Auf den Sattel gegen den Bypass! ALLE!

19. Juni, 16 Uhr, bewilligte Velodemo für die ganze Familie!
Feministischer Streik 2022
Kämpfe verbinden – Patriarchat überwinden!

Auch im Jahr 2022 wird weltweit die Selbstbestimmung von FLINTA-Personen*(Frauen, Lesben, intersexuelle, nicht-binäre, trans und agender) angegriffen. Kaum ist die Abtreibung in Kolumbien legalisiert, will mensch diese Freiheit in der Schweiz einschränken; in den USA gar ganz verbieten. Der Krieg in der Ukraine führt uns vor Augen, wie schnell Menschen schutzlos ausgeliefert sein können. FLINTA-Personen* sind in Kriegszeiten besonders gefährdet: sexuelle Ausbeutung, Menschenhandel und Gewalt sind eine ständige Gefahr auf den Fluchtrouten.
Am 14. Juni wollen wir all unsere Kämpfe verbinden und gemeinsam auf die Strasse tragen. Denn noch immer kämpfen wir gegen die Zerstörung des Klimas, prekäre Arbeitsverhältnisse, Notstand in der Pflege, Lohnungleichheit, alltäglicher Sexismus und sexualisierte Gewalt, Rassismus, Homo- und Transfeindlichkeit oder die ungleich verteilte Care-Arbeit – kurz wir kämpfen gegen den Kapitalismus und das Patriarchat.
Die feministische Bewegung lebt von uns allen – komm vorbei am 14. Juni!
PROGRAMM
9:30 – 11:00
Feministisches Frühstück (nimm dein eigenes Frühstück mit) + Live Siebdruck, Volière
11:00 – 15:00
Pause
15:00 – 18:00
Startschuss, Theaterplatz
Reden, Konzerte, Essen und Stände von Organisationen
18:00
Besammlung Demo, Theaterplatz
frauenstreikluzern@gmail.com / frauenstreikluzern.ch
Insta : @feministischerstreik.luzern
Im Ukraine-Konflikt profitiert die Türkei erneut von ihrer strategischen Bedeutung für die westlichen Staaten. Den Preis zahlen wieder einmal türkische Demokraten und die Kurden im Norden des Irak und Syriens.
Die türkischen Angriffe auf Kurden und Yeziden im Nordirak sowie in Teilen Nordsyriens erfolgen nicht nur »im Schatten des Ukraine-Kriegs«, wie es in der spärlichen Berichterstattung dazu oft heißt. Das Vorgehen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan ist vielmehr in mehrfacher Hinsicht mit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine verknüpft. Denn der türkische Machthaber sieht sich nun in einer strategischen Schlüsselrolle für den Westen.
Dabei hat sich Erdoğans Regime geschickt angestellt, indem es einerseits als Nato-Mitglied gegen Russlands Aggression Stellung bezog und kurz nach Kriegsbeginn russischen Kriegsschiffen die Durchfahrt durch den Bosporus verwehrte. Gleichzeitig erhielt es die guten Verbindungen zum russischen Regime aufrecht, verzichtete auf wirtschaftliche Sanktionen und suchte sich als Vermittler zwischen den Kriegsparteien zu profilieren.
Politiker westlicher Länder, allen voran deutsche, reagierten geradezu euphorisch. Dabei dürfte von vornherein klar gewesen sein, wer den Preis zu zahlen haben würde: die demokratischen und dissidenten Kräfte innerhalb der Türkei. Ein Istanbuler Gericht verurteilte am 25. April den bereits seit vier Jahren inhaftierten Kulturförderer Osman Kavala am Ende eines absurden Schauprozesses wegen eines angeblichen Umsturzversuchs durch Anstiftung der Gezi-Proteste 2013 zu lebenslanger Haft unter erschwerten Bedingungen, seine Mitangeklagten erhielten ebenfalls horrend lange Haftstrafen. Wer gemeint hatte, das außenpolitische Auftreten Erdoğans könnte mit einer Mäßigung der innenpolitischen Repression einhergehen, sah sich dieser Illusion beraubt.
Die Regimes in Russland und der Türkei ähneln sich nicht nur in der brutalen Exekution ihrer Machtansprüche, sondern auch in der Struktur der Ideologie, auf die sich ihre jeweilige Racket-Herrschaft stützt. Der von Erdoğan und seiner Machtclique vertretene »Neoosmanismus« stellt ähnlich wie der von den ideologischen Stichwortgebern des russischen Präsidenten Wladimir Putin vertretene »Neu-Eurasianismus« eine Mischung völkisch-nationalistischer und imperialer Ideologie mit missionarischen Aspirationen dar. Der »Neoosmanismus« ist aus dem türkischen Islamismus der Millî-Görüş-Bewegung um Erdoğans politischen Ziehvater Necmettin Erbakan hervorgegangen und nahm Elemente des rechtsextremen Nationalismus der Grauen Wölfe auf.
Ähnlich dem Neu-Eurasianismus handelt es sich auch bei diesem als »türkisch-islamische Synthese« gehandelten Gebräu um eine antimodern aufgeladene kulturalistisch-identitäre Ideologie, deren Aggressivität auf eine narzisstische Kränkung durch den Niedergang eines Großreichs zurückgeht. Nicht zufällig ist der Neoosmanismus auch von antisemitischen Verschwörungsmythen durchzogen; nach der Verurteilung Kavalas wiederholte Erdoğan die Behauptung, dieser habe die Gezi-Proteste im Auftrag des jüdischen Investors George Soros angestiftet. Innenminister Süleyman Soylu hatte Soros Mitte März vor dem Türkei-Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz gar für den Ukraine-Krieg verantwortlich gemacht.
Die Geschichte der modernen Türkei durchzieht ein staatlicher Autoritarismus, der sich immer repressiv gegen Minderheiten wie Armenier, Kurden und Aleviten sowie alle demokratischen und linken Kräfte der Gesellschaft richtete. Ebenso beständig opferte die westliche und insbesondere deutsche Türkei-Politik die Interessen oder sogar die Existenz dieser Gruppen den eigenen Machtinteressen. Das begann mit der Komplizenschaft des wilhelminischen Kaiserreichs beim Genozid an den Armeniern, setzte sich im Kalten Krieg nach den Militärputschen von 1971 und 1980 mit der Unterstützung des Folter- und Militärregimes als Nato-Partner fort und führte in den neunziger Jahren zur stillschweigenden Unterstützung des Kriegs gegen die Kurden, im vergangenen Jahrzehnt dann zum Flüchtlingsabkommen mit Erdoğans Regime trotz der umfassenden Repression nach den Gezi-Protesten sowie zur Hinnahme des völkerrechtswidrigen türkischen Einmarschs in Nordsyrien. Nun verschafft Putins Krieg Erdoğan erneut eine für den Westen unverzichtbar scheinende Position.
Es wirkt fast so, als seien die demokratischen und linken Kräfte der Türkei sowie Minderheiten wie die Kurden von Deutschland und anderen westlichen Staaten dazu verdammt, ewig die Rolle des Kollateralschadens ihrer Türkei-Politik zu spielen. Linke sollten sich damit nicht abfinden und alle Opfer von Repression und militärischer Aggression des türkischen Regimes nach Kräften unterstützen – nur ist davon derzeit nicht viel zu sehen. Das groteske Urteil gegen Kavala, dem einer der Richter bei der Urteilsverkündung auch sein Engagement für Armenier und Kurden vorhielt, sollte endlich Anlass geben, gegen die erneute Kungelei mit Erdoğans Regime ein Bündnis zur Unterstützung aller demokratischen und emanzipatorischen Kräfte in der Türkei aufzubauen. Der kosmopolitisch-liberale und demokratisch gesinnte Citoyen Osman Kavala könnte dabei eine Symbolfigur sein.
Quelle: https://jungle.world/artikel/2022/19/der-scheinbar-unverzichtbare-partner

In den letzten Jahren sind faschistische Gedanken und Gruppen wieder erstarkt.
Bekämpfen wir faschistische, nationalsozialistische und verschwöhrungserzählende Ideologien mit einer antikapitalistischen & ökologischen Perspektive, frei von jeglichen Diskriminierungen!
Gehen wir am 28.05. gemeinsam auf die Strasse!
Kommt zahlreich und bildet Bezugsgruppen!
Kämpfe müssen gemeinsam sein – Antifa geht nicht allein!
Quelle: https://www.zentralplus.ch/blog/damals-blog/die-schwierige-entnazifizierung-in-luzern/
Wir schreiben Kriegsende 1945. Die Luzerner Politik ist entzweit. Während das «Demokratische Säuberungskomitee» auf eine Auseinandersetzung mit den in Luzerner Nazis bestehen, teilen die Konservativen diese Dringlichkeit nicht. Sie behindern die Entnazifizierung, Demonstrationen gegen Nazis werden von der Regierung gar verboten.
Mit dem Kriegsende am 8. Mai 1945 beginnt in Deutschland der Prozess der Entnazifizierung. Doch dieser begrenzt sich nicht nur auf das selbst ausgerufene «Dritte Reich». Auch die neutrale Schweiz ist betroffen.
Doch nicht alle sind vom Aufarbeitungsprozess überzeugt. Bürgerlich-konservative Kräfte stellen sich quer und opponieren gegen die Forderungen der Sozialdemokraten und der Arbeiterparteien. In Luzern wird dies besonders deutlich.
Am 1. Mai 1945 lässt der Bundesrat die «NSDAP Landesgruppe Schweiz» und alle angeschlossenen Verbunde per sofort verbieten. In den nächsten Tagen werden Razzien und Hausdurchsuchungen bei mutmasslichen NSDAP-Mitgliedern und Sympathisanten geführt.
In Luzern werden 16 verdächtigte Haushalte durchsucht, zusätzlich zu Razzien im «Deutschen Heim» an der Frankenstrasse 5. Und ihre Strategie zeigt Erfolg. 63 Personen mit Verbindungen zu faschistischen Organisationen werden ausgewiesen. Doch nicht alle unterstützen die Ausweisungspolitik.
Zwischen den Bürgerlichen und den sozialen Parteien tut sich ein Graben auf, der eine geschlossene Konsenspolitik unmöglich macht. Divergierende Vorstellungen bezüglich der Aufarbeitung der Kriegsjahre sind dabei der springende Konfliktpunkt. Die Konservativ-Bürgerlichen pochen auf die Wiederherstellung der Verhältnisse vor dem Krieg, auf einer gesellschaftlichen und politischen Ebene.
Im Gegensatz dazu stehen die Sozialdemokraten und die Partei der Arbeiter, welche eine «Säuberung» der ideologisch verunreinigten Stadt fordern. Dabei verlangen sie die Ausschaffung deutscher Nationalsozialisten mit Wohnsitz in Luzern. Doch auch Schweizer, welche sich mit der faschistischen Ideologie offen identifiziert hatten und eine stärkere Anlehnung ans «Dritte Reich» gefordert hatten, sollen das Land verlassen.
Um dieses Vorhaben erfolgreich durchzuführen, bildet sich das «Demokratische Säuberungskomitee», welches besonders von Mitgliedern der neugeformten Partei der Arbeit PdA vorangetrieben wird. Die PdA ist in erster Linie ein Sammelbecken für Kommunisten, welche sich nach dem Verbot der Kommunistischen Partei der Schweiz neu formieren. Aber auch Sozialdemokraten und unabhängige Linke befinden sich in den Reihen der Mitglieder.
Doch ihr Vorhaben der Entnazifizierung in Luzern stockt. Der Regierungsrat der Stadt teilt die Vorstellungen des Komitees nicht und behindert diese sogar. Am 15. Mai 1945 versucht der sozialdemokratische Grossrat Fritz Nyfeler aus Kriens, die Position des Regierungsrates einzuholen. Konkret fragt er nach Massnahmen, welche getroffen werden, um den Umtrieben der «Nazis und Faschisten» ein Ende zu setzen.
Dass der Regierungsrat keine Dringlichkeit in der Auseinandersetzung mit seinen rechtsgesinnten Bürgerinnen sieht, wird in der verspäteten Antwort – am 20. Oktober – klar. Es wird nur erklärt, dass die vom Bundesrat veranlassten Ausweisungen im Kanton Luzern noch nicht komplett durchgeführt wurden.
In der Zwischenzeit verhärten sich die Fronten zwischen bürgerlichen und linken Parteien in Luzern immer mehr. Das «Säuberungskomitee» ruft per Flugblatt zu einer Demonstration gegen die noch immer in Luzern verbleibenden Nationalsozialisten auf. Ende Juni 1945 findet die Veranstaltung statt. Jedoch nicht in aller Öffentlichkeit, wie es anfänglich geplant war. Der Stadtrat greift ein und erlässt ein Versammlungsverbot für Kundgebungen im Freien.
Laut ihrer Begründung sei eine öffentliche Demonstration «in der Stadt Luzern nicht üblich». Die Veranstaltung findet dennoch statt. Im Kunsthaus versammelt sich die geschlossene antifaschistische Opposition. Auch das sozialdemokratische Blatt «Freie Innerschweiz» wohnt der Veranstaltung bei.
Angesichts der wachsenden Einigung der linken Parteien und des Wiedererstarkens einer Arbeiterpartei wie der PdA fühlen sich die Bürgerlich-Konservativen in ihrer Machtposition angegriffen. Der Sozialismus wird als ebenso grosse, wenn nicht sogar grössere Gefahr, als der Faschismus wahrgenommen.
Mitte Juli 1945 erkundigt sich der konservative Departementssekretär und Verantwortliche der Politischen Polizei Josef Isenschmid, ob «es nun nicht auch bald an der Zeit wäre, auch Säuberungskomitees zu bilden(…), die diese Linksextremisten unter die Lupe nähmen».
Auch wenn der Druck einer Ausschaffung hoch ist, so verstehen es einige Gefährdete geschickt, die öffentlich-politische Wahrnehmung zu manipulieren und ihre Exilierung rückgängig zu machen.
Mit der Unterstützung einflussreicher Lokalpolitiker kann sich so mancher bekennende Nationalsozialist aus der Schlinge ziehen. Wohl wissend, dass eine Ausweisung ins besetze Deutschland Komplikationen verspricht, sind Kontakte, welche eine Verbannung rückgängig machen können, heiss begehrt.
Einer dieser Kontakte ist der Luzerner Anwalt und Parteisekretär der CVP, Hans Korner. Als überzeugter Antikommunist sieht auch er die Sozialdemokraten als Gefahr. Er vertritt exilierte Nationalsozialisten und kann die Ausweisungsverfügung in einigen Fällen rückgängig machen.
«Und wenn ich noch mehr Söhne hätte, so würde ich auch diese dem Führer opfern.»
Margarethe Reinecke, Ortsgruppenleiterin der «Deutschen Frauenschaft» in Luzern
Eine seiner Mandantinnen ist Margarethe Reinecke, NSDAP-MItglied und Ortsgruppenleiterin der «Deutschen Frauenschaft» in Luzern. Bei der erdrückenden Beweislast, welche gegen sie vorliegt, gleicht ihr Freispruch einem Wunder. Gegen Ende April 1945 hat sie auf Anweisungen der deutschen Botschaft alle potenziell belastenden Unterlagen vernichtet. Gründlich war sie bei der Vernichtung jedoch nicht vorgegangen.
So werden Briefe gefunden, welche sie mit «Heil Hitler» unterzeichnet hatte. Auch tauchen insgesamt 10, mit dem Hakenkreuz verzierte Abzeichen auf. Als ob diese Memorabilien nicht genügen würden, um ihre faschistische Ideologie zu verdeutlichen, ergänzt sie den Tatverdacht noch mit einem grotesken Zitat: «Und wenn ich noch mehr Söhne hätte, so würde ich auch diese dem Führer opfern.» Diese Aussage kreuzt sich mit ihrer Behauptung, nur Frauenschaftsleiterin in der deutschen Frauenschaft gewesen zu sein, um das Wohl ihrer Söhne zu fördern. WERBUNG
Hier lässt Hans Korner seinen «Zauber» wirken. Den Verdacht gegen Reinecke weiss er zu entkräften, indem er Referenzen von Regierungsräten, Gemeindebehörden und Pfarrherren einholt. Mithilfe seiner Beziehungen kann er die Ausweisungsverfügung rückgängig machen. Der Bundesrat beschliesst den Freispruch im November 1945. Die Bundesanwaltschaft hatte bereits im August erklärt, dass die von Reinecke getätigte Aussage bezüglich ihrer Söhne gegenstandslos hinsichtlich des Prozesses sei.
Die Ausmasse des öffentlichen Diskurses um die Abschiebung bekennender Faschisten zeigt sich am Beispiel Waldemar Pabst.
Pabst eine eindeutige Berufsbezeichnung zuzuschreiben, ist schwierig, überdeutlich ist allerdings seine politische Gesinnung. Er ist überzeugter Antidemokrat und Faschist. Als Veteran des Ersten Weltkriegs hatte er erheblichen Einfluss auf die deutsche Politik der Nachkriegszeit. Als Angehöriger verschiedener paramilitärischer «Freikorps», ging er gewaltsam gegen die sich entwickelnde Weimarer Republik vor.
Berüchtigt wird er durch seine Teilnahme am Mord von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, den er persönlich in Auftrag gegeben hat, wie er später gesteht. Während des Zweiten Weltkriegs übt er verschiedene Ämter aus. In der Schweiz hält er sich als selbstständiger Waffenhändler auf, um Rüstungsmaterialien für die «Wehrmacht» zu besorgen. 1943 emigriert Pabst endgültig in die Schweiz und wird neben seiner Position als Aufrüster auch als Wirtschaftsspion tätig.

Hinsichtlich seines offenkundigen Hasses auf jegliche sozialistische Ausprägungen, überrascht es kaum, dass die politische Linke in Luzern entsetzt über seinen Aufenthalt in ihrer Stadt ist. Die bereits angesprochene sozialdemokratische Zeitung «Freie Innerschweiz» berichtet: «Dass aber in der gleichen Stadt, wo es den Flüchtlingen verboten wurde, an der Quaipromenade zu spazieren und sich dort auf ein Bänklein zu setzen, ein Fememörder unter wohlwollender Billigung der Polizei frei herumläuft, das ist ein Skandal, den sich das Luzerner Volk nicht länger gefallen lassen kann.» WERBUNG
Trotz des Drängens von CVP-Regierungsrat Hans Felber und des Bundesrats Eduard von Steiniger auf eine Ausweisung Pabsts kann dieser seine Ausschaffung immer wieder hinausschieben. Denn ähnlich wie bei Margarethe Reinecke hat auch Pabst einen einflussreichen Fürsprecher. Karl Wick, katholischer Nationalrat Luzerns und Redaktor der konservativen Zeitung «Vaterland» setzt sich wiederholt für den Verbleib Pabsts ein. Zu gross sei sein Nutzen für die Schweiz in den Kriegsjahren gewesen. Pabst hatte ein Verfahren zur Herstellung von Stahlgranaten in die Schweiz gebracht. Eine zu würdigende Tat, so die Rechtfertigung Wicks.
Wick greift die Linke und ihr «Säuberungskomitee» an, unterstellt ihnen «gemeine Hetze» im Verfahren gegen Pabst. Im Mai 1946 kommt es im Luzerner Grossrat zur «Säuberungsdebatte». Inhalt ist der Umgang mit den verbliebenden Nationalsozialisten. Auch Pabsts Zukunft wird thematisiert. Karl Wick spielt den Advokaten und unterstreicht sein Argument, dass Pabst ein Opfer linker Hetze sei. Die Aufarbeitung der Geschehnisse lehnt Wick bestimmt ab, behauptet, dass diese nur ein Vorwand der Linken sei, um die staatliche Autorität zu untergraben und eine Staatskrise heraufzubeschwören.
Und die Methode hat Erfolg. Die bürgerlich-konservative Ablehnung gegen eine gründliche Entnazifizierung fasst Fuss in der Annahme, dass die Aufarbeitung nur ein Vorwand der Sozialisten sei, um den Staat zu untergraben.
Waldemar Pabst darf in der Schweiz bleiben. Erst 1955 migriert er wieder nach Deutschland. In der Zwischenzeit führt er ein unbehelligtes Leben, investiert in einige Firmen und unterhält seine Kontakte in die Waffenindustrie.
Ermöglicht durch Menschen wie Karl Wick und Hans Korner können einige Nationalsozialisten weiterhin politisches Asyl beziehen. Angesichts des Aufarbeitungswillens der sozialistischen Parteien stellen sich die Bürgerlichen quer. Mithilfe von beachtlicher Ignoranz gewähren sie Kriegsverbrechern Asyl. Und gestehen der Nachwelt damit ihre Schuld.
Da der 1. Mai dieses Jahr auf einen Sonntag fällt, feiern wir bereits am Samstag, dem 30. April. Gemäss dem diesjährigen Motto: «Frieden, Freiheit, Solidarität» bringen wir kämpferische und sozialkritische Tracks auf die Sedelbühne.

Best-elle
Der Rap von best-elle ist sozialkritisch und persönlich. Seit drei Jahren auf den Bühnen des Bernbiets unterwegs, hat sie sich als Nachwuchstalent einen Namen gemacht. Sie beeindruckt durch ihre ausgefeilten Texte – mal kämpferisch, mal nachdenklich, mal unterhaltsam. Kommerzieller Erfolg ist ihr egal. Sie will ihre Botschaften transportieren – und mit dem Publikum ihre Leidenschaft teilen.
Planlos Dinos
Die Welt brennt und die Menschheit verblödet an allen Ecken und Enden. Höchste Zeit wieder von vorne zu beginnen. Und wer könnte das besser als ein Haufen Dinos! Seit 2020 versuchen Planlos Dinos mit ihren Millionen von Jahren Lebenserfahrung das Weltgeschehen raptechnisch zu analysieren. Dinos for Future heisst ihre Parole und sie sind definitiv gekommen, um zu bleiben. Also: Schliess dich für diesen Abend den Dinos an und sorge mit ihnen für einen musikalischen und politischen Urknall.
SHRTY
SHRTY vermischt kritische Texte mit klassischen Boom Bap-Beats und 808-lastigen Trap Bangers. Lass dich in den Bann ziehen und besser chonsch au verbi!
Afterparty mit DJ Sandrita
Eintritt: Kollekte
Mit Infoständen
RESolut

Der russische Überfall auf die Ukraine lässt die weltweiten Nahrungsmittelpreise steigen und bedroht die Lebensmittelsicherheit vieler Menschen. Betroffen sind vor allem Länder im Nahen und Mittleren Osten.
Als im Kreml die Entscheidung fiel, die Ukraine zu überfallen, war vielen nicht klar, wie weitreichend und heftig die Auswirkungen sein würden: zahlreiche Todesopfer, Millionen Flüchtlinge, ein Umbruch in der politischen und strategischen Ordnung Europas und der Welt, Waffenlieferungen zahlreicher Länder in ein Kriegsgebiet, die Gefahr einer Ausweitung des Konflikts in der Region bis hin zu einem Atomkrieg. Hinzu kommen die wirtschaftlichen Folgen. In der EU sorgt man sich vor allem wegen der steigenden Erdgas- und Erdölpreise sowie der wirtschaftlichen Schäden durch westliche Sanktionen gegen Russland. Viele Menschen in der EU sind derzeit noch bereit, diese Nachteile zu erdulden, um der russischen Aggression angemessen zu entgegnen und der angegriffenen Ukraine beizustehen. Doch die wirtschaftlichen Folgen des Angriffskriegs Wladimir Putins treffen auch andere Länder, und diese zum Teil weitaus härter.

Russland hat eine Bevölkerung von rund 145 Millionen Menschen, die Ukraine ohne die Krim rund 42 Millionen (vor Kriegsbeginn). Die russische Nationalökonomie macht 1,95 Prozent der Weltwirtschaft aus, die ukrainische nur 0,14 Prozent; die Ukraine ist mit einem nominalen Pro-Kopf-Einkommen von rund 3 800 Euro jährlich eines der ärmsten Länder Europas.
Russland ist der größte Weizenexporteur der Welt; 2020 war es für 17,7 Prozent der globalen Weizenexporte verantwortlich, die Ukraine für acht Prozent.
Beide Länder haben bis zum Ausbruch des Kriegs erhebliche Mengen an günstigen Grundnahrungsmitteln in die ganze Welt exportiert, darunter Weizen, Mais und Speiseöl. Russland ist der größte Weizenexporteur der Welt; 2020 war es für 17,7 Prozent der globalen Weizenausfuhren verantwortlich, die Ukraine für acht Prozent; bei den weltweiten Maisexporten betrug der Anteil Russlands 1,1 Prozent, der der Ukraine für 13,2 Prozent; zusammen stellten sie mehr als die Hälfte der globalen Ausfuhren von Sonnenblumenöl. Beide Länder exportierten auch Rohstoffe und Produkte, die für die Landwirtschaft dringend benötigt werden; deren Fehlen erhöht die Erzeugerpreise nun enorm. Dazu zählt Erdöl, aus dem unter anderem Treibstoffe hergestellt werden, ebenso wie Erdgas, das für die Synthese von Ammoniak gebraucht wird, einem zentralen Ausgangsstoff von Stickstoffdünger. Hinzu kommt Pottasche, die ebenfalls für die Kunstdüngerproduktion benötigt wird.
Aufgrund der Schließung der Häfen in der Ukraine, des Anstiegs der Mieten für Handelsschiffe im Schwarzen Meer wegen der Kriegshandlungen und der weltweiten Sanktionen gegen Russland sind die Preise für diese und andere Rohstoffe in ungeahnte Höhen geschossen. Panik beherrscht den Markt. Viele Handelsunternehmen kaufen den Markt leer, weil sie einer weiteren Verteuerung zuvorkommen wollten, Spekulanten tun ein Übriges. Die europäischen Erdgaspreise waren vorübergehend auf das Vierfache gestiegen, sanken aber wieder auf ein lediglich erhöhtes Niveau, nachdem Russland die Drohung nicht wahrgemacht hatte, Gaslieferungen einzustellen. Dennoch kündigten mehrere Düngerexporteure in Europa wie Yara International wegen der hohen Gaspreise eine Drosselung ihrer Produktion an, mit weltweiten Folgen. Die Preise für Getreide stabilisierten sich ebenfalls auf hohem Niveau. Der Maispreis stieg seit dem Überfall um 20 Prozent auf rund 350 Euro pro Tonne, der Rapspreis um 20 Prozent auf rund 900 Euro pro Tonne, der Weizenpreis um 25 Prozent auf 366 Euro pro Tonne, auch Speiseöl wurde teurer. Die Preise für Schlachttiere stiegen ebenfalls an, im Einklang mit den Preisen für manche Futtermittel.
Die diesjährige Weizenernte in der Ukraine wird wohl viel geringer ausfallen als üblich. Für die Aussaat des Sommerweizens, die üblicherweise im März beginnt, ist die Lage zu unsicher, Dünger konnte nicht mehr in ausreichender Menge beschafft werden, ebenso wie Treibstoff, der zudem für die Armee benötigt wird. Diese Situation wird verschlimmert durch die aufgrund des Klimawandels immer geringeren Ernten, die bereits dazu geführt haben, dass die europäischen Silos nicht ausreichend gefüllt sind, was Exporte beeinträchtigt. Die bulgarische Regierung kündigte ein Ankaufprogramm für lokal produziertes Getreide und Sonnenblumenöl an, die ungarische beschränkte vorübergehend den Export von Getreide. Beides half nicht, die Panik auf den Rohstoffmärkten zu beruhigen.
Die am stärksten von dieser Entwicklung betroffene Region ist der Nahe und Mittlere Osten, denn viele dortige Staaten sind für den Großteil ihres Bedarfes an einigen wichtigen Lebensmitteln wie Weizen und Speiseöl auf Importe angewiesen. Aufgrund des kurzen Seewegs zwischen dem Schwarzen Meer und dem östlichen Mittelmeer beziehen viele Länder dieser Region ihre Agrarimporte bevorzugt aus der Ukraine und aus Russland. Nun müssen sie auf teurere Herkunftsländer wie Bulgarien, Rumänien oder Frankreich ausweichen.
Hohe Lebensmittelpreise lösen oft soziale Unruhen aus, daher subventionieren viele Länder der Region Brot und andere Nahrungsmittel.
Je höher die Importpreise für Weizen und andere Lebensmittel sind, desto stärker werden die Staatshaushalte dieser Länder belastet. Die Covid-19-Pandemie hatte die Preise für Lebensmittel in der Region bereits steigen lassen, das sorgte für Unmut. Im Herbst 2021 erreichte die Inflation der Lebensmittelpreise in vielen Ländern der Region zehn Prozent und mehr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, was vor allem die ärmere Bevölkerung traf. Mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine wird diese Entwicklung noch weiter verschärft.
Darauf reagieren die Staaten der Region auf höchst unterschiedliche Weise. Erdöl und Erdgas exportierende Länder wie die Golfmonarchien können die höheren Importkosten gut verkraften, da ihre Exporteinnahmen stark gestiegen sind. Die Opec-Staaten beispielsweise, zu denen auch Russland gehört, erhöhten nach dem Beginn der Kriegshandlungen ihre Fördermengen nicht und profitieren so von der Verknappung.
Staaten ohne bedeutende Exporte von Öl und Gas stehen dagegen schlecht da. Ägypten, das etwa zwei Drittel seines Weizens importiert, davon 90 Prozent aus der Ukraine und Russland, gelang es im März nicht, die übliche Menge an Weizen auf dem Weltmarkt zu erschwinglichen Preisen zu kaufen. Um weiterhin subventioniertes Brot an Bedürftige abgeben zu können, muss der Staat nun stark gestiegene Kosten in Kauf nehmen. Der Preis für nicht subventioniertes Brot stieg in einer Woche um 50 Prozent, ein Ende der Verteuerung ist derzeit nicht in Sicht.
Besonders problematisch ist die Lage in denjenigen Staaten, die schon vor der Covid-19-Pandemie in einer schweren Wirtschaftskrise steckten. Die Türkei leidet seit einigen Jahren unter einer schwachen Währung und einer beispiellosen Inflation, die im Februar 54 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat erreichte. Auch sie importierte bislang viel Weizen aus der Ukraine und Russland. Ähnlich sieht es im Sudan aus, der sich seit den Protesten gegen das Regime 2018 und 2019 in einer politischen und einer wirtschaftlichen Krise befindet. Die Situation in Syrien sieht kaum besser aus, das von Russland militärisch, aber nicht ökonomisch gestützte Regime von Bashar al-Assad musste weitere Sparmaßnahmen ankündigen und hat Weizen rationiert.
Äußerst kritisch ist die Lage auch im Libanon, dessen Inflationsrate wegen einer schweren Schuldenkrise schon vor Kriegsausbruch im Februar rund 240 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat erreicht hatte. 2020 stammten über 80 Prozent der libanesischen Weizenimporte aus der Ukraine, 15 Prozent aus Russland, und die verheerende Explosion von schlecht gelagerten Chemiestoffen im Hafen von Beirut 2020 beschädigte auch Silos. Libanons Wirtschaftsministerium musste deshalb einräumen, dass das Land nur noch Weizenreserven für einen bis eineinhalb Monate habe, und berief eine Notfallkommission für Lebensmittelsicherheit ein.
Am schlimmsten getroffen hat es jedoch den Jemen. Das Bürgerkriegsland litt schon vor dem russischen Krieg und vor der Pandemie aufgrund einer ausländischen Blockade unter einer Hungersnot. Es ist nahezu vollständig von Hilfslieferungen und Importen abhängig, die von Preissteigerungen direkt betroffen sind; ein Drittel der Nahrungsmittelimporte kam bisher aus der Ukraine und Russland. Das UN-Welternährungsprogramm hatte bereits in den vergangenen Monaten aufgrund von Geldproblemen die Nahrungsmittelzuwendungen in den Jemen trotz der katastrophalen Versorgungslage drastisch kürzen müssen, da 2021 nur rund 60 Prozent der benötigten Spenden eingeworben worden waren. Die Houthi-Rebellen, die die Hauptstadt Sanaa und einen großen Teil des Landes kontrollieren, beteuern, sie hätten genug Weizen für vier Monate, gleichwohl kam es überall im Jemen zu panischen Hamsterkäufen von Nahrung und Benzin. Die nächste UN-Geberkonferenz für den Jemen ist für den 16. März geplant. Angesichts der enormen Preiserhöhungen für Lebensmittel ist zu befürchten, dass die UN ihre Hilfen weiter kürzen müssen.
Quelle: https://jungle.world/artikel/2022/11/hungern-dank-putin