Bewegender Abschied

Hunderttausend Menschen haben am Donnerstag bei einer Trauerfeier in der Metropole Diyarbakir im Südosten der Türkei von den drei vor einer Woche in Paris ermordeten kurdischen Revolutionärinnen Abschied genommen. Sakine Cansiz, eine Mitbegründerin der Arbeiterpartei Kurdistans PKK und führende Aktivistin der Frauenbewegung, die Diplomatin Fidan Dogan und die Jugendaktivistin Leyla Saylemez waren im Kurdistan-Informationsbüro in Paris von unbekannten Tätern mit Kopfschüssen regelrecht hingerichtet worden. Schon im Jahr 2011 sei aus dem Umfeld der türkischen Regierungspartei AKP von Plänen aus dem Staatsapparat zur Entsendung von Hinrichtungskommandos gegen Vertreter der kurdischen Befreiungsbewegung in Europa berichtet worden, erklärte der Brüsseler PKK-Vertreter Zübeyir Aydar gegenüber der Nachrichtenagentur Firat.

Bereits in der Nacht zum Donnerstag hatten über zehntausend Menschen am Flughafen von Diyarbakir den Ermordeten Respekt erwiesen, als die Särge mit deren sterblichen Überresten eintrafen. Gestern blieben zahlreiche Läden in der Stadt geschlossen, während sich eine riesige Menschenmenge auf dem Batikent-Platz um die mit PKK-Fahnen bedeckten Särge versammelte. Der Oberbürgermeister von Diyarbakir, Osman Baydemir, und zahlreiche Abgeordnete der linken Partei für Frieden und Demokratie (BDP) beteiligten sich an der Trauerfeier. Die Menge skandierte immer wieder »Die Märtyrer sind unsterblich« und »Die PKK ist das Volk und das Volk ist hier«.

Auf Kritik vor allem der faschistischen Opposition, aber auch aus der eigenen Partei, warum die Regierung eine solche Trauerfeier erlaube, hatte Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan am Mittwoch von einer »Bewährungsprobe« für die PKK gesprochen. Diese dürfe den »Vertrauensvorschuß« nicht mißbrauchen. Ansonsten könnte in der Bevölkerung der Türkei keine Basis mehr zur Fortsetzung der laufenden Friedensverhandlungen mit dem inhaftierten PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan gefunden werden.

Indessen erscheint zweifelhaft, daß bei Erdogan selbst der Wille zu einer politischen Lösung der kurdischen Frage besteht. So bombardierten türkische Kampfflugzeuge in dieser Woche erneut das nord­irakische Kandilgebirge, in dem die PKK ihr Hauptquartier hat. Bei den Attacken aus der Luft, die sich auch gegen zivile Dörfer richteten, wurden sieben Guerillakämpfer getötet. Weitere 25 kamen seit Jahresbeginn bei Angriffen der türkischen Armee innerhalb der Türkei um. Bei Razzien gegen zivile kurdische Aktivisten wurden zudem in mehreren kurdischen Städten während der letzten Tage 116 Personen fest- und 57 von ihnen anschließend in Haft genommen.

Quelle: http://www.jungewelt.de/2013/01-18/029.php

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Politprogramm gegen das WEF 2013

WEF und Krise des Kapitalismus

Das WEF in der Krise. Ein Spiegelbild des maroden, perspektivenlosen Zustands des Kapitalismus – und damit umso attraktiver für uns!

Vom WEF nach Südeuropa – und zurück. Veranstaltung mit zwei Gästen aus dem griechischen Widerstand.

Freitag ,18.1., 19-21h

WEF und Stadtentwicklung

BINZ bleibt BINZ! Von der aktuellen Situation bis zur Räumung.

Verbindung zwischen WEF, Kapitalexport und der Stadtentwicklung am Beispiel der Übernahme von Steiner durch indischen Immobilieninvestor.

Samstag 19.1., 15-17h

Repression: Angriff und Schutz

Zwischen Aussageverweigerung, Strafbefehlen und abgekürzten Verfahren: Ein Widerspruch? Was tun – Spiess umdrehen! Diskussion mit Anwalt Marcel Bossonet und Betroffenen.

Tipps und Tricks zur Repression auf der Strasse.

Samstag 19.1., 18-20h

Film: 9 Tage hinter den Barrikaden

Als 1987 in Kopenhagen ein besetztes Haus geräumt werden soll, kämpfen die BewohnerInnen neun Tage lang dagegen.

Samstag 19.1, ab 20.30h

Konzert

Samstag 19.1, ab 22.00h

Durchgehend:

Austausch, Transpimalen, Infos, Essen, Trinken, …

Austellung zu Marcos Geschichte von italienischen AnarchistInnen.

Das Anti-WEF-Programm in Basel

Vom WEF nach Südeuropa – und zurück. Veranstaltung mit zwei Gästen aus dem griechischen Widerstand.

Samstag 19.1., 19h, Gewerkschaftshaus Basel

Marco vs. Urbaniok?

Die internationale Verschärfung gegen ungebrochene politische Gefangene, warum kommen sie nicht raus. Wer spielt welche Rolle bei Marco: Diskussion mit Anwalt Bernard Rambert.

Gemeinsam gegen den Auftritt Urbanioks an der Volkshochschule (Universität) am 5. Februar.

Montag, 21.1., 19h , Volkshaus Zürich

www.revmob.ch | www.aufbau.org | www.rjz.ch | www.binzbleibtbinz.ch

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Grauzone-Konzert in Schützi (Olten) nach Oschwand verschoben

Da beim Thema Deutschrock eine gewisse Vorsicht geboten ist, haben wir das Konzert etwas genauer unter die Lupe genommen und Recherchen zu den Bands angestellt..
Zu «Rock Rotten’s 9mm Assi Rock’n’Roll» sind generell bloss wenige Informationen zu finden, aber nichts desto trotz stürzten auch sie sich zur Fussball-WM 2010 in nationalistischen Taumel und veröffentlichten das Lied «Schwarz Rot Gold». Auf einem Youtube Videoclip eines Konzerts erkennen wir nebst unzähligen Deutschland-Fähnchen und einer Österreich-Fahne im Hintergrund der Bühne in manchen Einstellungen auch eine wehende Schwarz-Weiss-Rote Fahne. Die Schwarz-Weiss-Rote Fahne war eine der Reichskriegsfahnen während der Zeit des deutschen Nationalsozialismus, die sich in nationalistischen Kreisen grosser Beliebtheit erfreut, da sie im Gegensatz zur Hakenkreuz-Fahne in Deutschland nicht verboten ist. An einen Zufall angesichts des identitätsstiftenden «wir unsre Heimat lieben»-Gesangs glauben wir nicht. Das Band-Logo, bestehend aus Totenkopf, Munition und Eisernem Kreuz, lässt uns ebenfalls erschaudern, da sich das Eiserne Kreuz als deutsche Kriegsauszeichnung (unter anderem auch während der Zeit des Nationalsozialismus) im nationalistischen Spektrum ebenfalls grosser Beliebtheit erfreut und wie der «Deutsche Stahlhelm», der in Videoclips zelebriert wird, Symbol des deutschen Soldatentums ist. Nebst dem, dass «Rock Rotten’s 9mm Assi Rock’n’Roll» sich gerne mit einem sehr gewaltverherrlichenden und frauenverachtenden Vokabular präsentiert (beispielsweise der Song «F.I.C.K.E.N.» aus dem Album «Champagner, Koks und Nutten»), sind sie bei «Napalm Records» unter Vertrag. Das Label lässt nicht nur mit seinem Namen erschaudern, der Vertrieb von unpolitischen und auch offen faschistischen Bands (unter Vertrag sind und waren beispielsweise «Nokturnal Mortum», «Infernum», «Graveland», «Totenburg» und «Ad Hominem») und der Versand von Tonträgern wie «Kriegsnebel» von «Nargaroth» lassen oft berechtigte Kritik am Label ertönen.

Aber auch «Martens Army» mit dem «Gerbenok»-Sänger Stöbi ist kein unbeschriebenes Blatt. Zahlreiche Konzerte, unter anderem mit den Grauzone-Bands «Haggis», «Krawallbrüder», «Flat Sprockets» und offenen Nazibands wie «Headcase» und der «Blood & Honour»-Band «The Pride», mit welchen sie im für seine rechten Konzerte bekannten Lokal «Skinhouse Menfis», spielten, zeigen ganz klar, aus welcher Ecke die Band kommt. Dass «Gerbenok» nicht nur homophob und nationalistisch ist, sondern auch RAC (Rock against Communism (Nazi-Gegenstück zu «Rock gegen Rechts»)) abfeiert, dringt also auch bei «Martens Army» durch. Stöbi berichtete im rechten «Meinungsfreiheit Zine», dass die Szene einen Führer brauche. Das in Schwarz-Weiss-Rot gehaltene Cover ihrer neuen Platte «Ein kleines bisschen Violence» zeigt da auch das typische «Bordstein-Beissen». Das ist eine unter Neonazis verbreitete Praxis, jemanden durch das Brechen des Genicks zu töten, welche durch den Film «American History X» traurige Bekanntheit erlangte. Die Band scheint sich also nebst einer politischen Position durch die Verherrlichung dieser Gewaltpraxis klar zu positionieren.
Da auf Kritik auf der Facebook-Veranstaltungsseite mit Drohungen von Fans und dem anschliessenden Löschen der Kritik seitens des «Deutschrock Events (Verein FKS)» reagiert wurde, sahen wir keinen Sinn darin, uns mit diesen Leuten zu unterhalten und richteten uns am 21. November direkt an Oliver Krieg, den Geschäftsführer der Schützi. Wir unterstrichen die Notwendigkeit einer Absage mit dem stetigen Wachstum der Nazi-Problematik in Olten. Vor einigen Jahren gab es am Bahnhof Olten regelmässig Übergriffe auf Punks, «Randständige» und alternative Jugendliche. In letzter Zeit tauchen wieder vermehrt Neonazis bei Spielen des EHC Olten auf, welche vor Gewalt nicht zurückschrecken. Sowohl Oliver Krieg, als auch Ronald Url, übrigens im EHCO-Gönnerverein «Prohockey Olten» aktiv, kann das nicht entgangen sein.
Trotzdem erhielt nicht der Veranstalter, sondern wir eine Absage von Oliver Krieg. Er hätte bisher nur gute Erfahrungen mit der Orga-Gruppe gemacht und diese seien garantiert keine Neonazis. Er versuchte uns jedoch zu beruhigen, indem er anmerkte, dass er in engem Kontakt mit der Stadtpolizei Olten stehe, welche den Anlass beobachten würde.
Da wir uns nicht mit einer Absage zufrieden geben und unser Vertrauen schon gar nicht in die Polizei stecken, wendeten wir uns an das Stadtrats-Mitglied Iris Schelbert-Widmer von der Direktion «Öffentliche Sicherheit». Da die Stadt Olten die Besitzerin des Kulturzentrums Schützi ist, hat Iris Schelbert-Widmer das letzte Wort, wenn es um Veranstaltungen in der Schützi geht.
Der Orga-Gruppe der Deutschrock-Nacht wurde darauf hin mitgeteilt, dass die Stadt Olten die Sicherheit nur gewährleisten könne, wenn eine Bereitschaftspolizei von 20 Polizist_innen vor Ort wäre, wobei die Kosten im fünfstelligen Bereich von der Orga-Gruppe übernommen würden müssten. Da diese gegen die Kosten protestierte, wurde kurzerhand die ganze Veranstaltung von der Stadt Olten verboten.
Die inzwischen in «Switzerland rocks again» umbenannte Deutschrock-Nacht findet nun auf der Heubühne des Restaurants «Sonne» in Oschwand statt. Bei Bernhard «Bänz» Fiechter, Wirt der «Sonne», stiess die von uns formulierte Kritik auf taube Ohren; er wolle «Quellen von seriösen Medien». Die veranstaltende Gruppe hätte bei einer vergangenen Onkelznacht in der «Sonne» erkennbare Neonazis abgewiesen. Ausserdem seien auftretende Gruppen wie «Kärbholz» und «Rock Rotten’s 9mm Assi Rock’n’Roll» bekannte Deutschrock-Bands, die auch auf etablierten Veranstaltungen wie dem «Wacken Open Air» auftreten dürfen und deswegen unproblematisch seien.
Obwohl Bernhard «Bänz» Fiechter schreibt, dass ihm der Background fehle, um auf unsere Argumentation einzugehen, hält er am Konzert fest und lädt uns dreisterweise ein, das Konzert zu besuchen, um unsere «Vorurteile abzubauen», oder ihn von unserer Sichtweise zu überzeugen, obwohl es dann eindeutig schon zu spät für eine Absage sei.

Wir befinden uns in Zeiten, in denen völkisch-nationalistische Bands ihre menschenverachtende Ideologie nicht mehr offen in ihren Äusserungen und Texten darlegen, sondern diese hinter dem Zelebrieren von breitumfassenden und schwammigen Begriffen wie Heimatliebe und Bewahrung urtümlicher Werte verstecken. Durch die massentauglich gewordene und oftmals kommerziell aufgemachte Musik werden umstrittenen Bands, wie beispielsweise «Frei.Wild», eine Plattform mitten in der Gesellschaft geschaffen, so, dass eben genannte Band am Heitere Open Air, an dem «auch musikalisch für die ganze Familie etwas dabei ist», spielen durfte. Gerade bei Grauzone-Bands, bei denen die chauvinistische Grundhaltung nicht mehr so einfach für die Öffentlichkeit anzuprangern ist, sondern die schleichend und mit viel Show verpackt übermittelt wird, scheint es umso wichtiger, bei Konzerten zu intervenieren und diese bestenfalls zu verhindern.

Wir erachten es als Teil-Erfolg, dass das Konzert nicht im Kulturzentrum Schützi stattfinden wird und jetzt in eine unvorteilhaftere Location ausweichen muss.
Nichtsdestotrotz kommt es viel zu oft vor, dass Konzerte mit rechtsoffenen und/oder reaktionären Künstler_innen ungehindert und unkritisiert über die Bühne gehen können.
Deswegen rufen wir auf, bei Grauzone- und Nazi-Konzerten nicht wegzuschauen, sondern laut zu werden und einzugreifen.

Rechtsrock-Konzerten den Saft abdrehen!
No Homezone for Greyzone!

4. Januar 2013, Antifa Aarau

Quelle: http://ch.indymedia.org/de/2013/01/88413.shtml

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Dokufilmabend “Il violino di Cervarolo” im Sentitreff am 12.1.13

Dokfilm-Premiere mit den Filmemachern:

Während des Zweiten Weltkriegs überlässt der Geiger Virgilio Rovali aus Cervarolo (Reggio Emilia), bevor er an die Front muss, seine wertvolle Geige der Mutter. Am 20. März 1944 werden 24 Zivilisten aus dem Dorf, darunter die Rovalis, Opfer eines Massakers durch deutsche und italienische Truppen. «Die Geige von Cervarolo» erinnert an das Massaker mit Interviews der Angehörigen der Opfer. Der Film begleitet den 2009 eröffneten Prozess gegen die Verantwortlichen, der auch dank der Hartnäckigkeit von Italo Rovali, dem Sohn Virgilios, zustande kam. Seine Erinnerungen leben im Laufe des Prozesses wieder auf, einschliesslich der unglaublichen Geschichte der Geige seines Vaters.

Vor dem Film wird ein kurzer Überblick zum historischen Kontext und den aktuellen Prozessen (2011 & 2012) gegeben, danach steht Zeit für eine Diskussion mit den Filmemachern zur Verfügung. Für Übersetzung ist gesorgt.

Dokufilmabend “Il violino di Cervarolo” im Sentitreff am nächsten Samstag, den 12. Januar 2013, um 19.30 Uhr.

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Zapatistas marschieren in Chiapas

Der Aufmarsch der zapatistischen Bewegung im südmexikanischen Bundesstaat Chiapas am vergangenen Freitag war vor allem ein symbolischer Akt. Klassische zapatistische Politik also.

Genau genommen waren es fünf Aufmärsche. Es war die erneute symbolische Einnahmen fünf lokaler Bezirkshauptstädte: Palenque, Ocosingo, Altamirano, Las Margaritas und San Cristóbal de las Casas.

Einige Jahre zuvor, am 1. Januar 1994, wurden sie schon einmal eingenommen. Damals trat die Zapatistische Armee der Nationalen Befreiung (EZLN) erstmals ans Licht der mexikanischen und internationalen Öffentlichkeit. Doch dieser Freitag verlief anders. Mit schwarzen Pasamontañas – einer Art Skimasken – und roten Halstüchern marschierten Tausende diszipliniert und schweigend in die Zentren dieser ehemaligen Gefechtsschauplätze zwischen Guerilla und Armee. Dort wurden zuvor in den frühen Morgenstunden flugs fünf wenige Quadratmeter große Holzbühnen aufgebaut. Außenstehende warteten derweil und spekulierten. Doch weder Subcomandante Marcos, der Sprecher der EZLN und Koordinator der rebellischen Streitkräfte, noch ein Mitglied des “Geheimen Revolutionären Indigenen Komitees – Generalkommandatur der Zapatistischen Armee der Nationalen Befreiung” (CCRI-CG EZLN) war erschienen, um auf der provisorischen Plattform ein Kommuniqué zu verlesen. Stattdessen betraten die zu tausenden vermummten Männer und Frauen selbst die Holzbühnen. Es waren auffallend viele Jugendliche dabei. Sie stellen heute die zweite und dritte Generation der Bewegung dar. Damals, sowohl während der jahrelangen geheimen Vorbereitung als auch zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der immer noch bestehenden “Kriegserklärung” an die mexikanische Regierung am ersten Januartag 1994, waren sie entweder Kinder oder noch gar nicht geboren, als ihre Eltern in den Reihen der Guerilla und in den Unterstützergemeinden für die 13 Forderungen – Haus, Land, Arbeit, Ernährung, Gesundheit, Bildung, Information, Kultur, Unabhängigkeit, Demokratie, Gerechtigkeit, Freiheit und Frieden – eintraten und kämpften.

Schnellen Schrittes – viele hoben die geballte Faust in die Höhe – nahmen die jungen Demonstranten die drei, vier Stufen, passierten die Bühne und stiegen wieder hinab. Keine Parolen. Keine Rufe. Keine Gesänge. Keine politische Selbstdarstellung. Lediglich die Flaggen der mexikanischen Nation und die der Guerilla wurden vorneweg hergetragen. So abrupt das Spektakel anfing, so rasch war es vorbei und die schweigende Masse verließ die fünf Bezirkshauptstädte in Richtung ihrer fünf autonomen Regierungszentren, den Caracoles.

Das von vielen erwartete und bereits einen Monat zuvor angekündigte Komnuniqué erfolgte schließlich doch noch im Laufe des Tages. Es fasst nur wenige Zeilen und hält sich im Abstrakten: “Könnt ihr das hören? Es ist der Klang ihrer Welt, die zusammenbricht. Es ist die unsere, die wiederkehrt. Der Tag, der Tag war, wurde Nacht, und die Nacht wird der Tag sein, der Tag sein wird.”

Vier Jahre sind es fast her, seit Subcomandante Marcos und die EZLN-Kommandantu das letzte Mal selbst öffentlich in Erscheinung trat. Dies war in den ersten Januartagen 2009, zusammen mit tausenden Gästen und Repräsentanten verschiedenster nationaler und internationaler sozialer Organisationen zum “Festival der Würdigen Wut” in San Cristóbal de las Casas. Am 7. Mai 2011 kam es dann zwar zur zweitgrößten Mobilisierung in der Geschichte der EZLN, als sich in der gleichen Stadt mehr als 20.000 Zapatisten dem Aufruf der Bewegung für Frieden mit Gerechtigkeit und Würde anschlossen. Doch eine Stellungnahme zu den aktuellen landesweiten Ereignissen oder zur eigenen Situation erfolgte nicht.

Wenige Worte waren am Freitag zu hören. Die Stille dominierte und hat den gewünschten Effekt erzielt: das Schweigen der Zapatisten provozierte das Interesse der Außenstehenden. Es wird wieder gemutmaßt über die Zapatisten, nachdem sie von vielen in den letzten Jahren bereits totgesagt wurden. Von ihrer Wiederkehr ist jetzt die Rede.

Dabei war weder die staatliche Repression abwesend, noch das Bestreben der Zapatisten, ihren 13 Forderungen selbst Gestalt zu verleihen, indem sie ihre autonomen Strukturen weiterhin ausbauten.

Allen Unklarheiten zum trotz schrieb das mexikanische Online-Nachrichtenportal Animal Político: “Bereits gewohnt an den symbolischen Diskurs der EZLN wissen alle, dass soeben etwas geschehen ist. Aber sie wissen nicht was.”

Während aus der westlichen Welt unzählige Missdeutungen der Maya-Zeitrechnung vernommen wurden, fand am 21. Dezember kein Weltuntergang statt, sondern ein neuer Zyklus der Maya begann, der 14. Baktun. Zeitgleich jährte sich der 1992 gefallene Beschluss zum bewaffneten Aufstand der EZLN zum 1. Januar 1994 zum 20. Mal. Damit schließt sich in der Maya-Zeitrechnung der Zyklus eines Katun. Mit den Mobilisierungen, die vor allem durch ihre Anzahl und Breite überraschten, wurde ebenso eine neue Phase des zapatistischen Kampfes offiziell angekündigt.

Mexikanischen Medienberichten zufolge kamen in Altamirano 5.000, in Ocosingo 6.000, in Las Margaritas 7.000, in Palenque 8.000 und in San Cristóbal de las Casas bis zu 20.000 Zapatisten friedlich zusammen. Hinzu kommen vermutlich noch 8.000 weitere, die aufgrund fehlender Transportkapazitäten im Caracol von La Garrucha bleiben mussten. Insgesamt könnte also deren Anzahl auf bis zu 50.000 geschätzt werden – das größte öffentliche Auftreten seit den ersten Januartagen 1994.

50.000 vermummte Zapatistas, die aus den fünf zapatistischen Regionen fünf Bezirkshauptstädte symbolisch einnahmen. Es ist ein Zeichen der Stärke, Einheit und Geschlossenheit, das verbreitet wurde. Die Botschaft für die Regierenden in Mexiko heißt: All die Jahre der Aufstandsbekämpfung, des Krieges niederer Intensität, der Paramilitärs, von Megaprojekten, Vertreibungen, Inhaftierungen, Korrumpierungen und Morden haben nicht dazu geführt, die zapatistischen Strukturen zu zersetzen oder gar auszulöschen. Die Bewegung überlebte bisher vier mexikanische Präsidenten und sieben chiapanekische Gouverneure. Den Juntas der Guten Regierung zufolge ist das aktuelle Jahr eines der repressivsten, wenn nicht sogar das repressivste. Stets wenn sich auf Landes- und Bundesebene die Spitze austauscht, nehmen die Aggressionen und Attacken gegenüber den zapatistischen Gemeinden zu, bemerkt Gloria Muños Ramírez, eine mexikanische Journalistin, die mehrere Jahre mit der Guerilla in den Bergen lebte.

Das metaphernreiche Bild der jüngsten Erklärung weist Parallelen zu älteren Texten auf. So heißt es bereits 1996 in der Vierten Erklärung aus dem lakandonischen Urwald: “Wir sind aus der Nacht heraus geboren. In ihr leben wir. In ihr werden wir sterben. Aber das Licht wird morgen für die anderen sein, für all jene, die in der Nacht weinen, für die, denen der Tag verneint wird.”

Wenngleich die zapatistische Bewegung über die Jahre hinweg stets ihre Taktiken und Strategien änderte und mit einem undogmatischen Politikansatz inspirierte, hat sie stets Kohärenz und Einheit in ihrer grundlegenden Handlungs- und Denkweise bewiesen. Daher auch das dem Kommuniqué beigefügte Lied “Como la cigarra”, das von Mercedes Sosa, Leon Gieco oder Victor Heredia interpretiert wurde. Darin heißt es: “So viele Male haben sie mich getötet, so viele Male bin ich gestorben, und dennoch stehe ich hier wieder auf.”

Quelle: http://ch.indymedia.org/de/2013/01/88405.shtml

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Athen: Die staatliche Repression setzt sich fort

Am 28. Dezember führt die Polizei auf dem Gelände der Athener „University of Economics and Business (ASOEE)“ in der Patission Straße eine Razzia durch.

Diese Polizeioperation galt vom Anfang an der Unterdrückung politischer Treffpunkte in der Fakultät der ASOEE. Nach dem Überfall auf die besetzte Villa Amalias am 20. Dezember holte der Staat zu einem weiteren Schlag gegen eine andere „Höhle der Gesetzlosigkeit“ aus. Jetzt war eines der Studios sowie die Dachantenne der freien Radio Station Athens 98FM betroffen. Wir bitten darum, dass die Nachricht über diesen Vorfall weit verbreitet wir.
Der ganze Polizeieinsatz war eine billige Kopie des jüngsten Überfalls auf die besetzte Villa Amalias, dem eine angeblich anonyme Beschwerde als Vorwand vorausging.

Nach einer weiteren anonymen Beschwerde wurden seit den Mittagsstunden des 28. September die repressiven Kräfte in der Patisson Straße aufgeboten. Bei dieser Aktion ging es dieses Mal um illegalen Warenhandel. Diese anonyme Beschwerde (ein angeblicher Telefonanruf) wurde direkt an einem Staatsanwalt weiter geleitet, der hinzugezogen wurde, um sofort einzugreifen.

So wurden Staffeln der Bereitschaftspolizei, gemeinsam mit der DIAS (motorisierte Polizeieinheit) und anderer Abschaum auf Anweisung eines Staatsanwalts zur Fakultät der ASOEE geschickt, um die zu verfolgen, die angeblich Griechenland zu einem jahrelangen ökonomischen Niedergang verurteilen: die migrantischen StraßenhändlerInnen und Flüchtlinge aus Afrika, die Raubkopien von Musik und Tierfiguren aus Holz verkaufen. Die Razzia wurde viel zu oft wiederholt: Einige MigrantInnen fanden Schutz im Innenhof der ASOEE, während die griechische Polizei mit rassistischem Hass ihre Schlagstöcke gegen Menschen schwang und auf Motorrädern Straßenhändlerinnen in der Gegend jagte.

Aber dieses Mal gab es einen Staatsanwalt, der gelegen kam. Er gab die Anweisung zum sofortigen Polizeieinmarsch in die Universitätsräumlichkeiten. Deshalb konnte die Polizei 16 Leute festnehmen. Gleichwohl führte die Polizei auch eine Durchsuchung durch.

Also öffnete sich das Tor der Fakultät und von den fünf Stockwerken des Gebäudes, nahm sich der Staatsanwalt das Erdgeschoss vor, wo die Treffpunkte (selbstverwaltete besetzte Räume) der Studierendenorganisationen und anderer Gruppen zu finden sind. Nicht zufällig brach die Polizei durch die antiautoritären Türen im gleichen Raum, wo sie fünf bis zehn leere Flaschen Bier entdeckte sowie einige Flaggen / Transparente und Gasmasken, die für Demonstrationen genutzt werden. Und das war der Moment, als die Polizei das gut gehütete Geheimnis der ASOEE lüftete: Ja, es wurde tatsächlich eine Radiostation in dem Gebäude betrieben. Die Polizei reagierte überrascht, als ob sie es noch nicht wüssten. Die radiotechnische Ausrüstung wurde vermutlich als ein Produkt illegalen Handels von Ideen angesehen. Aus diesem Grund wurde sie auch polizeilich beschlagnahmt.

Zusammen mit dem Sender und Audiokomponenten wurde die Radioantenne ausgebaut und konfisziert. Für die Herrschenden ist klar, dass diese Piraten-Station eine Gesetzwidrigkeit mit ihrer unautorisierten Übertragung begeht. Doch die Massenmedien beginnen sich zu fragen: Gab es wirklich eine ganze Radio-Station innerhalb des Universitätsgebäudes? Wie kommt es, dass auf dem 98 UKW Frequenzband immer noch etwas gesendet wird?
Jetzt, wo der Minister für öffentliche Ordnung und Bürgerschutz Order, Nikos Dendias, das 98FM Radiostudio im Erdgeschoss und seine Dachantenne auf dem Gebäude der ASOEE demontiert hat, können wir trotzdem noch eine Übertragung hören. Wurde das freie Radio vielleicht legalisiert? Aber nein!Was wir laut und klar hören können, ist stattdessen „Freies FM“ Diese Sendung wurde ermöglicht durch die Übertragung von staatlichen Radio Antennen, die sich auf dem Berg Ymittos in Athen befinden. Freies FM ist nichts anderes als die Radio Station, die vor 7 Jahren (mit dem Segen mehrerer PolitikerInnen, IdeologInnen des Totalitarismus) eingerichtet wurde, um die Frequenz des bereits seit 2002 sendenden Freien Radios 98 FM zu überlagern.

So viel zur Heuchelei. Zu den Fakten: Wir arbeiten nicht mit ökonomischen oder politischen Stellen zusammen. Wir erzielen keinen finanziellen Gewinn durch den Betrieb unserer Radio Station. Wir vermitteln nicht die Positionen einer bestimmten Partei oder Vereinigung. Wir geben nur denen eine Stimme, die die minimalen politischen Vereinbarungen über die Freie Radio Station selbst akzeptieren. In diesem Rahmen kann jeder / jede das Radio mitverwalten und in seine Mikrofone sprechen. Wir gehorchen keinen „Griechischen nationalen Rundfunkrat. Oder jeder anderen ähnlich formellen oder informellen Institution.

Deshalb wollen sie uns den Mund verschließen. Aber sie werden keinen Erfolg haben. Wie in jeder Epoche werden Ideen, freie Rede und Minderheitenmeinungen ihren Weg in die Öffentlichkeit finden. Und die Statur von Herren Dendias, und jedem Dendias, ist zu klein, um Schatten auf solche Worte zu werfen.

Die Radio Station wird auf 93.8fm und im Internet weitersenden.

Ihr versucht sie zu begraben, aber ihr vergesst, dass sie ein Samenkorn ist. Gegeninformation kann nicht zum Schweigen gebracht werden.

Radiozonen subversiver Äußerung
S93.8FM | 98.0FM(?) | radio98fm.org

Quelle: http://ch.indymedia.org/de/2012/12/88379.shtml

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Brief aus Thessaloniki

von Kaki Bali

Thessaloniki im Winter ist ohnehin eine melancholische Stadt, die Stimmung mutet eher balkanisch an als mediterran. Grau und Mattsilber sind ihre dominanten Farben: dunkle Wolken über dem meistens aufgewühlten Meer. Dazu feuchte Kälte und verdreckte Luft.

Der Dreck kam früher von den Abgasen der Autos, die in der Innenstadt für einen Dauerstau sorgten. Heute stehen viele dauerparkend am Rand der schmalen Straßen, weil Benzin für ihre Besitzer unbezahlbar geworden ist. Die Luft in diesem Winter stinkt anders. Früher heizten die meisten Haushalte mit Heizöl. Das ist im Oktober um 50 Prozent teurer geworden, deshalb riecht Thessaloniki im November 2012 wie das winterliche Berlin der 1980er Jahre: nach Briketts.

Über Wochen roch es noch strenger, nachdem die Müllmänner lange gestreikt hatten, um gegen die Kürzung ihrer Gehälter und Entlassungen zu protestieren. In den Straßen wuchsen die Müllberge, an denen die Menschen einfach vorbeiliefen, als ob der Dreck verschwinden würde, wenn man ihn lange genug ignoriert.

Nachts sind die meisten Wohnviertel stockfinster. In den Straßen sind viele Leuchtkörper ausgefallen, weil die Stadtkasse kein Geld mehr hat, um die kaputten Lampen zu ersetzen. Selbst der weihnachtliche Lichterschmuck in der Stadtmitte wirkt dieses Jahr funzelig und stimmt eher melancholisch – als ob die wenigen leuchtenden Sterne fehl am Platz wären. Nur die Platia Aristotelous, der große, ovale Platz im Zentrum von Thessaloniki, hat sich auch im dritten Winter der Krise ihre fast aristokratische Schönheit bewahrt: ein hinreißendes Ensemble aus dem silbernen Meer, dem weißen Marmor der neoklassizistischen Gebäude und der römischen Ruinen.

Die Stimmung der Menschen ist düster wie die unbeleuchteten Straßen. Wenn man einen Bekannten auf der Straße trifft, sagt man auf Griechisch: “Ti kanis?”, wie geht’s? Zu normalen Zeiten ist das eine reine Floskel, und die Antwort lautet routinemäßig: “Danke, gut.” In den Tagen der Krise ist die Frage ernst gemeint, und man bekommt eine persönliche und meist sehr ehrliche Antwort: “Sehr schlecht, ich finde keinen Job”, oft auch: “Ich komme gerade so durch.” Oder im besten Fall: “Ich habe wenigstens noch meinen Job. Und Gott sei Dank werde ich noch bezahlt.”

Der zweite Satz ist längst nicht mehr selbstverständlich. Wer als Arbeitnehmer noch regelmäßig Lohn ausbezahlt bekommt, kann sich glücklich schätzen. Zwei oder drei Monate Verzug gelten als erträglich, wenn es länger dauert, wird die Lage verzweifelt, häufig für die ganze Familie. Dennoch arbeiten die meisten Leute unbezahlt weiter, denn wer den Job verliert, findet keinen anderen.

In Thessaloniki begann die Krise schon lange vor der Krise. Bereits in den 90er Jahren verschwand die Industrie. Fast alle Textilfabrikanten zogen nach Bulgarien, wo niedrige Löhne, niedrige Steuern und große Gewinne lockten. Zur selben Zeit starb auch die längst moribunde Tabakindustrie. Immerhin erlebte damals die Dienstleistungsbranche einen kleinen Boom, hinzu kam eine ganze Reihe von Infrastrukturprojekten: der Bau einer U-Bahn-Linie wurde begonnen, Straßen wurden ausgebaut, Glasfaserkabel verlegt.

Und viele Leute konnten noch mit einer Stelle im öffentlichen Dienst rechnen. Wer das nicht schaffte, machte ein Café auf oder eine Kneipe oder eine Boutique. An keinem Ort der Welt gibt es so viele Cafés pro Einwohner wie in Thessaloniki; daher der Name “die Stadt des Frappés”. So heißt bei uns der aufgeschäumte, kalte Kaffee, der überall im Sitzen, Stehen oder Liegen geschlürft wird. Vor allem von den vielen Studenten, von denen es – bei zwei Universitäten und einer Fachhochschule – etwa 100 000 in der Stadt gibt.

Aber dann bekam Athen die Olympischen Spiele für 2004 zugeschlagen, und seit den späten 1990er Jahren flossen fast alle öffentlichen Gelder nur noch nach Athen. Hier in der Stadt eine Arbeit zu finden, wurde immer schwieriger. 2008, ein Jahr vor Beginn der Krise, lag die Arbeitslosenquote im Großraum Thessaloniki schon bei 17 Prozent, mehr als doppelt so hoch wie im griechischen Durchschnitt. Die Kaufkraft sank entsprechend, Geschäfte machten reihenweise dicht. Es begann mit den Möbelläden, dann schlossen viele Boutiquen auf der Vassilissis Olgas, der Hauptstraße im Osten der Stadt. In letzter Zeit haben auch viele Kaufhäuser in der Stadtmitte aufgegeben, wie auch fast jedes dritte Einzelhandelsgeschäft. Tausende Verkäuferinnen haben ihren Job verloren.

Und die Infrastrukturprojekte? Die Egnatia, die griechische Hauptautobahn, die von Westen bis zur türkischen Grenze nach Osten führt, wurde vor der Krise gerade noch fertig. Aber der Bau der U-Bahn geriet ins Stocken, heute liegen die Bauarbeiten still. Eigentlich sollte die geplante U-Bahn-Linie 2010 in Betrieb gehen; dann wurde es 2012, jetzt verspricht die Regierung die Fertigstellung bis 2016. An den Termin glauben nicht einmal die Baustellenleiter, die schon seit Monaten nicht mehr bezahlt werden. “Eher 2026, wenn es überhaupt was wird”, meinte einer von ihnen neulich bei einer öffentlichen Versammlung im Rathaus.

Aber selbst der Busverkehr ist gefährdet. Seit Anfang des Jahres bekommt die lokale Busgesellschaft keine Zuschüsse mehr vom Verkehrsministerium; jetzt hat sie kein Geld mehr für den Sprit und droht, die Busse im Depot zu lassen. Die Millionenstadt ohne öffentliche Verkehrsmittel ist ein Albtraum. Am Tag, als die Nachricht auf den Titelseiten der – sterbenden – Lokalzeitungen stand, diskutierten die Leute vor den Kiosken, empört und verzweifelt.

In der Regel bleibt die Verzweiflung stumm. Man kann sie täglich sehen: an den gesenkten Köpfen der Passanten, am fehlenden Lächeln. Aber man hört sie selten. Demonstrationen und Kundgebungen gegen die Regierung, gegen die immer neuen Sparmaßnahmen, gegen die Troika gibt es fast jeden Tag, es sind ein paar tausend Leute. Die große Mehrheit bleibt zu Hause, verstört und traurig und voller Angst. Viele reden sich noch ein, dass die Krise ein langer Albtraum ist, aus dem sie irgendwann erwachen. Und alles ist genauso wie früher.

Doch in dieser kollektiven Depression gibt es auch Lichtblicke. Die kräftigsten Zeichen der Hoffnung setzen die vielen lokalen Solidaritätsinitiativen, an denen immer mehr Leute teilnehmen.

Ein Beispiel ist die Sozialklinik von Thessaloniki. Gegründet wurde sie vor sieben Jahren von linken Ärzten, die sich um kranke Migranten ohne Papiere kümmerten. Die Krise machte diese bescheidene private Institution zu einer wichtigen Anlaufstelle für alle, die keinen Zugang mehr zu den staatlichen Krankenhäusern haben: legale Migranten, einheimische Arbeitslose ohne Krankenversicherung, viele Rentner. Seit einem Jahr machen immer mehr Freiwillige mit. Fast 150 Ärzte, Zahnärzte und Krankenschwestern leisten ein- bis zweimal die Woche eine volle Schicht. Ausgebildete Ingenieure, die keine Bauaufträge mehr bekommen, halten das Sekretariat zwanzig Stunden am Tag geöffnet. Die Fanklubs der Fußballvereine Paok und Iraklis sammeln Medikamente für die Apotheke der Sozialklinik; eine krebskranke Zahnärztin hat der dentistischen Abteilung ihre ganze klinische Ausrüstung überlassen.

Die Sozialklinik erfährt so viel Unterstützung, dass sie das Projekt der ganzen Stadt zu sein scheint. An einem Montagabend im Olympion, dem größten Kinosaal der Stadt, geben vier alte Rocker um die 60 ein Solidaritätskonzert. Die Band nennt sich The Presidents und besteht aus gestandenen Professoren, die alle mal Rektoren ihrer Fakultät waren. Sie mimen Jimi Hendrix und spielen Led Zeppelin, der Saal ist voll, eine Mischung aus akademischer Nomenklatura, Studenten, Schülern und ganz normalen Fans von Rockmusik. Die Akustik ist lausig, aber die vier spielen wirklich gut. Und das Beste kommt zum Schluss: “Always look at the bright side of life”. Ein Schuss Optimismus – das, was hier jeder braucht. Sogar ältere Leute im Anzug summen mit, der ganze Saal lächelt. Und die Kasse stimmt. Fast 4 000 Euro haben The Presidents am Schluss gesammelt und auch noch ein paar Freiwillige rekrutiert, die in der Sozialklinik mitarbeiten wollen.

Aber die freiwilligen Ärzte kennen ihre Grenzen. Entzündungen, Knochenbrüche, faule Zähne, da können sie helfen. Aber Krebs? Was passiert, wenn ein Krebspatient keine Krankenversicherung mehr hat, kein Geld und keine Familie? Neulich erzählte mir Katharina, eine befreundete Ärztin, die in einem Bewilligungsausschuss der staatlichen Krankenkasse IKA sitzt, eine Horrorgeschichte. “Vor dem Ausschuss erschien eine 40-jährige Frau, kahl nach einer Chemotherapie. Sie hatte keine Perücke, nicht mal ein Tuch auf dem Kopf. Junge Frauen behalten ja immer einen Rest Eitelkeit, egal wie krank sie sind, aber die war am Ende.”

Als der Ausschuss sie für drei Monate in den Krankenstand schicken wollte, brach sie in Tränen aus. “Sie bat uns, sie gesundzuschreiben. Sie müsse dieses Jahr unbedingt noch zehn Tage arbeiten, sonst hätte sie keine Versicherung.”

Kaki Bali ist freie Journalistin in Thessaloniki und Mitarbeiterin der linken Tageszeitung “Avgi.
©” Le Monde diplomatique, Berlin

Le Monde diplomatique Nr. 9982 vom 14.12.2012, 255 Zeilen, Kaki Bali

Quelle: http://www.die-plattform.ch/2012/12/brief-aus-thessaloniki/#more-2717

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«Über 60’000 Unterschriften gesammelt»

Referendum gegen die Asylgesetzverschärfung
«Über 60’000 Unterschriften gesammelt»

Am Tag 72 des Referendums gegen die dringlichen Verschärfungen des Asylgesetzes über 60’000 Unterschriften gesammelt. Davon wurden bereits 24’000 als gültig beglaubigt. Nichtsdestotrotz sammelt das Komitee auch in den verbleibenden vier Wochen weiter.

Nach gut zwei von drei Monaten ist das Referendum quasi zu Stande gekommen. “Es freut uns umso mehr, dass uns dies trotz der fehlenden Unterstützung diverser namhafter Organisationen und politischer Parteien gelungen ist”, meint Andreas Lustenberger, Co-Präsident der Jungen Grünen Schweiz.

Die einzige Hürde, die das Referendum noch zu nehmen hat, ist die Beglaubigung durch die Gemeinden. “Wir haben zwar schon über 50’000 Unterschriften versandt, bleiben aber bis zum letzten Moment dran, um ganz sicher zu gehen”, meint Karin Jenni vom Sekretariat des Referendum-Komitees. “Bislang konnten wir auf eine zügige Mitarbeit seitens der Gemeinden zählen. Das ist sehr erfreulich!”

Das relativ rasche Zustandekommen der Unterschriften ist als starkes Zeichen gegen weitere Verschärfungen im Asylgesetz zu werten. Der Dank des Komitees gilt deshalb der Zivilbevölkerung sowie den zahlreichen an der Unterschriftensammlung beteiligten AktivistInnen und Gruppierungen.

Quelle: http://us6.campaign-archive1.com/?u=33b3b441240e662419fb00d29&id=ed09c07a35&e=cf5b7a9960

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Zirkus mit Tieren…Boykottieren!

Medienmitteilung zur Demonstration gegen das Zirkus Royal in Emmen

Am heutigen Samstag Nachmittag haben in Emmen rund 100 Personen gegen Tierhaltung in Zirkussen, anlässlich des Besuchs des Circus Royal, demonstriert.

Der Demonstrationszug setzte sich pünktlich um 15 Uhr in Bewegung.

Lautstark zogen die TeilnehmerInnen vom Bahnhof Emmenbrücke  durch die Gerliswilerstr. und Rüeggisingerstr. zur Mooshüslistrasse. Vor dem Circus Royal wurde eine 15 minütige Zwischenkundgebung abgehalten.

Anschliessend führt die Route über die Stauffacherstr. und Hochdorferstr. Zurück zum Bahnhof.

Unterwegs wurden mehrere Reden gehalten.

Zur Demo aufgerufen hat die Organisation Lagota, welche sich selber als Teil der ausserparlamentarischen Linken versteht.

Nebst den häufigen Transporten, den unpassenden klimatischen Verhältnissen und dem Stress in der Manege, kritisierten die OranisatorInnen auch, dass die Tiere in ihren Käfigen viel zu wenig Platz hätten und die Tiere ihrer Würde beraubt werden.

Die Demonstration verlief friedlich, es kam zu Verkehrsbehinderungen.

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15.12.12 Demo für Zirkus ohne Tiere Emmenbrücke

Am 15. Dezember 2012 findet in Emmenbrücke (Luzern) eine Demonstration Für Zirkus ohne Tiere, anlässlich des Besuchs des Circus Royal, statt. Treffpunkt 14:45 (pünktlich) Bahnhof Emmenbrücke.

Seit mehr als 150 Jahren werden Tiere aus aller Welt zur Belustigung des Menschen auf grausame weise dressiert und gehalten. Aus Gründen des Tier- und Artenschutzes ist es eine längst überfällige Massnahme endlich zu handeln und diese tierquälerischen Foltereien zu stoppen. Elefanten, Raubkatzen und andere Zirkustiere haben in freier Natur riesige Reviere und legen täglich viele Kilometer zurück. Im Zirkus dürfen die Tiere nur für die kurze Zeit des Auftritts in der Manege die Käfige verlassen. Ansonsten vegetieren sie in kleinen Käfigen und Zwingern – Nachts oft angekettet – auf wenigen Quadratmetern vor sich hin.
In den letzten Jahren ist der Circus Royal immer wieder durch exotische Tiernummern aufgefallen, die Tiere hatten gemäss Tierschutz viel zu wenig Platz, Ausserdem erhalten die Tiere, teilweise, bei Transporten bis zu 24 Stunden weder Wasser noch Betreuung. Des weiteren hält der Tierschutz fest, dass viele Tiere im Circus Royal während der Vorführung unnötig viel gepeitscht werden.

Methoden wie Prügel, enge Halsbänder, Futterentzug und sogar Elektroschock, die zur Dressur oder bei Aufführungen verwendet werden, beweisen immer wieder, dass die Tiere nur unter Zwang ihre Kunststücke vorführen. Auch wenn moderne TierlehrerInnen dazu neigen, mentale Kontrolle auszuüben und die Dressur auf Respekt und Vertrauen aufzubauen, kann dies niemals darüber hinwegtäuschen, dass die Tiere ihrer Freiheit, Selbstbestimmtheit und Würde beraubt werden.
Extremer Raum- und Bewegungsmangel unnatürliche und Gelenk schädigende Kunststücke, ständiger Ortswechsel, häufige Transporte und ungeeignete klimatische Verhältnisse belasten die Tiere stark. In fast allen Zirkussen und Zoos sind bei Tieren Stereotypen und Selbstverstümmelung zu beobachten. Stereotypie ist eine Verhaltensstörung, bei der auffallende und mitunter stundenlang anhaltende Bewegungsabläufe (z.B. Kopfdrehen, hin und herlaufen in festen Bahnen) immer wiederholt werden. Dies sind Symptome für Stress und Langeweile.

In einer Zeit in welcher Menschen mehr Vergnügungsmöglichkeiten hat denn je, sollte die Unterhaltung auf kosten unfreiwilliger Tierakteure längst abgelehnt werden.
Erfolgreiche Zirkusse wie der „Cirque du Soleil“ oder der Zirkus „Flic Flac“, die ohne Tiere unterhalten sind ein vorbildliches Beispiel dafür.
Tiere sprechen nicht unsere, und wir nicht ihre, Sprache. Also liegt es an uns allen den Qualvollen Zuständen entgegenzutreten und die Tiere zu unterstützen!

BOYKOTTIEREN SIE ZIRKUSSE MIT TIEREN!
OHNE PUBLIKUM KEINE VORSTELLUNG!
ARTGERECHT IST NUR DIE FREIHEIT!

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