was die Europäische Zentralbank, Mary-Lynch oder Standard & Poor’s ist. Diese Namen sind zu Begriffen unseres Alltags geworden. In Bezug darauf, wie es nun weitergeht, da sehe ich zwei Wege. Das eine ist eine konservative Variante, die von einer nationalistischen, patriotischen und eher geschlossenen Einstellung geprägt sein würde und sich gegen die ImmigrantInnen und AusländerInnen richten würde. Gerade unter Konservativen ist die Haltung weit verbreitet, dass Griechenland aus der EU raus sollte und es alleine besser gehen würde. Die zweite Alternative ist eine linke. Damit die Linke aber erfolgreich sein kann, muss die Bewegung eine Sprache finden, um mit den Menschen im Alltag zu kommunizieren.

Evangelia – Dieser Aspekt mit der fehlenden Sprache hat sich auch während der Besetzung des Platzes als ein zentraler Aspekt herauskristallisiert, an dem wir als Bewegung arbeiten müssen. Denn viele waren sich einig, dass es offensichtlich an der geeigneten Sprache fehlt, um die eigenen Ideen zu vermitteln, und so wurde immer stärker betont, dass wir eine Sprache finden müssen, die zugänglich ist.

Dimitra – Ich denke wir sollten aber auch nicht zu romantisch sein. Die extreme Rechte wurde gestärkt, nationalistische und patriotische Parteien und Gruppen treten aggressiver auf. Und so gibt es auch viele Leute, die sich der Globalität des Problems bewusst sind und darauf aber reagieren, indem sie sagen, dass die Regierung nicht patriotisch genug und nur ein Puppe Amerikas und Deutschlands sei. Was ich damit sagen will ist, dass auch, wenn die Menschen die Situation besser durchdringen, dies nicht heißt, dass sie sich links positionieren und über Umverteilung von Wohlstand und solchen Sachen diskutieren würden. Denn es ist halt immer noch so, dass es der einfachere Weg ist den ImmigrantInnen, dem CIA oder wem auch immer die Schuld zu geben – es gibt heute viele irre Argumente, aber es sind einfache Antworten und viele fühlen sich von diesen Antworten angezogen.

Nun zum Schluss noch eine letzte Frage. Nach all dem, was ihr erzählt habt, ist mir bewusst, dass diese Frage nur schwer zu beantworten sein wird, aber dennoch, was denkt ihr, wo führt die Situation hin?

Vasilis – Wenn wir sagen, dass wir nicht verstehen können, was 2008 abgelaufen ist – weil das alles sehr neu war -, dann sagen wir aber auch, dass wir die Veränderung um uns herum noch nicht ganz verstanden haben. Gerade die Staatlichkeit hat sich stark verändert und wir haben diese Veränderung noch nicht durchdrungen, weshalb wir auch die Reaktion nicht ganz einordnen können. Die Besetzung des Syntagma-Platzes etwa stand unter dem Motto „Direkte Demokratie”, weil wir uns ausgeschlossen fühlen, nicht nur von offiziellen demokratischen Abläufen, sondern vom alltäglichen Leben. Im neoliberale Staat – wir haben diverse Privatisierungswellen seit den 1980ern durchgemacht – schlägt die Welle der Privatisierungen nun auf den Öffentlichen Raum über und dies bedeutet eine verstärkte Exklusion aus dem alltäglichen Leben.

Allgemein ist es heute schwer, Hoffnung zu finden. In den 1980ern und 90ern war die Hoffnung, nach einem Abschluss an der Universität eine Arbeit zu finden, noch intakt, heute aber glaubt daran niemand mehr. Niemand glaubt, dass er in der Zukunft besser leben wird als vorher. Wenn wir also an Entwicklung glauben sollen, dann müsste doch vor uns eine bessere Zukunft liegen? All dies, was heute geschieht, die Situation, in welcher wir uns als Gesellschaft befinden, das alles sind ziemlich neue Sachen. Die Reaktionen auf diese neuen Erscheinungen sind aber sehr asymmetrisch. Wir haben keine Strategie, um gegen die Privatisierung anzugehen. Deshalb denke ich, dass die Linke neue Mittel und Strategien entwickeln muss. Eine solche Strategie muss Brücken bilden zwischen den linken Bewegungen insbesondere auch mit Nordeuropa. Denn auch wenn immer behauptet wird, dass es einen Unterschied zwischen Nord- und Südeuropa geben würde, so sind die exkludierenden Prozesse doch überall die gleichen.

Evangelia – Ich denke, es ist aber auch nicht zu vernachlässigen, was auf der persönlichen Eben passiert ist. Am Anfang – also noch vor dem Dezember 2008 -, als wir zusammen an einem Streik oder an einer Demonstrationen waren und die Polizei kam oder wir Tränengas rochen, gingen wir weg. Nun aber, nach all diesen kollektiven Erlebnissen, nach all dem, was in den letzten Jahren passiert ist, dem kollektiven Widerstand im Dezember 2008, haben wir auch ein neues Selbstbewusstsein gefunden, wer wir sind und wie wir agieren können. Dieses neue Verständnis haben wir auch auf dem Syntagma-Platz erlernt und dies wird bleiben, bei vielen.

Vasilis – Die Menschen haben ein Verständnis dafür gewonnen, dass sie Gerechtigkeit und am gesellschaftlichen Leben partizipieren wollen. Das ist auch der Grund, warum eines der zentralen Mottos der Syntagma-Platzbesetzung „Direkte Demokratie” war. Ich weiß aber nicht wie sich dies in der Zukunft artikulieren wird, so stellt sich doch schon nur die Frage, was denn „Direkte Demokratie” heißt. Offensichtlich fühlen sich aber viele ausgeschlossen. Ich weiß aber auch nicht, was wir erwarten sollen. Was international in den letzten Monaten geschah, war aber definitiv sehr wichtig. Die Bewegung heute in Spanien und an anderen Orten hat uns Mut gemacht. Dennoch müssen wir feststellen, dass auch noch heute die Wirtschaft sich nicht an unseren Bedürfnissen orientiert, sondern dass sich alles nur um Finanzen und Märkte dreht. So ist es offensichtlich immer noch wichtiger, was an den Börsen geschieht, als das was bei den echten Menschen abläuft. So denke ich, dass das System echt falsch ist und wir was ändern müssen.

http://linksunten.indymedia.org/de/node/47525

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Reitschule Bern wehrt sich gegen Polizeiangriff und -hetze

Dass das Verhältnis zwischen dem Kultur- und Begegnungszentrum Reitschule und der Kantonspolizei nicht gerade das Beste ist, ist ein offenes Geheimnis. Durch ihre zentrale Lage ist die Reitschule mit den Folgen der repressiven Drogen- und der unmenschlichen Asylpolitik konfrontiert – und damit auch mit der Polizei.
Nicht zuletzt das provokative Auftreten der Grenadier_innen-Einheit “Krokus”, die mal in Uniform, teilweise auch in zivil “mutmassliche Dealer” (in der Krokus-Praxis vor allem “mutmassliche Schwarze”) jagt – auch auf der Schützenmatte und vor der Reitschule. Dass Krokus-Patrouillen dabei oft “mutmassliche Dealer” Richtung oder in die Reitschule treiben, stösst bei letzterer nicht gerade auf Gegenliebe – werden doch damit die eigenen Bemühungen bekannte und erwischte Dealer (und ihre Kund_innen) fernzuhalten, dadurch sabotiert. Hinzu kommt, dass sich nicht wenige Kroküsler auch durch Rassismus, massive Provokationen, Beleidigungen, Psychospielchen und gewalttätige Übergriffe hervortun.
So kam es nicht selten vor, dass einzelne Beamte sich unter dem Vorwand der Kontrolle oder Festnahme von “mutmasslichen Dealern” Zutritt zur Reitschule verschafften und sich aufführten wie Rambo-Mammuts im Porzellanladen. Leute, die inner- oder ausserhalb der Reitschule dieses Verhalten kritisierten, sich wehrten oder bei Übergriffen intervenierten, wurden beleidigt, bedroht, geschlagen, festgenommen und/oder verzeigt. Zum Beispiel wegen “lautem Stören” (= Behinderung einer Amtshandlung).
Die Medienstelle der Kantonspolizei und die Kantonspolizei-Chefetage schützte in der Vergangenheit solche unterhältnismässigen Angriffe regelmässig mit fantasievollen Medienmitteilungen und absurden Vorwürfen an die Reitschule.

Zur Geschichte: Am Donnerstag 22.9. stürmten um ca. 18.30 Uhr 2 Zivilpolizisten in die Reitschule, “verfolgten” einen afrikanischen Mann, den sie zuvor in die Reitschule getrieben hatten und handschellten ihn. Ein Reitschüler, der dies kritisierte, wurde von einem Zivi massiv angegangen, zu Boden geworfen und massiv gewürgt, worauf sich eine kleine Rangelei mit mehreren Beteiligten entwickelte. Obwohl die Gefahrenlage für die Zivis unter anderem aufgrund der körperlichen Überlegenheit alles andere als besorgniserregend war, prügelten am Schluss der Auseinandersetzungen die inzwischen auf 8 Mann angewachsene Zivischar wahllos auf die sich gegen die Verhaftung des Kollegen (passiv) wehrenden 4-6 Reitschüler_innen und unbeteiligte andere Anwesende ein und brachten die beiden Verhafteten nach draussen. Dort wartete bereits die Gummischrot-bewaffnete und auffällig schnell aufgetauchte (Hmmm…) uniformierte 10-köpfige Verstärkung.

Die Medienstelle der Kantonspolizei fabrizierte daraufhin am Freitag 23.9. aus diesem krassen Polizeiübergriff ein Lügenmärchen in Form eines apokalyptischen Szenarios: “Schliesslich wurden letztere von 30 bis 40 Personen massiv bedrängt, es kam zu einem Handgemenge und es wurde aus der Menge heraus auf die Polizisten eingetreten. Erst durch den Einsatz von Reizstoffspray gelang es, die Personen auseinander zu treiben. Die Polizisten mussten schliesslich unter dem Schutz weiterer eingetroffener Kräfte die Reitschule fluchtartig verlassen. Zwei Polizisten wurden leicht verletzt.”
http://www.police.be.ch/police/de/index/medien/medien/aktuell.meldungNeu.html/police/de/meldungen/police/news/2011/09/20110923_1312_stadt_bern_polizisteninreitschuleangegriffenundfestgehalten

Blöd nur, gibt es ein Video der Geschehnisse (siehe Standbilder unten), wo weit und breit weder 30-40 Personen noch Gewalt seitens der Reitschüler_innen zu sehen sind…

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Medienmitteilung Reitschule

Reitschule Bern verurteilt Polizeieinsatz und Medienmitteilung der Kantonspolizei und widerlegt die Darstellungsweise der Kantonspolizei

Bern, 23.9.11

Sehr geehrte Medienschaffende

Die Reitschule Bern verurteilt den gestrigen Polizeieinsatz in der Reitschule aufs Schärfste.

Die Darstellungen der Geschehnisse in der heutigen Medienmitteilung der Kantonspolizei entbehren jeglicher Grundlage und sind als Schutzbehauptungen zur Rechtfertigung des gestrigen unverhältnismässigen Polizeieinsatzes zu werten.

Dies beweist auch der Film eines geistesgegenwärtigen Gastes, der einen grösseren Teil des Einsatzes auf Film festgehalten hat. In der Beilage befinden sich bereits einige Standbilder aus dem Video, welches die Reitschule am Montag veröffentlichen will.

Eine kurze Sichtweise der Reitschule finden Sie im beigefügten Anhang.

Die gestrigen Übergriffe von Zivilfahndern gegen Reitschüler_innen stellen einen neuen Tiefpunkt im Verhältnis zwischen Reitschule und Polizei dar. Die Interessengemeinschaft Kulturraum Reitschule Bern (IKuR) wird deshalb mit einer Aufsichtsbeschwerde gegen die fehlbaren Beamten vorgehen.

Am Montag findet im Frauenraum findet eine Medienkonferenz zu den Geschehnissen unter Teilnahme von Augenzeug_innen statt.

Mit freundlichen Grüssen

Reitschule Bern
Mediengruppe

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Darstellung der Geschehnisse aus Sicht der Reitschule
http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/Medienmitteilungen/11-09-23-MM-KapoLuegen.htm

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Standfotos Zivilfahnder im Innenhof
http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/Medienmitteilungen/11-09-23-StandfotosZivieinsatz.pdf

Quelle: http://ch.indymedia.org/de/2011/09/83439.shtml

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Krawall und Remmidemmi

Ausgangslage

Am Samstag, dem 10.9, eskalierte die Situation ein erstes Mal, als sich weit über tausende Jugendliche und Erwachsene am Bellevue zu einer Party unter freiem Himmel versammelten und die Polizei darauf mit Gummischrot und Tränengas einschritt. Unvorbereitet, wie die Polizei war, war sie lange Zeit nicht fähig die Krawallen einzudämmen und schon gar nicht Leute festzunehmen.
Als Antwort auf diese Party fand am Freitag dem 16.9 eine Party gegen die Polizeigewalt und einseitige Medienberichte und für mehr Freiräume statt. Nachdem sich die Party im Verlaufe der Nacht zu einem tanzenden Demonstrationszug wandelte, schritt die Polizei ein erstes Mal beim Stauffacher ein und setze Gummischrot ein. Die Strategie schien klar, ein bisschen um den Helvetiaplatz zu marschieren ist ok, sobald aber die Richtung in die Innenstadt eingeschlagen wird, musste eingeschritten werden. So setze sich die Polizei, dieses Mal mit zwei Wasserwerfern ausgerüstet, an der Militär- und an der Langstrasse erneut in Szene und löste die Demo mehr oder weniger erfolgreich auf.
Am Samstag, dem 17.9, eskalierte die Situation ein erstes Mal auf dem Helvetiaplatz, als die Polizei versuchte die Proteste gegen einen Marsch fundamentalistischer Abtreibungsgegner unterschiedlicher christlicher Konfessionen zu unterbinden. Die Polizei agierte sichtlich nervös, genervt und wohl in ihrer eigener politischer Weltsicht angegriffen und schritt dementsprechend auch ohne grössere Vorwarnung und mit mitgebrachtem Wasserwerfer ein. Die Situation beruhigte sich danach so lange, bis die Abtreibungsgegner von ihrem mit Störaktionen begleiteter Marsch durch die Innenstadt, auf den Platz zurück kamen. Wiederum kam es zu einem Wasserwerfer- und Schroteinsatz. Im Gegensatz zum ersten Mal agierte aber die angegriffene Menge geschlossener, einzelne kleinere Barrikaden wurden errichtet und die Scheiben der nahegelegenen ZKB-Filiale gingen als Antwort auf die Angriffe zu Brüche.
Am Abend versammelten sich erneut hunderte Menschen auf und in der Nähe des Centrals, wo seit Anfang der Woche zu einer erneuten Party aufgerufen wurde. Nachdem sich einige Menschen mit einer kleinen mobilen Soundanlage in Richtung Bellevue bewegten, schritt das nun zahlreiche Polizeiaufgebot ein und versuchte einen Kessel aufzubauen. Dilettantisch, wie das Vorgehen trotz einer Woche Planung war, liessen sich nur an die 80 Leute kesseln. Als Antwort auf diese Angriffe kam es an drei Fronten zu Auseinandersetzungen. Verschiedene Fenster von Autos und Schaufenster gingen in Brüche (Mindestens ein Polizeiauto, ein Auto von Telezüri) und die Polizei wurde etliche Male mit unterschiedlichsten Gegenständen eingedeckt. Als Reaktion auf die an die mediale und politische Kritik von rechter Seite an den vorherigen Polizeieinsätzen wurden an diesem Abend aber unzählige Menschen verhaftet, 48 Menschen bis Montag in U-Haft gesetzt und 10 davon auch am Dienstag noch in den Knästen behalten. An vorderster Front, die zu härteren Massnahmen aufgerufen haben waren die SP-Rechtsexperten Daniel Jositsch und Martin Killias. Insbesondere Killias, der schon nach dem Bellevue-Krawall zu hartem Einsatz aufgerufen hatte („Das Ziel dürfe nicht in erster Linie sein, Schäden zu minimieren. Die Polizisten müssten sich darauf konzentrieren, rasch viele Leute zu verhaften“) fordert nach der erneuten Riots am Cental eine Verschärfung des Strafrechtes, Freiheitsstrafen („Bei solchen Ausschreitungen halte ich eine unbedingte Freiheitsstrafe von ein bis zwei Monaten für angemessen.“) und würde trotz kleiner Bedenken auch dem Einführen von Schnellgerichten zustimmen.

Die Eskalationsstrategie von Leupi und dessen Unfähigkeit die aktuelle Situation zu verstehen.

Die Repression seit dem Amtsantritt Leupis übertrifft sogar noch seine Vorgängerin SP-Mitglied Esther Maurer. Über 500 Wegweisungen nach Verhaftungen am 1. Mai, das harte Durchgreifen der Polizei bei illegalen Partys, die Einsätze an den letzten beiden Wochenenden sprechen für sich. Wieso Leupi auf dieser Strategie fährt bleibt dahingestellt. Muss er sich auf der bürgerlichen Seite anbiedern und zeigen, dass er die Polizei auch mit harter Hand führen kann? Glaubt er sich tatsächlich so einen Frieden erkaufen zu können? Oder liest er gar zu viele Tagi-Online Kommentare und meint darum, die gesamte Welt fordert von ihm, dass er bald die Armee einsetze?
Die Aussagen Leupis nach den erneuten Riots am Samstag scheinen aber vor allem deutbar, dass er keinen blassen Schimmer von der Situation hat. Wenn absurde Terminologien von „Krawall-Touristen“, die zwar zu einem Drittel in der Stadt selbst wohnen und sonst aus der Agglo stammen, doch tatsächlich die abschliessende Analyse der Polizei ist, dann muss man sich über die Repression auch nicht wundern. Denn wo keine sozialen Phänomene gesehen werden, müssen die auch nicht behoben werden und man kann den bösen Chaoten auch einfach mit verstärkter Repression entgegensetzen. Vollkommen absurd wird das ganze aber spätestens dann, wenn die „Chaoten“ vom Bellevue plötzlich zu einem möglichen Ansprechpartner werden, während in den „Event-Chaoten“ vom Central das ultimative Böse entdeckt wird.
Die Frage nach dem Grund für Leupis Strategie der Repression kann nicht abschliessend geklärt werden, was aber bleibt ist, dass die Lösung nicht einfach in einem anderen Polizeipräsidenten gesucht werden kann. So hart Leupi momentan auch vorgehen mag, keiner seiner Vorgänger war von einem anderen Kaliber und alle waren sie schlussendlich Teil des Repressionsapparates.

Die mediale Berichterstattung.

Die Medien hatten die Antworten auf die Krawalle schnell parat. Wohlstandsverwahrlosung, unpolitische Chaoten und sie schützende passive Party-Gänger waren schuld. Die Frage wieso denn so viele Menschen einen Hass auf die Polizei haben, wurde nicht gestellt. Der Tages-Anzeiger schaffte sogar den Kunstgriff die Krawalle gleichzeitig als apolitisch und doch als soziales Phänomen aufzufassen: „Gürber sieht zwei Gruppen von Jugendlichen, die sich an den Krawallen betätigen: die Unauffälligen, die sich in der Masse zu Gewalt hinreissen lassen, und die Benachteiligten, die so ihren Frust auf den Staat abbauen.“ Zwar lassen sie eigentlich ihren Frust am Staat aus aber waren eigentlich unpolitisch, im Gegensatz zu den Bellevue-Chaoten, die zwar auch sehr dumm seien aber immerhin Freiräume fordern. So muss man sich wohl die Welt eines Tagi-Analysten vorstellen.
Das zweite Erklärungsmuster geht von einer Art „Wohlstandsverwahrlosung“ aus. Weil es uns zu gut gehe, machen wir aus Spass Krawall für mehr Partys. Erstens liegt dem die absurde Vorstellung zu Grunde, dass die ganze Schweiz reich sei und sich alle das tolle Party-Angebot leisten könnten. Dass dem nicht so ist, haben eigentlich schon genügend Studien über die Armut in der Schweiz bewiesen. Zweitens findet sich in dieser Auffassung die Vorstellung wieder, dass es den Jugendlichen schlussendlich tatsächlich um diese eine Party gehe. Der Hass auf die Polizei als Staatsapparat kommt aber von unzähligen Erfahrungen, seien dies Repression an Fussballspielen, Gentrifizierung mit all ihren Auswirkungen usw. Dass dieser Hass sich irgendwann entlädt, wenn es keine anderen Artikulationsmöglichkeiten gibt, ist selbstverständlich. Drittens wird Unrecht nicht mit Relationen gegeben. Wenn jemand sein ganzes Leben lang von der Polizei in Zürich schikaniert wird, ist das Unrecht, egal ob er in einem anderen Land noch mehr schikaniert werden würde. Wenn Sozialabbau stattfindet ist es richtig wenn Menschen sich wehren auch wenn es bestimmt einige Länder gibt, in denen es noch weniger Sozialstaat gibt. Diese eigentlichen Faktoren für die Auseinandersetzungen machen die Menschen auch nicht linker, doch so lange diese Faktoren bestehen, wird es auch immer wieder solche Krawallen geben.
Blickt man nun als Antwort auf Indymedia meint man die Linke überhole die Bürgerliche gar auf der rechten Seite. Mag es auf den ersten Blick noch klar sein, dass wenn Tele-Züri drei Menschen auf der Strasse befragt, diese nicht das tatsächlich Bild der Bevölkerung wiedergeben, so wird es bei der grösseren Analyse schon unklarer. Schau nur auf Tagi: Alle diese Kommentare und sowieso weiss man doch, dass das alle Menschen doof finden (ja woher weiss man das eigentlich?). Als Antwort kann ja nur eine radikale Distanzierung unsererseits erfolgen. Denn dann, dann können wir endlich gross und stark werden. Dieser Ansicht unterliegen drei Grundlegende Fehler.
Erstens ist es nicht so, dass Medien einfach der Nullpunkt auf einer Achse der Objektivität wären und nur versuchen die Fakten wiederzugeben, wenn man sie dann auch nett behandelt. Medien haben eine politische Ausrichtung und geben die in ihren Artikeln auch so weiter. Diese Ausrichtung ist mal mehr links mal mehr rechts, sie hat aber bei allen grossen Verlagshäusern gemein, dass sie auf der Basis der momentanen Rechts- und Gesellschaftsordnung steht. Sie wird also Dinge so oder so ablehnen, die wir als Legitim erachten. Und ihr idealistische Auffassung, dass sie Gewalt als politisches Mittel ablehnt, geht gar soweit, dass sie es auch anderen, die es anwenden als politisches Mittel abspricht und ihnen Dummheit, Naivität oder sonst was vorwirft. Das kann sie aus ihrem Blickpunkt auch nicht verstehen, wieso sie denn immer wieder auf der Strasse angegriffen wird. Wenn sich im Tagi dann plötzlich ein Journalist in einer rührenden Reportage bemitleidet, dass ihn niemand möge und er doch nur die beide Seiten wiederbringen möchte, dann ist das blanke Ironie der bisherigen Berichterstattung. Einzig, dass es den Tele-Züri Journis noch arger erging, lässt einem ein Schmunzeln aufs Gesicht zaubern. Die Frage, wieso er denn so gehasst wird und wieso die von Tele-Züri noch mehr gehasst werden, stellt er sich nicht. Eventuell könnte es daran liegen, dass die Journalisten eben bisher nicht fähig waren eine objektive Berichterstattung zu liefern und, dass die Leute darum eventuell auch kein Interesse mehr haben ihnen Red und Antwort zu stehen, wenn danach die Sachen doch in vollkommener Verzerrtheit wieder erscheinen.
Zweitens politisieren sich Menschen durch Kämpfe und nicht durch das Lesen von Zeitungsartikeln. Das langjährig SVP-Aktivmitglied hasst die radikale Linke, egal ob diese jetzt objektiv in ihrer Meinung wiedergegeben wird oder nicht. Für diejenigen, die es zu agitieren gilt, gibt es andere Medien von unserer Seite, die aber wohl tatsächlich noch ausgebaut werden müssen.
Drittens geben die Medien nicht einfach die Meinung einer Gesamtbevölkerung wieder auch wenn sie 20 Artikel zum selben Thema publizieren. Und wenn nun die PR-Offensive der Polizei mit Jammern und Klagen beginnt, dann müssen diese Artikel als solche erkannt werden und nicht einfach als Tatsache hingenommen werden.
Die Frage, wieso die Medien so berichten, wie sie berichten geht aber weiter. Denn alle Journis als reine Interessensvertreter der Herrschenden abzustempeln läuft als Analyse auch zu kurz. Der Abbau in der Medienwelt, die Abwanderung von ihr Werkzeug beherrschenden Journalisten zu besser bezahlenden PR-Firmen, also das offensichtlich eben Nicht-Funktionieren des Marktes spielt sicherlich auch eine Rolle. Wenn in den zusammengelegten Newsrooms die Jorunalistin, die eigentlich für den Sport zuständig ist, plötzlich über die Krawalle berichten muss und die Wetterfee Party-Vorhersagen fürs Wochenende machen muss, dann kann die Berichterstattung nicht gut kommen.

Fazit

Man mag zu den Krawallen stehen wie man will, die Leugnung und Verfluchung derer hilft aber auch nicht weiter, sie zeugen höchstens von einem absurden Restglaube an einen konfliktfreie soziale Marktwirtschaft. Die inhaltlichen Widersprüche des Kapitalismus gibt es in der Schweiz genau so, wie sonst wo. Und im Ergebnis ihrer artikulierten Form werden sie hier auch in ihren unterschiedlichsten Formen auftauchen, vollkommen egal ob man das jetzt toll oder scheisse findet. Will man als Gegner der Krawallen also etwas tun, dann sollte man schleunigst beginnen das System zu ändern. Will man als Befürworter der Krawallen etwas tun, dann sollte man Beginnen die Interessen zu kanalisieren und die Konflikte an ihren ursprünglichen Orten (Beispiel Gentrifizierung, Repression usw.) aufzugreifen. Denn dort liegt wenn schon der Fehler der Linken, dass sie das nicht anbieten kann und nicht etwa darin, dass sie nicht auch in das bürgerlichen Geschrei von Verurteilung und Verteufelung mit einsteigen würde.

Für eine linke Aufarbeitung der vergangenen und kommenden Geschehnisse und gegen die bürgerliche medial verbreitete Pseudowissenschaft. Lassen wir nicht die Medien die Definitionsmacht über die Ereignisse ergreifen und machen wir uns eigene Gedanken mit unserer Methodik und unserer Wissenschaft.

Quelle: http://ch.indymedia.org/de/2011/09/83373.shtml

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Rassismus nistet in Köpfen von NLZ-Redaktoren

Quelle: http://hans-stutz.ch/blog/2011/09/18/rassismus-nistet-in-kopfen-von-nlz-redaktoren/

Luzerns Nicht Lesbare Zeitung (NLZ) unterbietet auch heute die Minimal-Anforderungen an die journalistische Qualität. Roma hätten sich in Malters „eingenistet“ behauptet das Blatt auf der Frontseite.

Die Geschichte ist einfach: In Malters offeriert eine 80jährige Rentnerin Roma aus der Slowakei Unterkunft. Die Roma reisen in kleinen Gruppen an, bleiben drei Wochen, gegen tagsüber ihrer Arbeit nach. Strassenmusik, in verschiedenen Städten und Kleinstädten der Schweiz. sie verdienen offenbar schlecht, vierzig bis achtzig Franken im Tag. Dann fahren sie zurück. Eine weitere Gruppe reist an. Im Alltagsleben soll es ein paar Reibereien mit Nachbarn gegeben haben, nicht Aussergewöhnliches.

Gross und unbarmherzig titelt die NLZ auf der Frontseite und im Internet: „Roma haben sich in Malters eingenistet“. Ein Titel, der an Tiere oder an unerwünschtes Eindringen bzw. Festsetzen denken lässt. Der Verfasser Thomas Heer verbreitet in seinem Artikel noch eine weitere diskreditierende Verallgemeinerung: „Einen Ordnungssinn, wie er hierzulande seit Generationen gepflegt wird, kennen die Roma nicht.“

Wie aber lauten die berufsethischen Anforderungen des Presserates? JournalistInnen sollten, so steht es in Punkt 8 der Erklärung der „Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten“, die „Menschenwürde respektieren“ und in ihrer Berichterstattung „auf diskriminierende Anspielungen“ verzichten, „welche die ethnische oder nationale Zugehörigkeit, die Religion, das Geschlecht, die sexuelle Orientierung, Krankheiten sowie körperliche oder geistige Behinderung zum Gegenstand haben“.

P.S. Am Montag ändert die Online-Redaktion den Titel: “Roma ziehts zu «Mama Editha”. Immerhin!

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Fight for your Right to Party!

Letzten Samstag Abend haben sich über tausend Jugendliche gemeinsam am Bellevue den Freiraum genommen, der uns von der Stadt und den Bullen immer stärker entzogen wird.

Die Quartiere werden unbezahlbar gemacht, die besetzten Häuser geräumt und die alternativen Partyorte verschwinden nach und nach. Stattdessen gibt es Luxuswohnungen und langweilige, völlig überteuerte Clubs mit aggressiven Securitys. Hoffnung macht es allerdings, dass sich gegen diese Entwicklung zunehmend Widerstand regt. Ein Beispiel dafür sind für uns auch die illegalen Partys, die in letzter Zeit von verschiedensten Gruppen oder Einzelpersonen organisiert wurden.

An diesen Partys wurde immer wieder bewiesen, dass wir auch ohne den Profit irgendeines Clubbesitzers Feiern können und zwar alle gemeinsam: Egal wie viel Geld jemand in der Tasche hat oder ob er in die Kleiderordnung passt.

Die Partys sind aber auch ein Zeichen dafür, dass wir in der Lage sind uns selbst zu organisieren und uns den Platz den wir brauchen auch einfach mal nehmen – Ohne darum zu betteln. Und genau das ist es, was den Bullen und der Stadt nicht passt. Dass wir uns einen Raum nehmen, der ausserhalb ihrer Kontrolle und ihres Profitdenken liegt. Und genau das ist auch der Grund, warum sie zunehmend brutal gegen diese Partys vorgehen.

Wichtig ist jedoch, dass wir uns nicht unterkriegen lassen, uns wehren und für unseren Freiraum einstehen. An der Party vom Samstag haben die Bullen wieder einmal gezeigt, dass ihnen die fadenscheinigsten Gründe recht sind, um mit Gewalt gegen feiernde Jugendliche vorzugehen.

Das Tramhäuschen, das angeblich einsturzgefährdet gewesen ist, hat an anderen (kommerziellen) Grossanlässen schon bedeutend mehr Leute getragen [siehe Bild]. Und die angeblich gefährliche Leitung war isoliert und zwei Meter über den Köpfen der Leute. Dennoch nahmen die Bullen das zum Vorwand, um mit voller Ausrüstung in die Party zu marschieren, um die Leute herunterzuholen. Als darauf dann tatsächlich ein, zwei Flaschen in ihre Richtung flogen, fühlten sie sich offenbar genügend legitimiert um mit Gummischrot und Tränengas in eine Menge von über tausend feiernde Menschen zu schiessen. Waffen mit denen sich nicht zielen lässt und die schwere Verletzungen verursachen können. Von der Panik in der Menschenmenge einmal abgesehen.

Doch was dann kam, hatten sie wohl nicht erwartet. Wir flüchteten nämlich nicht alle einfach nach Hause, sondern begannen uns zu wehren und haben ihnen gezeigt, dass wir nicht alles mit uns machen lassen. Und genau das ist es, was wir auch weiterhin tun sollten, alle auf ihre Weise aber alle gemeinsam!

Null Toleranz gäge Bullegewalt!

Fight for your Right to Party!

Revolutionäre Jugend Zürich // http://www.rjz.ch

[Wir von der RJZ haben am Samstag kleine Flyer verteilt, mit den üblichen Tipps um sich vor Bullengewalt und Repression zu schützen, gerade weil viele Partybesucher diesbezüglich oft schlecht informiert sind. Ausserdem haben wir dazu aufgerufen sich bei uns zu melden, falls Leute im Nachhinein Stress mit den Bullen kriegen. Dieser Aufruf gilt natürlich immer noch. Nehmt Kontakt mit uns auf, falls ihr Hilfe benötigt]

Quelle: http://www.aufbau.org

Donnerstag, 3. November 2011, ? Live

69/6 UND MÖPED LÄDS

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Veranstalter: Daniel Rindisbach

Freitag 4. November 2011, 22h Live

ICONACLASS & GEILERASDU

Independent HipHop

Mit IconAclass macht die New Yorker Legende Will Brooks (aka Dälek) im Sedel Halt. Eine Orgie an dunklen Beats vereint mit intelligenten Texten.
Support leisten die Lokalmatadoren GeilerAsDu.
Veranstalter:
30 Jahre Sedel
Reservationen: adi@sedel.ch

Samstag 5. November 2011, 19h30 Live

MOTORBREATH, SIN STARLET, ETERNAL DEATH

Heavy Metal, Black Metal

Ein rockiger Abend mit der Metallica Cover Band Motorbreath, sowie SinStarlet und Eternal Death!

Veranstalter: Metal Never Dies
Reservationen: www.metalneverdies.ch

Donnerstag, 10. November 2011, 20h Live

Lerocks

Rockpop

Lerocks spielen seit fünf Jahren im Proberaum des Sedels, aber kaum auf der Bühne. Das Konzert vom 10.11.2011 im Rahmen des Sedel – Jubiläumsjahrs bietet die Gelegenheit bisher Ungehörtes zu entdecken: Le-Rock mit einer Prise Le-Pop aus eigener Feder.

Veranstalter: Benedikt Elmiger, Pi Kneubühler, Phil Lüthold, Marco Wyss

Freitag, 11. November 2011, ?

Korsett DJs

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Veranstalter: Victor Baumann

Samstag, 12. November 2011, 21h Live

WAY BACK HOME – PRISON STYLE BOSS REGGAE & NORTHERN SOUL!

Northern Soul

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Veranstalter: Rude Attack

Mittwoch, 16. November 2011, 20h Live

GUITAR WOLF & SKIP JENSEN

Jet Rock’n’Roll

Guitar Wolf (jap. ギターウルフ) ist eine japanische GaragenRock-’n’-RollBand, die 1987 in Harajuku gegründet wurde. Als eine der wenigen japanischen Bands schafften es Guitar Wolf, ihre Musik weltweit erfolgreich zu vermarkten, ihre Alben wurden in Australien, Europa, Japan und den Vereinigten Staaten veröffentlicht. In ihren aktivsten Jahren spielten sie bis zu zweihundert Konzerte im Jahr.
SKIP JENSEN (Montreal, Canada) http://www.myspace.com/skipgendron
Veranstalter: Memphisto & Revoprod

Donnerstag, 17. November 2011, 20h Live

PUNKROCK KARAOKE

Punkrock

Einmal gemeinsam mit Greg Hetson (Bad Religion, Circle Jerks), Steve Soto (Adcolescents, Agent Orange), Derek O’Brien (Social Distortion, D.I.) und Stan Lee (Dickies) auf der Bühne stehen und deinen Lieblings-Punkrock-Klassiker singen!
Egal ob “Alternative Ulster” von den SLF, “Aanarchy In The UK” von den Pistols, “California Über Alles” von den Dead Kennedys oder “Minor Threat” von Minor Threat.
Das All-Star Team spielt sie alle und noch viele mehr.
Und weil schon Nachfragen kamen, ob die Herren ihre eigenen CDs bzw Laptops mitbringen, sei nocheinmal klargestellt – das ist eine Show!! Ein Konzert!! Live!!
Sie spielen … DU singst!! Oder DU!! Oder eben DU!!

Veranstalter: Revoprod & JMC

Freitag, 18. November 2011, ? Live

KISSOGRAMM

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Veranstalter: Revoprod & Boa im Exil

Samstag, 19. November 2011, ? Live

BURNHEAD

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Veranstalter: Burnhead

Montag, 21. November 2011, ? Live

PAUL COLLINS BEAT

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Veranstalter: Memphisto

Mittwoch, 23. November 2011, ? Live

STEREO TOTAL

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Veranstalter: Revoprod & Boa im Exil

Donnerstag, 24. November 2011, 19h30 Live

THURSDAY NIGHT MOSH

Thrash-Metal

Holepunch (Tribal Thrash Sedel LU)
Contorsion (Thrash Metal Egliswil AG)

Veranstalter: Holepunch

Freitag, 25. November 2011, 21h Live

PREAMP DISASTER (LU): CD RELEASE SHOW

Postcore/Metal/Doom/Instrumental

Wall of Sound Tour 2011/2012

Special Guests: Zatokrev (BS), When Icarus Falls (VD)

Das erste Konzert der WALL OF SOUND TOUR 2011/2012 bereits als erster Höhepunkt: PREAMP DISASTER stellen ihre neue CD „Through Woven Branches“ (Subversiv Records) vor! Mit dabei: Zatokrev (BS) und When Icarus Falls (VD). Hell yeah!

Preamp Disaster ist eine Postcore- Band aus Luzern. Ihre zweite CD „Through Woven Branches“, aufgenommen im Little Creek Studio in Basel, erscheint am 25.11.11 bei Subversiv Records. Preamp Disaster vermischen Elemente verschiedener Stilrichtungen wie Postcore, Metal, Stonerrock etc und kreieren Klanglandschaften, in die eingetaucht werden muss, um von ihnen davongetragen zu werden.

Mit Zatokrev (BS, Doom/ Metal) und When Icarus Falls (VD; Postcore) sind zwei Bands mit von der Partie, die auf unzählige Konzerte in der ganzen Schweiz und Europa zurückblicken können und für einen fulminanten Konzertabend sorgen werden!!

Die drei Bands sind anschliessend an die CD Release im Rahmen der WALL OF SOUND TOUR 2011/ 2012 gemeinsam unterwegs.

www.preampdisaster.ch

www.zatokrev.com

www.whenicarusfalls.com

Veranstalter: Sedel & Preamp Disaster
Reservationen:
preamp_disaster@hotmail.com

Samstag, 26. November 2011, ? Live

ACK UND POPPERKLOPPER

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Veranstalter: Aktion Platz für Alle

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Der Kampf um das Leben von Mumia Abu Jamal

In der „Bibliothek des Widerstandes“ – einer Buchreihe, die in Kooperation zwischen dem Laika Verlag und der Tageszeitung junge Welt herausgegeben wird, erschien vor kurzem der Band 14 mit dem Titel „Mumia Abu-Jamal. Der Kampf gegen die Todesstrafe und für die Freiheit der politischen Gefangenen“.

Wer ist Mumia Abu-Jamal?

Anhand seiner beeindruckenden Persönlichkeit wird das System der Todesstrafe in den USA deutlich. Mumia Abu-Jamal wurde am 24. April 1954 unter dem Namen Wesley Cook in Philadelphia geboren. Er wuchs in den Projects, städtischen Wohnbausiedlungen für Schwarze, Arme und sozial Benachteiligte auf und wurde bereits früh mit dem Rassismus der US-amerikanischen Gesellschaft konfrontiert. Anfang 1969 gehörte er mit gerade 15 Jahren zu den Mitgründern der Black Panther Party in Philadelphia und war deren Informationsminister. Dadurch geriet er schon in früher Jugend in den Fokus des FBI, die ihn auch nach seiner Schul- und Collegezeit observierte.

Mumia Abu-Jamal arbeitete bis zu seiner Verhaftung und Mordanklage im Dezember 1981 als progressiver Radiojournalist bei verschiedenen Radiosendern der Schwarzen Communities und berichtete dort über Themen wie Wohnungsnot, Polizeibrutalität und den fortgesetzten Krieg der Stadt Philadelphia gegen die radikalökologische Organisation M.O.V.E.

1982 wurde er wegen angeblichen Mordes an dem weißen Polizisten Daniel Faulkner zum Tode verurteilt. Er ist seit Mai 1983 in den Todestrakten des Bundesstaates Pennsylvania inhaftiert und kämpft bis heute für die Aufhebung seines Urteils, einen neuen Prozess und seine Freilassung. Seine journalistische Tätigkeit setzt er auch im Gefängnis – zum Missfallen der Behörden – bis heute fort. Im Gefängnis verfasste er mehrere Bücher und hunderte Kolumnen zu historischen und aktuellen Fragen, die in Deutschland unter anderem in der Tageszeitung junge Welt erscheinen.
Systematische Zerschlagung der Schwarzen revolutionären und Bürgerrechtsbewegung

In dem 270 seitigen Buch wird sein Fall aus dutzenden von Perspektiven beleuchtet: Kurze Stellungnahmen zahlreicher Menschen aus der Solidaritätsbewegung wechseln sich ab mit umfassenden Beiträgen ehemaliger WeggefährtInnen wie Linn Washington, dem American Indian Movement-Aktivisten und Todeskandidaten Leonard Peltier, von FilmemacherInnen, die seinen Fall dokumentierten und weiteren mehr.

Die Beiträge arbeiten heraus, wie in den USA seit Ende der 60er Jahre systematisch die Schwarze revolutionäre und Bürgerrechtsbewegung zersetzt und zerschlagen wurde, wie die herrschenden Gesetze missachtet und umgangen werden, um nicht nur Mumia Abu-Jamal, sondern mit ihm weit über einhundert andere AktivistInnen und Revolutionäre als politische Gefangene bis an ihr Lebensende festzuhalten oder sie dort umzubringen. Er hatte nie die Chance auf einen „fairen“ Prozess, weil es den rassistischen Kreisen in Philadelphia von Anfang an darum ging, ihn zum Schweigen zu bringen.

„Mumia ist ein Symbol für Kampf und Hoffnung…“

Die Stärke des Buches spiegelt Mumia Abu-Jamals eigene Haltung zu seinem Fall wider, was Angela Davis, die nach ihrer Verhaftung wegen „Terrorismus“ 1970 im Jahr 1972 aufgrund einer weltweiten Solidaritätskampagne freigesprochen wurde, auf den Punkt bringt:

„Mumia ist ein Symbol für Kampf und Hoffnung geworden. Was uns an ihm am meisten berührt, ist sein tiefer Sinn für Menschlichkeit, die Tatsache, dass er sich bewusst ist, dass sein eigenes Schicksal mit dem von Tausenden von Männern und Frauen, die in den Todestrakten in den USA und anderen Teilen der Welt sitzen, verknüpft ist.(…) Mumia hat verstanden, dass sein Schicksal mit dem der Opfer des gefängnis-industriellen Komplexes und dessen symbiotischer Beziehung mit dem militärisch-industriellen Komplex verknüpft ist.“ (S. 13)

Im Falle Jamal’s interessieren auch neue Beweise wie jahrzehntelang unbeachtete Tatortfotos, die rassistische Auswahl von ZeugInnen beim ersten Prozess und der offen rassistische Richter bei diesem Prozess sowie neue Zeugenaussagen usw. nicht. Judith Ritter, Juristin und Mitglied des Verteidigungsteams schreibt in ihrem Beitrag “Den Mut nicht verlieren“, darüber, dass die Erfahrung lehrt, dass die Gewissheit, Recht zu haben nicht bedeutet, auch Recht zu bekommen. (S. 247ff)

Inspiration für Solidarität

Die wichtigste Chance für die Freiheit Mumia Abu-Jamal’s und der anderen politischen Gefangenen besteht in der praktischen Solidarität, darin, den politischen Preis für seine staatliche Ermordung unbezahlbar zu machen. Im Kampf gegen die Todesstrafe als Ausdruck von Barbarei soll das Buch helfen. Nicht zur Anschauung, sondern als Anleitung. Diese Aufgabe erfüllt es.

Die Beiträge ergänzen drei Filme, die auf einer DVD dem Buch beiliegen. „In Prison My Whole Life“ des in der Nacht von Mumia’s Verhaftung geborenen William Francome setzt sich damit auseinander, was es bedeutet, dass jemand solange im Knast sitzt, wie man selber lebt.

Ergänzt wird der Film durch die Dokumentationen „Hinter diesen Mauern“ und „Justice on Trial“.

Bibliothek des Widerstands (Hg.) 2011: Mumia Abu-Jamal. Der Kampf gegen die Todesstrafe und für die Freiheit der politischen Gefangenen. Laika-Verlag, Hamburg.
ISBN: 3942281848. 270 Seiten. 24.90 Euro.

Quelle: Kritisch-Lesen.de

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Ganz FEST gegen Rassismus: Alternativen zur “SVP-Welt“ schaffen

Bern, 10.9.11

Sehr geehrte Medienschaffende

“Ganz FEST gegen Rassismus” hat begonnen: Seit heute 10.00 Uhr findet im Kultur- und Begegnungszentrum Reitschule die Gegenveranstaltung zum SVP-Wahlpropaganda-Fest auf dem Bundesplatz statt. Mit dem “Ganz FEST gegen Rassismus” wird der Bevölkerung Gelegenheit gegeben, gemeinsam mit anderen Zivilcourage zu zeigen und ihrem Protest gegen die rassistische Propaganda, die Stimmungsmache und die Eskalations-Strategie der SVP ein Gesicht zu geben. Aber auch um ihre Ablehnung des ewigen feigen und duckmäuserischen Schweigens und der geistigen Kapitulation der meisten anderen Parteien gegenüber der SVP auszudrücken.

Die Reitschule kritisiert und verurteilt die Stimmungsmache und das virtuelle Herbeireden einer Eskalation durch die SVP in den Medien. Die SVP versucht angesichts ihrer gesellschaftlichen Isolation und ihrer schwindenden Anziehungsskraft verzweifelt, mit dem Schüren von Angst und der Anheizung der Stimmung mediale Aufmerksamkeit zu erhaschen. Im Stil einer Sekte mobilisiert sie ihre Wählerschaft in einem Klima der permanenten Paranoia auf den Bundesplatz. Jegwelchem Protest gegen die SVP wird die Legitimation abgesprochen und ihre GegnerInnen pauschal als “Chaoten” diffamiert. Die SVP gefällt sich dabei in ihrer ewigen Rolle als “Opfer”, dem “die anderen” Böses wollen.

Dass sich die Stadtberner und kantonalen Polizeibehörden dabei zu willfährigen Handlangern und Gratis-Wachhunden der SVP degradieren lassen und mittels Sonderrecht auf Kosten der Bevölkerung in der Innenstadt temporär den Polizeistaat einrichten, ist ein Skandal. Aber auch Ausdruck der totalitären Gesellschaft, die die SVP anstrebt.

Das Kultur- und Begegnungszentrum Reitschule Bern bietet deshalb gerne eine Alternative zu dieser “SVP-Welt”. Programm und Aufruf zum heutigen “Ganz FEST gegen Rassismus” finden sie im Anhang und auf http://www.halts-maul.ch.

Mit freundlichen Grüssen

Mediengruppe
Reitschule Bern

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PROGRAMM

Vier Jahre nach ihrem misslungenen “Marsch auf Bern” mobilisiert die rechtspopulistische SVP dieses Jahr erneut in die Bundesstadt. Nach den Auseinandersetzungen, welche 2007 medial um die Welt gingen, drohen sowohl die Stadt als auch die Partei selbst mit immenser Repression. Der Kanton stellt ein martialisches Polizeiaufgebot, die SVP Schwinger und Broncos. Das verunmöglicht es kritischen Menschen, sich an diesem Tag in der Stadt zu bewegen ohne kontrolliert oder festgenommen zu werden. An sichtbare Kritik und Widerstand ist kaum zu denken. Deshalb findet unter dem Motto “ganz Fest gegen Rassismus” eine Gegenveranstaltung in der Reitschule statt.

ab 10.00 – das Sous le Pont hat geöffnet:
ganztags Verpflegung und Getränke

ab 12.00 und den ganzen Nachmittag – Siebdrucken im Hof der Reitschule:
bring deine eigenen Kleider und bedrucke diese oder hilf mit T-Shirts für die Anti-SVP-Kampagne zu bedrucken

ab 12.00 und den ganzen Nachmittag Buttons machen im Hof der Reitschule:
produziere Buttons für die Anti-SVP-Kampagne oder gestalte dein eigenes Statement gegen Rassismus und fremdenfeindliche Hetze

13.00 – 15.00 Communiqués schreiben:
lerne wie ein Communiqué geschrieben wird, was rein muss und was besser draussen bleiben sollte

13.30 – 16.00 Blockade-Workshop:
übe dich im “in-den-Weg-Stellen-Sitzen-Legen”

14.00 – 15.00 Fesselungen bei Ausschaffungsflügen:
erlebe selbst, wie Ausschaffungshäftlinge transportiert werden

14.30 – 16.30 AntiRep-Kurs:
was du über Repression und deine Rechte wissen solltest und wie du dich organisieren kannst, um dich zu schützen

15.00 – 16.00 Sani-Kurs:
Wissenswertes rund um die 1. Hilfe

ab 15.00 werden Filme gezeigt

16.00 – 19.00 Theater-Workshop:
hilf mit, eine spontane Theatergruppe zu gründen und arbeite an einem “Strassen-Stück”, welches während dem Wahlkampf in der Stadt gezeigt werden soll

17.00 – 18.00 Vortrag:
Vortrag zur rechtspopulistischen SVP

ab 17.00 Konzerte auf dem Vorplatz der Reitschule:
mit den Rabiatisten, Tapete, heute alles 10% rabatt und surprise act!

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AUFRUF

He Du!

Hast Du gesehen wie sie wieder zündeln, die Brandstifter? Wie sie Deine Nachbarschaft zupflastern mit Parolen, auf dass die sich in Dein Unterbewusstsein brennen? Wie sie auf ihrem Weg an die Macht wieder das tun, was sie am besten können: Ängste schüren, Neid entfachen, Hass säen…

Das Schlimmste: Sie sind erfolgreich, sie dominieren. Die Minarett- und die Ausschaffungsinitiative: Hättest Du noch vor wenigen Jahren geglaubt, sie könnten sie gewinnen? Die Saat, sie geht auf…

Und hast Du gesehen, wie zahlreich jene geworden sind, die ihnen glauben, die sie wählen? Du kannst sie überall treffen, auf der Strasse, in der Beiz, im Internet, im Stadion: Jene, die sich als Teil einer rechten Revolution fühlen, die automatisch nachplappern, was ihre AnführerInnen (und deren PR-BeraterInnen) behaupten, immer und immer wieder, je absurder, desto besser. Hast Du gesehen, wie sie sich gegenseitig anstacheln, wie sie missionieren, wie es sie berauscht, zusammen die Anderen zu treten, verbal, an der Urne, vielleicht schon bald auf der Strasse.

Du bist die Anderen. Der Hass, er gilt Dir:

* Du, der Du eines Tages vielleicht nicht mehr Arbeiten kannst. Verspottet, gedemütigt als Sozialschmarotzer, Faulenzer.
* Du, die Du geflohen bist, auf der Suche nach einem besseren Leben: Am Arbeiten gehindert, tyrannisiert, weggesperrt.
* Du, die Du Dich wagst, Dich gegen die Brandstifter zu wehren. Verhöhnt als Naivling, als Gutmensch.
* Du, der Du hier lebst, aber nicht in der Schweiz geboren bist. Sündenbock für alles und jedes.
* Du, die Du heute noch meinst, Du seiest nicht mitgemeint.

Und was tun jene, die sich Liberalität und Christentum auf ihre Fahnen geschrieben haben? Statt ihre Inhalte zu verteidigen, haben sie kapituliert, sind zu KomplizInnen der Brandstifter geworden. Die Kollaborateure und das Original, selbst auf den Plakaten kaum mehr zu unterscheiden: “Schweizer wählen SVP”, “Die Schweiz – unser Zuhause”, “Aus Liebe zur Schweiz”.

Was meinst Du? Ist es nicht an der Zeit, dass wir uns wehren, dass wir diesen unheimlichen Patrioten ein unmissverständliches “Halts Maul, Schweiz” entgegensetzen? Ist es nicht an der Zeit zu sagen: “Wir stellen uns quer.”?

Ertragen wir die Hetze nicht einsam, bis uns schlecht wird. Es ist Zeit, uns zu organisieren, in der Nachbarschaft, an der Schule, in der Fankurve. Banden zu bilden, die halten. Auf dass wir unsere Wut nicht schlucken, sondern dass sie uns antreibt, gemeinsam zu handeln.

Wir haben begonnen. Bist Du dabei?

Quelle: http://ch.indymedia.org/de/2011/09/83172.shtml

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Über die Zusammensetzung der syrischen Opposition

aus qantara.de

Vielfalt des Aufstands

Mit der Ausweitung der Proteste in Syrien stellt sich immer mehr die Frage, wer hinter dem Widerstand gegen das Assad-Regime steckt und welche Rolle die syrische Opposition hierbei spielt. Antworten von Radwan Ziadeh, dem Gründer und Direktor des „Damascus Center for Human Rights Studies“ und ehemaligen Aktivisten des „Damaszener Frühlings“.

In Syrien handelt es sich zweifelsohne um einen Volksaufstand, der von keiner bestimmten Führung organisiert und von keiner speziellen Ideologie getragen wird. Insofern ist er durchaus mit der Situation in Tunesien und weniger mit der in Ägypten zu vergleichen, wo die Jugendbewegungen, wie die Bewegung des 6. April oder die Gruppe „Wir sind alle Khaled Said“, eine zentrale Rolle bei der Festlegung des Tages spielten, an dem die Demonstrationen gegen Präsident Mubarak begannen, nämlich dem Tag der Polizei am 25. Januar.

In Syrien hingegen war es aufgrund der Tatsache, dass sich das Land im Würgegriff der Sicherheitskräfte befand, nicht möglich, auch nur ansatzweise Volksbewegungen zu organisieren, selbst wenn diese im Untergrund agiert hätten. Deshalb konnte man fast überall, wo die Menschen in den Städten des Landes auf die Straße gingen, spontane Aktionen beobachten, ohne dass es organisierte Vorbereitung gab.

Auch die Auswahl der Losungen erfolgte spontan. Diese konzentrierten sich vor allem auf Forderungen nach Freiheit und Menschenwürde – zweifelsfrei die wichtigsten Anliegen im Verlauf der Revolution, angesichts des zynischen Umgangs des syrischen Polizeistaats mit seinen Bürgern.

„Das Volk will den Sturz des Regimes“

Mit der Entwicklung der Proteste nahmen die Demonstrationen Woche für Woche an Intensität zu. Die dabei erhobenen Losungen wurden immer mutiger formuliert und gipfelten schließlich in der Parole „Das Volk will den Sturz des Regimes“, dem weithin bekannten Credo, das ja von Tunesien auf Ägypten übergegriffen hatte und zwei der repressivsten Systeme in der arabischen Welt zum Einsturz brachte.

Danach war es geradezu selbstverständlich, dass in den einzelnen syrischen Städten örtliche Führungskräfte hervortraten, die fähig waren, den Ablauf der Demonstrationen (wie auch den Inhalt der Losungen und Forderungen) zu organisieren. Diese lokalen Anführer spielten eine zentrale Rolle bei der Intensivierung der Proteste, und wenngleich sie bis heute eher auf den Führungszirkel in ihrem Umfeld beschränkt geblieben sind und sich noch nicht landesweit etabliert haben.

Dies erfordert gewiss auch Zeit, deutet die Art der Organisierung der Demonstrationen doch auf eine allmähliche Koordination hin, die in der Organisation der Demonstrationen auf landesweiter Ebene bereits erste Früchte trägt.

Zweifellos kam den Moscheen bei der Organisation der Proteste eine Schlüsselrolle zu, insbesondere in großen Städten. Dabei dienten sie eher als Ausgangspunkt denn als Ziel der Demonstrationen. Wegen der seit nunmehr über 47 Jahren in Syrien herrschenden Ausnahmegesetze gilt nicht nur ein Demonstrations- und Versammlungsverbot, auch war es für die Jugend seit langem nicht mehr üblich, auf die Straße zu gehen und für ihre Rechte zu demonstrieren.

Wir haben es derzeit in Syrien mit einer Situation zu tun, die wir genau so aus Lateinamerika kennen, wo die Kirche bei der Führung der Proteste gegen die dortigen Militärregimes eine Schlüsselrolle einnahm, was ihr auch die Bezeichnung „Befreiungstheologie“ eintrug. Tatsächlich ist keine Führungsperson vor Ort Mitglied einer der traditionellen politisch-ideologischen Parteien. Möglicherweise sind die politischen Aktivisten sogar darauf bedacht, solchen Parteien eben gerade nicht anzugehören, ja nicht einmal mit ihrer jeweiligen Führung über deren für sie und ihre Bewegung nicht mehr relevanten Ideen und Ziele zu sprechen.

Die traditionelle Opposition

Die heutige syrische Opposition lässt sich im Wesentlichen in drei Hauptgruppen unterteilen, die bislang als Träger der Proteste im Land eine maßgebliche Rolle gespielt haben.

Erstens: Die traditionelle Opposition. Sie besteht aus den vor einiger langer Zeit etablierten Oppositionsparteien, die sich von der herrschenden, 1972 gegründeten „Nationalen Progressiven Front“ entweder abgewandt haben oder ihr gar nicht erst beigetreten sind. Sie formierten sich 1983 als „Nationale Demokratische Sammlungsbewegung“, welche die „Partei der Sozialistischen Union“, die „Demokratische Volkspartei“, die „Revolutionäre Arbeiterpartei“ und die „Demokratische Sozialistische Arabische Baath-Partei“ umfasst.

Auffällig ist, dass nationalistische und linke Tendenzen bei allen in dieser Bewegung vereinten Parteien überwiegen. Außerdem gibt es die Muslimbruderschaft, die sich in den 1980er Jahren bewaffnete Auseinandersetzungen mit der syrischen Führung lieferte, was Zehntausenden von Menschen das Leben kostete und dazu führte, dass in den 1980er und 1990er Jahren mehr als 100.000 Menschen verhaftet wurden, um die damaligen Proteste zu unterdrücken.

Radwan Ziadeh; Foto: dpa
Nach Ansicht des syrischen Oppositionellen Radwan Ziadeh müsse US-Präsident Barack Obama das syrische Volk unterstützen und Assad „zum sofortigen Rücktritt auffordern“. Noch heute werden mindestens 17 Personen vermisst, ihre Angehörigen wissen nicht, was mit ihnen geschehen ist. Die syrischen Behörden erließen schließlich Gesetz Nr. 49, dem zufolge jeder Angehörige der Muslimbruderschaft zum Tode zu verurteilen ist.

Aufgrund dessen sind sie vor Ort nicht mehr existent, genießen aber eine gewisse Sympathie, weil sie massiver Unterdrückung und Verfolgung ausgesetzt waren. Gleichzeitig aber werden sie von manchen Syrern dafür kritisiert und verantwortlich gemacht, dass sie zu den Waffen gegriffen haben, obwohl jedem klar ist, dass die Verantwortung für dies alles beim Staat liegt.

Ihr Einfluss auf die jetzigen Ereignisse ist also äußerst gering, woran auch ihre Entscheidung, die Proteste in Syrien zu unterstützen, nichts geändert hat. Der syrischen Opposition ist es nach 2005 gelungen, einen weiteren Schritt hin zur Bündelung ihrer Anstrengungen zu unternehmen, und zwar unter dem Dach der sogenannten „Damaszener Erklärung für Demokratischen Nationalen Wandel“, wo sich neben der Sammlungsbewegung auch unabhängige Persönlichkeiten zusammenfanden. Auch die im Ausland befindlichen syrischen Muslimbrüder erklärten, dass sie diese Erklärung unterstützen und sich ihr anschließen.

Die traditionellen Oppositionsparteien spielten aber lediglich eine sekundäre Rolle bei der Organisation und Durchführung des gegenwärtigen Aufstandes. Sie stellten nicht das Führungspersonal, um die Demonstrationen zu lenken und auf das Regime Druck auszuüben, um letztlich dessen Sturz herbeizuführen und den Übergang zur Demokratie zu ermöglichen.

Jedoch kam zumindest einigen ihrer Führungskräfte, wenn auch spät, eine lokale Rolle bei der Lenkung und Führung der Demonstrationen zu. Ein Beispiel ist die „Partei der Sozialistischen Union“, die sich für die Ausweitung der Demonstrationen in Douma (in der Nähe von Damaskus) eingesetzt hat, sodass schließlich 50.000 Teilnehmer an den Protesten mobilisiert werden konnten.

Die lokale Opposition

Die Stärke der traditionellen Opposition besteht zweifelsohne in der langjährigen politischen Erfahrung ihrer Mitglieder, die über die notwendige politische Kenntnis verfügt, um womöglich über die Verwaltung eines künftigen staatlichen Übergangsmodells nach dem Sturz Assads zu verhandeln. Und das war gewiss auch einer der Gründe dafür, weshalb die syrischen Sicherheitskräfte deren gesamtes Führungspersonal verhafteten, obwohl auch ihnen dessen begrenzter Einfluss bei den Aufständen durchaus bekannt gewesen sein dürfte.

Die zweite Form der Opposition sind die Führungspersonen vor Ort. Im Laufe der Demonstrationen trat eine neue Art von Führungspersönlichkeiten hervor, die wir als lokale Führer bezeichnen. Sie genießen die Achtung der Menschen in ihren jeweiligen Städten und haben ihre Führungsfähigkeiten in der Organisation und Lenkung der Demonstrationen bereits nachgewiesen.

Gleichzeitig sind sie in der Lage, trotz der schwierigen Bedingungen, unter denen sie leben, dem Regime entschlossen entgegenzutreten, was viele Menschen dazu bewogen hat, sich den Demonstranten anzuschließen. Und sie alle gehören der hoch gebildeten Mittelschicht an. Diese lokalen Führungspersönlichkeiten sind entweder verhaftet worden oder aus Furcht vor Verhaftung untergetaucht, was die Erfüllung ihrer Aufgabe erschwert.

Aber wie gesagt: Gerade weil dieser Aufstand keine feste Führung hat, gelingt es dem Regime nicht, ihn durch die Verhaftung seiner Führung zu unterdrücken, denn täglich treten neue Personen in Erscheinung, die zu Demonstrationen aufrufen und sich an ihre Spitze stellen.

Exilopposition und Menschenrechtsaktivisten

Die dritte Gruppierung oppositioneller Kräfte, die sich während der Unruhen profiliert haben, sind die Menschenrechts- und Internetaktivisten, die hervorragende und seltene Fähigkeiten bewiesen haben, Menschenrechtsverstöße zu erkennen und aufzudecken und diese Informationen an die internationalen Menschenrechtsorganisationen weiterzuleiten.

Dadurch konnte das Ausmaß der von den syrischen Sicherheitskräften begangenen Verbrechen aufgezeigt werden, so dass die Kritik seitens der internationalen Organisationen und der Weltgemeinschaft umso entschiedener ausfiel. Und dadurch wurde auch der internationale Druck auf das Regime erhöht, der sich am deutlichsten in der Entscheidung des UN-Menschenrechtsrats manifestierte, eine internationale Untersuchungskommission nach Syrien zu entsenden, um alle Menschenrechtsverletzungen der vergangenen Monate zu untersuchen.

Und schließlich bleibt noch die Rolle der syrischen Oppositionellen im Ausland: Der Aufschwung der Aufstandsbewegung führte sie wieder stärker an ihr Herkunftsland heran, indem sie die zentrale Aufgabe übernahmen, den Syrern über die Medien im Ausland eine Stimme zu geben, denn bis heute in keiner Stadt des Landes dürfen sich Journalisten aufhalten.

Über Gespräche auf politischer Ebene trägt dieser Zweig der Opposition dazu bei, den internationalen Druck auf das Regime zu erhöhen. Außerdem konnten sie die Positionen der im Land befindlichen Oppositionellen erläutern, denn die Mehrzahl ihrer führenden Vertreter ist entweder in Haft oder unterliegt einem Reiseverbot.

Radwan Ziadeh

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Italien rebelliert

Hunderttausende Menschen haben sich am Dienstag in ganz Italien an einem achtstündigen Generalstreik gegen die milliardenschweren Kürzungspläne der Regierung von Ministerpräsident Silvio Berlusconi beteiligt. »Wir zahlen nicht für diese Krise«, lautete der Slogan der Demonstranten, die sich von Mailand bis Messina an Protestkundgebungen beteiligten. Das Land kam weitgehend zum Erliegen. In der Industrie, im öffentlichen Dienst und im Nahverkehr wurde gestreikt. Auch die Ärzte legten die Arbeit nieder und sicherten lediglich Notdienste. Betroffen waren zudem der Bahn- und Flugverkehr. Allein auf den römischen Flughäfen Fiumicino und Ciampino fielen Dutzende Flüge aus. Der Billigflieger Ryanair mußte etwa 200 Flüge streichen. Nach Angaben des stärksten italienischen Gewerkschaftsverbands CGIL, der zum Streik aufgerufen hatte, beteiligten sich landesweit 58 Prozent der Beschäftigten an dem Generalstreik.

Der Protest richtete sich auch gegen die Pläne der Regierung, das Arbeitsrecht zu reformieren. Ziel ist demnach eine Flexibilisierung der bisher zumeist zentral geregelten Arbeitsverträge, was von den Gewerkschaften vehement abgelehnt wird. »Die Lockerung des Kündigungsschutzes ist ein Schaden für die Beschäftigung und die Arbeiter im Land«, rief CGIL-Chefin Susanna Camusso in Rom den Demonstranten zu. Vom Kolosseum wurde ein Spruchband ausgerollt: »Die Reichen werden geschützt, und Italien wird verschleudert!«

»Wir stehen vor dem Abgrund. Wir müssen Berlusconis Sparplan ändern, um dem Land eine Zukunft mit mehr Wachstum, Beschäftigung und Entwicklung zu garantieren«, sagte Camusso. Sie zeigte sich enttäuscht darüber, daß sich die regierungsfreundlich eingestellten Gewerkschaftsdachverbände CISL und UIL nicht dem Streik angeschlossen hatten. Diese hatten argumentiert, in einer für das Land derart schwierigen Zeit könne man die Arbeitnehmer nicht mit den Gehaltsausfällen belasten, die mit einem Streik verbunden seien.

Im Parlament wollen die Oppositionsparteien der für Donnerstag geplanten Verabschiedung des Sparprogramms »scharfen Widerstand« entgegensetzen. Das kündigte die liberale Partei »Italien der Werte« an. Pier Luigi Bersani von der Demokratischen Partei forderte den Rücktritt der Regierung, die jegliche Glaubwürdigkeit verloren habe. Italien müsse auf internationaler Ebene Vertrauen zurückgewinnen, und dies könne nur mit einer Übergangsregierung erfolgen. Deren Aufgaben seien rigorose Sanierungsmaßnahmen und die Verabschiedung eines neuen Wahlgesetzes, verlangte Bersani. Auch der Chef der Grünen, Angelo Bonelli, warnte, die Regierung Berlusconi versetze Italien den Todesstoß. »Sie gefährdet die Beschäftigung, die fundamentalen sozialen Errungenschaften und die Rechte der Italiener«, so Bonelli.

Auch in den Industriestädten Turin und Mailand gingen Zehntausende Menschen auf die Straßen. »Es handelt sich um die größte Demonstration in Turin in den letzten 15 Jahren«, sagte eine Gewerkschaftssprecherin in der Stadt des Autokonzerns Fiat. Während hier nach Angaben eines Unternehmenssprechers lediglich 25 Prozent der bei Fiat Beschäftigten die Arbeit niederlegten, bezifferte die Metallarbeitergewerkschaft FIOM die Streikbeteiligung in der industriereichen Region Lombardei auf 70 Prozent. In Mailand bewarfen Demonstranten die Sitze großer Banken mit Eiern. »Man will uns versklaven, aber wir rebellieren«, war auf einem Spruchband zu lesen.
Von Micaela Taroni, Rom

Quelle: http://www.jungewelt.de/2011/09-07/069.php

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Lärm und Radau gegen die reaktionären „Lebensschützer“!

Am 17. September soll zum zweiten Mal mitten in Zürich der „Marsch fürs Läbe“ stattfinden, ein Aufmarsch von christlichen, ultrarechten AbtreibungsgegnerInnen. Die selbsternannten „Lebensschützer“ fordern die Wiedereinführung des Abtreibungsverbots und beklagen bei ihren Veranstaltungen die „Opfer“ von Abtreibungen, des „massenhaften Mordes“ an „ungeborenem Leben“. Was sich da mit viel Brimborium als edle Sorge um Menschenleben inszeniert, ist in Wahrheit nichts anderes als erzreaktionäre und patriarchale Geschlechterpolitik. Mit dem Ruf nach einem Abtreibungsverbot sprechen die „Lebensschuützer“ den Frauen das Recht ab, selbstbestimmt über eine Mutterschaft zu entscheiden. Die Frauen, sagen sie, sollen sich gefälligst der ihnen vom lieben Gott zugedachten Rolle als liebende Mutter unterordnen. Ob Frauen Kinder kriegen wollen oder eben nicht, aus welchen Gründen auch immer, ist den Abtreibungsgegnern herzlich egal. Zwar behaupten sie, sich der schwierigen Situation einer ungewollten Schwangerschaft bewusst zu sein und betroffenen Frauen Hilfe anzubieten. Diese „Hilfe“ ist jedoch in der Realität nichts anderes als blanker Psychoterror: Sie setzen Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch in Erwägung ziehen, mit religiösen und moralischen Ermahnungen unter Druck, und beladen diejenigen, die abgetrieben haben, mit Schuldgefühlen.
Die Lebensschützer wettern gegen die Frauenbewegung, die mit ihrer „egoistischen“ Forderung nach Selbstbestimmung die Gesellschaft verludert und kaputtgemacht habe. Dagegen machen sie eine gute „alte Ordnung“ stark, die es wiederherzustellen gelte. Damit legen sie nahe, dass früher alle Frauen stets brav und christlich ihre Schwangerschaften ausgetragen haben, die jetzige „dekadente“ Gesellschaft dagegen blindwütig und fast mit Vergnügen ungeborenes Leben zerstört. Das ist eine üble Verdrehung der Tatsachen! Dass Frauen in die Situation kommen, ein Kind nicht haben zu wollen oder zu können, kam vor hundert Jahren vor, kommt heute vor und wird auch in hundert Jahren noch vorkommen. Die Frage ist, wie die Gesellschaft mit dieser Realität umgeht. Ein Abtreibungsverbot, wie die Lebensschützer es fordern, schafft Abtreibungen nicht aus der Welt, es kriminalisiert sie nur. Die Folgen sind Pfuscherei, Selbstabtreibungen, Zwangsgeburten, massiver finanzieller und moralischer Druck auf die Betroffenen. Das Recht auf Abtreibung ist also nicht nur ein wichtiges Moment der weiblichen Selbstbestimmung; die Möglichkeit von medizinisch seriösen Schwangerschaftsabbrüchen und ideologiefreier Beratung bedeutet auch einen Schutz der körperlichen und psychischen Gesundheit von Frauen. Das Erstarken der christlichen Rechten ist nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Es ist ein Teil des derzeitigen Rechtsruckes, in dem – ein Ausdruck der kapitalistischen Krise – Rassismus, Sexismus und konservativer Mief auf dem Vormarsch sind und fortschrittliche Positionen immer mehr in Bedrängnis geraten. Diesem Rechtsruck treten wir entgegen. Wir haben nicht vor, einfach zuzuschauen, wie rechte Zirkel sich immer mehr in den öffentlichen Raum drängen. Wir haben keinen Bock auf die reaktionären Lebensschützer mit ihrem verlogenen Gefasel von „Mord“, ihrer verklemmten Sexualmoral und ihren homophoben und rassistischen Ausfällen.

Der „Marsch fürs Läbe“ ist ein ultrakonservativer Angriff auf
die Errungenschaften der Frauenbewegung. Treten wir der rechten Hetze entgegen!

Keinen Meter Strasse dem christlichen Fundamentalismus!

Alle zur Kundgebung auf den Helvetiaplatz!

Abtreibung ist Frauenrecht!

Lebensschützer verzieht euch!

17.9.2011 – 14 Uhr – Helvetiaplatz Zureich

Quelle: www.aufbau.org

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