Gegenveranstaltung zum SVP-Fest am 10.9.2011

Vier Jahre nach ihrem misslungenen “Marsch auf Bern” mobilisiert die rechtspopulistische Partei SVP (Schweizerische Volkspartei) dieses Jahr erneut in die Bundeshauptstadt. Zwar soll es dieses Jahr keinen Umzug durch die Stadt geben – die SVP will sich auf ein Fest auf dem Bundesplatz beschränken. Nach den Auseinandersetzungen, welche 2007 medial um die Welt gingen, drohen sowohl die Stadt als auch die Partei selbst mit immenser Repression. Die Stadt stellt ein martialisches Polizeiaufgebot, die SVP Schwinger und Broncos, welche es kritischen Menschen verunmöglichen, sich an diesem Tag in der Stadt zu bewegen ohne kontrolliert oder festgenommen zu werden. Aus diesem Grund findet unter dem Motto “ganz FEST gegen Rassismus” eine Gegenveranstaltung in der Reitschule statt.

PROGRAMM:

ab 10.00 öffnet die Reitschule und die Beiz

ab 12.00 bis 18.00 finden Workshops statt – definitiv sind bis jetzt folgende:
– Siebdruck
– Buttons herstellen
– Theater
– AntiRep
– Wie schreibe ich ein Communiqué?
– Flyer gestalten
– Fahnen, Transpis gestalten
– Wandzeitung
– und wahrscheinlich noch vieles mehr!

Wenn du eine eigene Idee für einen Workshop hast, dann kannst du dich entweder per Mail melden bei: info@halts-maul.ch oder du kommst am Tag selbst beim Infotisch vorbei!

ab 16.00 werden Filme gezeigt

ab 17.00 gibt es einen Vortrag zum Thema “SVP: von der Volks- zur rechtspopulistischen Partei”

ab 18.00 – 21.00 Konzerte auf dem Vorplatz

ausserdem ganztags VoKü und Infotisch

der EA ist ab 10.00 erreichbar unter der Nummer: 077 414 99 60

Quelle: http://ch.indymedia.org/de/2011/08/83058.shtml

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Syrien als Teil der arabischen Volksrevolte

Freiheit ist antiimperialistisch, Wahrheit ist revolutionär, imperialistische Intervention ist nie gerechtfertigt

Ein neuer Geist verbreitet sich in der Arabischen Region und nimmt unterschiedliche Formen von Bewegungen für Demokratie, soziale Gerechtigkeit und nationale Souveränität an.

Obwohl sich die Bewegungen mit den lokalen Umständen im jeweiligen Land befassen, ist ein neuer arabischer Geist unter den Volksmassen geboren. Diese haben bislang mehr politischen Mut, Organisationsfähigkeit und Klarheit in ihren Forderungen bewiesen, nicht nur als das erwartet werden konnte, sondern auch mehr als die meisten Oppositionseliten je hatten. Es ist dieser Geist, der eine tatsächliche Bedrohung für die Kompradorenregime in der Region darstellt und für die westliche Hegemonie die ernsteste Herausforderung seit den 1960er Jahren ist.

Die libysche Revolte bewirkte eine signifikante Veränderung im Charakter des “Arabischen Frühlings”, als sich diese von einer friedlichen Massenbewegung in einen bewaffneten Konflikt unter Eliten verwandelte, der von einer westlichen Intervention begleitet wird. Der Ausbruch der Proteste in Syrien zog daraufhin eine weitere Verwirrung innerhalb des progressiven und antiimperialistischen Spektrums nach sich. Die Situation ist in der Tat delikat.
In diesem Kontext sollen folgende Punkte betont werden:

1. Der syrische Aufstand kann nicht isoliert von den regionalen Entwicklungen betrachtet werden. Er ist eine authentische Volkserhebung für Freiheit und soziale Gerechtigkeit gegen ein mafiös-bürokratisches kapitalistisches Regime, das die ungeheuren Privilegien seiner Mitglieder schützt. (Der Milliardär und Cousin Assads Rami Makhlouf ist ein Symbol für dieses System). Die Forderungen des Aufstandes, auch wenn sie sich an ein Regime richten, das „den antiimperialistischen Widerstand unterstützt”, sind deshalb legitim. Mittelfristig wird nur ein souveräner und demokratischer arabischer Raum, der seinen Wohlstand aus eigener Kraft kontrolliert und entwickelt, die Auseinandersetzung mit dem Imperialismus und seinem zionistischen Vorposten gewinnen können.

2. Auch wenn sie sich in ihrem Charakter sehr ähneln, unterscheiden sich die arabischen Regime voneinander durch die Distanz, die sie zum Westen halten. Die Spannbreite der möglichen Beziehungen variiert von einer extremen existentiellen Abhängigkeit und strategischen Allianz (im Fall Saudi Arabiens und Jordaniens) bis hin zu einer pragmatischen Herangehensweise an den Westen, die den als „Reserviertheit” bezeichneten Kompromiss sucht, wie im Fall Sudans und Syriens. Das syrische Regime wurde immer als Teil der „Reservierten” betrachtet, da es tatsächliche Widerstandsbewegungen unterstützte um seine eigene Stellung innerhalb des Kräfteverhältnisses mit Israel und der westlichen Hegemonie in der Region zu verbessern. Diese Distanz sowie die Fähigkeit jedes Regimes, den Status Quo aufrecht zu erhalten, bestimmt die Haltung des Westens zu den demokratischen Bewegungen in der Region.

3. Es ist daher verständlich, dass der syrische Volksaufstand gegen die Repression und die Korruption des Assad-Regimes antiimperialistische Kräfte in eine delikate Position bringt: Einerseits ist es notwendig, die legitime Forderung des Volkes nach Freiheit und sozialer Gerechtigkeit zu unterstützen. Auf der anderen Seite ist es ebenso unabdingbar die Intervention des Westens abzulehnen, vor allem, wenn sie sich gegen einen souveränen Staat richtet, der Teil der letzten „real existierenden” Widerstandsachse in der Region ist. Das Risiko ist hoch, jedoch loht es sich, sich dieser Herausförderung zu stellen.

4. Wir im Antiimperialistischen Lager unterstützen die Forderungen der Massen und verurteilen die Gewalt gegen friedliche Demonstranten. Keine Widerstandsunterstützende Haltung rechtfertigt die exzessive Gewaltanwendung gegenüber den Demonstranten. Wir begrüßen den Kongress der syrischen Opposition, der am 26. Juni in Damaskus stattfand und als Zeichen einer gesunden Formierung einer nationalen Opposition im Land und innerhalb der Bewegung betrachtet werden kann, ebenso wie als Zeichen des Erfolgs der Bewegung, die das Regime dazu zwang, diesen Kongress überhaupt zuzulassen.

5. Wir verurteilen alle Versuche des Westens und seiner regionalen Agenten in den syrischen Aufstand zu intervenieren und die legitimen Forderung für ihre neokolonialen Interessen zu missbrauchen. Wir verurteilen die Instrumenalisierung des syrischen Aufstands durch die zionistischen und proimperialistischen Kräfte. Die libysche Tragödie darf sich nicht wiederholen.

6. Wir verurteilen alle Versuche den Konflikt zu militarisieren, indem durch externe Infiltration das Land destabilisiert wird. Derartige Aktivitäten werden zur Marginalisierung der Massenbewegung führen, dem Regime helfen, diese zu unterdrücken und den Weg zu einer ausländischen Intervention bereiten. Türkische Drohungen, eine „Sicherheitszone” auf syrischem Gebiet zu schaffen, müssen in diesem Kontext betrachtet werden.

7. Wir fordern das syrische Regime dringend auf, die Repression der Protestbewegung sofort zu stoppen und ihre legitimen demokratischen Forderungen sofort zu erfüllen. Wir rufen zu einem wirklichen Dialog als erstem Schritt zu einer konstituierenden Versammlung auf. Nur diese kann die Errichtung eines demokratischen pluralistischen Systems garantieren, das seinen antiimperialistische Charakter beibehält und Freiheit sowie soziale Gerechtigkeit bewahrt.

Freiheit, Demokratie und Menschenrechte stehen im Widerspruch zu Imperialismus und Zionismus!
Für ein freies, souveränes Syrien in einem geeinten Arabischen Raum!
Nieder mit der imperialistischen US-Weltordnung!

Antiimperialistische Kooridination
Initiativ e.V. Duisburg (Germany)

via: http://www.linkezeitung.de/cms/index.php?option=com_content&task=view&id=11666&Itemid=1

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Kein Spielraum für Faschisten-Nirgendwo

Am 10. September 2011 soll im Raum St.Gallen das „Europa-Fest“ der Europäischen Aktion stattfinden.
Laut Eigendarstellung versteht sich die „Europäische Aktion“ als „Bewegung eines neuen europäischen Selbstbewusstseins“, die „jene Europäer vereinen“ will, „die den ‘american way of life‘ samt der ‘pax americana‘ satt haben und die Verlogenheit und Verächtlichkeit der ‘Political Correctness‘ und des gesamten gegenwärtigen Systems durchschauen“. Hinter den Anschlägen des norwegischen Massenmörders Anders Breivik vom 22. Juli vermutet die „Europäische Aktion“ eine „durchsichtige Geheimdienstaktion“ gegen die „entstehende europäische Widerstandsbewegung gegen Globalisierung und Nivellierung“. Ziel der „Europäischen Aktion“ ist es, „die US-hörige EU durch eine Europäische Eidgenossenschaft zu ersetzen, die Europa wieder zum handelnden Subjekt statt zum Spielball der Weltpolitik machen wird“.

Im Rahmen der Veranstaltung werden der Burschenschafter und NPD-Funktionär Rigolf Hennig, der gebürtige Berner Bernhard Schaub (Gründer des seit 2007 verbotenen „Vereins zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten“) sowie weitere bekennende Rechtsextremisten und Holocaustleugner aus ganz Europa referieren.
Anschliessend soll musiziert und gemeinsam getanzt werden.

Ein friedliches Fest für Rassisten, Faschisten, Antisemiten und Holocaustleugner?

NICHT MIT UNS! NICHT IN ST.GALLEN UND ÜBERHAUPT NIRGENDWO!

UM EUROPA KEINE MAUER- BLEIBERECHT FÜR ALLE UND AUF DAUER!

Aus Angst vor „linker Gegenwehr“ wird die EA den Standort der Veranstaltung erst in letzter Sekunde auf ihrer Homepage bekanntgeben( http://www.europaeische-aktion.org/).

Für uns kein Grund, nicht dazu aufzurufen, am 10. September vor Ort zu sein und uns gemeinsam diesem widerlichen braunen Mob entgegenzustellen!

WEGSEHEN HEISST MITHETZEN!

gegenüber rechtsextremen Holocaustleugnern!
NULLTOLERANZ gegenüber „gemütlichen“ Treffen von Antisemiten!
gegenüber Unterstützern,Sympathisanten und Wegsehern

gez. Bündnis gegen Rassismus, Faschismus und Antisemitismus
Infos: bgrfua@hotmail.de

Quelle: http://ch.indymedia.org/de/2011/08/82991.shtml

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Enttäuscht über Frigorex-Räumung

Die JUSO Luzern ist enttäuscht, dass die besetzten Räumlichkeiten im Frigorex-Areal ohne Versuch einer Einigung geräumt worden sind.

In der Nacht vom 20. August wurden mehrere Räumlichkeiten im Frigorex-­Areal besetzt. Vor mehreren Hundert Besuchern spielten Bands und DJ’s legten auf. Obwohl mit dem Besitzer, dem Immobilienspekulanten Jost Schumacher, am nächsten Morgen sofort das Gespräch gesucht wurde, liess dieser das Gebäude umgehend räumen. Ziel der Besetzer wäre es gewesen, die ungenutzten Gebäudeteile bis zum geplanten Neubau kulturell zu beleben. Ein umfangreiches Programm mit weiteren Konzerten, Diskussionsrunden, Theater und Ausstellungen war bereits geplant. Die Besetzung war ein Zeichen, dass sich viele Menschen in dieser Stadt ausgeschlossen fühlen von einer Entwicklung, in der nur noch Profit zählt. Räumlichkeiten, in denen alternative Kultur gelebt und ausprobiert werden kann, sind praktisch nicht mehr vorhanden. Ideen und Initiativen wie man dies ändern könnte, werden von der Stadt im besten Falle müde belächelt oder sogar durch den Einsatz der Polizei als kriminell abgetan.

Dass nun das Frigorex-Areal Ziel einer Besetzung wurde, ist logisch. Nicht nur sind die Räume dafür ideal, sondern Menschen wie der sich gerne als Mäzene gebärdende Steuerflüchtling Jost Schumacher sind massgeblich am Ausverkauf der Stadt Luzern beteiligt. Der Stadtrat und insbesondere Kurt Bieder als ehemaligen Anwalt von Jost Schumacher helfen da gütig mit.

Wir sind der Meinung, dass, wenn es schon nicht möglich ist, auf Dauer ein Gebäude für alternative Kulturformen zur Verfügung zu stellen, so doch immerhin die Zwischennutzung von leerstehenden Gebäuden oder Gebäudeteilen nicht nur vom guten Willen des Besitzers abhängig sein soll. Denn der Boden ist in unserer Stadt ein zu rares Gut um ihn einfach den Spekulanten zu überlassen. Die JUSO Luzern bereitet deshalb eine entsprechende Initiative vor.

JUSO Stadt Luzern, 21.08.2011

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Neue Kulturbesetzung in Luzern, Frigorex taut auf

Vielgestaltigste Kulturschaffende, unterschiedlichste Veranstalter_innen, sozial engagierte Aktivist_innen und Bewohner_innen der Stadt Luzern haben seit gestern Abend, Freitag 19. August,begonnen, die leer stehenden Räumlichkeiten des Frigorex-Areals an der Bürgenstrasse 34 zu bespielen und beleben. Das Frigorex taut auf, für eine lebendige Stadt. Für die unendliche Vielfalt ihrer selbst und den grenzenlosen Reichtum in den Köpfen. Das breite Bündnis ist gekommen, einer Kulturfabrik leben einzuhauchen, deren Blüten eine einfältige Stadt lebenswert machen.

Und hier wäre der Aufruf: frigorex

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Die soziale Bewegung in Ägypten dauert an

Eine Revolution wird nicht in 18 Tagen auf dem Platz der Freiheit vollendet, sie ist ein Prozess, der sich nicht auf ein Land beschränken lässt. Im Mittelpunkt der globalen Kampfwelle steht momentan zweifellos Nordafrika. In ägypten gärt die Unruhe weiter – mittlerweile wird von der zweiten oder dritten Revolution gesprochen. Wieder werden im ganzen Land öffentliche Plätze besetzt; diesmal richte sich der Protest gegen die Militärführung an sich, sagen viele der Aktivisten. Ob es bei der Masse der Menschen tatsächlich große Illusionen über den Charakter des Militärs gegeben hat, sei dahingestellt. Die Armee hat seit den Tagen des Aufstands als einzige Institution so etwas wie den »Staat« dargestellt – die Diktatur des Hosni Mubarak stellte sich in der Endphase als dezentral organisiertes Willkürregime dar; die entscheidende Macht im Alltag hat weniger der Zentralstaat denn die lokalen Fürsten ausgeübt, die auch die (Geheim-)Polizei unter ihre Kontrolle hatten. Um deren Entmachtung geht es im Moment; bislang hat der Militärrat eine doppelte Strategie gefahren: Einerseits hat er die Rolle eines Schlichters übernommen, der auch notfalls z.B. Unternehmer mit Gewerkschaftsvertretern an einen Tisch zwingt. Und er hat einzelne besonders verhasste Figuren aus der Schusslinie genommen, indem er sie festgesetzt und Prozesse gegen sie versprochen hat. Andererseits hat er immer mit Repression gedroht, wenn die Menschen »zu weit« gingen, tausende Aktivisten und Aktivistinnen verhaftet und vor Militärtribunalen abgeurteilt. Diese Doppelstrategie funktioniert immer weniger: Die wenigen tatsächlich durchgeführten Prozesse endeten mit Urteilen, die verglichen mit denen, die gegen Regimegegner verhängt wurden, lächerlich waren. Die Menschen in Betrieben, in den Slums, überall, fordern die endgültige Absetzung der Mubarakgünstlinge auf allen Ebenen. Die Ersetzung der neoliberalen Klientelherrschaft durch ein «moderneres» Herrschaftssystem lässt sich nicht einfach einführen, schon gar nicht angesichts der prekären ökonomischen Rahmenbedingungen, die wenig Spielraum für sozialdemokratische Ideen lässt. Die Gründung von (von der alten Staatsgewerkschaft) unabhängigen Gewerkschaften sehen viele Linke hier und dort als Hoffnungsschimmer, als Transformationsinstrument. In einem Interview der FreundInnen der klassenlosen Gesellschaft sagt der Kairoer Journalist Jano Charbel: »…mit dieser unabhängigen Gewerkschaftsbewegung werden auch radikalere Gewerkschaften entstehen, die damit anfangen, die Hierarchien in der Fabrik und die ganze Struktur der Gesellschaft zu hinterfragen.« An dieser Stelle sei einmal ein dickes Fragezeichen gesetzt: Die Arbeiterkämpfe in Ägypten (ob nun gewerkschaftlich organisiert oder informell) sind momentan angesichts der großen wirtschaftlichen Misere eher defensiv ausgerichtet, nur selten kommt es zu tatsächlichen Produktionsausfällen – »Selbstverwaltung« oder »Teilhabe« hieße momentan nur Teilhabe am Elend. Zudem bleibt die Rolle der neuen Gewerkschaften im Moment unklar; ihre Schwerpunkte liegen im Öffentlichen Dienst und in der komplett darnieder liegenden Textilindustrie, wo es eher um die Modalitäten der Abwicklung denn um Aufbruch geht. Darum herum organisieren sich etwa Bauern und Fischer, also quasi Selbstständige.

Die soziale Bewegung in Ägypten dauert an

Auf der Gegenseite geht die Angst um: »Es gibt sehr wohl einen Unterschied zwischen Kapitalismus und Korruption. Nur ist das leider erstickt worden von der Einstellung ‘the whole damn thing is corrupt’« äußerte sich die Präsidentin der Amerikanischen Universität Kairo vor kurzem in der New York Times. Steven Colatrella arbeitet in seinen Thesen zur globalen Streikwelle heraus, dass zwei Linien der aktuellen Streikwelle in Nordafrika kulminiert sind. Arbeiterkämpfe in Schlüsselbereichen der globalen Arbeitsteilung (Transport, Rohstofferzeugung und -verarbeitung einschließlich Landwirtschaft) und Kämpfe im Öffentlichen Sektor, wobei die dort Beschäftigten mit den NutzerInnen ihrer Dienstleistungen zusammenkommen. Auf Ägypten bezogen ist das durchaus plausibel.

In den zwei Jahren vor der Revolte kämpften die Arbeiter vor allem im Transportsektor, der große Streik von 70 000 Truckern im Dezember 2010 ging dem Aufstand direkt voraus. Seither brodelt es weiter, es gibt Streiks bei den Eisenbahnen, den Flughäfen und regional von Taxi- und Minibusfahrern. Die große Bedeutung des Transports zeigt sich auch in seiner Unterbrechung: regelmäßig blockieren streikende Arbeiter und protestierende Slum- und Dorfbewohner Straßen und Schienen, um ihre Forderungen durchzusetzen. Auch kleinere Streiks in der Energieerzeugung und Baustoffindustrie waren erfolgreich.

Im Öffentlichen Dienst ist auf den wichtigen Streik der Steuereinsammlerinnen Ende 2008 zu verweisen. Neben Streiks an den Unis war außerdem das medizinische, pflegerische und technische Personal an den Krankenhäusern immer wieder im Kampf. Seit der Revolte haben Kämpfe im Öffentlichen Dienst noch zugenommen, von Polizei und Verwaltungsangestellten über staatlich bezahlte Imame bis zu den Heiratsregistrierern.

Eine wichtige politische Funktion im Vorfeld der Aufstandsbewegung hatten die Kämpfe im relativ kleinen (wenn auch im Vergleich zu anderen arabischen Ländern großen) industriellen Kern der Wirtschaft (vor allem in der Textilindustrie). Durch neue Organisationsstrukturen und die Mobilisierung großer Arbeitermassen konnten sie die Spaltungspolitik des Regimes über den Haufen werfen; die soziale Trennung zwischen Arbeitern, städtischen Armen und Teilen der studierten, aber arbeitslosen »Mittelschichtsjugend« löste sich vorübergehend auf. Der Aufstand der TextilarbeiterInnen in Mahalla al Kubra 2008 ist der wichtigste unmittelbare Vorläufer der Aufstandsbewegung.

Durch seinen quantitativen Ansatz übersieht Colatrella allerdings die Zäsur durch die Krise 2008. Es gab keinen statistischen Rückgang von Streiks und Protesten, so dass man von einer ungebrochenen Welle ausgehen könnte. In Wirklichkeit haben sich die Kämpfe aber deutlich verändert. Bis Ende 2007 waren sie davon geprägt, dass Betriebe ihren Anteil an den Gewinnen im Wirtschaftsboom und bei der Privatisierung einforderten und mafiöse Machenschaften anklagten. Ab Ende 2007 fraß die massive Inflation und Verteuerung vor allem von Lebensmitteln die erkämpften Lohnsteigerungen auf. Ab Mitte 2008 erfasste die Wirtschaftskrise die Textilindustrie, der mittlerweile der Kollaps droht.

Die Kämpfe gingen zwar weiter, wurden aber »politischer« in dem Sinne, dass sie Institutionen wie die Gewerkschaft angriffen und den Staat aufforderten, für einen Weiterbestand der Firmen zu sorgen oder eine soziale Absicherung zu übernehmen. Gleichzeitig wuchs eine Protestbewegung für ein stärkeres soziales Engagement des Staates etwa durch Lebensmittelsubventionen, Gesundheitsversorgung und eine verbesserte Infrastruktur. Diese »Krisenkämpfe« haben einen ausgeprägt egalitären Geist, z.B. ist die Forderung nach Festeinstellung von prekär Beschäftigten heute meist selbstverständlich. Sie sind aber auch als Arbeitskämpfe defensiv und ihre Forderungen an den Staat könnten als Sehnsucht nach vergangenen staats»sozialistischen« Zeiten oder einem neuen Keynesianismus gedeutet werden. So zumindest die Interpretation unabhängiger Gewerkschaften und linker Parteien, die mit ihren Organisierungsversuchen an solchen Perspektiven anzuknüpfen versuchen. Meiner Ansicht nach sind solche Forderungen aber erstmal Ausdruck des verbreiteten Gefühls: »We want a better life and we want it now!« Da Lohnforderungen unter den gegebenen Rahmenbedingungen illusorisch sind und existenzbedrohte oder bereits bankrotte Unternehmer nicht in die Pflicht genommen werden können, richten sich die Forderungen erstmal an den Staat.

Im Verhältnis zu den im Land lebenden rund 100 Millionen Menschen ist die ägyptische Industrie nur sehr marginal in globale Produktionsstrukturen eingebunden. Wo sollen die ArbeiterInnen also einen Punkt finden, um Macht auszuüben? Ein sehr großer Teil der ägyptischen Bevölkerung lebt in einer informellen Dienstleistungsökonomie. Tourismus und persönliche Dienstleistungen sind seit dem Aufstand massiv eingebrochen und dementsprechend sind die davon abhängigen Menschen in einer verzweifelten Lage. Das drückt sich u.a. in zunehmender (teilweise organisierter) Gewalt im Alltag aus. Ärzte werden von Patienten und deren Angehörigen bedroht; es gibt immer wieder tödliche Auseinandersetzungen um Lebensmittel und Benzin; in Alexandria stürmten Ende April Hunderte eine Textilfabrik, um die Maschinen auf dem Schwarzmarkt zu verkaufen (woraufhin Arbeiter und Mitglieder der popular committees die Fabrik »befreiten«). Dieses Subproletariat war ein Teil der Machtbasis der alten Elite; hier können die lokalen Fürsten des Regimes bezahlte Schläger rekrutieren, um Demonstrationen anzugreifen.

Besteht also analog zum kriegerischen Zerfall vieler Länder Osteuropas nach ‘89 die Gefahr eines – möglicherweise religiös geprägten – Zerfalls von Ägypten? Noch ist die Bewegung gegen die alten Machtstrukturen auch in den Betrieben und im Alltag stark genug, auf die bislang vereinzelten Ereignisse zu reagieren. Eine Verschlechterung der ökonomischen Lage, die Finanzierung von islamistischen Gruppierungen durch Saudi Arabien und eine Stagnation der Revolte könnten die Lage allerdings verschlechtern.

In den islamistisch legitimierten Bürgerkriegen der 90er Jahre, etwa in Algerien, stritten mafiöse Netzwerke um die Verteilung des Kuchens. Das war die Begleitmusik der neoliberalen Privatisierungspolitik, die in Ägypten mit dem Aufstand an ihr Ende gekommen ist. Auf welcher Basis sollte eine islamistische Bewegung heute also fußen? Die Taliban versprechen, den äußerst gewalttätigen Zerfall der Gesellschaft durch ein extrem rigides Regime zu überwinden, also wieder eine abgeschottete und »eingefrorene« Gesellschaft aufzubauen. Das ist in einem Land wie Ägypten kaum eine Perspektive, zu sehr hängt das Land allein schon bei der Versorgung mit Grundnahrungsmitteln vom Weltmarkt ab. Die größere Gefahr ist allerdings, dass das Regime in Zusammenarbeit mit den autoritären Golfmonarchien die Situation genau so weit eskaliert oder eskalieren lässt, dass es von einer Mehrheit wieder als notwendiger Ordnungsfaktor anerkannt wird.

Nicht nur deshalb muss die Bewegung auf die Instrumentalisierung des Subproletariats als Schläger anders reagieren, als es die Teile der mittelständischen »Protestelite« tun, die eine ambivalente Kooperation mit dem Militär als Ordnungsfaktor suchen; das ging soweit, dass die Revolutionary Youth Coalition die Vertreibung von Demonstranten vom Tahrirplatz politisch vorbereitete. Die zugrundeliegenden sozialen Probleme müssen angegangen werden. Es gibt durchaus Ansätze und Versuche, die soziale Lage des »informellen Proletariats« aufzugreifen und Widerstandsstrukturen von unten aufzubauen. Zahlreiche Stadtteilversammlungen nehmen die Verbesserung der Lebensbedingungen in Angriff. »Interreligiöse Solidarität« setzt sich immer wieder gegen angestachelte Konflikte durch: »Den Protest … hatten Kopten gestartet, ihm hatten sich jedoch auch Muslime und viele junge Protestierende angeschlossen… Religion spielte keine große Rolle. Er richtete sich in Slogans und Plakaten vorrangig gegen das Militär und die Polizei, forderte den Rücktritt von General Tantawi und eine zivile Übergangsregierung« (Tahrir–Beobachtungen in Ägypten. Ausgabe Nr.1 / 24.Mai 2011). Es gibt auch häufig selbstorganisierten Widerstand gegen Polizei und Militär, für die Freilassung von Gefangenen, es gibt Häftlingsrevolten u.a.m. – leider wird über solche Bewegungen hierzulande wenig berichtet.

aus: Wildcat 90, Sommer 2011

Quelle: http://www.wildcat-www.de/wildcat/90/w90_aegypten_sb.html

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2. Autonome Sommeruni Luzern

23. August – 03. September, Frigorex, Bürgenstr. 34, Luzern

Vortrags- und Diskussionsreihe

»Den Gesellschaftsvertrag aufkünden!«

Zum Ende des politischen Primats der Rationalität und zur Emotionalisierung der Politik

Die Empörten
In Spanien rufen die Indignad@s, die Empörten, lautstark zum Wahlboykott auf. In Griechenland legt die Bewegung empörter Bürger, den politischen Alltag lahm. Auch in Frankreich, Portugal, London und anderswo strömen Tausende in gemeinsamer Unzufriedenheit zusammen. Dabei fällt auf: Die Empörten sind keiner politischen Partei oder Strömung zuzuordnen. Es sind auch nicht in erster Linie die gemeinsamen politischen Forderungen, die sie auf die Strasse treibt, sondern Wut, Empörung, Frust und vielleicht auch Orientierungslosigkeit. Und dort finden sie Gleichfühlende, Gleichgesinnte und gerade darin eine grosse Zufriedenheit. Eine Zufriedenheit die ihnen genommen wurde von einem politischen und ökonomischen System, in welchem sie sich nicht repräsentiert fühlen.

Das politische Geschäft ist global, sekundenschnell, undurchsichtig, unberechenbar und kolossal geworden. Gigantisch wie too-big-to-fail Unternehmen, wahnhaft wie die staatsvernichtende Schuldenberge und mächtig wie Ratingagenturen. In dieser Welt führen sie eine perspektivenlose Existenz, weil sie noch Jahrzehnte die Folgen der Finanzmarktkrise ausbaden sollen, weil sie auf die eh schon geringe Rente oder Sozialhilfe verzichten sollen, weil nicht mehr nur der Lohn nicht reicht, sondern es auch an Arbeit fehlt. Das alles, während und weil unvorstellbare Milliardenbeträge in eine abstrakte Finanzwirtschaft gepumpt werden. Vor diesem Ruin stehen sie, obwohl über Generationen hinweg an die politische Vernunft geglaubt, und der soziale Kompromiss gepflegt wurde. Oder gerade deshalb? Der Glaube an Lösungen der politischer Vernunft hat sie in den Alptraum und an den Rand ihrer Existenz geführt. Sie erwachen, und ihre Gefühle werden politisch.

Die Sommeruni will ausgehend von diesen konkreten Ereignissen den Ursachen für die veränderte politische Ausdrucksweise auf die Spur gehen und stellt dazu die These eines aufkommenden Paradigmas der politischen Emotionalität auf. Wir fragen: Ist es nicht auch diese Emotionalität, die „Wut im Bauch“ der Menschen, welche die SVP geschickt aufnimmt, um damit Stimmung zu machen? Ist deshalb Emotionalität schlecht? Und: wohin hat uns denn die Vernunft geführt?

Das Ende des modernen Gesellschaftsvertrages
Wir setzen uns auseinander mit dem Verlust des Vertrauens in die Parlamente, ins politische System, mit dem absehbaren Ende des gesellschaftlichen Kompromisses  – ja dem Ende des Gesellschaftsvertrages? Wir beleuchten die wirtschaftlichen, sozialen, medialen Veränderungen, die den Glauben an eine politische Repräsentanz – auf der unser System die letzten Jahrzehnte basierte – in allen Gesellschaftsschichten erblassen lässt. Die politische Rationalität, sie wird nicht müde zu betonen, dass sie auf der Aufklärung basiert, hat uns zweifellos in dieses Elend geführt. Zu Beginn und am Ende der Entwicklung steht die Vernunft der Aufklärung, zahnlose Konzepte einer volonté générale, oder ein kategorischer Imperativ Kants; sie hat uns – begleitet von der Diskurstheorie eines Habermas’ – in die Hegemonie des neoliberalen Kapitalismus geführt. In ein politisches und ökonomisches System, welches die Grundsätze der Aufklärung mit Füssen tritt, indem es die politische Freiheit mit staatlicher Repression und sozialer Exklusion vernichtet, die soziale Ungleichheit zur unumgehbaren Tatsache macht und der individualisierte Wettbewerb die Geschwisterlichkeit zwischen den Menschen abgelöst hat. Ohne dabei zurück zu einem aufklärerischen Idealismus zu fallen, wollen wir anerkennen, dass der moderne Gesellschaftsvertrag bereits vor Jahren aufgekündigt worden ist.

Dieses Ende des Gesellschaftsvertrages ist dabei nicht nur eine Chance für emanzipatorische Bewegungen. Dass rechtspopulistische Strömungen die entstehende Machtlücke schliessen, droht zuweilen über Europa. Es steht also auch die Frage im Raum, wie wir gegen die SVP und Konsorten ankämpfen können, ohne dabei zu den Verteidiger_innen des bürgerlichen Gesellschaftsvertrags zu werden. Deshalb möchten wir zum Ende der Sommeruni fragen: Wie geht das hier weiter? Welche Chancen und Gefahren bietet uns die wiederentdeckte Emotionalität und der der Bruch mit dem Primat der Vernunft? Der Pfad auf der Suche nach Antworten führt nicht nur vorbei am neuen Insurrektionalismus und Philosophen wie Antonio Negri, sondern auch zurück auf den Syntagma-Platz in Griechenland…

Diskussionsrunden und Textlektüren jeweils Dienstags und Donnerstags von 19.30 – 21.30 Uhr; plus Samstag, 03.9. 14.00-17.00 Uhr: Abschlussdiskussion.

Eintritt frei

Quelle: www.denknischen.ch

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London Riots

Massivste soziale Unruhe in London – Dezentrale Ausbreitung von kollektiver Aneignung und Konfrontationen mit der Polizei – Ausweitung auch auf andere Städte wie Liverpool, Birmingham und Leeds – Bilder von brennende Gebäude erzeugen durch die Presse ein Klima der Angst, Rufe nach dem Einsatz der britischen Armee werden immer lauter.

London. Pulsierende Millionenstadt, europäische Zentrale des Kapitals. Ort der olympischen Sommerspiele 2012 –Hauptstadt vom Mutterland des Fussballs. Dies ist das Bild, was normalerweise von der britischen Hauptstadt transportiert und beworben wird. Nun beginnt seit dem 6. August dieses Bild enorme Risse zu bekommen. Grund? Die Polizei erschiesst am vergangenen Donnerstag (4. August) den 29-jährigen Mark Duggan. Am Samstag, dem 6. August protestieren Angehörige und andere solidarische Menschen aus seiner Community gegen den tödlichen Polizeieinsatz und verlangen Aufklärung. Die Polizei betreibt bis zu diesem Zeitpunkt eine schwache Informationspolitik, versucht dem Opfer die Schuld in die Schuhe zu schieben und stellt ihn als Kriminellen dar. Die Demonstration verläuft friedlich und endet an einer Polizeiwache. Übereinstimmenden Berichten zufolge wird dann eine Jugendliche Opfer eines Übergriffes durch einen Police Officer. Dies gilt mittlerweile als Auslöser der ersten Ausschreitungen am Samstag. Polizeiautos werden angezündet, Steine und andere Gegenstände werden auf die Bereitschaftspolizei geworfen. Später werden Geschäfte vereinzelt geplündert und zum Teil angezündet. All dies passiert lokal isoliert im Stadtteil Tottenham.

Am folgenden Sonntag dann erstmals auch die Ausweitung auf andere Stadtteile wie Enfield und Brixton. In der gesamten Betrachtung bleibt es im Vergleich zum Vortag aber etwas ruhiger. Dann der „schwarze Montag“ – erst berichten die Medien hauptsächlich von fallenden Börsenkursen durch die Herabstufung der Kreditwürdigkeit der USA. Im Laufe des Abends rücken jedoch immer mehr die mittlerweile massivsten Unruhen in England seit den 1980 Jahren in den Fokus der deutschen Medien. Die ARD Tagesthemen (Montag, 8. August) berichten um 22.30 als erstes von London, die Börsenkurse brennen virtuell, London aber real! Verstörende Bilder werden transportiert: Ein brennendes Möbellager im Stadtteil Croydon – Menschen die Geschäfte plündern. Kriminelle seien in ihrem Element.

Die Hintergründe werden jedoch (fast) ausgeblendet: Wie zu den Krawallen in den 1980er Jahren wird England wieder von den konservativen Tories regiert (und den LibDems, der engl. FDP). Damals war es prime minster Margret Thatcher, die der Rezession mit tiefen Einschnitten für die Bevölkerung begegnete. Die Gewerkschaften wurden zerschlagen und es taten sich soziale Spannungen, Streiks und Riots auf. Auch in den letzten Monaten wurde heftig gegen die Sparmaßnahmen und Steuererhöhungen der Regierung demonstriert. Die Studiengebühren wurden massiv erhöht. Dies rief einen breiten Widerstand hervor – das Bündnis „UK Uncut“ wurde geboren. Die ersten Massendemonstrationen mit zehntausenden fanden statt und im November wurde die Tory-Parteizentrale von tausenden gestürmt (siehe Fotostrecke: http://www.spiegel.de/fotostrecke/fotostrecke-61526.html). Die Medien reagierten mit Berichten über Chaoten, etc… Weiter ging es im Dezember, erstmals beteiligten sich sichtbar auch linksradikale Aktivisten und der schwarze Block konnte direkte Aktionen in der Innenstadt durchführen. Auch wurde Prinz Charles und seine Frau Camilla in ihrem Rolls Royce angegriffen (siehe http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,733822,00.html).

Anfang 2011 dann die „Anti-Austerity Protests“ von UK Uncut und hautsächlich den Gewerkschaften gegen die Sparmaßnahmen (austerity measures im Englischen). Einen guten Überblick liefert hier Wikipedia ( https://secure.wikimedia.org/wikipedia/en/wiki/2011_United_Kingdom_anti-austerity_protests). Am 26. März dann die bisher größte Demonstration in den letzten Jahren in London: 250 000 – 500 000 Menschen beteiligten sich am Aufruf der Gewerkschaften. Anarchisten lieferten sich Straßenschlachten mit der Polizei, Banken und Geschäfte wurden geschmasht. Youtube Channel „STUDENTPROTESTLONDON“ hat all dies in einer 10-teiligen Doku gefilmt ( http://www.youtube.com/watch?v=A87CDYV9UKw&feature=related).

Wir sehen also, dass es schon sehr viele soziale Spannungen in den letzten Monaten gegeben hat – Die Menschen sind verunsichert, der englische Sozialstaat wird massiv beschränkt, die Arbeitslosigkeit und die Verschuldung steigt. Wie auch schon in den Jahrzehnten zuvor wiederholt sich nun auch die Geschichte in den ärmeren, stark migrantisch geprägten Stadtteilen Londons: Ein Polizeieinsatz als Auslöser für massive Krawallen und Plünderungen. Einen kurzen Einblick mit Updates liefert ein Artikel auf linksunten ( https://linksunten.indymedia.org/de/node/44833#comment-25249).
An der jetzigen sozialen Unruhe sind die Gewerkschaften und linksradikalen Aktivisten jedoch nicht beteiligt. Es rebelliert die ärmste und am meisten ausgegrenzte Schicht: junge perspektivlose Migranten in Vierteln aus Tottenham, Enfield, Brixton und Hackney (kleine Auswahl) – Ihre Wahl der Mittel ist drastisch: Plünderungen und brennende Gebäude, keine Demonstration, keine Pressesprecher, keine organisierte politische Gruppe. Warum ist dies so? To make it simple: diese Menschen haben keine politischen Repräsentanten, kaum jemand kümmert sich um sie, sie sind der Regierung scheissegal.

Bereits im Juli 2011 berichtete die englische Tageszeitung „The Guardian“ über mögliche Riots, weil die Sparmaßnahmen der Regierung zahlreiche Jugendzentren bertrifft (Video: http://www.guardian.co.uk/society/video/2011/jul/31/haringey-youth-club-closures-video). Im Nachhinein eine treffende Prognose… Dass dies sich nun nicht nur auf London beschränkt zeigt, die Regierungsmaßnahmen und der Riss in der Gesellschaft betrifft das ganze Land. In Birmingham z. B. wird laut BBC am Montag geplündert und eine Polizeiwache geht in Flammen auf. Berichte aus Liverpool zeigen brennende Autos – Britain is going up in flames!

Ein kurzes Video zeigt die Motivation der Menschen in Clapham Junction http://www.youtube.com/watch?v=sXcI-NL3Tro
“We want to get our taxes back!” – An jeder Ecke Londons ist der Konsum allgegenwärtig – kein Wunder, dass die Menschen sich jetzt ihren Teil vom Kuchen nehmen. Ob sie oppertun, politisch motiviert oder wie auch immer handeln lässt sich für uns schwer sagen, denn die Presse berichtet nur über die “Kriminalität” eines wütenden Mobs. Natürlich ist es klar, dass sich keiner bei der BBC interviewen lässt, warum er den “currys.digital” store ausräumt (eine Elektronikkette wie Media Markt). Da ist die so vielfältig er- und gewünschte soziale Unruhe mal da und dann will plötzlich keiner damit in Verbindung gebracht werden. Ein bißchen nach dem Motto “if its not my riot i wont join in”. Aktivisten sollten sich aber beteiligen, um auch die wahllose Gewalt gegen Sachen einzudämmen: In der local community als Gruppe die kleinen Läden und den Wohnraum schützen, Flyer mit Repressionstipps verteilen und die corporate businesses (die Ketten) gezielt angreifen. Denn gerade die großen Ketten verdrängen den lokalen Einzelhandel, Güter werden nicht mehr lokal produziert und verkauft, sie vernichten damit Jobs und tragen den Kapitalismus in seiner konsumfreundlichsten Art und Weise.

Genauso ist es wichtig eine Gegenöffentlichkeit zu den Massenmedien zu schaffen – sie versuchen mit ihrer dramatischen Berichterstattung ein Klima der Angst zu schaffen, um die herrschende Ordnung zu stabilisieren. Erste Analysen und Gegenöffentlichkeit gibt es mittlerweile aus linksradikaler Perspektive auf Indymedia UK & Indymedia London: https://london.indymedia.org/articles/9828; https://london.indymedia.org/articles/9821.
In den BBC News wird von den Journalisten ein Einschreiten der Armee gefordert, die Regierung hat heute morgen eine Notkonferenz (COBRA) einberufen (siehe Artikel http://www.guardian.co.uk/uk/2011/aug/08/london-riots-escalate-police-battle). Ein Fussballspiel von „West Ham“ vs. „Aldershot“ wurde abgesagt, genauso wie das Länderspiel England vs. Holland ( http://www.guardian.co.uk/football/2011/aug/09/england-holland-off-london-riots).
Der Staat und die Medien rüsten auf, es wird sicher nicht lang dauern bis der Notstand ausgerufen wird. Zuletzt wurde das Militär 1919 im Inneren eingesetzt – damals streikte die Polizei. Es ist mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Unruhen weitergehen werden. Mit welcher Intensität hängt sicher auch von der Reaktion des Staates ab. Law & Order, Notstand und Armee ist mittlerweile in der Hysterie der Medien am wahrscheinlichsten – die staatliche Ordnung in Gefahr. Der Hauch von Revolution hat sich zum Wind gesteigert, aber ist es eine Revolution in der die Linke intervenieren kann und will? An den sozialen Problemen hat sich auf jeden Fall nichts geändert, eine Gegenöffentlichkeit und die Solidarität mit den Menschen in den Communities ist sicher ein Ansatz – Spread the news!

Übersichskarte zu den Brandherden in London: http://maps.google.co.uk/maps/ms?msid=207192798388318292131.0004aa01af6748773e8f7&msa=0&ie=UTF8&ll=51.558503,-0.055275&spn=0.114195,0.298691&source=embed

Guardian Liveticker: http://www.guardian.co.uk/uk/blog/2011/aug/09/london-riots-violence-looting-live

Indymedia UK: http://www.indymedia.org.uk/

Indymedia London: https://london.indymedia.org/

Quelle: http://ch.indymedia.org/de/2011/08/82843.shtml

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Die Empörten in Spanien trotzen dem Papst

Es ist heiß im spanischen Urlaubssommer, doch die Hitze hält die “Empörten” nicht von neuen massiven Protesten ab. Sie haben den zentralen Platz in der spanischen Hauptstadt Madrid nun wieder in Beschlag genommen. Die Polizei ist damit gescheitert, die “Indignados” vom “Puerta del Sol” fern zu halten. Dort werden auf den Massenversammlungen die Proteste für die kommende Woche vorbereitet, denn dann wird Papst Benedikt XVI. die spanische Hauptstadt zum katholischen Weltjugendtag besuchen.

Alle Versuche der Polizei, den Empörten ihren Treff- und Versammlungsort zu nehmen, sind damit gescheitert. Am vergangenen Mittwoch war der “Sol”, wie ihn die Protestierenden seit dem 15. Mai nennen, erstmals auch in der Hauptstadt von der Polizei geräumt worden. Den hatten sie nach dem Marsch auf Madrid wieder eingenommen, nachdem die Protestlager im Juni freiwillig aufgelöst worden waren. Doch ein gewaltsamer Einsatz gegen Protestierer vor dem Innenministerium hatte erneut zur massiven Ausweitung der Proteste geführt. Die Hoffnung, dass es im Urlaubssommer ruhig bleiben würde, ging nicht auf. Wegen einer Arbeitslosenquote von 21 Prozent – bei jungen Menschen sogar fast 50 Prozent – können sich viele der Menschen ohne Job, ohne Wohnung und ohne Angst auch keinen Urlaub leisten.

Ein gutes Bild gab Madrid in der letzten Woche auch deshalb nicht ab, weil Touristen im Zentrum statt auf ein buntes Treiben auf eine Friedhofsruhe und auf ein massives Polizeiaufgebot trafen. Bisweilen konnten sie nicht einmal bestimmte U- oder S-Bahn verlassen, weil sie immer wieder gesperrt waren, um den Strom der Empörten ins Zentrum zu unterbinden. Das war nicht durchzuhalten und nun haben sie den Platz wieder eingenommen, auf dem aber nicht übernachtet werden soll.

Auf dem Sol werden aber neue Aktionen vorbereitet, debattiert und den Vollversammlungen zur Abstimmung gestellt. Nun stehen Vorbereitungen auf den Papst-Besuch im Vordergrund. Auch diese Proteste treffen auf viel Verständnis in der Bevölkerung. Während überall gespart wird, soll der katholische Weltjugendtag (vom 16. bis 21. August) mindestens 50 Millionen Euro kosten. Viele fragen sich, warum eine laizistische Regierung, die sich zudem sozialistisch nennt, die Hälfte dieser Kosten übernehmen will.

Auch viele Homosexuelle schließen sich den Proteste gegen den Besuch von Benedikt XVI. an. Sie erinnern sich noch an die Verhinderungsversuche der katholischen Kirche, angeführt aus dem Vatikan, als in Spanien eine gleichgeschlechtliche Ehe mit Adoptionsrecht eingeführt wurde. Bei den Debatten schält sich heraus, dass man sich mit den Teilnehmern am Weltjugendtag aktiv konfrontieren will, damit er nicht reibungslos über die Bühne gehen kann. Um die Rechte von Lesben- und Schwulen einzufordern, soll es unter anderem ein öffentliches Massenküssen vor dem Papamobil und eine große Demonstration geben.

Das von der konservativen Volkspartei (PP) regierte Madrid hat schon von der Regierung gefordert, den Marsch zu verbieten. Ausnahmsweise hat sich die PP hinter das Vorgehen der Regierung gestellt. Der Vizebürgermeister Manuel Cobo begrüßte die Räumung der vergangenen Woche. “Kein öffentlicher Raum kann nur von einer Gruppe genutzt werden.” Dass bei der Räumung auch Restaurants und Geschäfte geräumt wurden und der öffentliche Nahverkehr stark beeinträchtigt wurde, bezeichnete Cobo als “verhältnismäßig”.

Unklar ist, wie die überforderte Regierung eines abstürzenden Landes mit den sich erneut ausweitenden Protesten umgehen wird. Vor den vorgezogenen Neuwahlen am 20. November zeigen sich die regierenden Sozialisten (PSOE) noch deutlicher ohne jede Linie. Möglich ist deshalb, dass es erneut zu gewaltsamen Einsätzen gegen die Protestbewegung kommt.

Das zeigen auch Vorgänge in Málaga. Dort wurde am frühen Montag ein Sitzstreik aufgelöst. In der südspanischen Stadt hatten sich Empörte vor einem Abschieblager für Flüchtlinge versammelt. Rafael Palomo, ein Sprecher der Bewegung, warf der Sondereinheit der Polizei vor, “mit übermäßiger Gewalt” gegen die “friedliche Versammlung” vorgegangen zu sein. Man wollte vor dem Lager über die Einwanderung debattieren und habe zu keiner Zeit den Zugang zum Lager versperrt. Sechs Personen seien bei dem brutalen Angriff der Polizei verletzt worden sein, zwei davon schwer.

von Ralf Streck / Quelle: Telepolis

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London Riots Calling: The Guns of Tottenham

Soziale Unruhen in London – Nach dem gewaltsamen Tod eines 29-jährigen während eines Polizeieinsatzes am vergangenen Donnerstag kommt es zu massiven Unruhen am gestrigen Samstag im Londoner Stadtteil “Tottenham”. Erste Presse/Polizeimeldungen sprachen von einem Schusswechsel, bei dem 2 Schüsse abgefeuert wurden – Neueste Meldungen des “Guardian” (große Tageszeitung in GB) widersprechen der Polizeiversion. Währen dessen bahnen sich erneut Unruhen am heutigen Tag und vor allem in der Nacht an.

Nachdem die Unruhen im Anschluss an einen Trauermarsch von Angehörigen und Bewohnern ausbrachen, brannte es an zahlreichen Orten in Tottenham. Es wurden mehrere Autos (darunter auch Polizeiwagen), ein großer Reisebus sowie einige Gebäude angezündet und z. T. auch geplündert. Die Bilder aus den Massenmedien zeigen ein großes Ausmaß der Zerstörung und viele wütende, z. T. maskierte Jugendliche, die sich Auseinandersetzungen mit der Polizei liefern. Man fühlt sich unweigerlich an den April 1992 in Los Angeles erinnert: dort brachen massive Unruhen aus, nachdem Polizisten einen Afroamerikaner brutal zusammenschlugen und daraufhin freigesprochen wurden – damals gab es ca. 1 Milliarde Dollar Sachschaden und 53 Tote. Aber auch in Europa, z. B. in Frankreich kam es in der Vergangenheit immer wieder zu sozialen Unruhen in Folge von tödlichen Polizeieinsätzen. Wie wird also die Entwicklung in London weitergehen?

Die Bilanz der letzten Nacht und des heutigen Tages: 55 Festnahmen (davon 42 am Samstag) und 26 verletzte Polizisten (min. 8 davon in stationärer Behandlung) . Im Laufe des heutigen Sonntags gab es vereinzelte Auseinandersetzungen und Plünderungsversuche, die aber keineswegs das gestrige Ausmaß erzielten.

Wie der Guardian im Liveticker berichtet ( http://www.guardian.co.uk/uk/blog/2011/aug/07/tottenham-riots-police-duggan-live), wurden bis zum jetzigen Zeitpunkt „nur“ ein Juwelier und eine Apotheke sozusagen „neu“ geplündert. Die Polizeipräsenz ist sehr massiv im betroffenen Stadtteil, die soziale Kontrolle funktioniert also wieder besser als gestern. Trotzdem werden die neuesten Entwicklungen in der Untersuchung des tödlichen Polizeieinsatzes für ein weiteres befeuern des Konflikts sorgen. In England gibt es nämlich eine unabhängige Institution, welche strittige Polizeieinsätze/verhalten untersucht: die „Independent Police Complaints Commission (IPCC)“. Diese hat umfassende rechtliche Mittel, um Beschwerden gegen die Polizei zu untersuchen und wird nicht von (ehemaligen) Polizisten geleitet. Die Kommission kommt nach ersten ballistischen Untersuchungen zum Urteil: die Kugel, die das Funkgerät eines Polizisten traf, ist aller Wahrscheinlichkeit nach eine Polizeikugel – somit ist die Darstellung der Polizei, es handle sich bei der Kugel im Funkgerät um die welche das Opfer abgeschossen haben solle, wohl hinfällig. Im Klartext: der Polizist wurde nicht vom 29-jährigen Opfer Mark Duggan angeschossen , alles weitere bleibt vorerst Spekulation.

Mit Sicherheit lässt sich jedoch sagen, dass die Polizei den Polizeieinsatz falsch dargestellt hat und dem Todesopfer die Verantwortung für die „Schießerei“ gegeben hat. Solche (bewusste?) Falschmeldung kennen wir ja auch bereits zu genüge aus Deutschland – Mit dem entscheidenden Unterschied, dass wir hier keine unabhängige Institution haben, die Polizeieinsätze untersuchen kann!

Diese erste Untersuchung wird also den wütenden Menschen einen zusätzlichen Grund geben sich an weiteren sozialen Unruhen zu beteiligen. Die Hauptgründe werden jedoch nicht beim Polizeieinsatz zu finden sein, dieser stellt wahrscheinlich nur ein Ventil für die angestaute Wut dar. Vielmehr haben die Einwohner Londons mit den Auswirkungen der kapitalistischen Krise zu kämpfen. Gerade die an den Auseinandersetzungen zahlreich beteiligten Migranten sind in der britischen Gesellschaft am stärksten diskriminiert und sozial ausgegrenzt. Auch ohne die Wirtschaftskrise sind ihre Perspektiven schon limitiert, mit der selbigen jedoch weiter verschärft. Ihre Wut richtet sich vor allem gegen Sachen, nicht in erster Linie gegen die Polizei – dies belegt die geringe Anzahl an Verletzten und Festgenommen und die hohe Anzahl an Plünderungen und Gebäudebränden. Ob es dabei bleibt wird sich zeigen…

(Noch) nicht beteiligt sind andere gesellschaftliche Gruppen die in England in der j
jüngsten Zeit „sozial unruhig“ waren – da wäre zum einen die „anti-cuts“ Bewegung der Studenten und Schüler, welche durchaus viele versch. direkte Aktionsformen in den vergangen Monaten anwandte, in letzter Zeit aber nicht mehr so viel Aufmerksamkeit erzeugen konnte. Zum anderen gab es erst kürzlich einen großen gewerkschaftlichen Streik in England, an dem sich Zentausende beteiligten. Würden diese Gruppen ihre (vermeintlichen) Unterschiede zugunsten ihrer Gemeinsamkeiten im Kampf gegen die soziale Kontrolle, ungerechter Güterverteilung/Belastung durch Studiengebühren und Steuern sowie Diskriminierung (um nur einige zu nennen) des kapitalistischen Systems hinter sich lassen, so stünde Großbritannien wohl ein heißer Sommer und Herbst bevor. Gelingt es auf der anderen Seite dem Staat und den Medien die Menschen wie bisher als „Krawallmacher“ und „friedliche Demonstranten“ auseinander zu dividieren so war dies nur ein kurzes „Aufflackern“ gegen die soziale Kontrolle – To be continued…

Quelle: http://ch.indymedia.org/de/2011/08/82836.shtml

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