Nur geträumt? Leider nicht!

Selbst der Weltretter James Bond hat das vergangene Jahr nicht überlebt. Dafür sind Abba auferstanden. Und Nena ist als Impfgegnerin in der Timeline aufgetaucht. Ein Rückblick auf 2021.

Quelle: https://jungle.world/artikel/2021/51/nur-getraeumt-leider-nicht

Die krassesten Bilder des Jahres kamen 2021 weder aus Hollywood noch aus Babelsberg. Es waren die Aufnahmen vom Sturm aufs US-Kapitol am Tag der Heiligen Drei Könige. Vor allem der Qanon-Jünger Jake Angeli in seinem surreal-karnevalistischen Aufzug, irgendwo zwischen Mad Max und Jamiroquai, ließ dem Publikum weltweit den Atem stocken: Geschieht das gerade wirklich?! Ist dies das Ende der Welt?! Das Ende Amerikas?! Anzeige

»There once was a ship that put to sea / The name of the ship was the Billy of Tea«, lauten die ersten Zeilen des aus Neuseeland stammenden Walfängerlieds »Soon May the Wellerman Come«, das in der Version des britischen Sängers Nathan Evans etwa zur selben Zeit auf Tiktok einen unfasslichen Hype auslöste und im Januar die europäischen Radiocharts dominierte. Statt packender Live-Events gab’s also wenigstens ein unwirkliches Medienprogramm: Willkommen im Popjahr 2021, in dem James Bond nach zigfach verschobenen Kinostarts in dem Film »Keine Zeit zu sterben« antrat, um genau dies zu tun. Hasta la vista, Daniel Craig!

Wem Danger Dan nicht gefiel, der hing stattdessen womöglich in Michael Wendlers Telegram-Gruppe ab. Der Schlagerstar folgte anderen Chef­schwurblern wie Xavier Naidoo auf ihrem Weg in den kompletten Irrsinn.

Hi Corona, this is Nano

Ein raffiniertes Nanorobotervirus aus russischer Produktion zwingt den infizierten James Bond dazu, sich von Frau und Tochter fernzuhalten, weil der Kontakt mit dem Erreger für die beiden tödlich wäre. Och nee, schon wieder so ein doofes Virus mit nervtötendem Maßnahmenkatalog! Auch der 80jährige (Schwieger-)Vater, mit dem die Autoren dieser Zeilen im Herbst endlich mal wieder ins Kino gehen durften, meinte, die Bond-Filme seien früher viel lustiger gewesen, worauf die Tochter der Verfasser nur die Augen verdrehte und entgegnete, dass die Streifen damals nicht witziger, sondern einfach nur mega­sexistisch gewesen seien.

Die überzeugendste Action-Heldin des Jahres war sowieso eine Frau: Natasha Romanoff alias »Black Widow«. Der Mavel-Film startete im Sommer nach etlichen Anläufen im Kino sowie bei jenem kostenpflichtigen Streaming-Portal, das in diesem Jahr Filmklassiker wie »Das Dschungelbuch« wegen rassistischer Stereotype hinter eine Kindersicherung verbannte. The times they are a-changing.

Viele Teenager fühlten sich in den Blockbuster-tauglichen Gefühls­welten von Olivia Rodrigo, Billy Eilish oder Lana Del Ray (mit gleich zwei Alben) gut aufgehoben. Dabei mussten die Teens auf Discord oder Twitch auch noch die komplette Gamer-Welt im Auge behalten.

Die von Scarlett Johansson dargestellte Natasha, bislang nur sexy Sidekick im Marvel-Universum, erhielt endlich ihre eigene Geschichte. Als Mitglied einer herrlich dysfunktionalen Schläfer-Familie legte sie gemeinsam mit ihrer vermeintlichen Schwester Yelena (großartig: Florence Pugh) ihrem Peiniger das Handwerk. Die »Schwarzen Witwen« wurden wie eh und je von den Russen unfreiwillig zu Kampfmaschinen herangezüchtet. Klar, von wem sonst?!

Davon abgesehen überzeugte Regisseurin Cate Shortland mit einem mehr als blendend aufgelegten Cast, bondwürdigen Action-Szenen und staubtrockenem Humor. Merksatz: »The best part of my life was fake and none of you told me.«

Hello again

Ähnlich erging es womöglich der britischen Soulsängerin Adele. Zwischen ihrem vorigen Album »25« und dem neuen Album »30« hat sie eine Scheidung durchlebt und lässt uns alle daran teilhaben.

Den Auszug aus dem gemeinsamen Haus hat im Video zur ersten Single-Auskoppelung mit dem Titel »Hello« Xavier Dolan gefühlvoll inszeniert. Über 500 000 Schallplatten hat Sony Music allein für die Startauflage von Adeles viertem Studioalbum gepresst. Das sorgte für weiteren Produktionsstau in den hoffnungslos überlasten Presswerken. Der Absatz von Vinyl hat sich während der Pandemie weltweit tatsächlich mehr als verdoppelt! Der mittlerweile im Homeoffice sein Dasein fristende Mensch hat anscheinend verstärkt Lust auf analoge Kontemplation. Da passt es, dass Adele bei Spotify bewirkt hat, den Zufallsabspielmodus als Standardeinstellung bei Alben zu eliminieren.

Die Werke werden also wieder automatisch in der von den Künstlerinnen und Künstlern festgelegten Reihenfolge abgespielt. Das hilft gegen das ungute Gefühl, schon wieder weiterskippen zu müssen. Schließlich erscheinen täglich 60 000 neue Tracks! Das macht locker 22 Millionen Songs im Jahr. Gerade mal zehn davon gehören zum neuen Album »Voyage« von Abba, die 2021 das Pop-Comeback des Jahrtausends für sich beanspruchten. Live soll es, falls die Pandemie es irgendwann wieder zulässt, zu Hologramm-Auftritten kommen – eine interessante Verknüpfung von Retromanie und Zukunftsvision.

Das könnte man auch über die phantastische Serie »Wanda Vision« sagen: Realitätsmanipulationsmeisterin Wanda und ihre große Liebe, der ultraschlaue Android Vision, nahmen uns mit auf einen atemberaubenden und zuweilen irre komischen Ritt durch die US-amerikanischen Sitcoms der vergangenen Jahrzehnte. Eingespielte Lacher inklusive.

In Popdeutschland durfte man sich über das Album eines Künstlers aus Fleisch und Blut freuen: »Alles von der Kunstfreiheit gedeckt« von Danger Dan. Vor allem das juristisch-abgeklärte Titelstück, in dem der Bruce Hornsby des Deutschrap seine Gewaltphantasien in Richtung Kubitschek, Gauland und Co. artikuliert, war zumindest einen Moment lang ein medialer Triumph über Neonazideutschland. Noch nie waren sich Slime und Randy Newman so nahe. Anzeige

Wem Danger Dan nicht gefiel, der hing stattdessen womöglich in Michael Wendlers Telegram-Gruppe ab. Der Schlagerstar folgte anderen Chefschwurblern wie Xavier Naidoo auf ihrem Weg in den kompletten Irrsinn.

»Pure Vernunft muss diesmal siegen« – das selbstironische Posting der Gruppe Tocotronic im Zuge einer Impfkampagne – erreichte über die eigene Bubble hinaus wohl leider kaum jemanden.

Bereits 2020 ließ die Hamburger Power-MC-Lady Shirin David einen gemeinsamen Track mit Xavier Naidoo ob seiner Coronaleugnung aus dem Internet löschen. Hat auch nichts genützt. Im November dieses Jahres veröffentlichte sie mit »Bitches brauchen Rap« ein Album gegen Machos und Peniswahn im deutschen Rap-Mainstream. Apropos Rap-Game: Kanye West brach mit seinem neuen Album »Donda« mal wieder alle Streaming-Rekorde.

Überhaupt gab es neue Rekorde aus Virtualien zu vermelden: unser schönes neues Leben zwischen Inzidenzwerten, Klickzahlen und Kontoständen.

Und zwischendrin taucht ausgerechnet Nena in der eigenen Timeline auf. Sie hatte bei ersten möglichen Konzerten unter 3G- und AHA-Bedingungen ihr Publikum dazu aufgerufen, sich tunlichst nicht an die Vorgaben zu halten, und fiel später in den sozialen Medien äußerst unangenehm auf. Nur geträumt?! Leider nicht.

Helge Schneider, der zu Beginn der Pandemie verkündet hatte, unter solchen Bedingungen nicht aufzutreten, tat es im Juli dann doch, brach sein Konzert in Augsburg jedoch wieder ab. Die geplante Tour danach fiel auch aus: »Helge Schneider sagt Strandkorbkonzert ab«, so lautete eine beliebte Sommer-Schlagzeile 2021.

Die wenigen kleinen Konzerte, die von Sommer bis Herbst unter 3G-Bedingungen stattfinden durften, waren oft so aufregend wie ein Besuch des ZDF-Fernsehgartens. Das Clubpublikum saß mit Maske und viel Abstand im Discolicht, während die PA-Lautsprecher nur auf halber Lautstärke dröhnten. Zwischendrin zog man kurz den Schnutenpulli runter, um mit schlechtem Gewissen von seinem Bierchen zu nippen. Ohne staatliche Subventionen hätte keines dieser Konzerte überhaupt jemals stattfinden können, aber die Bazooka des Finanzministers hatte Power! So wurden 2021 nicht nur unzählige Album-Produktionen, sondern auch viele Live-Konzerte unter der Flagge »Neustart Kultur« gefördert. Zu den erhofften Neustarts kam es aber leider nie. Immerhin sorgte das Erreichen des Bonus-Levels »2G+« für ein paar Wochen für Hoffnung.

Veranstaltungen mussten trotzdem weiter abgesagt oder verschoben werden – kein Wunder bei komplett unterschiedlichen Regeln in nahezu jedem Bundesland. Das brachte alle Booking-Agentinnen und Konzertveranstalter an den Rand des Wahnsinns. Dagegen galt in diesem Land bis Ende November an den vielen anderen Arbeitsplätzen nicht mal die 3G-Regel, und die Menschen aus weiter florierenden Branchen im Freundes- und Bekanntenkreis verabschiedeten sich im Sommer im bumsvollen Flieger in den wohlverdienten Erholungsurlaub nach Griechenland oder Kroatien. An dieser Stelle auch nochmal ein großes Dankeschön für eure tollen Bilder auf Instagram und Co.!

Bingewatching und Arthouse-Glotzing

Einige Menschen entkamen der Pandemierepublik Deutschland in diesem Jahr jedoch nur noch auf Laptop oder Leinwand. Chloé Zhaos hochgelobter und mit Preisen überhäufter Roadmovie »Nomadland« mit einer großartigen Frances McDormand in der Hauptrolle und phantastischen Landschaftspanoramen war dafür ein Paradebeispiel. Der hauptsächlich mit Laiendarstellern gedrehte Film über die Arbeitsnomaden, die seit der großen Rezession 2007 in den USA zwischen Amazon-Lager und Burgerbratbuden durch das Land pendeln, wirkte zwar auf den ersten Blick beinahe dokumentarisch, letztlich wurde das Leben der Wanderarbeiter jedoch zu sehr romantisiert.

Weitaus realistischer als »Nomadland« war die Netflix-Miniserie »Maid«, die auf dem gleichnamigen autobiographischen Roman von Stephanie Land beruht: Eine junge Frau flieht mit ihrer Tochter aus einer toxischen Beziehung und strampelt sich fortan als unterbezahlte Putzfrau ab, um sich und ihr Kind vor einem Leben auf der Straße zu bewahren. Dennoch hat sie kaum eine Chance, dem Teufelskreis der Armut zu entkommen.

Stream des Geldes

Um die Perspektivlosigkeit ging es auch in der vielleicht erfolgreichsten Serie des Jahres: »Squid Game« von Hwang Dong-hyuk. Nach der Serie »Haus des Geldes«, deren endgültiges Finale soeben erschienen ist, warf Netflix somit eine weitere Produktion auf den Markt, die dem kollabierenden Kapitalismus den Spiegel vorhält – und macht damit unfassbar viel Kohle. Derweil diskutieren Schulpsychologen immer noch, ob Grundschulkinder Spiele aus der ultra­brutalen Serie, die eigentlich erst ab 16 freigegeben ist, auf ihrem Schulhof nachstellen dürfen. Jugendgefährdende Netflix-Serien?! Das hat gerade noch gefehlt.

Uneingeschränkt zu empfehlen ist Dennis Villeneuves düster-melancholische Neuverfilmung von »Dune«. Der Regisseur hat aus dem als unverfilmbar geltenden Romanstoff, an dem bereits David Lynch 1984 grandios gescheitert ist, ein überwältigenden Science-Fiction-Epos geformt: Das Publikum wird im ersten Teil einer geplanten Trilogie auf den trostlosen Wüstenplaneten katapultiert, wo Hans Zimmers bombastischer Soundtrack ihm gewohnt zuverlässig das Hirn wegbläst. Wir haben statt des Erlösers Paul Atreides jetzt immerhin Karl Lauterbach.

Pegel der Liebe

Manch einer floh in diesem Jahr gern in den privaten Rausch, genau wie ein paar Lehrer im gleichnamigen Film von Thomas Vinterberg.

Long-Isolation-Drinks genehmigte man sich im Pandemiejahr auch gern zu »Summer of Soul«. Questlove, der Drummer von The Roots, stellte den großartigen Musikfilm über das weitgehend unbekannte New Yorker Festival »Black Woodstock« von 1969 fertig. Unfassbar, dass man das Material der spektakulären Auftritte von Bands wie Sly & The Family Stone, dem blutjungen Stevie Wonder, Gospelkönigin Mahalia Jackson und vielen anderen über 50 Jahre nicht anfasste.

Des Weiteren konnte man sich im 2G-Home-Entertainment mit mittlerweile unzähligen Premium-Abos Musikfilme über die Sparks, Velvet Underground und sogar eine sechsstündige Beatles-Doku, kuratiert von Peter Jackson, ansehen und -hören.

Bei so viel Musik aus vergangenen Tagen und Marvel-Popcorn blieb kaum mehr Zeit für musikalische Neuentdeckungen aus Indiehausen. Dabei gab es unfassbar viel zu entdecken! Allein hierzulande: Sophia Kennedy begeisterte mit ihrem zweiten Album »Monsters«, ebenso das Dream-Pop-Kollektiv »Die neue Leichtigkeit« mit diversen Singles und EPs. Albertine Sarges legte ein kunstvolles Debütalbum vor. Im ­angelsächsischen Raum gab es ein Postpunk-Update von Dry Cleaning, The Weather Station brachten ihr Album »Ignorance« heraus. Und das Popduo Dumbo Gets Mad hatte mit »Things Are Random and Time Is Speeding Up« nicht nur den genialsten Albumtitel des Jahres parat. Auch nicht schlecht gewählt war der Titel »Sprechfunk mit Toten« für die Cosmic-Disco-Kraut-EP von Hildegard Von Binge Drinking.

Viele Teenager fühlten sich in den Blockbuster-tauglichen Gefühlswelten von Olivia Rodrigo, Billy Eilish oder Lana Del Ray (mit gleich zwei Alben) gut aufgehoben. Dabei mussten die Teens auf Discord oder Twitch auch noch die komplette Gamer-Welt im Auge behalten. Im real HipHop brauchte es 2021 eigentlich nur das kunstvoll verschachtelte neue Album von Little Simz, um irgendwie mitzureden zu können: »Sometimes I Might Be Introvert«.

Das aufregendste Stück Popmusik stammte hingegen von Sarah Brand, einer Soziologin mit Hang zum absurden Popexperiment. Ihr Song »Red Dress« ist dermaßen kunstvoll daneben gesungen, dass sie das Lebensgefühl 2021 wunderbar auf den Punkt gebracht hat – die schleichende Missstimmung und den Realitätsverlust an allen Fronten.

Mutationen

Eine deprimierende Parabel auf unsere Zeit war auch die Kriminalkomödie »I Care a Lot«, für die die Hauptdarstellerin Rosamund Pike Anfang des Jahres zu Recht einen Golden Globe gewann. Die von ihr verkörperte Blondine im Stil Alfred Hitchcocks ergaunert sich die Vormundschaft für betuchte Senioren, um sie nach Strich und Faden auszunehmen.

Doch es geht auch anders. Das zeigt die Indie-Regisseurin Kelly Reichardt in einem der besten Filme des Jahres: »First Cow«. In dem Antiwestern freunden sich zwei ungleiche Männer an und setzen der brutalen Realität dieser Ära Freundlichkeit und solidarisches Verhalten entgegen. Ein nachdenklich stimmendes Drama zur Zeit.

Vom neuen Hype um Non-Fungible-Tokens (NFT) wollte Quentin Tarantino profitieren und unveröffentlichte Szenen aus »Pulp Fiction« als digitale Sammelobjekte verscherbeln. Aber seine Filmproduktionsfirma leitete rechtliche Schritte dagegen ein. Andere hatten mehr Glück und konnten Musikvideos und GIFs als Originaldateien verkaufen. Der Kapitalismus mutiert also nicht weniger schnell als das Coronavirus.

Ein paar Dateien hätte man durchaus auch aus dem etwas zu lang ­geratenen Film »Drive My Car« von Ryūsuke Hamaguchi herausschneiden können. Das Drama basiert auf einer Kurzgeschichte von Haruki Murakami: Ein trauernder Theaterregisseur und seine traumatisierte Chauffeurin stellen sich in einem knallroten Saab den Schatten ihrer Vergangenheit. Im dahingleitenden Beichtstuhl hören sie sich Aufnahmen der verstorbenen Frau des Regisseurs an, die für ihren Mann Anton Tschechows berühmtes Drama »Onkel Wanja« auf Band gesprochen hat. Der Schlüsselsatz im vierten Akt lautet: »Man muss etwas tun!«

Wohl wahr. Insgeheim hatte man ja gehofft, dass sich demnächst irgendein Marvel-Held um all die irdischen Probleme kümmern würde. Schade. Zum Trost kann man immer noch »Barn«, das neue (!) Album von Neil Young and Crazy Horse, anhören und frisch geboostert in den Schlusschor einstimmen: »Don’t Forget Love!«

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SMASH WEF – Gemeinsam gegen Krise, Staat und Kapital

15.01.2022 – 18:00

Wir rufen auf zur interregionalen, grossen und unbewilligten Demonstration am 15.1.22 um 18 Uhr am Stadelhofen in Zürich. Gemeinsam gegen Krise, Staat und Kapital!

Seit mehr als fünfzig Jahren kommen Politiker:innen und Vertreter:innen aus verschiedenen Branchen der Wirtschaft nach Davos zum World Economic Forum (WEF). Nachdem letztes Jahr das WEF pandemiebedingt ausfiel, schmückt sich die nächste Ausgabe mit dem Thema «Working Together, Restoring Trust».

Aber wer darf genau ans WEF gehen, wer arbeitet hier zusammen und wessen Vertrauen muss wiederhergestellt werden? Die Eingeladenen sind diejenigen Leute, die während der Pandemie, ohne einen Finger zu krümmen, ihr Vermögen um Abermillionen vergrössert haben. Es sind auch die Leute, die, wie man am letzten Klimagipfel gesehen hat, immer wieder leere Versprechen zur Klimakrise gemacht haben. Die geladenen Gäste stehen nicht für Fortschritt oder irgendeinen Neuanfang nach der Pandemie, sondern für eine Verschärfung der Ausbeutungsmechanismen und somit für die herrschenden Zustände auf der ganzen Welt!

Wir arbeiten nicht mit diesen Menschen zusammen. Wir vertrauen ihnen nicht. Wir sind es, die auch während der Pandemie an vorderster Front weitergearbeitet haben, sei es in den Spitälern oder auf dem Bau oder Zuhause. Wir sind es, die unbezahlte Überstunden geleistet haben und in die Büros mussten, trotz der hohen Ansteckungsgefahr. Unsere Interessen stehen ganz im Widerspruch mit dem Gesülze, das vom WEF kommt. Die Antwort auf die kapitalistische Krise liegt in der Solidarität und diese zeigen wir auf der Strasse!

Während der Klassenkampf am WEF in schöne Worte verwandelt wird, befindet sich die Welt an vielen Orten im Krieg oder steuert darauf zu und das nicht aus Zufall. In vielen Ländern der Welt gibt es einen Rechtsruck und reaktionäre Kräfte nutzen die Gunst der Stunde. Ob der faschistische Angriff der Türkei auf das emanzipatorische Projekt Rojava in Nordostsyrien oder die imperialistischen Interessen von Firmen wie Glencore im Chad: Kapitalismus bedeutet Krieg und Elend auf der Welt.

Das WEF und die Schweiz versuchen den Mächtigen dieser Welt ein ruhiges Hinterland zu bieten, in welchem sie sich ungestört austauschen und präsentieren können. Unser Widerstand richtet sich gegen diejenigen, die sich an Wirtschaftsgipfeln treffen, um Spitäler zu privatisieren, Impfstoffpatente nicht freizugeben und somit die Krise zu verantworten haben und von ihr profitieren. Es ist notwendig die Ruhe in ihrem Hinterland zu stören und etwas gegen das Funktionieren des kapitalistischen Systems zu tun.

Deshalb rufen wir auf zur interregionalen, grossen und unbewilligten Demonstration am 15.1.22 um 18 Uhr am Stadelhofen in Zürich. Gemeinsam gegen Krise, Staat und Kapital!

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Diese Neonazi-Frau hat den Sicherheitsdienst der Massnahmengegner*innen aufgezogen

Quelle: https://www.aufbau.org/2021/12/17/diese-neonazi-frau-hat-den-sicherheitsdienst-der-massnahmengegnerinnen-aufgezogen/

Wir veröffentlichen hier einen Beitrag mit Informationen zur Beteiligung von faschistischen Kräfte der Bewegung der Massnahmengegner_innen. Die Informationen stammen vom antifaschistischen Kollektiv MiliZH unter dem Twitter-Account https://twitter.com/informantifa

Sandra Pesch-Ebert, die Frau von Jarno Ebert, dem bekannten Deutschen Neonazi mit Niederlassung im Kt. Luzern gleist seit dem Sommer ’21 einen Sicherheits dienst der Massnahmengegner*innen auf. Dieser soll die nationalistischen Demonstrationen vor „der Antifa“ schützen. Die neue Männergruppe „WG“, welche aus dieser Überlegung heraus entstand, wurde anfangs u.a. von ihr koordiniert.

Die nationalistischen Demonstrationen der Massnahmengegner*innen und ihre Nähe zu rechtem Gedankengut sind uns schon lange klar. Abgestritten und verharmlost wird das von den Massnahmegegner*innen genau so lange, zum Teil auch mit Erfolg. Aus ihrer Szene kam früher empört die Behauptung, es gäbe gar keine Neonazis an ihren Mobilisierungen. Als klar wurde dass an den Demonstrationen regelmässig bekannte Neonazis auftauchten wurden andere Erklärungen gesucht. Diejenigen von ihnen die nichts mehr auf Optik oder Gesellschaftsfähigkeit geben behaupten jetzt, dass die Neonazis vom Staat oder den „Lügenmedien“ bezahlt werden, um an ihre Demos zu gehen um sie zu diskreditieren. Die, die noch Kontakt zur Realität oder eine PR-Ausbildung haben, sagen eher, dass die Neonazis aus eigenem Willen, aber unverbunden mit dem grösseren Bürgerprotest, einfach auftauchen würden. Danach folgt meistens das Argument, es wäre ja nicht möglich, das auftauchen von Neonazis zu verhindern, denn man sei ja gegen Gewalt, und ausserdem für die freie Meinungsäusserung.

Beide Ausreden haben keinen Realitätsbezug.

Unter dem Pseudonym „Muh Muh Enemenemuh“ mischt Sandra Pesch-Ebert seit mehr als einem Jahr in einschlägigen Verschwörungstheorie- und Impfgegner*innen-Chats gegen die Corona-Massnahmen mit. Sie ist schon am 2. Januar 2021 auf dem Bundesplatz anwesend, an der ersten unbewilligten Samstagsdemonstration, zu der die DNFDP („Die Neue Fick-Dich Partei“) aufgerufen hatte. Ende März fängt sie an, Zusammenstellungen der anstehenden Demo-Termine zu machen, und gründet den Kanal “Demos/Manifs/Protesta/CH” der mittlerweile über 4000 Follower*innen hat. In diesem wird seither zu bewilligten und unbewilligten Demonstrationen gegen alle Massnahmen aufgerufen.

Der Kanal professionalisiert sich schnell. Ende April sind die roten Terminzusammenstellungen mit Schweizerkreuz und allen wichtigen Terminen jede Woche aktualisiert im Kanal. So wird Sandra im Frühling schon zu einer wichtigen Figur der Protestbewegung, sie wird zum Beispiel gebeten anderen, kleineren Kanälen eine Plattform zu geben.

Auf die Abendspaziergänge, die jeden Montag seit April in Luzern stattfinden weist Sandra in ihrem Kanal besonders oft hin. Dort ist sie auch regelmässig – ab und zu auch mit Kinderwagen und in Begleitung ihres Ehemanns, Jarno Ebert.

Jarno Ebert, der 2012 in die Innerschweiz umsiedelte, war vorher eine bekannte Nazi-Szenegrösse in Freital (DE). Als Mitglied des MC Gremium, ein mittlerweile verbotener rechter Motorcycle-Club war er immer wieder in rassistische Attacken sowie in Prügeleien mit der Polizei involviert (1). 2005 war Ebert mutmasslich an einem Angriff auf eine Unterkunft für Migrant*innen in Freital beteiligt, bei welchem mehrere Menschen verletzt wurden (2). In Dresden betrieb er vor 2009 das Tattoo-Studio „Outrage“, welches als einschlägig bekannt war, danach musste er ins Gefängnis, woraufhin er sich warscheinlich zum Umzug in die Schweiz entschied.

Seit 2015 heisst sein persönliches Studio, welches er aus seinem neuen Zuhause in Römerswil LU betreibt, auch wieder „Outrage“. Bei seiner Lohnarbeit im Living Color Studio in Luzern tättowiert er weiterhin Motive wie z.B Schwarze Sonnen. Die T-Shirts seines alten MC, ein sogenannter 1% Motorradclub, trägt er immer noch. Ein Ruhestand oder sogar eine Distanzierung sind in keiner Weise vermutbar.

Sandra und Jarno lernen sich spätestens 2013 kennen, er tättowiert sie, unter anderem mit einem Totenkopf auf der Schulter, Löwen auf dem Schulterblatt sowie mit den Namen ihrer zwei Kampfhunde auf den Fingern, und erzählt dabei warscheinlich viel von seiner Geschichte in den Neonazi-Strukturen in Deutschland. Wie genau das ablief ist nicht mehr rekonstruierbar aber das Resultat ist klar: sie ist genau so überzeugt, und mittlerweile eine sichtbarere Aktivistin als er. So geht sie auch am 10. Juli alleine an die Schlachtfeier zu Sempach, welche der grösste Treffpunkt und wichtigste Termin der Schweizer Faschist*innen ist (3).

Die Anwesenheit an den Demonstrationen überlässt Jarno hauptsächlich Sandra. Er beschränkt sich darauf, in Luzern an Demonstrationen zu gehen, sicher an die grösseren Mobili sierungen am 12.Juni in Basel und am 11.September in Luzern.

Quelle: Twitter Antifa Bern, Jarno Ebert und Sandra Pesch-Ebert in Luzern am 6. Juni

Dort sind auch Freunde von ihm und Sandra: An beide Termine kommt die Junge Tat mit Andy Schnellmann der Kameradschaft Heimattreu, sowie ein altbekannter Luzerner Neonazi: Markus Aregger. Am 12.Juni sind ausserdem noch der Basler René Meister mit Begleitung (beide auch an der Schlachtfeier Sempach fotografiert) und Markus’ Bruder Peter Aregger dabei. Beide Brüder Aregger waren 2018 in Basel an der durch antifaschistischen Gegenprotest verhinderten PNOS-Demo anwesend. Ein grösserer Umschwung von einschlägigen Leuten begleitet sie dann am 11. September, unter anderem der Zürcher alt-GC-Schläger Marcel Hodel, und der Innerschweizer Handörgeler mit Neonazi-tattoos Adrian Zurkirchen, sowie mutmassliche Gäste aus Deutschland.

Warum sind an den beiden Demos auf einmal so viele organisierte Neonazis? Es war antifaschistischer Gegenprotest angekündigt, und Sandras Angebot war es mutmasslich, einen Demoschutz zu koordinieren, da sie gute Kontakte zu Menschen hat die sich gerne mit der Antifa prügeln. Das passiert am 12. Juni in Basel dann auch – eine Gruppe friedlicher Gegendemons trant*innen mit einem Transpi werden tätlich angegriffen und verletzt (4). Auf Videos von diesem Samstag sieht man eine komplette Truppe zusammen laufen, in der Mitte der Demo.

Sandra Pesch-Ebert läuft hinter der Jungen Tat, Jarno Ebert und René Meister in Luzern Quelle: Video aus dem Telegram Kanal FriFreiDem, ein Kanal von Patrick Hofer, der gerne ein Volkstribunal organisieren würde um den Bundesrat zu verurteilen

Sandra Pesch-Ebert an der Schlachtfeier Sempach

René Meister, seine Begleitung und Markus Aregger an der Schlachtfeier
Junge-Tat Mitglieder an der Sempacher Schlachtfeier am 10. Juli Quelle: HabsburgerAntifa

Demoschutz koordiniert Sandra ab dem 12. Juni regelmässig, zum Beispiel in Kreuzlingen zwei Wochen später. Es stellt sich aber schnell heraus, dass bestehende Neonazi-Strukturen personell nicht gut genug aufgestellt sind, um diese nun wöchentliche Aufgabe zu übernehmen. Ausserdem ziehen bekannte, einschlägige Gesichter auch negative Medienaufmerksamkeit auf sich. Zum Glück für sie gibt es aber viele motivierte Männer an den Demos, die nur darauf warteten, organisiert zu werden. Zwei der ersten auf die sie trifft sind Martin „Von Altdorf“ Hofman aus AG und Marco Eisenlohr aus Wattwil SG, zwei gewaltmotivierte regelmässige Teilnehmer der Demonstrationen. Diese gründen im September die Männergruppe WG. Die soll die Trychler und die ganzen Demonstrationen schützen – vor der Polizei und vor der Antifa. Bei beiden passt auch das Gedankengut schon, Martin und Marco teilen in Telegram-Chats immer wieder rechte Inhalte. Marco ist sehr involviert in die Werbung für Demonstrationen und in den Aufbau neuer Chatgruppen. Er tut sich aber auch auf der Strasse hervor – unter anderem war er am 31.09 in angetrunkenem Zustand und in Luzern in eine Konfrontation mit einem Polizisten verwickelt – der Polizist musste daraufhin mit einer Platzwunde abtransportiert werden, Marco wurde verhaftet, woraufhin er selber von der Mehrheit der Massnahmengegner*innen als Antifa-Provokateur abgetan wurde. Dem war aber nicht so, er war zu dem Zeitpunkt theoretisch schon ein Kopf der Anti-Antifa-Schutztruppe.


Marco Eisenlohr (rechts) in Zug an der FuckNWO-Veranstaltung, Quelle: Telegram.
Marco wird in Luzern am 11. September verhaftet. Quelle: 20 Minuten

Über den Herbst kommen immer mehr Männer dazu, wie der Zuger Christoph Felber, der sich im Internet „Big Al“ nennt, oder dem Haustechniker Daniel Bütler aus Muri.


Peter Aregger, links und Daniel Bütler, rechts in Luzern am 12. Juni, Quelle: FriFreiDem/Pa trick Hofe

Am 23. Oktober in Bern ist es schliesslich soweit: Die WG stellt sich auf, um die Funktionen zu übernehmen. Am Anfang bei der Vorbesprechung dabei: Sandra.


Quelle: RheinTV

Die Schutzgruppe professionalisiert sich schnell. Aus einer 15-Personen Schlägertruppe, die im Pulk läuft wird eine Gruppe von etwa 40 Leuten, die mit Knöpfen im Ohr verbunden sind und die in Kleingruppen Spalier um die Trychler laufen. Die Junge Tat ist jetzt nicht mehr ein Hauptpfeiler des Sicherheitskonzepts, obwohl sie an dem Tag auch in Bern anwesend sind. Jetzt übernimmt die WG, auch „Swiss Men’s Club of Freedom 2021“. Diese besteht aus verschiedensten Männern, die sich im Lauf der Proteste rund um die Massnahmen kennengelernt haben. (Es ist unklar, wofür WG steht.)

In dieser “Swiss Men’s Club of Freedom 2021” WGruppe sind noch nicht ausschliesslich Neonazis. Jedes einzelne Mitglied ist aber reaktionär und nationalistisch – und sie alle kennen Sandra Pesch-Ebert ziemlich gut. Einige Mitglieder sind auch selbst sehr gut vernetzt in bestehen de rechtsradikale Umschwünge, und diese Figuren geben zunehmend den Ton an.


Quelle: Instagram

An einem Saufabend in der More Bar&Cigar Lounge in Bubikon ZH am 20.11.21 entsteht ein Gruppenfoto, auf dem die Truppe gut zu sehen ist. Simon Herman, der Thuner selbstbezeichnete „Peripetie- und Junge-Tat Nazi“, der schon lange auf eine rechte radikalisierung der Szene hofft, posiert dort ganz vorne und läuft mittlerweile auch in seiner Freizeit mit WG-Jacke um her. Zuvor war er lange alleine unterwegs, mit PNOS T-Shirts oder, wie er selbst sagt, im neu rechten Label Peripetie.


Simon Herman (links) und Lebensberater Björn Gross. Quelle: Nicole Hammer

Hinter ihm der Basler Michael Karrer, dessen Nutzername „Migelski88“ sicher aufhorchen lässt (88 ist ein Code für Heil Hitler), und der an Demos wahlweise im Trychlerhemd, mit geflammter Schweizerflagge oder eben in WG-Merchandise auftaucht. Noch etwas weiter hinten der Neuenhofer Fabian Iten, mit Iro-Frisur. Dieser fällt an Demos durch seine extrem gewalt bereite Art, aber auch durch seine Anarchieflagge auf. Fabian behauptet, ein Linker zu sein, an geblich war er früher bei der Antifa. Das stimmt nicht, er war lediglich Teil einer Cybergoth-Subkultur und ging an Festivals. Er organisierte 2014 die Montagsdemos in Baden mit, die Teil der sogenannten „Friedensmahnwachen“ waren. Diese waren schon immer von reaktionären, antisemitischen und verschwörungstheoretischen Ideen geprägt. Er selbst ist extrem antisemitisch und glaubt auch an die Verschwörungstheorie, dass jüdische Menschen selbst den Holocaust verübt hätten.

Weiter links (nur im Bild, nicht in der Ideologie) steht der Zürcher Simon Widmer. Er gestaltete die Aufrufe zu unbewilligten Demos in Zürich vor der Abstimmung, auf denen immer das Bild eines Löwens zu sehen war. Der Helvetische Reichsbürger und Flacherdler ist auch Teil dieser Schutztruppe. Ganz vorne in der Mitte der Familienvater Remo Brauchli, neben Martin Hofman dem Mitgründer. Hinter ihnen steht der Zürcher Oberländner Patrick Ledergerber. Er arbeitet bei einem Zürcher Fintech-Unternehmen als Gruppenleiter, und ist fest bei der WG dabei. Ausserdem ist er der Administrator der Telegram Gruppe „Widerstand Zürich“, eine Untergruppe des von Marco Eisenlohr gegründeten Kanals “Kantonswiderstand”. In dieser Gruppe wird immer wieder zu Gewalt aufgerufen, es werden ungehemmt Verschwörungstheorien verbreitet.

Neben Patrick steht Marcel Hedinger, auch “Burschi” genannt. Der Garagist, der in Brunnadern im Neckertal wohnt, ging am 11. Dezember zusammen mit Ignaz Bearth auf seine kleine Reise an den Balaton See in Ungarn um sich mit internationalen Faschist*innen zu treffen und die WG-Truppe zu bewerben. Schon 2015 äusserte er sich abschätzig über Asylsuchende. Vor der WG-Gründung konnte man ihn auch an zahlreichen Demos der Massnahmengegner*innen antreffen, zum Beispiel in Luzern am 12. Juni Arm in Arm mit Yves Sandro Berger, der sich als Kandidat für die Schweizer Demokraten aufstellen liess.


Bild 1: Marcel und Janice am Abstimmungssonntag 28. November in Bern an der Spitze der unbewilligten Demonstration. Quelle: FriFreiDem/Patrick Hofer Bild 2: Marcel und Yves in Luzern am 12. Juni. Quelle: FriFreiDem/Patrick Hofer

Dieses Treffen am Balaton, an das auch Marcel Hedinger reiste ist ein von Ignaz Bearth organisiertes Meetup einer „Deutschsprachigen Gemeinschaft“ in Ungarn. Der Gründer des neurechten Kleiderlabels Peripetie ist eingeladen, sowie andere rechte B-Promis aus Deutschland und Österreich. Nach der Wahlschlappe am 28. November versuchen offenbar rechtsradikale Elemente der sog. Coronabewegung, sich international zu vernetzen, und an Erfolge wie in Wien oder Sachsen anzuknüpfen.


Marcel, „Shipi“, Ignaz und Norbert am Balaton am 11. Dezember. Quelle: Ignaz Bearth Offizi ell

Ein Blick nach Österreich kann ein guter Vorgeschmack davon sein, was in der Schweiz auch passieren könnte: Offene Nationalsozialistische Gruppen wie dort “Wiener Widerstand” und “Die Österreicher” (Zwei Tarnorganisationen der Identitären) oder hier die “Junge Tat” (Eine Nachfolgeorganisation der Eisenjugend) laufen zuerst lange mit, und dann schliesslich, wie kürzlich in Wien geschehen, an der Spitze. Ganz so weit ist es in der Schweiz noch nicht gekommen – dass aber aktiv darauf hingearbeitet wird ist offensichtlich.

Nachtrag:
Nicht im Bild an diesem Tag, aber dafür auf der Strasse dabei sind ein paar andere, wie zum Beispiel der Aargauer Patrick Hurschler. Er war am Fackelmarsch in Bremgarten AG mit WG-Jacke dabei. Er besteht darauf, dass die Massnahmen mit dem Terror des Holocausts gleichzu setzen sind. Eine Aktion von Feminist*innen, die auf patriarchale Gewalt aufmerksam machen wollten kommentierte er mit den Worten “Antifa Gesindel” und mit der Ansicht, dass die Gewalt nur von “Afrikanern” ausginge, welche “bewusst auf Europa geholt wurden“.
Auch oft auf der Strasse dabei ist Janice Brüngger aus Solothurn, der auch diverse rechte Kanäle im Internet betreut, und sich besonders gut mit dem Peripetie-Nazi Simon Herman versteht.

Eine Diversität von verschiedenen Meinungen, wie die WG gegenüber der Aargauer Zeitung behauptet sucht man hier vergeblich – einzig eine Diversität innerhalb eines sehr rechten Spektrums ist erkennbar.

Das Logo der WG mit Lorbeerkranz

Michael Karrer in Rapperswil mit geflammter Schweizerflagge. Quelle: „Shipi“ Telegramka nal

Mitbegründer der WG, Martin Hofman. Quelle: Telegram

Patrick Hurschler und Fabian Iten am Fackelmarsch in Bremgarten. Quelle: AZ

Adrian Zurkirchen in Luzern am 31. Juli, Quelle: Youtube, Remo in Luzern

1:Jarno Ebert dreht frei im Freital http://zope6.free.de/terminal/txt/280905
2:Jarno Eberts Lebenslauf: https://twitter.com/antifa_bern/status/1404044869052608514
3: Dokumentation Schlachtfeier Sempach https://habsburgerantifa.noblogs.org/, Erklärung Bedeutung Schlachtfeier https://www.antifa.ch/medienmitteilung-der-antifa-bern-zur-rechtsradikalen-gedenkfeier-zur-schlacht-bei-sempach-organisiert-von-der-nationalen-aktionsfront-naf/
4:Angriff in Luzern https://www.zentralplus.ch/gegen-demonstranten-haben-angst-strafanzeige-zu-erstatten-2116619/

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18.12.21: Demo gegen Ausschaffung (Wauwilermoos)

Kein Mensch ist illegal! Schluss mit Ausschaffungen!18. Dezember // 12:45 Uhr // Bahnhofplatz Luzern // um 13:30 Uhr gemeinsame Anreise nach Wauwil zur Demo Anstatt geflüchteten oder migrierten Personen ein sicheres und würdiges Leben zu ermöglichen, werden in der Schweiz jedes Jahr Tausende Menschen unter Zwang ausgeschafft. Dahinter steht ein zutiefst rassistisches System: Geflüchteten Menschen wird grundsätzlich mit Misstrauen begegnet, sie werden in «richtige» und «Schein-Geflüchtete» eingeteilt. Folgen davon sind die Illegalisierung, der Verlust praktisch aller Rechte in der Nothilfe, oder zuletzt die Ausschaffung. Wir sagen: Kein Mensch ist illegal! Keine Person sollte jemals an den Ort zurückkehren müssen, den sie verlassen wollten oder mussten. Wir fordern: Bleiberecht für alle!

—–No person is illegal! Stop deportations!December 18// 12.45 PM // Banhofsplatz Lucerne //
At 1.30 PM joint journey to Wauwil for the demoInstead of providing refugees and migrants with a safe and dignified life, thousands of people are forcibly deported out of Switzerland every year. Behind this stands a profoundly racist system: refuges are on principle treated with suspicion, they are divided into “real” and “pretend” refugees. The consequences of this are illegalization, the loss of practically all rights in emergency aid, or finally deportation. We say: No human being is illegal. No person should ever have to return to the place they wanted to or had to leave. We demand: The right to stay for all!

—–Hiç kimse yasa dışı değil! sınır dışı edilmeyi sonlandır. 18. Aralik//13.00’de
Bahnhofsplatz Luzern’de buluşup saat 13.30’de hep beraber Wauwil‘deki eyleme katılacağız Mülteci veya göçmenlerin güvenli ve onurlu bir yaşam sürmelerini sağlamak yerine her yıl binlerce insan İsviçre’de zorla sınır dışı ediliyor. Bunun arkasında ırkçı bir sistem var: Mültecilere genellikle şüpheyle yaklaşılıyor, “gerçek” ve “sahte mülteciler” olarak ikiye ayrılıyor. Bunun sonuçları ise mültecileri yasa dışı ilan etme, acil yardımla ilgili neredeyse tüm hakları ellerinden alma veya nihayetinde sınır dışı edilmesidir.Diyoruz ki: kimse yasa dışı değildir! Hiç kimse istemediği veya ayrılmak zorunda bırakıldığı yere geri dönmek zorunda kalmamalıdır. Talep ediyoruz: herkes için kalma hakkı!

—-ዘይሕጋዊ ዝዀነ ይኹን ሰብ የለን! ደጊም ምጥራዝ ክውገድ ኣለዎ!
18 ታሕሳስ ሰዓት 12.45 Bahnhofsplatz Luzern
ሰዓት 13.30 ጉዕዞና ብሓባር ንሰለማዊ ሰልፊ ናብ Wauwil ኣብ ዓዓመት ብኣሽሓት ዚቝጸሩ ሰባት ስደተኛታት ብሰላም ክነብሩ ኣብ ክንዲ ዝግበረሎም፡ ብድፍኢት እዮም ካብ ስዊዘርላንድ ዝጥረዙ። ኣብቲ ናይ ስደተኛታት መስርሕ ውን ብሓፈሻ ሕማቅ ወይ ዓሌትነት ዝተሓወሶ መስርሕ እዩ ዘሎ። ስደተኛታት ብሓፈሻ ኣዝዩ ሕማቅን ምትእምማን ዝጎደሎ ኣቀባብላ ክግበረሎም እንከሎ፡
ናይ ሓቂ ኸምኡውን ናይ ሓሶት ስደተኛታት ተባሂሎም ካኣ ተመቒሎም ኣለዉ። ሳዕቤኑ ከኣ ዘይሕጋዊ ምግባር ዳርጋ ዅሉ መሰላት ህጹጽ ረድኤት ምጥፋእ ወይ ኣብ መወዳእታ ምጥራዝ እዩ።
ንሕና ካኣ ዋላ ሓደ ሰብ ዘይሕጋዊ ኣይኰነን ንብል!
ዝዀነ ይኹን ሰብ ናብቲ ክገድፎ ዝተገደደ ወይ ክወጽእ ዝመረጾ ቦታ ብዘይምርጭኡ ክምለስ የብሉን። ንሕና ከኣ ኩሉ ሰብ ኣብቲ ዘለዎ ቦታ ናይ ምጽናሕ መሰል ኽህልዎ ጻዊዕትና ነቅርብ ኣለና!

—-Tû kes ne îllegal e! Êdî dersînorkirin nema! 18 Kanûn, seet 13:00 Bahnhofsstrasse Lucerne.
Cûyîna hevbeş ji bo demo li Wauwil di 13:30 de Her sal bi hezaran kes bi darê zorê ji Swîsreyê têne dersînorkirin, li şûna ku penaber an koçber karibin jiyanek bi ewle û bi rûmet bijîn. Li pişt vê pergalek nijadperest a kûr heye: Penaber pir caran bi gumanan têne dîtin, di bin navên “penaberên rast” û “penaberên sexte” de têne dabeş kirin. Encam dersînorkirin, windakirina hema hema hemî mafên alîkariya acîl, û di dawiyê de dersînorkirin in. Em dibêjin: Tû kes ne îllegal e! Divê tu kes nevegerê cîhê ku ew naxwaze an jî cîhê ku ji bo wî xetereyê.
Em daxwaz dikin: Mafê mayînê ji bo her k

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Hinnehmen oder durchdrehen? – Linke Konfusion in der Spätpandemie

Anarchist:innen verbreiten esoterische Impfkritik, Feministinnen treten an Anti-Massnahmen-Demonstrationen auf und an linken Veranstaltungen werden Ausweise kontrolliert. Am Anfang der fünften Corona-Welle zeigt sich: Es ist höchste Zeit, die vergangenen Debatten um emanzipatorische Perspektiven wieder aufzunehmen.

Zuerst erschienen auf: www.ajourmag.ch

Von Julian Freitag und M. Lautréamont.

Als im Frühsommer in der Schweiz die Impfkampagne gegen das Corona-Virus startete, machte sich Erleichterung breit. Die Sehnsucht nach einer Rückkehr zum gewohnten Freizeit-, Konsum- und Arbeitsverhalten war nach über einem Jahr der gesundheitlichen und ökonomischen Ausnahmesituation gross. Durch die Impfung schien alles wieder langsam in gewohnte Bahnen zurückzukehren. Auch viele Linke rechneten mit so etwas wie «Normalität». Soliparties und Plena finden wieder statt, die Polizei löst Demonstrationen nicht mehr unter dem Vorwand der Pandemie-Bekämpfung auf und es treten auch wieder andere Themen in den Vordergrund.

Doch schon einige Monate später muss man konstatieren, dass von einem «Vor-Pandemie-Zustand» keine Rede sein kann. Die reiche Schweiz hat die niedrigste Impfquote in ganz Westeuropa. Dafür sind die Anti-Massnahmen-Proteste grösser als je zuvor. Mit ihnen etabliert sich zum ersten Mal seit den 1990er-Jahren eine kontinuierliche rechte Präsenz auf den Strassen von Schweizer Städten. Gleichzeitig steigen die Inzidenzen wieder an und die Situation im Gesundheitswesen bleibt angespannt.

Auch in der (radikalen und nicht-so-radikalen) Linken knarrt es im Gebälk. Insbesondere die Frage nach der Entscheidungsfreiheit in Bezug auf die Impfung, das Covid-Zertifikat und die Proteste dagegen sorgen für einige Konfusion und legen Widersprüche offen. Debatten um Analyse und Strategie wären sicher zu begrüssen, doch (noch) herrschen Gehässigkeiten und gegenseitige Unterstellungen auf Twitter, Mailinglisten und barrikade.info vor.

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Linke Strategien in der Pandemie

Vor allem zu Beginn der Pandemie gab es durchaus Diskussionen dazu, wie emanzipatorische Strategien und Forderungen aussehen könnten. Die inflationäre Verwendung des Begriffs «Solidarität» im staatlichen Diskurs wurde von Linken mit Argwohn zur Kenntnis genommen. Statt die Solidarität an den Staat zu delegieren, wurde nach einem angemessenen Umgang mit der Pandemie gesucht. Für viele war klar, dass es wichtig ist, die vom Virus ausgehende Gefahr für die Gesundheit, wie auch die ökonomischen Konsequenzen eines Lockdowns für die Proletarisierten ernst zu nehmen und sich dabei nicht auf den Staat zu verlassen. Man war sich zudem weitgehend einig, dass physische Kontakte und damit das Risiko einer Ansteckung reduziert werden sollte.

Auf der Ebene der Praxis hatte die radikale Linke hierzulande zunächst Mühe, sich mit der veränderten Situation zurechtzufinden. Sie schwankte zwischen selbstreferenziellem Aktionismus, Internet-Engagement und direkter Unterstützung von Proletarisierten und Geflüchteten.

Plötzlich standen Aktions- und Organisationsformen, die jahrelang belächelt oder vernachlässigt wurden, wie beispielsweise Basisarbeit in den Betrieben oder solidarische Nachbarschaftsstrukturen, wieder im Zentrum der Diskussion. Der Zusammenschlusses Solidarität gegen Corona rief auf Plakaten zur «kollektiven Verantwortung anstatt staatlicher Zwangsmassnahmen» sowie gegenseitiger Hilfe in Form von Nachbarschaftsstrukturen auf und forderte bessere Arbeitsbedingungen für das Gesundheitspersonal, kostenlose Gesundheitsversorgung für alle, Aussetzung der Mieten und genügend Unterstützung für Arbeiter:innen, Arbeitslose und Geflüchtete. Es wurde allerdings schnell klar, dass es keine gesellschaftliche Kraft gibt, die in der Lage wäre solche Forderungen durchzusetzen. Die fehlende Verankerung der radikalen Linken trat offen zu Tage und der Aufruf blieb ein Schrei ins Leere.

Andere setzten auf Appelle an den Staat. Die Initiative ZeroCovid, die auch in der Schweizer Linken einige Anhänger:innen fand, forderte einen «solidarischen Lockdown von unten», was vor allem die Schliessung der Arbeitsplätze meinte. Daraus entbrannte in der Linken kurzzeitig eine breite Debatte. Alex Demirović warnte davor, dass der Aufruf die autoritären Tendenzen der staatlichen Pandemiebekämpfung verstärken könnte und machte darauf aufmerksam, dass es problematisch sei, im Namen der Wissenschaftlichkeit und der Solidarität Isolation zu propagieren und keine eigene Positionen auf die Strasse zu bringen. Die Gruppe Solidarisch gegen Corona, welche die zahlreichen Kämpfe der Proletarisierten weltweit gegen die wirtschaftlichen und gesundheitlichen Verheerungen der Pandemie dokumentierte, wies darauf hin, dass die Frage danach, wer die Massnahmen gestaltet, durchsetzt und bezahlt nicht einfach als Details abgetan werden können.

Eine Reflexion über die Erfahrungen während der Pandemie hat bisher aber nicht stattgefunden. Das mag auch daran liegen, dass die befürchtete gesundheitliche und ökonomische Katastrophe im eigenen Vorgarten ausgeblieben ist. Es gibt kein spektakuläres Scheitern aufzuarbeiten.

Ausweiskontrolle und Namenslisten im besetzten Haus?

In der aktuellen Diskussion um das Covid-Zertifikat bleibt es in der radikalen Linken bislang recht still. Es stellt sich vor allem die Frage, wie mit der Zertifikatspflicht und dem Contact-Tracing an Veranstaltungen und Partys umgegangen werden soll. Dabei setzen viele linke Räume und Veranstaltungen die Zertifikatspflicht und das Contact-Tracing klag- und kritiklos um. Verständlicherweise ist das Bedürfnis nach sozialen Kontakten gross und es besteht die Notwendigkeit, insbesondere für Anti-Rep Arbeit, finanzielle Mittel zu sammeln. Gerade deshalb wäre es wichtig zu diskutieren, unter welchen Umständen staatliche Massnahmen wie das Covid-Zertifikat oder Contact-Tracing mitgetragen werden sollen. Dabei geht es nicht in erster Linie um «emanzipatorische Hygienekonzepte», sondern darum, die gesellschaftliche Dimension dieser Massnahmen mitzudenken.

Das Zertifikat ist heikel weniger wegen seiner technischen Infrastruktur, sondern weil eine Gewöhnung und Normalisierung von Kontrollen stattfinden kann. Man zeigt regelmässig seinen Ausweis vor und gibt seine Kontaktdaten an, ohne zu fragen, ob das überhaupt sinnvoll ist und ob es Alternativen gibt. Man hat durchaus den Eindruck als hätte die Sensibilität in Bezug auf Datenschutz in den letzten Monaten bei linken Räume und ihren Besucher:innen eher ab- als zugenommen. Auf eine Aufforderung zum Tragen von Hygienemasken wird dagegen meist verzichtet, seit das nicht mehr staatlich vorgeschrieben wird.

Kritik kam indes von anderer Seite: Fankurven aus der ganzen Schweiz wehrten sich diesen Sommer erfolgreich gegen ID-Kontrollen an den Stadioneingängen im Zusammenhang mit der Zertifikatspflicht. Sie befürchteten, dass unter dem Vorwand der Pandemie repressive Massnahmen wie personalisierte Tickets eingeführt würden, die auch nach dem Ende der Zertifikatspflicht bestehen bleiben würden. Die Erfahrung zeigt, dass diese Sorge durchaus begründet ist. Nicht nur in der Schweiz dienen Fussballstadien den Behörden als Labors, in denen repressive Massnahmen erprobt werden, die dann später beispielsweise auch gegen Demonstrationen eingesetzt werden können.

Das Komitee Geimpfte gegen das Covid-Zertifikat argumentiert im aktuellen Abstimmungskampf zudem, dass das Zertifikat eine Scheinsicherheit biete. Mit der Einführung der Zertifikatspflicht seien die meisten Hygienemassnahmen aufgehoben worden, obwohl Zertifikate einfach gefälscht werden könnten und keinen Schutz vor einer Ansteckung böten. Es ist klar, dass dahinter das Interesse des Staates steht, dass der Laden wieder möglichst reibungslos läuft und nicht das Interesse nach Gesundheit der Bevölkerung.

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Individualisierung der Pandemie

Jenseits solcher Detailfragen offenbaren sich aber auch gefährliche Abgründe. Im hitzigen Abstimmungskampf ist es die Sozialdemokratie, die an vorderster Front für das Covid-Gesetz kämpft. Viele Befürworter:innen verkaufen das Covid-Zertifikat als Allheilmittel, welche die Rückkehr zur Normalität ermögliche. Diese Position ist gefährlich und befördert – wie man aktuell vor allem in der sozialdemokratischen Twitteria beobachten kann – autoritäre Reflexe. Da werden ausschliesslich die dummen Impfverweigerer und Zertifikatsgegnerinnen für das Fortdauern der Pandemie verantwortlich gemacht und auch mal darüber sinniert, ob Ungeimpfte noch Anspruch auf ein Intensivbett haben sollten.

In Österreich verhängte die Regierung für kurze Zeit einen «Lockdown für Ungeimpfte» und in den meisten Teilen Deutschlands gilt die 2G-Regel für die meisten öffentlichen Orte. Solche Massnahmen zeigen wenig Wirkung gegen das Virus, sondern steigern vielmehr den Druck auf das Individuum. Der Staat entzieht sich der Verantwortung und schiebt das Fortdauern der Pandemie den Ungeimpften zu.

Das italienische Autor:innenkollektiv Wu Ming kritisiert die Linke dafür, dass sie ausschliesslich vom Virus, aber kaum über das desaströse und ungerechte Pandemie-Management der Regierung sprechen würde. Das italienische Covid-Zertifikat – den sogenannten Green Pass –bezeichnet Wu Ming als reines Propagandainstrument: «Um ihre Verantwortung für das Geschehen zu verschleiern, griff die Regierung zu einer Reihe von Ablenkungsmanövern, die auf dem klassischsten neoliberalen Trick basierten, der bereits vor der Pandemie in Bezug auf Umwelt, Klima und Gesundheit massiv eingesetzt wurde: Jede Verantwortung für die Ansteckungen wurde dem individuellen Verhalten der Bürgerinnen und Bürger zugeschoben.»

Diese Individualisierung der Verantwortung durch den Staat ist auch der Grund, weshalb sich die Basisgewerkschaft SI Cobas gegen den Green Pass wehrt: «Die Regierung und die Bosse interessieren sich nicht für die Gesundheit der Proletarier:innen! Während der Akutphase der Pandemie liessen sie uns zu Tausenden sterben, nur um die Fabriken und Lagerhäuser offen zu halten und weiterhin Gewinne zu erzielen! Jetzt zwingen sie uns den Green-Pass auf, um sich in Sachen Arbeitssicherheit vor der Verantwortung zu drücken. Sie schieben all die Probleme rund um das Virus auf die einzelnen Arbeiter:innen, während das kapitalistische Ausbeutungssystem nicht angetastet wird.»

Im Gegensatz zur italienischen Variante erstreckt sich die Zertifikatspflicht in der Schweiz nicht auf den Arbeitsplatz. Unternehmen können im Rahmen ihrer Schutzkonzepte eine Zertifikatspflicht einführen, müssen dafür aber Gratis-Tests anbieten. Das ist ein wichtiger Unterschied und mag ein Grund sein, weshalb die linke Kritik am Zertifikat bisher ausgeblieben ist. Allerdings ist es doch fraglich, ob angesichts der vehementen Verteidigung bei der sozialdemokratischen und oft achselzuckenden Umsetzung bei der radikalen Linken eine mögliche Ausweitung der Zertifikatspflicht dann nicht doch einfach hingenommen würde. Gut möglich, dass wir uns bald damit befassen müssen.

Anti-Massnahmen-Proteste: Intervenieren oder bekämpfen?

Es gibt aber nicht nur die linken Verteidiger:innen der staatlichen Massnahmen, sondern auch seine falschen Kritiker:innen. Die Bewegung, welche seit einiger Zeit wöchentlich auf die Strasse geht, um gegen das Covid-Gesetz, die Impfung und eine vermeintliche Diktatur zu lärmen, ist in den letzten Monaten immer grösser geworden. Auch einige Linke sympathisieren mit den Anti-Massnahmen-Protesten oder nehmen gar daran teil. Leider werfen sie dabei meist die letzten Reste emanzipatorischer Grundsätze über Bord.

Ein Beispiel für solche Verwirrungen erschien kürzlich auf barrikade.info, dem digitalen Flugblattständer der radikalen Linken in der Deutschschweiz. Die anonymen Autor:innen aus dem Milieu des insurrektionalistischen Anarchismus, legen eine «anarchistische und antiautoritäre» Position zu den aktuellen Pandemie-Massnahmen dar. Die Anführungszeichen sind uns in diesem Fall wichtig, denn die geäusserten Thesen entfernen sich weit von emanzipatorischen Inhalten. Einige Insurrektionalist:innen scheinen seit geraumer Zeit so fest auf ihre starren, subjektiven Ideale fixiert zu sein. dass das, was sie unter Kritik und Analyse verstehen, eher einem Perpetuum Mobile der ideologischen Selbstvergewisserung gleicht, als einer kritischen Auseinandersetzung mit den gegenwärtigen gesellschaftlichen Widersprüchen. Die Devise und das unumstössliche Paradigma lautet dabei ganz lapidar: «Hauptsache gegen den Staat».

Die Autor:innen des Barrikade-Textes fordern zunächst eine Intervention in die Anti-Massnahmen-Proteste. Es folgt der in solchen Fällen übliche Verweis auf die Gilets-Jaunes-Bewegung in Frankreich, bei der anfänglich auch Rechte teilgenommen hätten, die durch linke Kräfte aber herausgedrängt wurden. Sie sind damit nicht die einzigen. Zuletzt sorgte etwa die Gruppe Feministischer Lookdown für Aufsehen, als sie an einer Anti-Massnahmen-Demonstration in Bern eine Rede hielt. Mit dabei war das Schwurbler-Spektrum von den «Freien Linken» über die «Freiheitstrychler», «Bündnis Urkantone» bis hin zu organisierten Neonazis. Auch die Lookdown-Gruppe schreibt, dass man nicht alle Massnahmen-Kritiker:innen als Nazis bezeichnen könne – was im Übrigen gar niemand tut. In Zürich wurde auf einem Transparent dazu lapidar festgehalten: «Wer mit Nazis marschiert, marschiert mit Nazis.»

Doch weder der Feministische Lookdown noch unsere anarchistischen Autor:innen beantworten die entscheidenden Fragen: Wie steht es um die soziale Zusammensetzung der Anti-Massnahmen-Proteste und welche Forderungen werden artikuliert? Welche Teile der Bewegung sind offen für linke Inhalte und Praxis? Wie könnte eine Intervention von linken Kräften aussehen, die die rechten Kräfte schwächen kann ohne sich gegen die Bewegung als Ganzes zu richten?

Um sich diesen Fragen zu nähern, braucht man analytische Begriffe. Hier lohnt sich erneut ein Blick über die Alpen. Wu Ming – deren Interview im Übrigen auch der Feministische Lookdown zur Lektüre empfiehlt – bezeichnet die Bewegung gegen den Green Pass in Italien als «bikonzeptuell»: Die Menschen hätten in der Krise eine Prekarisierung erfahren. Sie wollen sich mit diesen neuen materiellen Bedingungen aber nicht abfinden und halten deshalb an kleinbürgerlichen Werten fest. Obwohl sie also in ihrem politischen Ausdruck bürgerlich seien, könnten Linke sie erreichen, indem sie ihre materiellen Bedürfnisse und ihre Wut aufs System anspreche.

Bei der Betrachtung der Anti-Massnahmen-Proteste in der Schweiz hingegen kann man eine solche Konstellation beim besten Willen nicht erkennen. Aus den Äusserungen der Demonstrant:innen spricht keine Angst vor einem sozialen Abstieg, sondern vielmehr ein Unbehagen über die Eingriffe des Staates in ihre gewohnte Lebensweise. Ausserdem mobilisieren die Proteste primär ein bereits vor der Pandemie vorhandenes Potential an Verschwörungsgläubigen, Esoteriker:innen und rechten Kräfte von christlichen Fundis bis Neonazis. Es ist zu bezweifeln, dass es jemals die Möglichkeit einer linken Intervention gab. Von Beginn an waren Rechte und Neonazis aller Art nicht nur erkennbar dabei, sondern haben die Aktionen aktiv mitorganisiert. Nie sind sie auf Widerspruch oder Widerstand der anderen Demonstrant:innen gestossen. Im Gegenteil wurden regelmässig Passant:innen und antifaschistische Proteste aus den Demonstrationen heraus angegriffen, ohne dass dies zu einer Distanzierung oder Spaltung der Bewegung geführt hätte. Die Proteste wurden immer grösser. Es gibt überhaupt keine Anhaltspunkte dafür, dass es innerhalb der Anti-Massnahmen-Proteste ein Milieu gäbe, welches für linke Positionen auch nur halbwegs offen wäre.

Viel naheliegender erscheint deshalb die Einschätzung des Revolutionären Jugendbündnisses Winterthur (RJBW). Das RJBW schreibt über die Bewegung der Massnahmen-Kritiker:innen: «Die Demonstrierenden rekrutieren sich grösstenteils aus rechtskonservativen Kreisen des Kleinbürgertums. Es gibt aber auch einige Personen, welche sich politisch links der «Mitte» verorten würden. […] Neben patriotischen Stammtischgänger:innen und Freiheitstrychlern, einigen verwirrten Hippies und Esoteriker:innen sind allerdings auch gesellschaftspolitisch gefährlichere Gruppen mit ihren Positionen an den Demonstrationen vertreten. Denn rechtsextreme Kader und Einzelpersonen fühlen sich dort pudelwohl und stossen auf relativ wenig bis gar keine Gegenwehr. So wird ihnen eine Plattform geboten, um sich Wochenende für Wochenende besser vernetzen zu können und ihre Positionen nach aussen zu tragen.»

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Diese Leute kämpfen nicht gegen «den Staat» (einige Insurrektionalist:innen) oder «autoritäre Massnahmen» (Feministischer Lookdown). Sie stellen sich nur gegen die staatlichen Massnahmen, weil sie es als ihre «Freiheit» ansehen, die Pandemie zu verleugnen, sie wollen ungeachtet des Virus weiterarbeiten und konsumieren. Dass es zudem viele Leute und Bewegungen gibt, die sich nur für eine begrenzte Zeitspanne gegen gewisse Auswüchse des Staatshandelns auflehnen, aber selbst eine autoritäre Agenda verfolgen, wird erstaunlicherweise gerade seitens einiger Insurrektionalist:innen ignoriert. Progressive Forderungen, wie etwa diejenige nach einem besser ausgebauten Gesundheitswesen oder nach mehr staatlichen Hilfen gegen die Auswirkungen der Krise – was die Gruppe Feministischer Lookdown propagiert – sucht man hingegen vergebens.

Die Freiheit des atomisierten Individuums

Beschäftigt sich man sich aber ein bisschen näher mit den Ausführungen unserer Barrikade-Insurrektionalist:nnen, fallen durchaus auch ideologische Überschneidungen mit den rechten Massnahmen-Gegner:innen auf. Beide Seiten stellen die Begriffe «Freiheit» und «Selbstbestimmung» des Individuums in den Mittelpunkt ihrer Politik. Sie hängen dabei einem neoliberal deformierten Freiheitsbegriff an, welcher das Soziale, die gesellschaftlichen Bedingungen völlig negiert. Man findet kein Wort über die Gefahr des Virus, keine Bemerkung zur Notwendigkeit des Infektionsschutzes, keine Empathie gegenüber denen, die daran erkrankt oder gestorben sind.

Die Betonung der Freiheit erfüllt in diesem Fall den Zweck, sich nicht mit der Gesellschaft auseinandersetzen zu müssen und die Verantwortung von sich zu schieben, wie es Klaus Klamm in diesem Magazin bereits ausgeführt hat: «Sie wollen ihre Willkür partout als Freiheit verstanden wissen, weil sie selbst nichts verstehen wollen. Es ist aber keine Freiheit, andere ins Grab zu husten, sondern die Zerstörung der Grundlagen der Freiheit: Mitmenschen, Gesundheitssystem, Solidarität.» Bei Kleinbürger:innen und Rechten ist diese Haltung Kern der politischen Ideologie. Dass sie von gewissen anarchistischen Strömungen übernommen wird, ist zwar nichts Neues, aber doch immer wieder irritierend.

Ein emanzipatorischer Begriff der Freiheit versteht das Individuum als soziales Wesen, dass von anderen Individuen nicht getrennt, sondern unmittelbar mit ihnen verbunden ist. Selbstbestimmung ist nur in einem gesellschaftlichen Zusammenhang möglich, der die herrschende Atomisierung der Individuen in der bürgerlichen Gesellschaft aufhebt. Der Kampf für die Freiheit ist also der Kampf für Solidarität im Sinne der gegenseitigen Hilfe, der kollektiven Selbstorganisation und des Zusammenhaltes der Unterdrückten im Kampf gegen die herrschenden Verhältnisse.

Impfung ist keine Privatsache

Dieselbe Verwirrung – und damit sind die Autor:innen des Barrikade-Textes leider nicht alleine – zeigt sich auch in der Frage der Impfung. Die individualanarchistischen Autor:innen pochen auf die Freiheit, sich für oder gegen die Impfung zu entscheiden. Aber auch hier muss man fragen: Was soll das für eine Freiheit sein, bei der ein Mensch eine völlig uninformierte Entscheidung nach Bauchgefühl treffen kann (beziehungsweise muss), die sein Umfeld kritiklos hinzunehmen hat?

Die Krux bei der Impfung ist, dass die persönliche Entscheidung Konsequenzen für andere Menschen hat. Infektionskrankheiten zeichnen sich eben genau durch ihren sozialen Charakter aus. Sie sind schnell, leicht und flächendeckend übertragbar. Zu deren Eindämmung braucht es gegenseitige Rücksichtnahme, unter anderem in Form einer Impfung. Sie minimiert das Risiko von Ansteckung, Übertragung und schweren Verläufen. Je geringer die Verbreitung des Virus, desto geringer die Gefahr von neuartigen Mutationen. Insofern ist es völlig legitim, dass eine Debatte darüber stattfindet. Linke sollen gegenüber ihren Freund:innen, Mitbewohner:innen und Genoss:innen Rechenschaft über ihre Impfentscheidung ablegen. Das heisst, dass man innerhalb linker Zusammenhänge eine Entscheidung für oder gegen die Impfung rechtfertigt. Und auch wenn die Impfung kein Allheilmittel ist, spricht nach aktuellem Wissensstand alles für die Corona-Impfung: Sie ist sicher, sie ist gratis, sie schützt einen selber und vor allem auch andere und die Nebenwirkungen sind im Vergleich zu einer Covid-Erkrankung vernachlässigbar. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Forderung nach «Entscheidungsfreiheit» primär von denjenigen Personen kommt, die sich nicht impfen lassen und das auch nicht begründen wollen.

Dieselbe Verwirrung – und damit sind die Autor:innen des Barrikade-Textes leider nicht alleine – zeigt sich auch in der Frage der Impfung. Die individualanarchistischen Autor:innen pochen auf die Freiheit, sich für oder gegen die Impfung zu entscheiden. Aber auch hier muss man fragen: Was soll das für eine Freiheit sein, bei der ein Mensch eine völlig uninformierte Entscheidung nach Bauchgefühl treffen kann (beziehungsweise muss), die sein Umfeld kritiklos hinzunehmen hat?

Die Krux bei der Impfung ist, dass die persönliche Entscheidung Konsequenzen für andere Menschen hat. Infektionskrankheiten zeichnen sich eben genau durch ihren sozialen Charakter aus. Sie sind schnell, leicht und flächendeckend übertragbar. Zu deren Eindämmung braucht es gegenseitige Rücksichtnahme, unter anderem in Form einer Impfung. Sie minimiert das Risiko von Ansteckung, Übertragung und schweren Verläufen. Je geringer die Verbreitung des Virus, desto geringer die Gefahr von neuartigen Mutationen. Insofern ist es völlig legitim, dass eine Debatte darüber stattfindet. Linke sollen gegenüber ihren Freund:innen, Mitbewohner:innen und Genoss:innen Rechenschaft über ihre Impfentscheidung ablegen. Das heisst, dass man innerhalb linker Zusammenhänge eine Entscheidung für oder gegen die Impfung rechtfertigt. Und auch wenn die Impfung kein Allheilmittel ist, spricht nach aktuellem Wissensstand alles für die Corona-Impfung: Sie ist sicher, sie ist gratis, sie schützt einen selber und vor allem auch andere und die Nebenwirkungen sind im Vergleich zu einer Covid-Erkrankung vernachlässigbar. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Forderung nach «Entscheidungsfreiheit» primär von denjenigen Personen kommt, die sich nicht impfen lassen und das auch nicht begründen wollen.

Die Impfskepsis ist selten rational begründet, sondern rührt zumeist aus religiösen, esoterischen oder sonstigen antimodernistischen Vorstellungen her. Politische Impfkritik kommt historisch primär von rechts. Darum ist es auch kein Zufall, dass deutschsprachige Regionen die tiefste Impfquote Europas aufweisen. Eine emanzipatorische Linke sollte solchen Vorstellungen mit Aufklärung entgegnen und sie insbesondere da bekämpfen, wo sie sich politisch ausdrückt und die Gesundheit und Selbstbestimmung anderer gefährdet. Dass von Impfgegner:innen die Parole «my body, my choice» zu hören ist, ist also nicht nur zynisch, sondern verdreht die Verhältnisse komplett.

Eine linke Position sollte alle Leute dazu zu motivieren, sich impfen zu lassen und gleichzeitig einen Zugang zur Corona-Impfung für alle fordern. Das schliesst auch an Kampagnen für internationale Impfgerechtigkeit und Freigabe der Patente an, denn während hierzulande die Booster-Impfung langsam an Fahrt aufnimmt, warten weltweit Millionen von Menschen immer noch auf ihre erste Impfung. Das heisst natürlich auch, die Bedenken der Menschen ernst zu nehmen und in politische Forderungen einfliessen zu lassen. Statt Gratiskonzerte mit abgehalfterten Popsternchen auf dem Bundesplatz würde es sich etwa anbieten, bezahlte Freitage zu fordern, um sich impfen zu lassen und von allfälligen Nebenwirkungen erholen zu können. Auch die Wiedereinführung von Gratis-Tests sollte auf einer linken Agenda stehen, genauso wie die Kritik der Ökonomisierung des Gesundheitswesens und die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen.

Eine solche Position schliesst es nicht aus, Proletarisierte, die aus welchen Gründen auch immer nicht geimpft sind, gegen die Angriffe des Staates und der Bosse zu verteidigen, wie die bereits erwähnte Basisgewerkschaft SI Cobas angesichts der Zertifikatspflicht am Arbeitsplatz in Italien betont: «Wir haben von Anfang an die Wichtigkeit von Impfungen hervorgehoben und stellen uns entschlossen gegen Impfverweigerer. Doch wenn sich auf den Arbeitsplätzen nichts ändert, hat die Impfung nur eine minimale Wirkung und wir können nicht akzeptieren, dass nicht geimpfte Leute keinen Lohn erhalten und sich ihre Lebensbedingungen verschlechtern.»

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Wissenschaftskritik muss materialistisch sein

Dieses Plädoyer für die Covid-Impfung soll nicht heissen, dass man der Pharmaindustrie, den staatlichen Zulassungsbehörden oder der medizinischen Forschung kritiklos vertrauen sollte. Wissenschaftliche Forschung und pharmazeutische Produktion erfolgen unter kapitalistischen Bedingungen. Sie orientiert sich an der Möglichkeit zur Profitmaximierung und nicht primär an den menschlichen Bedürfnissen. So weit, so banal.

Erkenntnis und Wissen können nicht von den Herrschafts- und Machtstrukturen abstrahiert werden. Unter den gegebenen gesellschaftlichen Verhältnissen steigern Wissenschaft und Technik die dem Kapitalismus intrinsisch angelegten Destruktivkräfte. Die moderne Wissenschaft ebnete nicht nur den Weg zur Industrialisierung und der fortschreitenden Beherrschung und Zerstörung der Natur, sondern auch für die barbarischen Kriege des 20. Jahrhunderts. Wissenschaft und Technik unterliegen der «instrumentellen Vernunft» – wie Horkheimer und Adorno sie nannten – das heisst sie sind zweckrational orientiert und zementieren die gegebenen Herrschaftsverhältnisse.

Einer kritischen Auseinandersetzung mit den Wissenschaften geht es nicht nur um die historische und strukturelle Einbettung und um die finanziellen und militärischen Interessen des Wissenschaftsbetriebs, sondern auch um die ideologische und disziplinarische Funktion der Wissenschaft. Viele einschneidende Massnahmen in verschiedenen Ländern, wären nicht so passiv hingenommen worden ohne den scheinbar objektiven Diskurs der Virolog:innen und Epidemolog:innen.

Dennoch ist es falsch, die Ablehnung der Vernunft mit dem Widerstand gegen die Herrschaftsverhältnisse zu verwechseln. Im Gegenteil wohnt der Vernunft auch das Potential der Kritik inne. Eine Kritik an den Wissenschaften, ihren Erkenntnissen und Resultaten muss sich auf ihren Diskurs beziehen. Falsch ist die Annahme, dass jegliche:r Wissenschaftler:in oder jede wissenschaftliche Arbeit oder Diskurs per se falsch oder nutzlos ist. Dasselbe lässt sich auch über die Pharmaindustrie sagen: Trotz berechtigter Kritik an ihrem Gebaren, muss man feststellen, dass sie Medikamente produziert, die für viele Menschen überlebensnotwendig sind oder das Leben massiv erleichtern.

Bereits früher haben wir die anarchistische Wissenschaftsfeindlichkeit kritisiert. Diese hat «mehr mit Verschwörungstheorien gemein als mit Bakunin. Dieser kritisierte zwar die unhinterfragte Autorität und Machtposition der Wissenschaft, gestand aber trotzdem ein, dass es Leute gibt, die in einem bestimmten Gebiet über mehr Wissen und Erfahrung verfügen als andere. Daraus folgt nicht, dass man sich unüberlegt der Expertise eines anderen zu unterwerfen hat, sondern, dass sich die eigene Position in der Auseinandersetzung mit Argumenten und verschiedenen Positionen entwickeln sollte. Eine Haltung, die davon ausgeht, dass alles, was nach institutionalisierter Autorität riecht, per se falsch ist, kann damit nicht begründet werden.»

Es ist unredlich, mit Kritik an Wissenschaft und medizinischer Forschung unter kapitalistischen Bedingungen einen quasi-religiösen Antimodernismus zu legitimieren. Ebenso falsch ist es, durch das Verharmlosen der Pandemie und ihren gesundheitlichen Konsequenzen und mit einem Verweis auf die «Natur des Menschen» dem Sozialdarwinismus das Wort zu reden. Genau dies geschieht jedoch, wenn etwa im Barrikade-Text geraunt wird, dass Menschen durch den Konsum von medizinischen Lösungen den Bezug zum eigenen Körper und zur Natur verlieren würden. Unsere «antiautoritären» Autor:innen sind hoffentlich auch dafür, dass alle Menschen ungeachtet ihrer körperlichen Verfassung ein angenehmes Leben führen können. Da gehört es eben oftmals dazu, dass sie ihrem Körper und der «Natur» immer mal wieder ein Schnippchen schlagen und nicht an jedem Infekt einfach sterben.

Eine emanzipatorische Position will kapitalistische Produktivkräfte, Technologien und Medizin nicht planlos und umfassend zerstören, sondern sie den kapitalistischen Zwängen entziehen und in den Dienst der Menschheit stellen. Natürlich gibt es auch Technologien und Produktivkräfte, die nicht mit einem emanzipatorischen Projekt kongruieren. Doch dort, wo sie das Leben und die (Nicht)-Arbeit der Menschen leichter machen, sind sie sicher begrüssenswert.

Warten auf Godot

Unter Linken war zu Beginn der Pandemie so etwas wie Euphorie zu spüren: Es schien möglich, dass die deutliche Sichtbarmachung der gesellschaftlichen Widersprüche zu einer breiten emanzipatorischen Mobilisierung führen könnte. Daraus wurde bald Lethargie, nur um später der Ohnmacht und der Konfusion den Weg zu ebnen. Kritiklose und affirmative Haltung gegenüber dem Staat und realitätsverdrängender Nihilismus sind dabei zwei Seiten derselben Medaille.

Einige Insurrektionalist:innen scheinen Mühe zu haben, die gesundheitliche Dimension der Pandemie zu verstehen. Verbalradikalismus und religiös aufgeladene Bilder eines Schiffes, dass Richtung Freiheit gelenkt werden muss, die am Horizont als Erlösung erschient, sind mehr als bloss pathetisch – die Analyse dahinter ist regressiv und autoritär, weil das Leben von Menschen ungeniert herabgesetzt wird. Wie ernst soll eine Position genommen werden, die zwar vorgibt eine kritische Haltung gegenüber dem wissenschaftlichen Diskurs und dem Staat einzunehmen, aber keine Perspektive zu bieten hat ausser dem Rückzug auf ein abstraktes Individuum innerhalb einer falschen Freiheit, gekoppelt an die Relativierung oder gar Leugnung der Pandemie?

Global betrachtet ist die momentane Lage vielleicht nur der Auftakt zu widersprüchlichen Zeiten. Der Autoritarismus erscheint in Gestalt der Individualisierung gesellschaftlicher Konflikte. Dadurch wird das Kapitalverhältnis zementiert. Deshalb darf der Autoritarismus nicht bloss auf den Staat reduziert werden, er zeigt sich auch im autoritären Charakter moderner Individuen, in der Pseudorebellion gegen die staatlichen Massnahmen und dem Zynismus einer atomisierten Freiheit. Es ist deshalb notwendig, an denjenigen Ansätzen anzuknüpfen, die die gesundheitliche Dimension der Pandemie ernst nehmen, ohne dabei die ökonomischen, repressiven, politischen und sozialen Verwerfungen gewissermassen als «pandemische Nebenwidersprüche» abzutun.

Es gilt eine kämpferische, solidarische Perspektive und eine Praxis der gegenseitige Hilfe zu entwickeln: Basisarbeit und Strukturen, die nicht nur an die Lebensrealität der Menschen anschliessen, sondern auch eine sichtbare linke und antiautoritäre Position auf die Strasse bringen. Wir werden in zukünftigen Kämpfen solche Strukturen dringend benötigen. Denn auch die postpandemischen Zeiten, werden voller Verwerfungen sein. Sollte so was wie eine Normalität die nächsten Jahre zurückkehren, wird sie von trügerischer Natur und kurzer Dauer sein.

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No Frontex!

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Hell Bells für Eidgenossistan

Spätestens seit Bundesrat Ueli Maurer im „Freiheitstrychler“-Gewand seinen rechtspopulistischen Auftritt hatte, sind die Trychler*innen in aller Munde. Seit Monaten tauchen sie an Schwurbeldemos auf und bringen Verschwörungsgläubigen und Rechtslibertären die (reaktionäre) Kraft der Urschweiz. Kling, Glöcklein, klingelingeling für Eidgenossistan? Eine kleine Rundschau.
(Megafon, Die Zeitschrift aus der Reitschule Bern, Nr. 473 Nov 2021)

Seit Herbst 2020 lärmglocken die „Freiheitstrychler“ (Enzian-Edelweiss-Schweizer Kreuz-Logo) sowie die im Juli 2021 von FT-Dissident*innen gegründeten „Helvetia Trychler“ (Helvetia-Logo) an Schwurbel-Demos in der ganzen Schweiz. Innerhalb der Anti-Corona-Massnahmen-Demo-Bewegung geniessen die ca. 250-300 Trychler*innen „urschweizerischen“ Kultstatus – einige Szenegrössen wie Ex-Radrennfahrer und Bundesverfassungsapokalypseprediger Albert Knobel oder Hundeverhaltensberater, Livestreamer und Trychler-Bodyguard Chrigi Rüegg sonnen sich gerne im Glockenglanz der „Freiheitstrychler“. Die Mehrheit der traditionellen Trychler-Vereine der Schweiz hingegen sehen die beiden Gruppierungen eher kritisch und befürchten zum Teil verheerende Folgen für das Brauchtum und/oder negative Reaktionen aus der Bevölkerung gegenüber unpolitischen Trychler-Gruppen.

Glockenpower für das Schwurbelglück

Einen Teil ihres mythischen Ruhms verdanken die „Freiheitstrychler“ ihrem Auftritt an einer Schwurbel-Demo im April 2021 in Altdorf, als sie – in der Wahrnehmung der Demoteilnehmenden – wie die Kavallerie die Polizeireihen durchbrachen, so dass der Weg zum „heiligen“ Wilhelm Tell-Denkmal frei wurde. Dass sie dabei von den überraschten Polizist*innen mit Pfefferspray geduscht wurden, schuf zusätzlich einen Märtyrer-Mythos à la Winkelried. Oder wie es der rechtslibertäre StrickerTV-Betreiber Daniel Stricker euphorisch ausdrückte: „Das isch d Schwyz, das isch d Schwyz!!!“.

Sechs Monate später: Albert Knobel berichtet der Szene-„Journalistin“ Nicole Hammer in einem Videointerview von diesem Tag, referiert über das Willhelm Tell-Denkmal, beklagt die Gummischrot-Salven der Berner Polizei, die ihn Tage zuvor am Rücken getroffen und seine Schweizer Fahne zerstört hätten. Zum Abschluss segnet er seine neue Schweizer Flagge am Denkmal und zitiert ehrfürchtig aus der Bundesverfasung.

Für Herrgott und Bundesverfassung

Nicht nur Knobel, sondern auch die beiden Trychler-Gruppen berufen sich auf die Bundesverfassung bzw. auf die schon fast „heilige“ Pflicht, diese zu „schützen“ und zu bewahren sowie angebliche und reale Einschränkungen der Grundrechte zu bekämpfen. Seit Altdorf habe mensch keine Angst mehr. Und was die Versammlungsfreiheit betrifft ist zu vermuten: Legal, illegal, scheissegal. Es geht ja schliesslich gegen „die Diktatur“.

Die höchste Macht im Land sind in ihrer Propaganda der Herrgott und die Präambel der Bundesverfassung. Um das zu unterstreichen wurden in Urnäsch AR im Mai 2021 Trycheln und Trychler*innen feierlich von einem Pfarrer gesegnet. Dies in Anwesenheit von Szene-„Promis“ wie Albert Knobel, dem von Bern nach Zug ausgewanderten Ex-Videoapotheker Stefan Theiler (mit Einzel-Kuhglocke), Nicole Hammer oder dem Telegram-Star „Shipi“. Für die Teilnehmenden ein „Volksfest“, an dem wie so oft, inbrünstig. die Nationalhymne mit Panflöte-Begleitung gesungen wurde.

Viele Trychler*innen und ihr Umfeld scheinen von einer schon fast apokalyptischen Weltlage auszugehen – unter anderem genährt durch die üblichen Verschwörungserzählungen – welche nur durch „ureidgenössische“ Gegenwehr abgewendet werden kann. Im Youtube-Video „Die Formierung der Freiheitstrychler“ vom Juni 2021 wird das ausführlich dokumentiert.

Trycheln im Kessel

So kämpferisch sich die „Freiheitstrychler“ geben – manchmal sind sie und andere Schwurbler*innen im Umgang mit grösseren städtischen Polizeien und deren repressiven Massnahmen ein bisschen naiv und tollpatschig. Was für ihr Fussvolk gefährlich werden kann. So treffen sich in Bern regelmässig einige Trychler-Kleingruppen gerne auf dem Bahnhof-Parking oder beim Bärengraben und wundern sich dann total empört, dass sie eingekesselt werden. Auch was Polizeiwaffen wie Gummischrot/-geschosse oder Pfefferspray angeht, ist viel Unwissen und mangelnder Selbstschutz zu beobachten. Viele scheinen bei Kontrollen oder Vernehmungen noch nie was von Aussageverweigerung gehört zu haben, sie sind sehr gesprächig, wollen die Polizist*innen bekehren und geben sogar ihre Telefonnummern an (muss mensch nicht) – manchmal für alle gut hörbar mitten im Livestreamen. Ein Freudenfest für den Nachrichtendienst.

Was für sie Bundesrat Alain Berset auf Bundesebene ist, ist für sie der städtische Sicherheitsdirektor Reto Nause auf städtischer Ebene: Ein Hassobjekt. Dass im Hintergrund noch die auffällig stille RGM-Stadtregierung und vor allem der kantonale Sicherheitsdirektor und Hardliner Philippe Müller eine Rolle spielen, ignorieren sie.

Übergriffige Tendenzen

Es gibt im Umfeld der „Freiheitstrychler“ einen bärtigen Typ in Tracht und mit Armbrust bewaffnet, der oft an Schwurbel-Demos auftaucht. Dieser sieht ein bisschen aus wie Marccel Strebel, dem wohl bekanntesten Innerschweizer Rechtsextremist und Sturmgewehrfreund der 1980/90er-Jahre. Aber weder der Armbrust-Mann noch die Trychler*innen sind so krass übergriffig drauf wie Strebel, der 2001 in Burgdorf von einem Bekannten in Notwehr mit einem Sturmgewehr erschossen wurde.

Die Übergriffigkeit der „Freiheitstrychler“ und der „Helvetia Trychler“ zeigt sich eher in ihrer permanent-nervigen Lärmglockigkeit – ein Wunder, hat das sonst hyperaktive Lärmbeschwerden-Bürgertum noch nie wegen ihnen interveniert. Aber vor allem zeigt sie sich in ihrem missionarischen Eifer, der Ansicht (nur) sie als „Urschweizer“ würden die „Wahrheit“ (er)kennen, (nur) sie könnten die Bundesverfassung (welche in den letzten Jahrzehnten an Abstimmungen in der Vergangheit von derselben „Urschweiz“ immer wieder abgelehnt wurde) verteidigen und nur sie könnten „die Schweiz“ vor Bundesrat und (Pharma-)Konzernen retten. Das gibt Anlass zur Besorgnis. Vor allem, wenn irgendwelche erzkonservativen Mythen über Rütli, Eidgenossenschaft und allerlei Schlachten mit kruden Verschwörungstheorien vermischt werden.

Diese psychische und physische Übergriffigkeit passt bestens zum Rest der Bewegung. „Freunde der Verfassung“, „Stiller Protest“, „Mass-Voll!“, „Aktionsbündnis Urkantone“, „Freie Linke“ und wie sie alle heissen, sind genauso grössenwahnsinnig, verschwörungsgläubig, missionarisch und übergriffig drauf wie die Trychler-Bewegung(en). Die diversen Führungsfiguren, Alpha-Macker*innen und Menschenfänger*innen profitieren dabei von manchmal leicht manipulierbaren oder eventorientierten Menschen, die dem „Widerstand“ angehören möchten.

Agglo-Partisan*innen

Die bunte Mischung von radikalisiertem Mittelstand, Rechtslibertären, (Alt-)Hippies, Esoteriker*innen, Desperados, Verschwörungsgläubigen, Impf-Gegener*innen, Möchtegern-„Volks“-Lokaltribun*innen, SVP-Dissident*innen, Rechtsradikalen, Feld-, Wald- und Wiesen-Irrationalen sowie Trychler*innen ist zwar manchmal lustig anzusehen, aber ihr latenter Hass auf alle, die nicht so schwurbeln wie sie, ist bedenklich. Die Übergriffe gegen Impfbusse oder Impfaktionen, die diversen, ab und zu auch umgesetzten Gewaltfantasien gegen Behörden oder der absurde Szene-Trend überall „die Antifa“ am Werk zu sehen, lässt erahnen, dass das reaktionäre Gedankengut und die in der Luft liegende Gewaltbereitschaft nicht nur Einzelner jederzeit eskalieren könnte.

Auch in Bern gibt es dafür Beispiele: Der rechtsoffene Velomech, Ex-Video-Streamer („Einer für viele“) und Möchtegern-„Partisan“ Tom K. aus Agglo-Bern hat kürzlich auf Telegram empfohlen, die hiesigen „Partisanen“ sollten sich die Jurassische Hymne anhören und sich ein Beispiel am erfolgreichen Kampf der separatistischen Béliers nehmen. Auf den ersten Blick ein guter Ansatz: Im Jurakonfllkt gab es ausser einem Selbstunfall beim Bombenlegen keine Toten. Allerdings auch nicht wenige potentiell lebensgefährliche Brand- und Sprengstoffanschläge. Tom K. plante nach der Demo von 23.9.2021 angesichts der harten Berner Verhältnisse ein Sanitäts- und Security-Team aufbauen Er ist Symphatisant der „Freiheitstrychler“ und kritisiert die „Helvetia Trychler“. Und er hasst „Mass-voll!“-Rimoldi. Wenigstens das.

Fazit: Die Schwurbel-„Bewegung“ und somit auch die Trychler-Gruppen müssen angesichts ihres destruktiven Potentials weiterhin im Auge behalten werden. Ansonsten wachen wir bald alle in Eidgenossistan auf.

Hans Dampf

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Demo gegen Landraub und Unterdrückung



In Zürich findet am 13. November 2021 eine internationalistische Demo gegen Landraub und Unterdrückung statt. Besammlung ist 13.30 Uhr Ni una menos Platz (ehemals Helvetiaplatz). Die Demo ist bewilligt.

Multinationale Konzerne wie Glencore, Nestlé und internationale Banken sind verwickelt in Landraub und Unterdrückung auf der ganzen Welt. Die Konzerne und Banken machen sich die Tatsache zunutze, dass es sich jeweils um Länder mit korrupten Regierungen und oft auch militärischen Konflikten handelt.

Wir sind ein breites Bündnis von Leuten aus verschiedenen betroffenen Ländern und rufen zur Demo auf hier im Herzen des globalen Kapitalismus.

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6. November 2021 Weltkobanetag in Basel

Am 06.11 findet in Basel der Weltkobanetag statt. Neben einer grossen Demonstration gibt es auch ein politisches und kulturelles Programm. Genauere Infos folgen.


Weltkobanetag 2021 – Widestand heisst leben

Kobanê. Der Name dieser Stadt in Rojava steht heute als Synonym für Hoffnung und Widerstand. Die bewaffnete Bevölkerung von Kobanê schlug 2014 nach monatelangen Kämpfen den „Islamischen Staat“ zurück. In einer scheinbar aussichtslosen Situation kämpfte die Bevölkerung angeführt vom Mut und Widerstand der Frauen gegen den IS. Mit dem Sieg in Kobanê wendete sich das Blatt und die kurdische Freiheitsbewegung befreite Gebiet für Gebiet von der Terrorherrschaft des IS.
Gleichzeitig gingen hunderttausende Menschen weltweit auf die Strasse, weil sie erkannt hatten, dass in Kobanê nicht nur um eine Stadt gekämpft wurde, sondern um grundlegenderes. Kobanê steht für die Verteidigung von Menschlichkeit und die feste Entschlossenheit, dass eine revolutionäre Perspektive inmitten dieser Zeit der Kriege und des erstarkenden Faschismus aufgebaut werden kann.
Die faschistische Regierung in Ankara hat seither zahllose weitere Verbrechen und Angriffskriege losgetreten. Zuerst wurden kurdische Städte in der Türkei mit Kampfflugzeugen zerbombt, dann Afrin mit deutschen Panzern. 2019 besetzte die Türkei weitere Teile Rojavas und vertrieb die kurdische Bevölkerung. Heute findet ein intensiver Krieg gegen die Guerilla der PKK in den Gebirgen des Nordiraks statt. Die HDP ist einem Verbotsverfahren und faschistischer Gewalt ausgesetzt und es kommt zu Pogromen gegen Kurd*innen.
In all diesen Kriegen sind zehntausende Menschen getötet worden. Doch die kurdische Freiheitsbewegung kämpft weiter, Rojava lebt und damit die Gewissheit, dass ein Gesellschaft fernab kapitalistischer, staatlicher und patriarchaler Gewalt möglich ist.
Der Aufbau einer gloablen Solidaritätsbewegung mit Rojava und mit den antifaschistischen Kräften in der Türkei ist eine realer Machtfaktor Denn je mehr wir die Stimme des Widerstands, die Stimme von Kobanê auch hier erheben, desto eher wird der Faschismus in der Türkei zusammenbrechen. Der türkische Faschismus wird von Europa und nicht zuletzt von der Schweiz gestützt. Am 1. Oktober wurde das Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und der Türkei neu ratifiziert. Dies bedeutet Einnahmen für den sich in der Krise befindenden türkischen Staat, welche er für seine faschistische Politik so dringend braucht.
Lasst uns am 6. November für einen internationalen Antifaschismus und für das revolutionäre Rojava auf die Strasse gehen! In Gedenken an alle Menschen, die im Kampf gegen den türkischen Faschismus und für ein freies Leben gefallen sind. Mit der Wut auf dieses System, dass Faschismus Krieg und Elend produziert und mit der Gewissheit, dass es auf wackeligen Beinen steht und dass wir es zum Fallen bringen!
Nach der Demo gibt es einen Veranstaltungsabend, mit Diskussionen zum türkischen Faschismus und der Rolle der kurdischen Frauenbewegung im Kobanê Widerstand, sowie kulturelles Programm und Konzerte.

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Ni una menos – Aktion in Luzern

Drei Feminizide in einer Woche. 24 Feminizide seit Anfang Jahr. Unsere Antwort: feministischer Widerstand!

Am 14. Oktober wurde eine 30-jährige Frau in Zürich-Altstetten von ihrem Ehemann erstochen. Am 16. Oktober erschiesst in Nestal GL ein 27-jähriger Mann eine 30-jährige Frau. Am 18. Oktober ermordet ein Mann seine 12-jährige Tochter in Rapperswil-Jona.

Drei Feminizide in einer Woche! 24 Feminizide in der Schweiz seit Anfang Jahr.

Unsere Antwort darauf haben wir gestern Abend mit Plakaten in der Stadt verteilt: Ein Angriff auf eine ist ein Angriff auf alle! Mit dem Plakatieren der Initialen und weiteren Angaben der ermordeten Personen wollen wir klarstellen: wir vergessen nicht. Nehmt ihr uns eine, antworten wir alle. Wir schliessen uns den internationalen feministischen Protesten an, um gegen Gewalt an FLINTA-Personen in der Zentralschweiz und überall auf der Welt zu protestieren.

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